Radke / Detering | Ein Sommer auf Hiddensee | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 223 Seiten

Radke / Detering Ein Sommer auf Hiddensee

Ein Ostsee-Roman
1. Auflage 2021
ISBN: 978-3-96655-578-4
Verlag: dotbooks
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection

Ein Ostsee-Roman

E-Book, Deutsch, 223 Seiten

ISBN: 978-3-96655-578-4
Verlag: dotbooks
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection



Wie eine frische Meeresbrise: Der berührende Inselroman »Ein Sommer auf Hiddensee« von Monika Detering und Horst-Dieter Radke als eBook bei dotbooks. Auf Hiddensee will der gefeierte Fotograf Kristian Peterson zur Ruhe kommen: den Flug der Kraniche beobachten, den Sand unter den Füßen spüren, die schmerzhaften Erinnerungen in der Weite des Meeres verlieren. Doch als er die Polizistin Nora Friedrichsen kennenlernt, geraten seine Gefühle erneut in Aufruhr: Angeblich will sie sich nur eine Auszeit nehmen, einen Sommer lang die Seele baumeln lassen - doch Kristian spürt, dass etwas aus Noras Vergangenheit ihr bis nach Hiddensee gefolgt ist. Schon bald müssen beide erkennen: Ein Neuanfang ist nur möglich, wenn sie einander die Licht- und Schattenseiten ihres Lebens anvertrauen - und sich gemeinsam fallen lassen ... Jetzt als eBook kaufen und genießen: Der bewegende Inselroman »Ein Sommer auf Hiddensee« von Monika Detering und Horst-Dieter Radke. Wer liest, hat mehr vom Leben: dotbooks - der eBook-Verlag.

Horst-Dieter Radke wurde 1953 in Hamm/Westfalen geboren. Er machte eine kaufmännische Ausbildung und studierte Pädagogik an der Universität Landau. Mehrere Jahre arbeitete er als Geschäftsführer und Vorstand in einem mittelständischen Betrieb. Seit zwanzig Jahren ist er freiberuflich als Autor, Lektor und Projektleiter im Fachbuchbereich tätig. Er hat zahlreiche Sach- und Fachbücher veröffentlicht, außerdem Märchen, Erzählungen und einen Novellenband. Zusammen mit seiner Kollegin Monika Detering schreibt er Romane und Krimis. Er ist Mitglied bei den »42erAutoren« und im »Syndikat«. Horst-Dieter Radke ist Vater von drei erwachsenen Kindern und lebt mit seiner Frau in Tauberfranken. Der Autor im Internet: www.hd-radke.de Bei dotbooks veröffentlichte Horst-Dieter Radke »Normale Verhältnisse - Ein Dorfkrimi« sowie zusammen mit Monika Detering den Inselroman »Ein Sommer auf Hiddensee«. Er ist außerdem Co-Autor des mit Peter Dell verfassten Krimis »Alte Sünden und Silvaner«.
Radke / Detering Ein Sommer auf Hiddensee jetzt bestellen!

Weitere Infos & Material


Kapitel 4


Kaffee trinkt er. Nichts anderes. Dass ich ihn hier in diesem gemütlichen Café Kanne finde, dachte Sonja, immer noch erstaunt. Vitte? Da muss man erst draufkommen. Schließlich kann er sich ja überall auf der Insel aufhalten. Jetzt erst weiß ich, dass es sie gibt. Ich dachte, Hiddensee läge sonst wo, vielleicht in der Südsee. Peinlich, peinlich, sollte ich besser keinem erzählen.

