Radke | Normale Verhältnisse | E-Book | www.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 90 Seiten

Radke Normale Verhältnisse

Ein Dorfkrimi
1. Auflage 2012
ISBN: 978-3-943835-57-1
Verlag: dotbooks
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection

Ein Dorfkrimi

E-Book, Deutsch, 90 Seiten

ISBN: 978-3-943835-57-1
Verlag: dotbooks
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection



''Hören Sie', rief Hannes den Polizisten hinterher. 'Das mit dem Josef können sie glatt vergessen. Der schlachtet hier ja noch nicht einmal die Hühner.'' Bauer Hannes versteht die Welt nicht mehr: Wer hat die Axt in das Grabkreuz seiner Mutter geschlagen? Und wer hat damit zuvor die Nachbarin ermordet? Schnell mehren sich die Hinweise, dass Hannes' Bruder etwas damit zu tun haben könnte. Aber das ist unmöglich ... oder? Hannes beginnt, auf eigene Faust zu ermitteln - und kommt einem Geheimnis auf die Spur, über das viele im Dorf mehr wissen als er. Denn es geht um seine Familie ... Ein abgründiges Lesevergnügen, in dem nichts so ist, wie es scheint. Jetzt als eBook: Der fesselnde Dorfkrimi 'Normale Verhältnisse' von Horst-Dieter Radke. dotbooks - der eBook-Verlag.

Horst-Dieter Radke wurde 1953 in Hamm/Westfalen geboren. Er machte eine kaufmännische Ausbildung und studierte Pädagogik an der Universität Landau. Mehrere Jahre arbeitete er als Geschäftsführer und Vorstand in einem mittelständischen Betrieb. Seit zwanzig Jahren ist er freiberuflich als Autor, Lektor und Projektleiter im Fachbuchbereich tätig. Er hat zahlreiche Sach- und Fachbücher veröffentlicht, außerdem Märchen, Erzählungen und einen Novellenband. Zusammen mit seiner Kollegin Monika Detering schreibt er Romane und Krimis. Er ist Mitglied bei den »42erAutoren« und im »Syndikat«. Horst-Dieter Radke ist Vater von drei erwachsenen Kindern und lebt mit seiner Frau in Tauberfranken. Der Autor im Internet: www.hd-radke.de Bei dotbooks veröffentlichte Horst-Dieter Radke »Normale Verhältnisse - Ein Dorfkrimi« sowie zusammen mit Monika Detering den Inselroman »Ein Sommer auf Hiddensee«. Er ist außerdem Co-Autor des mit Peter Dell verfassten Krimis »Alte Sünden und Silvaner«.
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1. Kapitel


3. Dezember 2004

Möchten Sie auch einen Korn? Nicht? Nun, ich nehme mir einen. Er bringt das Gespräch in Gang, nicht wahr? Wie? Nein, keinen zweiten jetzt. Später vielleicht. Wenn die Wärme verflogen ist und das Gespräch neuen Antrieb braucht. Und in meinem Alter sind zwei an einem Abend mehr als ausreichend.

Ja, ich erinnere mich gut, an manches noch so genau, als wenn es gestern gewesen wäre. Etwa an den Tag, als er das erste Mal in meinen Laden trat. Da stand an einem schönen Frühsommernachmittag plötzlich dieser große, schlanke Zimmermannsgeselle in der Tür, und alle Frauen, die anstanden für ihre Einkäufe und vorher noch geschnattert hatten wie die Gänse, waren still und bekamen leuchtende Augen, zupften an ihren Schürzen oder fuhren sich durchs Haar. Nur die Maria Schmidt setzte ein strenges Gesicht auf und hob den Kopf etwas höher, was aber die Situation eigentlich noch deutlicher machte. Gefahr erkannt, hieß das bei ihr. Und dass er bei ihr nicht landen könne. Was aber nichts genützt hat. Zumindest nicht auf Dauer …

28. September 2004

Hannes hängte die Axt in der Scheune wieder an ihren angestammten Platz. Die Unruhe der letzten beiden Tage, in denen er nach ihr gesucht hatte, war verschwunden. Eine Weile betrachtete er das blankgeputzte, frisch geschliffene Werkzeug, dann wandte er sich um und verließ die Scheune. Als er sich mit seiner Krücke aus dem Scheunentor schwang und den sonnigen Herbstnachmittag spürte, vergaß er sogar die merkwürdigen Umstände, unter denen er die Axt am Nachmittag gefunden hatte. Das war immer die beste Zeit für ihn, wenn der Sommer in den Herbst überging, der Nachmittag in den Abend wechselte, die schwüle Hitze einer angenehmen Wärme Platz machte. So ganz gefestigt hatte sich diese Hochstimmung aber noch nicht, denn als ein kühler Luftzug durch seine Haare strich, drehte er sich auf halbem Wege um, humpelte zur Scheune zurück, ließ das Vorhängeschloss einschnappen und drehte den Schlüssel zweimal.

