Preißmann | Glück und Lebenszufriedenheit für Menschen mit Autismus | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 184 Seiten

Preißmann Glück und Lebenszufriedenheit für Menschen mit Autismus


2. aktualisierte Auflage 2021
ISBN: 978-3-17-039144-4
Verlag: Kohlhammer
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, 184 Seiten

ISBN: 978-3-17-039144-4
Verlag: Kohlhammer
Format: EPUB
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Das Streben nach Glück ist so alt wie die Menschheit selbst, da Lebensqualität ein wichtiges Ziel des menschlichen Daseins darstellt. Bisher aber hat man sich kaum mit Glück und Lebenszufriedenheit bei Menschen mit Autismus beschäftigt. Da jeder Mensch sein eigenes Glück anders definiert, enthält dieses Buch neben theoretischen Ausführungen der Bedürfnisse von Menschen mit Autismus auch zahlreiche Berichte selbst betroffener Menschen, die erläutern, was für sie zum Glücklichsein zählt. Die vielfältigen Möglichkeiten, die das Leben bietet, sollen im Zuge der Inklusion ja auch Menschen mit Autismus offenstehen. Es gilt also, individuelle Lebensentwürfe auszuwählen und zu begleiten - gemeinsam mit dem jeweiligen Betroffenen. Dafür ist es notwendig, nach den ganz eigenen Wünschen, Zielen und Bedürfnissen zu fragen und pädagogische, therapeutische und lebenspraktische Maßnahmen in jedem Einzelfall anzupassen. Dann sind Glück und Lebenszufriedenheit auch für Menschen mit Autismus möglich.