»Kristian«, flüsterte sie. Bei ihm bleibt einem ja glatt der Verstand stehen. Der hat sicher nicht so Komisches drauf wie Heiko. Als das mit ihm anfing, säuselte er jedes Mal: Nackt bist du mir am liebsten, als wenn so ein Spruch einen anmachen könnte. Aber meinen neuen Kaschmirpullover knallte er achtlos auf eine Apfelsinenkiste, und die gezogenen Fäden verzeihe ich ihm bis heute nicht. Der glaubt doch allen Ernstes, seine jungen Mitarbeiterinnen wären wild auf ihn. Der soll sich doch mal im Spiegel begucken. Meine Mutter sagte, Kind, es gibt viele Gründe, warum eine Frau bei einem Mann bleibt. Das muss nicht immer Liebe sein. Recht hat sie. Jedenfalls ist dieser Kristian Peterson ein ganz anderes Kaliber. Und Geld hat er auch. Oder? Hoffentlich nicht alles auf Pump gekauft. Danach sieht er eigentlich nicht aus … Und mein erstes Honorar hatte er ja sofort gezahlt. Bar auf die Kralle.

Sonja strich sich über die Ponyfransen, griff nach ihrer Sonnenbrille, die im Haar steckte, und setzte sie auf.

In Kloster hatte sie in einem der ältesten Gasthäuser der Insel ein Zimmer gefunden. Preiswert. Mit einem kostenlosen Leihrad. Mit Frühstück. Gott sei Dank mit Frühstück. Gnadenlos üppig belegte sie mehrere Brötchen, steckte sie ein, übersah ebenso gnadenlos die Blicke der anderen Gäste. Glück gehabt! Plötzlich erinnerte sie sich an das Grimmsche Märchen von Hans im Glück. Der bekam immer alles, was er wollte und sich wünschte. Eigenartigerweise war der aber auch mit immer weniger zufrieden. Wenn ihre Dinge schiefliefen, las sie vor dem Schlafengehen Märchen. Ansonsten las sie nicht viel.

Es war der zweite Tag auf Hiddensee, der zweite Tag, an dem sie diesen Mann beobachtete. Sonja setzte ihr weichstes Lächeln auf, dieses mädchenhafte, was ihr meist gut gelang. Sie wusste auch, dass dieses Lächeln einen scharfen Gegensatz zu ihrer engen schwarzen Lederhose schuf. Dennoch suchte sie sich auch jetzt einen Tisch aus, an dem der Fotograf sie nicht sehen konnte. Sie wollte ihn beobachten und spätestens morgen ansprechen. Zufrieden registrierte sie, dass der Mann allein an seinem Tisch saß und auf niemanden zu warten schien. Genauso wie gestern.

»Ein Kännchen Kaffee«, bestellte sie bei der weißblonden Bedienung. Dabei mochte sie keinen Kaffee. Aber der war günstiger als die anderen Getränke.

Ihr Exgeliebter becircte längst eine Neue. Sie hatte zwar nicht wie Hans im Glück sieben Jahre bei einem Herrn gedient, aber immerhin waren es doch satte zweieinhalb geworden. Nur weil sie zwei Tage nicht zur Arbeit erschienen war und den Porsche mitgenommen hatte, kündigte er ihr. Wie kleinlich war das denn?

So viel Mist hab ich dem Kerl weggeräumt, Waren geschleppt bis zum Muskelkater, abgelaufene Joghurts und solchen Kram diskret entsorgt. Da gab’s nämlich ganz schön viel davon, okay, ich habe auch was mitgenommen, wäre ja auf dem Müll gelandet, und so aufgeschäumte süße marmeladige Joghurts esse ich eben gern. Und einmal war er ziemlich beschickert, da fing er an, nackt wie er war, zu wiehern und den Hengst zu machen. Rannte selig grinsend hoch aufgerichtet durch das Zimmer. War der sauer, weil ich vor Lachen aus dem Bett gefallen bin. Aber sonst war er schon nett. Zuvorkommend. Großzügig. Und die anderen Nächte in seinem Bett, manchmal auch in der Küche, waren nicht die schlechtesten.

