Prollius / Badenheuer / Jebens | Erträge | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 236 Seiten

Prollius / Badenheuer / Jebens Erträge

Schriftenreihe der Bibliothek des Konservatismus, Band 7
1. Auflage 2019
ISBN: 978-3-947600-02-1
Verlag: Förderstiftung Konservative Bildung und Forschung
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Schriftenreihe der Bibliothek des Konservatismus, Band 7

E-Book, Deutsch, 236 Seiten

ISBN: 978-3-947600-02-1
Verlag: Förderstiftung Konservative Bildung und Forschung
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Die Schriftenreihe ERTRÄGE dokumentiert Vorträge, die in der Bibliothek des Konservatismus gehalten wurden, sowie wissenschaftliche Arbeiten, die in Anbindung an die Bibliothek entstanden sind. Darüber hinaus werden solche Texte veröffentlicht, die für eine akademische Auseinandersetzung mit dem Phänomen des Konservatismus im weitesten Sinne von Interesse sind.

Dr. Michael von Prollius studierte Betriebswirtschaftslehre (Dipl.-Kfm.) und Geschichte (M.A.) in Bayreuth und Berlin und promovierte über das Wirtschaftssystem der Nationalsozialisten. Er ist Gründer des "Forums Freie Gesellschaft", einer Internetplattform, die für eine Renaissance des klassischen Liberalismus, der Österreichischen Schule und für eine freie Gesellschaft wirbt. Zahlreiche Veröffentlichungen, u. a. über den historischen Jesus, das Wirtschaftssystem der Nationalsozialisten sowie die Euro-Krise.