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Berichte von Betroffenen: Was bedeutet Glück für Menschen mit Autismus?
      Nach den allgemeinen Überlegungen und meinen eigenen Gedanken zum Thema Glück sollen nun viele weitere Menschen mit Autismus zu Wort kommen. Dem Aufruf, einen kurzen schriftlichen Beitrag zu leisten, sind zahlreiche Betroffene gefolgt. Entstanden sind Texte völlig unterschiedlicher Menschen in ganz verschiedenen Lebenssituationen. Viele der Autoren gaben an, die Auseinandersetzung mit diesem Thema habe ihnen sehr gutgetan, sie beschrieben es als wichtig, über die eigenen Wünsche und Lebensziele nachzudenken. Die Beiträge sollen nicht bewertet oder kommentiert werden, sie stehen für sich und zeigen, dass autistische Menschen reflektiert, klug, engagiert und interessiert ihre eigenen Möglichkeiten beleuchten können. Es ist wichtig, jeden einzelnen Betroffenen immer wieder bei diesem Prozess zu unterstützen. Immer häufiger wird die Diagnose einer Autismus-Spektrum-Störung gestellt, gleichzeitig werden die finanziellen Spielräume für therapeutische und andere Maßnahmen eher enger. Es wird daher zukünftig von großer Bedeutung sein, die Behandlung von Menschen mit Autismus ganz gezielt auf die jeweilige Lebenssituation abzustimmen und die eigenen Bedürfnisse zu berücksichtigen. Dafür ist es notwendig, jeden einzelnen Betroffenen gezielt danach zu befragen, was er sich für sein Leben vorstellt und was ihn ganz persönlich glücklich macht. Ich bedanke mich sehr herzlich bei allen Autoren, die mir ihre Texte zur Verfügung gestellt haben und die damit verdeutlichen, wie wichtig es ist, eine sehr individuelle Behandlung anzustreben, die die Kenntnisse des Autismus berücksichtigt, daneben aber auch noch genug Freiraum lässt zur optimalen Gestaltung der ganz unterschiedlichen Persönlichkeiten. Beitrag von Leonie Klom
Heute kann ich sagen: Ich bin ein zufriedener und oft auch glücklicher Mensch. Das war nicht immer so. Erst mit Anfang Zwanzig wurde bei mir Autismus diagnostiziert. Bis dahin hatte ich einen sehr mühsamen Weg hinter mir. Viele Psychiater hatten viele unterschiedliche Diagnosen gestellt. In dieser Zeit wurde ich von massiven Schlafstörungen und einem dauernden Gefühl der Andersartigkeit geplagt. Dieses Gefühl tief in mir, gepaart mit der Rückmeldung der Psychiater, dass ich doch so viel Potenzial hätte und mich nur bemühen müsste, Freunde zu finden und mein Studium »einfach durchzuziehen«, führte zu einem tiefen Gefühl von Unglück, das bis hin zur Lebensunlust reichte. Mein damaliger Psychiater teilte mir nach einiger Zeit mit, dass er bei mir den starken Verdacht hätte, dass ich Autistin sei. Wenig später bekam ich dann in einer Spezialambulanz die Diagnose Asperger-Syndrom. Das war mein erstes Glück. Endlich wusste ich, dass meine Wahrnehmung, anders zu sein, richtig war. Ich lebe in einem Umfeld, das zwar klein, aber sehr stabil ist und das es mir erlaubt, autistisch zu sein. Nach einiger Zeit erlaubte ich mir das auch selbst, statt mich immer »zusammenzureißen«. Der Druck, mich altersgemäß zu verhalten, wurde kleiner. Mein Verhalten wurde authentischer und ist es bis heute geblieben. Ich nehme mir heute schneller die Ruhezeiten, die ich brauche, um zufrieden zu bleiben. Das ist mein zweites Glück. Ich bekam Famke, eine Hündin, die mir genau in den Bereichen hilft, in denen ich sehr große Probleme habe: Sie strukturiert meinen Tag, sorgt dafür, dass ich regelmäßig raus gehe und viel leichter in Kontakt komme mit anderen Menschen. Das macht sie einerseits durch ihre sehr gute Menschenkenntnis und durch ihre Kontaktfreude. Das ist mein drittes Glück. Diese drei Punkte sind meine Bedingungen für ein glückliches Leben. Daneben gibt es noch einige Grundsätze, die meine Zufriedenheit ungemein steigern:   Ich habe gelernt, meine Schlafstörungen als meinen eigenen Schlafrhythmus zu akzeptieren. Sämtliche medikamentösen und schlafhygienischen Maßnahmen sind gescheitert, und so nutze ich meine nächtlichen Wachzeiten jetzt als Zeit für mich.   Ich bemühe mich, mir nur Gedanken zu den Problemen zu machen, die ich ändern kann. Das erspart mir viel Stress.   Ich nehme mir einen Ruhetag pro Woche. An diesem Tag nehme ich mir nichts vor. Ich schlafe. Ich esse. Ich sehe fern. Dies ist mein »Auszeiten-Tag«, der mir die Energie gibt, die Woche in einer Welt voller nicht-autistischem Chaos zu überstehen.   