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Buch, Deutsch, 256 Seiten, Format (B × H): 131 mm x 205 mm, Gewicht: 374 g
Roman
Buch, Deutsch, 256 Seiten, Format (B × H): 131 mm x 205 mm, Gewicht: 374 g
ISBN: 978-3-03973-067-4
Verlag: Rotpunktverlag
Der pensionierte Grundschullehrer Enrico hat zwei Rekorde pulverisiert: Mit seinen hundertdreiunddreißig Jahren ist er der älteste Mensch auf Erden und genau darum der meistgehasste. Jede Woche bestätigt ihm seine Ärztin Maria – oder seine Paläontologin, wie er sie nennt –, dass seine Gesundheitswerte einwandfrei sind. Doch für den Rest der Welt ist Enricos Langlebigkeit eine unfassbare Ungerechtigkeit und Anmaßung. Täglich finden Demonstrationen vor seinem Haus statt. Mal versammeln sich Südkoreaner zu einem stummen Protest, mal fährt ein Team von CNN vor, mal stürmt ein fanatischer Brüller bis ins Wohnzimmer. Und Enrico? Er ist längst zu alt, um sich Sorgen zu machen. Eunice, seine Haushälterin, kümmert sich um die Küche und alles andere, gelegentlich kommen der Urenkel Francesco oder der Hausbesitzer Pierangelini vorbei. Der freundliche Ispettore Gizzi sorgt für die Sicherheit, und wenn der neue Methusalem Lust auf Artischocken bekommt, wird er im gepanzerten Polizeiwagen zum Campo de‘ Fiori gefahren, um welche zu kaufen. Sonst sitzt er in seinem uralten Sessel, erinnert sich mit ihm zusammen an früher und lässt die Zeit vergehen, die ihm so unverdrossen Gesellschaft leistet.
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Meine Schuld ist es, am Leben zu sein. Gewiss nicht die einzige Schuld, und auch nicht die größte, aber die eine, die mir die Mehrheit der Menschen anscheinend nicht verzeihen kann. Obendrein geht es mir immer noch ziemlich gut, ich laufe herum, esse, scheide aus, alles schamloser und ungezwungener, als es einer Mumie zusteht.
Gekommen ist das alles so: Ich habe mein Leben gelebt, ein Leben wie viele andere, kam als Kind einfacher Leute im letzten Jahrzehnt des neunzehnten Jahrhunderts auf die Welt, habe über vierzig Jahre lang als Grundschullehrer gearbeitet, zweimal geheiratet, zwei Kinder großgezogen und bin alt geworden, wie es fast allen geht.
Dann bin ich uralt geworden, zum wohlwollenden Erstaunen der Menschen, die mich kannten und die zum größten Teil nicht mehr leben.
Damals wussten wir noch nicht, niemand von uns, dass wir dabei waren, den längsten Lebensabend aller Zeiten zu bewundern. Doch auch der prächtigste Sonnenuntergang mit beeindruckendem Farbenspiel und frischer Meeresbrise macht am Ende überdrüssig.
Ich war zum ältesten Menschen der Welt geworden.