Langeweile gab’s nicht, dachte Sonja. Soweit eine Frau wie ich Fantasie von einem Filialleiter erwarten konnte, etwas hatte er davon. Für meine Großzügigkeiten lieh er mir den Porsche. Ist doch was, wenn Frau nur einen kleinen gebrauchten Fiat hat? Wahrscheinlich habe ich den nun zu früh verkauft. Aber Heiko ist auch selten blöd. 33 ist wahrlich kein schlechtes Alter bei einer Frau, und wenn er sich jetzt eine rothaarige Zwanzigjährige antut, dann wird er sich noch umsehen. Die haben ganz andere Interessen als einen Filialleiter mit Wampe und abgelaufenen Joghurts und so. Kündigt per Mail. Feige Nuss! Traut sich wohl nicht, mich dabei anzusehen. Den Porsche bin ich damit endgültig los. Der fehlt mir. Gerade jetzt, ohne Job und ohne Kohle.

Sonja brannte ihre Wünsche in den Rücken des Fotografen. Ich! Will! Dich! Und gerade noch rechtzeitig bückte sie sich, denn er stand auf und sprach mit einem Mädchen. Er sieht viel lässiger aus als letztens so braunleinengehypt in Berlin. Jünger! Sie fand, dass ihm die Jeans verteufelt gut stand. In seinem Alter! Da hatten die meisten entweder keinen Arsch mehr in der Hose oder zu viel davon. Sonja lächelte. Der Mann hat was. Ihn und einen Job werde ich kriegen. Sein Haus gefällt mir. Mit Reetdach, weißen Steinen und Bogenfenster – super. Sogar Büsche und Bäumchen ringsum. Ich weiß zwar nicht, wie die Dinger heißen. Egal. In dem Haus könnte ich leben. Könnte? Will ich. Werde ich.

Bei diesen Vorstellungen wurde sie fast glücklich. Morgen würde sie ihn hier wie zufällig treffen, ohne Anstrengung, und endlich kam ihr der Tag besonders hoffnungsfroh vor. Und wenn er morgen nicht hier ist?, meldete sich eine innere Stimme zweifelnd.

»Dann gehe ich zu seinem Haus und klingele. Und wenn er nicht da ist, setze ich mich vor die Tür und warte, bis er kommt. Er wird mich schon wiedererkennen. Das krieg ich hin. Denn er wird mich ansehen – denn ich bin jung, und er ist alt. So einfach ist das.« Erschrocken schlug sie die Hand vor den Mund, denn sie merkte erst jetzt, dass sie laut gesprochen hatte. Nervös hustete sie, griff nach ihrer Tasse und verschüttete den Kaffee. Um sich zu beruhigen, betrachtete sie das schön restaurierte hochgiebelige Haus, in dem das Café untergebracht war, drehte ihren Stuhl so, dass sie auf den Hafen schauen konnte. Vor das blaue Kaffeekännchen stellte sie einen Spiegel. Richtete ihn so aus, dass sie den Fotografen im Blick hatte. Er notierte sich etwas, dann schaute er zum Wasser. Gleiche Blickrichtung wie Sonja, wie ein Schienenpaar. Zwischendurch grüßte er jemanden. Und die meisten, die vor dem Café saßen, waren ganz sicher Touristen.

Es war Anfang September. Passend dazu sang Bryan Ferry den »September Song«. Aus den Lautsprechern neben dem Eingang hörte Sonja danach: »As time goes by.« Die CD spielte wohl wieder von vorn. Ihre Mutter war vernarrt in den Song und bekam immer so einen Sehnsuchtsblick. Einmal hatte Sonja kess gefragt: »An Papa denkst du dabei aber nicht?« und sich postwendend eine Ohrfeige eingefangen.

Aber in diese Stunde passte Bryan Ferry. Das Spätnachmittagslicht war weich, warf längere Schatten als im August, und die Sonne glitzerte auf den Wellenspitzen.