Ich baue viele kleine Routinen in meinen Alltag ein. Das ist bei der Arbeit manchmal ganz schön schwer, weil es dort immer wieder Veränderungen gibt. Doch im Kleinen gelingt es mir.   Ich mache mir nur wenige Gedanken um das, was in meinem Leben anders hätte laufen können, denn diese Gedanken haben mich früher oft unglücklich gemacht.   Ich mache ganz gezielt die Dinge, die mich glücklich machen, z. B. Achterbahnfahren oder ein Lied 100 Mal hintereinander hören. Schade finde ich es manchmal, dass es mir auch nach schönen Erlebnissen nicht immer gut geht. Oftmals bin ich auch nach tollen Tagen fix und fertig, weil sie meine Routinen durchbrechen. Das belastet mich sehr, weil ich so gerne Sachen erleben möchte (z. B. reisen), dafür aber noch mal dieselbe oder sogar mehr Zeit im Nachklang zur Erholung mit starren Routinen benötige. Dass ich so sehr auf Routinen und Gleichmäßigkeit angewiesen bin und auf so vieles verzichten muss, weil ich sonst im Overload lande, ist oft noch schwer auszuhalten.   Ich nehme mir in der Regel nur Sachen vor, die ich auch genießen kann. Früher habe ich alles gemacht, weil ich dachte, es würde mich zufriedener machen. Heute plane ich genau und versuche abzuwägen, ob ein Ausflug noch schön für mich ist. Manchmal muss ich trotzdem erkennen, dass ich mich überschätzt habe und die Abweichung von meinem Alltagsrhythmus, gepaart mit vielen neuen Eindrücken, zu viel für mich ist.   Wenn ich mich ungerecht behandelt fühle oder über etwas ärgere, setze ich mich für mich selbst ein und spreche Dinge offen an, auch wenn mir das manchmal nicht leichtfällt.   Bei Erlebnissen, die mich emotional sehr betreffen, überlege ich mir, ob es eine Lösung gibt. Wenn es keine gibt, schiebe ich die Gedanken dazu weg. Das klingt nach Verdrängen, ist es aber nicht. Wenn sich emotionale Ereignisse erst einmal in meine Seele eingebrannt haben, sind sie dort unlöschbar verankert. Es ist fast unmöglich, das betreffende Gefühl zu löschen oder auch nur zu verändern. Deswegen ist das für mich die beste Strategie.   Wenn ich ein Problem habe, das sich in meinem Autismus begründet, überlege ich mir, ob es etwas gibt, das meine Schwierigkeiten verbessern könnte. Oft belasse ich dann aber bewusst alles so, wie es ist. Durch diese Strategie verringert sich für mich das Gefühl der Hilflosigkeit gegenüber meinen autistischen Anteilen, die oft wie unüberwindliche Hürden erscheinen.   Ich nehme mich selbst und meine Wahrnehmung der Welt ernst und werte sie nicht ab. Noch heute ist es so, dass mein Leben ein Drahtseilakt ist. Kleinigkeiten wie z. B. die falsche Anordnung der Gegenstände auf meinem Schreibtisch, weil die Reinigungskraft bei der Arbeit nicht wieder exakt alles an seinen Platz gelegt hat, sorgen manchmal dafür, dass ich den ganzen Tag tief verunsichert und unglücklich bin. Aber ich habe jetzt eine Erklärung dafür. Sie heißt Autismus. Das macht vieles etwas leichter. Beitrag von Svenja S.
Glück ist für mich ein neues Konstrukt. Ich hatte mir Gefühle grundsätzlich abtrainiert. Sonst hätte ich nicht funktionieren können. Meine Asperger-Diagnose erhielt ich mit Ende Zwanzig. Die Zeit von der Grundschule bis dahin verbrachte ich im Überlebensmodus. Es galt, irgendwie die Anforderungen zu bestehen und durch den Tag zu kommen, ohne mehr als nötig verletzt zu werden. Irgendwie konnte niemand mit mir etwas anfangen, egal ob Mitschüler, Lehrer, Mitglieder in Vereinen, Kinder aus der Nachbarschaft oder andere Leute. Zu Hause musste ich mich regelmäßig dafür rechtfertigen, warum ich beispielsweise nicht auf Partys ging wie »normale« Jugendliche. Dabei wäre ich eigentlich gerne hingegangen. Ich wusste nur nicht, was ich da genau machen sollte, stand nur schweigend herum, und außerdem hatte ich sowieso auch keine Einladungen. Überall war ich der »Alien«. Und das allergrößte Problem war, dass ich einfach nicht wusste, warum das so war. Ich wusste nicht, was an mir es war, das so abstoßend war, das mich immer zum Außenseiter...


Dr. Christine Preißmann ist Ärztin für Allgemeinmedizin und Psychotherapie sowie selbst Asperger-Autistin. Sie hält regelmäßig Vorträge zum Thema und richtet sich in ihren Büchern an Betroffene, deren Angehörige sowie an Fachleute.



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