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Konrad Badenheuer Die Vertriebenen als Opfer deutscher
Geschichtspolitik26 1. Vorüberlegungen 1.1 Die heutige Lage der Vertriebenen Es ist kaum zu bestreiten: Die deutschen Vertriebenen der Jahre 1945 bis 1948, eine Gruppe von rund zwölf Millionen Menschen, sind als Gruppe fast unsichtbar geworden. Daß vertriebene Gruppen nach zwei Generationen durch Assimilation praktisch von der Bildfläche verschwinden, ist in der Weltgeschichte leider eher die Regel als die Ausnahme. Aber bei einer so großen Gruppe ist es doch erstaunlich. Um so mehr, als die deutschen Vertriebenen an sich gute Voraussetzungen hatten, diese sehr weit gehende Assimilation zu vermeiden – man denke nur an die wirtschaftliche Stärke Deutschlands und damit auch an die vielen wieder wohlhabend gewordenen Ost- und Sudetendeutschen, die sich mit diesen Mitteln für ihre Heimat und die Wahrung ihrer Identität als Gruppe hätten einsetzen können. Es ist anders gekommen. Dieser Vortrag hat zwei Teile und damit zwei inhaltliche Schwerpunkte. Zum einen geht es um die Vertriebenen als Opfer einer bestimmten, gegen sie gerichteten Politik, insbesondere Kultur- und Außenpolitik. Die Kultur- und auch die Geschichtspolitik steht hier bewußt an erster Stelle, denn Assimilation ist ein kulturelles und soziales Phänomen, kein außenpolitisches. Die Außenpolitik hat die deutsch-polnische Grenze verändert, aber daß die Vertriebenen als Gruppe kaum mehr erkennbar sind, hat andere Ursachen. Der zweite, wohl spannendere Teil behandelt die Frage, was die Vertriebenen womöglich selber versäumt haben, daß es soweit kommen konnte. Durch meine Arbeit für zwei Landsmannschaften – acht Jahre für die Sudetendeutschen und drei Jahre für die Ostpreußen – weiß ich hier in einzelnen Punkten mehr, als ich wohl veröffentlichen dürfte und jedenfalls wollte. Jedoch sind die spannendsten, um nicht zu sagen: krassesten Fakten zu diesem Problemkreis ohnehin öffentlich und auf diese Dinge werde ich mich im folgenden beschränken. 1.2 Die Assimilation der »echten« Ostdeutschen Die Ausgangslage ist schnell skizziert: Wie weit die Assimilation der Vertriebenen vorangeschritten ist, sieht man sofort daran, daß das Wort »ostdeutsch« seine Bedeutung verändert hat. Man versteht darunter nicht mehr die Schlesier, die Pommern, die Ost- und die Westpreußen, wie es jahrhundertelang bis in die 1990er Jahre ganz überwiegend der Fall war. Man versteht unter den »Ostdeutschen« heute Thüringer, Sachsen, Mecklenburger, also Menschen und Gruppen, die sich jahrhundertelang als Mitteldeutsche oder Norddeutsche verstanden und bezeichnet haben. Dieser geänderte Sprachgebrauch wurde nicht nur von den betreffenden Nord- und Mitteldeutschen praktisch völlig übernommen, sondern merkwürdigerweise weitgehend auch von den Vertriebenen. Es gab in denen frühen 1990er Jahren, als dieser Bedeutungswandel sich vollzog, jedenfalls keinen großen Aufschrei von dieser Seite: »Die Ostdeutschen, das sind doch wir. Man kann nicht plötzlich die Thüringer und Mecklenburger so nennen.« Einzelne Stimmen in diesem Sinne gab es, aber keinen großen Protest etwa auf den Vertriebenentreffen, von denen manche damals noch 50.000 Teilnehmer zählten. Die nur sehr geringe Debatte um dieses Begriffspaar beschränkte sich weitgehend auf ein paar bestimmte regionale Phänomene, die traditionell »mitteldeutsch« hießen, wenn auch nicht unbedingt im amtlichen Sprachgebrauch der DDR: Es gab das mitteldeutsche Braunkohlerevier und das mitteldeutsche Chemiedreieck. Beide wurden nach 1990 plötzlich entweder »ostdeutsch« genannt, oder der Begriff wurde ganz gemieden. Eine positive Ausnahme war und ist hier der Mitteldeutsche Rundfunk (MDR), der in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen sendet, eben im klassischen Mitteldeutschland. Diese Benennung setzte der damalige sächsische Ministerpräsident Kurt Biedenkopf durch. Das löste kaum Widerstände aus, was nahelegt, daß der traditionsreiche Begriff »mitteldeutsch« auch sonst zu halten gewesen wäre. Und doch blieb der Name des MDR die große Ausnahme. Ansonsten ist der Begriff »mitteldeutsch« fast völlig durch das Wort »ostdeutsch« ersetzt worden, das seine alte Bedeutung verloren hat, was den Untergang der Vertriebenen durch Assimilation schlaglichtartig reflektiert. Heiner Geißler sprach als CDU-Generalsekretär einmal zu Recht davon, daß politische Entwicklungen oder Revolutionen früher dadurch in Gang gesetzt worden seien, daß man Bahnhöfe oder Telegrafenämter besetzte, heute aber durch die Besetzung von Begriffen; und noch treffender: »Allemal gilt, daß, wer Begriffe und Gedanken bestimmt, auch Macht über die Menschen hat. Denn nicht Taten sind es, die die Menschen bewegen, sondern die Worte über die Taten.