Um den wieder aufgetauchten Schatten zu vertreiben, der die letzten beiden Tage über seinem Gemüt gelegen hatte, pfiff er den Walkin’ and Whistlin Blues auf dem Weg zum Haus, was einem zufälligen Beobachter makaber hätte vorkommen können, denn in der Originalfassung wird der Rhythmus von einem normal gehenden Mann erzeugt. Aber Hannes liebte diesen alten Les-Paul-Song von ganzem Herzen und hörte den Schritt seines fehlenden Beines sehr wohl.

An der Küchentür legte er seine Krücke ab. Bei den Vorbereitungen für das Abendessen war sie ihm eher hinderlich. Jeder, der ihn dabei einmal beobachtete, bewunderte ihn für die elegante Art, mit der er in diesem engen Raum seine Behinderung durch Einsatz des ganzen Körpers ausglich. Manche Bewegung grenzte allerdings schon ans Akrobatische. So fasste er etwa die Bratpfanne mit den Zähnen am hölzernen Griff, drehte sich auf dem einen Bein, ohne aus der gebückten Haltung aufzustehen, und setzte mit einem unglaublichen Schwung die Pfanne auf den Tisch. Es war für ihn selbstverständlich, die Verwaltung von Hof, Herd und Küche zu übernehmen, nachdem er aus der Rehabilitation zurückgekehrt war. »Ich bin mit meinen siebenunddreißig Jahren noch nicht alt genug, um mich im Rollstuhl auszuruhen oder mit den Alten zu jammern«, hatte er seinem Bruder gesagt und sich jede Hilfe verbeten. Es hatte eine Weile gebraucht, bis er seinen jetzt einbeinigen Körper wieder souverän beherrschte, aber von Anfang an hatte er jeden Anflug von Mitleid und jede Hilfestellung mit aggressiven Worten abgeblockt. Dafür hatte er sich seine Arbeitsbereiche so funktional wie möglich eingerichtet. In der Bauernküche gab es keinen Zierrat, keine Regale mit unnützen Krügen oder Teller an der Wand. Eckschränke mit ungünstig zu erreichenden Türen waren ebenso wenig vorhanden wie bunte alte Kacheln. Im Arbeitsbereich lag alles nahe beisammen: moderne Keramik-Herdplatten in eine Arbeitsplatte gesetzt, Spüle, Spülmaschine und Kühlschrank nahe beieinander und der Küchentisch so in den Raum integriert, dass von der Platte zum Tisch alles herübergereicht werden konnte – später in umgekehrter Reihenfolge –, ohne dass ein Schritt nötig war. Es hingen keine Bilder an der Wand, nur ein großer Kalender, in den alle wichtigen Termine eingetragen wurden. Der Boden war gefliest und gab einen guten Kontrast zu Edelstahl und Holz ab.

Eine halbe Stunde später kam sein Bruder Josef und setzte sich wie üblich ungewaschen, nach Stall riechend ohne einen Gruß an den Tisch. Kurz darauf erschienen Paul und Hilde, die Hofhilfen, deren Geruch keinen Zweifel daran ließ, dass sie Josef beim Ausmisten zur Hand gegangen waren. Hannes suchte in den Gesichtern nach besonderen Zeichen. Hatte es Streit gegeben? Es wäre nicht ungewöhnlich gewesen, denn Hilde ließ sich offensichtlich auf die unterschiedlichsten Beziehungen ein – nicht nur hier auf dem Hof. Es ärgerte ihn schon lange. Sie passt nicht hierher, hatte er mehrfach seinem älteren Bruder in den Ohren gelegen und ihn gedrängt, sie zu entlassen und nach einer neuen Hilfe zu suchen. Aber Josef reagierte stets unwirsch und verbat sich dieses Ansinnen. »Sie kommt aus dem Dorf wie du und ich, und wer bist du denn, dass du über sie richtest?«, argumentierte er immer. »Du liegst auch völlig falsch«, war jedes Mal sein abschließendes Argument. Hannes verdrehte dann die Augen. Aber du liegst richtig? Na ja, zumindest in der Horizontalen. Er sagte es nie, aber er dachte es jedes Mal mit Verbitterung.

Heute schien kein Konflikt anzustehen. Müdigkeit lag im Raum wie dicker Nebel, zeigte sich auf den drei Gesichtern und in ihrer erschöpften Haltung.