Entschlossen steckte Sonja den Spiegel ein, stand auf, nahm den Weg zur Toilette, schwang bei jedem Schritt ihren kleinen festen Hintern. Sie wusste, dass er in gerader Haltung, durchgedrücktem Rücken mit etwas Hohlkreuz gut zur Geltung kam. Und in Leder sowieso. Sie wusste, dass Männer ihr hinterher schauten. So etwas spürt eine Frau. Und wenn sie das spürte, wurde sie groß und schlank und strahlte. Jedenfalls hatte sich Sonja für diesen Auftritt Mühe gegeben.

Im Waschraum tuschte sie die Wimpern nach, tropfte etwas Glyzerin in die Augenwinkel und verwuschelte ihr aufgestecktes Haar, bevor sie sich zufrieden im Spiegel betrachtete.

Zurück kam sie mit leichtem Hüftschwung, setzte sich, schob die Tasse mit dem Kaffeerest fort und dachte an den zu Ende gehenden Sommer. Sie zahlte, und als sie das Café verließ, schaute sie für heute ein letztes Mal wie hypnotisiert zu dem Mann in der hellen Jeans herüber und empfand so etwas wie Besitzerstolz. »Kristian«, flüsterte sie. »Kristian.« Als sie mit ungefähren zwei Metern Abstand an ihm vorbeiging, verzog sie ihre Lippen mit dem ausgeprägten Amorbogen zu einem angedeuteten Lächeln und registrierte seine Tränensäcke und das Silbergrau der Haare.

Erst als sie sich von niemandem mehr beobachtet glaubte, holte sie aus der Tasche das letzte Brötchen vom Frühstücksbüfett und biss gierig hinein, betrachtete am Hafenbecken ein rostrot gestrichenes Boot, dessen ebenso rostrotes Segel mit der Aufschrift: ›Vitte‹ im Wind flatterte. Der Skipper war nicht zu sehen. Vielleicht besitzt Kristian auch ein Boot. Der verdient doch eine Menge. Bestimmt. Schon sah sie sich mit wehenden Haaren, den Kopf dekorativ nach hinten gebogen, fotogen dahingleiten.

Sie stieg aufs Rad, fuhr langsam die Straße ›Norderende‹ entlang, überlegte, dass der Kristian bloß nicht morgen mit der Fähre woanders hinmuss, bitte nicht. Ich brauche ihn.

In Kloster sah sie die Hinweistafeln: ›Gerhart Hauptmann-Haus‹. Nie davon gehört. Ein Schauspieler?

Sonja hatte Zeit. Ein langer Abend lag vor ihr. Hunger hatte sie auch. Sie überschlug ihre Barreserve. Egal, dachte sie, das wird sich ändern.

Am Kirchweg fand sie ein Restaurant. Der Wind wurde frischer. Trotzdem setzte sie sich auf die große Terrasse, mit Blick auf Büsche, Wiesen und Meer. Sonja aß gut, aß viel, aß auf Vorrat. Zwischendurch erhellte ein Strahlen ihre Augen, und der junge Kellner fragte beim Abräumen: »Verliebt?«

»Fast.« Sie zahlte und stand auf.

Am Strand schuf die Sonne für ihre Liebeswünsche die passende Kulisse, sank an der Linie, die das Meer vom Himmel trennte, ins Wasser, und das...



Ihre Fragen, Wünsche oder Anmerkungen
Vorname*
Nachname*
Ihre E-Mail-Adresse*
Kundennr.
Ihre Nachricht*
Lediglich mit * gekennzeichnete Felder sind Pflichtfelder.
Wenn Sie die im Kontaktformular eingegebenen Daten durch Klick auf den nachfolgenden Button übersenden, erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Ihr Angaben für die Beantwortung Ihrer Anfrage verwenden. Selbstverständlich werden Ihre Daten vertraulich behandelt und nicht an Dritte weitergegeben. Sie können der Verwendung Ihrer Daten jederzeit widersprechen. Das Datenhandling bei Sack Fachmedien erklären wir Ihnen in unserer Datenschutzerklärung.