« Der Bedeutungswechsel des Wortes »ostdeutsch« ist wohl für beide Überlegungen ein eindringliches Beispiel, dem sich freilich aktuell weitere hinzufügen ließen, etwa die Bedeutungsveränderungen der Worte »Ehe«, »Familie«, aber auch »Toleranz« und »Zivilcourage«. Meinem achtjährigen Sohn muß ich schon erklären, daß Toleranz noch vor wenigen Jahren bedeutet hat, daß andere Meinungen respektiert, und nicht, daß sie geächtet werden, und daß man mit Zivilcourage noch vor kurzem eine Haltung beschrieb, bei der einer sich gegen zehn stellt und nicht umgekehrt. Solche begrifflichen Umprägungen sind aus konservativer Sicht eine Katastrophe. Zum einen wird dadurch fast immer ein Prozeß des Umdenkens und der millionenfachen Meinungsänderung – die im Einzelfall richtig sein kann – auf eine unbewußte Ebene verdrängt. Wo eine offene Debatte und am Ende eine bewußte Entscheidung dringend notwendig wären, drängt sich der Eindruck einer Herde von Lemmingen auf, die, veranlaßt durch ein paar verdrehte Wegweiser – eben die Begriffe mit neuem Inhalt –, kaum reflektiert in eine neue Richtung läuft, womöglich der Kursänderung eines Führers oder einer Führerin folgend, ohne sich dessen bewußt zu werden, daß eine solche überhaupt stattgefunden hat. Die andere fatale Folge solcher Bedeutungsänderungen ist, daß das Denken und das Empfinden früherer Generationen immer schwerer verständlich werden. Es erfordert ohnehin schon einiges Wissen, um beispielsweise Reichstagsdebatten der 1890er Jahre ganz verstehen zu können. Die als problematisch empfundenen Fragen, die sozialen und gesellschaftlichen Strukturen, das Wertesystem und natürlich der Stand der Technik haben sich tiefgreifend geändert. Wenn dann auch noch so elementare Begriffe wie »Ehe«, »Familie«, »Toleranz« oder eben »Ostdeutschland« ihre Bedeutung verändern, wird das Verständnis zusätzlich erschwert. Auch durch solche Effekte kann nationale Identität, die viel mit dem Verständnis der heutigen Generation für das Denken und Empfinden der eigenen Vorfahren zu tun hat, beschädigt oder zerstört werden. 1.3 Der Niedergang der Verbandsstrukturen der Vertriebenen Doch zurück zum Thema Vertreibung. Wie weit die Assimilation vorangeschritten ist, sieht man auch an den Verbandsstrukturen des Bundes der Vertriebenen (BdV) und der Landsmannschaften, die in der Fläche kollabieren. Es gibt keine öffentliche Diskussion darüber, ob das ein Nachteil sein könnte, ob nicht mit dem Abtritt der Erlebnisgeneration ein kultureller Verlust verbunden ist, dem sich unsere Kulturpolitik entgegenstellen sollte. Man spricht viel von der wünschenswerten »Buntheit« und »Vielfalt« des Landes. Kaum je ist die Rede davon, daß dazu die regionalen Kulturen Schlesiens, Pommerns, Ostpreußens und des Sudetenlandes ebenso gehören könnten, wenigstens wie diejenigen der Türkei oder der arabischen Staaten. Nun würden letztgenannte Kulturen ja auch dann weiterblühen, wenn sie nicht in Mitteleuropa eine zusätzliche, zweite Heimat bekommen würden, während es bei den Kulturen des alten deutschen Ostens um Fortbestand oder Untergang geht. Vor diesem Hintergrund hat die politische Rede von »Diversität«, »Buntheit« und »Vielfalt«, ganz vorsichtig gesagt, zumindest einen schalen Beigeschmack. Auf diese Frage komme ich nachher noch zu sprechen, wenn es um die sogenannte Kulturarbeit nach Paragraph 96 des Bundesvertriebenengesetzes geht, die früher kurz »ostdeutsche Kulturarbeit« genannt wurde. Merkwürdigerweise reden die Landsmannschaften kaum öffentlich von ihrem Niedergang, dabei könnte eine größere Offenheit auch politisch sinnvoll sein. Schützt man nicht eine gefährdete Spezies mit um so größerem Aufwand, je seltener sie ist? Analog könnte man sich wünschen, daß beispielsweise bestimmte lokale Dialekte aus eng umgrenzten Gebieten in Ostpreußen oder Schlesien, die heute nur noch je eine Handvoll über 90jähriger Menschen gut beherrschen, genau aufgezeichnet und...



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