»Fertig geworden?«, fragte Hannes, während er die übergroße Teekanne auf den Tisch stellte. Josef nickte nur, der ältere Paul sah wie immer still auf seinen Teller, und Hilde hatte sich zurückgelehnt und die Augen geschlossen. Einen Augenblick lang war Hannes fasziniert von ihrem Gesicht. Ein wenig spiegelte sich das Abendrot auf ihren Wangen – oder war es ihre natürliche Röte? Er war irritiert über seine Gedanken, wandte sich ab, fasste den Brotlaib und warf ihn über die Schulter auf den Tisch, dass es knallte. Hilde öffnete erschrocken die Augen, Paul legte den Kopf schräg und schaute zu ihm hinüber, während Josef aufsah und ärgerlich fragte: »Bist du verrückt geworden?«

Da hatte sich Hannes aber bereits wieder dem Tisch zugewandt und setzte den Topf mit der dampfenden, nach Kerbel duftenden Suppe ab.

»Ich hab nur zwei Arme, da muss es auch mal etwas unkonventionell zugehen dürfen.«

Josef schüttelte den Kopf, sagte aber nichts mehr. Hilde erhob sich, füllte Pauls Teller mit Suppe, danach den von Josef, von Hannes und ihren eigenen. Ansonsten blieb es still. Es war eher selten, dass man sich in der Woche beim Abendessen lebhaft unterhielt, wenn alle müde und ausgelaugt von der Arbeit waren.

»Ich habe übrigens die Axt wiedergefunden«, sagte Hannes nach einer Weile in die schweigende Abendrunde.

»Hm?«

»Die Axt. Ich hab sie wiedergefunden.«

»War sie weg?«

Josef schien desinteressiert, der Knecht löffelte weiter seine Suppe. Hilde stand auf, ging zum Schrank und holte den Salzstreuer.

»Ja. Hab ich doch gestern schon erzählt. Von euch hatte ja keiner einen blassen Schimmer.«

»Wozu auch?«, antwortete Josef. »Was soll ich im Augenblick mit einer Axt? Das Korn kann ich damit nicht mähen.«

»Blöder Kerl!«, sagte Hannes verärgert. »Ich weiß, was du alles zu tun hast. Am liebsten wäre ich ja auch dabei und würde helfen. Aber habe ich mir das Bein abgerissen? Habe ich mich zum Krüppel gemacht, um nicht arbeiten zu müssen?«

Da war sie wieder, diese Wut. Natürlich konnte Josef nichts dafür, dass Hannes gestolpert und gestürzt war, gerade als Josef mit dem Mähdrescher zurücksetzte. Aber wenn er nicht den ganzen Tag lang zur Flasche gegriffen hätte, dann wäre er vielleicht nicht taub für das Schreien und die Hilferufe gewesen. Es war ein schwacher Trost, dass Josef seitdem nicht mehr trank.

»Schon gut, schon gut!« Josef sah erschrocken und schuldbewusst drein. »Habe ich ja gar nicht sagen wollen, habe ich ja nie gesagt. Beruhig dich doch. Aber was interessiert mich die Axt? Es ist schön, dass du sie wiedergefunden hast. Keine Ahnung, wer sie genommen hat. Vielleicht Hilde zum Holzha–«

»Was soll ich mit dieser blöden Axt?«, schrie Hilde los. »Hab noch nie die Axt geholt und liegenlassen. Hört bloß auf mit den Unterstellungen. Immer hackt ihr auf mir rum!«

Mit hochrotem Gesicht stieß sie den Teller von sich, sprang auf und verließ wütend die Küche.

»Heute spinnen sie alle!«, sagte Josef, erhob sich und ging ebenfalls. Paul füllte sich den Teller noch einmal und aß ruhig weiter.

Hannes hatte das alles überrascht verfolgt. Seine Gereiztheit war verflogen, und es blieb nur Verwunderung über diese Szene zurück. Dass Josef sich momentan nicht für die Axt interessierte, konnte er verstehen. Aber dass Hilde an die Decke ging, das war ungewöhnlich. Eigentlich hatte sie ein dickes Fell und regte sich so schnell nicht auf. Jetzt hatte sie aber...


Radke, Horst-Dieter
Horst-Dieter Radke wurde 1953 in Hamm/Westfalen geboren. Er machte eine kaufmännische Ausbildung und studierte Pädagogik an der Universität Landau. Mehrere Jahre arbeitete er als Geschäftsführer und Vorstand in einem mittelständischen Betrieb. Seit mehr als zehn Jahren ist er freiberuflich als Autor, Lektor und Projektleiter im Fachbuchbereich tätig. Er hat zahlreiche Sach- und Fachbücher veröffentlicht, außerdem Märchen, Erzählungen und einen Novellenband. Zusammen mit seiner Kollegin Monika Detering schreibt er Romane und Krimis. Er ist außerdem Mitglied der Autorengruppe 42er Autoren (www.42erautoren.de).
Horst-Dieter Radke ist Vater von drei erwachsenen Kindern und lebt mit seiner Frau in Tauberfranken.

Bei dotbooks erschien Horst-Dieter Radkes Roman „Normale Verhältnisse“.

Der Autor im Internet: www.hd-radke.de und fabuloes.bogspot.de.



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