E-Book, Deutsch, 416 Seiten
Reihe: Cuxhaven-Krimis
Rahaus Mordlinie
1. Auflage 2023
ISBN: 978-3-8271-9783-2
Verlag: CW Niemeyer
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Cuxhaven-Krimi
E-Book, Deutsch, 416 Seiten
Reihe: Cuxhaven-Krimis
ISBN: 978-3-8271-9783-2
Verlag: CW Niemeyer
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Auf der Suche nach seinem Platz im Leben stolpert Konrad Georg Brichtner am Duhner Strand in Cuxhaven über eine Leiche. Das Opfer sitzt im Auto und hält einen mysteriösen Gegenstand in der Hand – eine Petrischale mit Nährboden für Bakterien. Das Bizarre: Die Bakterien wachsen in Form einer numerischen Reihenfolge. Was hat es mit diesen Zahlen auf sich? Ein Code vielleicht?
Konrad beschließt, eigene Nachforschungen anzustellen, als er erfährt, dass das Opfer ein ehemaliger Kollege seines Onkels und Ziehvaters ist. Alles deutet darauf hin, dass der Mord etwas mit einer früheren BKA-Ermittlung zu tun hat, in die sein Onkel eingebunden war.
Dann überschlagen sich die Ereignisse, denn es werden weitere Leichen mit ähnlichen Bakterienschalen aufgefunden …
Autoren/Hrsg.
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Prolog
März 2014, Cuxhaven Langsam senkte sich die Dämmerung des späten Märztages herab. Es war kalt, graue Wolken hingen am Himmel und eine steife Brise wehte aus Südwest. Die Wasseroberfläche im Amerikahafen kräuselte sich, draußen auf der Elbe, westwärts der Kugelbake würde es deutlich rauer zugehen. Von Sturm konnte zwar noch keine Rede sein, aber es war zweifelsfrei ungemütlich auf dem Wasser. Die Männer standen auf dem schwankenden Pier vor den Booten und prüften ihre Ausrüstung. Sie trugen dunkle, fast schwarze Überlebensanzüge und ebenso dunkle automatische Rettungswesten – Unsichtbarkeit war essenziell für die bevorstehende Operation. Schon zuvor, während der Vorbereitungen, war Verborgenheit großgeschrieben worden. Obwohl es eine sehr aufwendige Aktion war, waren außer den BKA-Beamten bei ihren Booten nur einige handverlesene Mitarbeiter dieser und ein oder zwei anderer Behörden eingeweiht. Die lokale Polizei hatte man noch gar nicht informiert, dies würde erst nach dem Ablegen der Boote geschehen, denn man wollte jede Art der Einmischung unbedingt vermeiden. Jeder Mann auf dem Pier war mit kurzläufigen Schnellfeuerwaffen und Pistolen bewaffnet und hatte ein wasserfestes Handfunkgerät und zwei Signalfackeln. Sollte einer der Männer später in der unruhigen See über Bord gehen, waren diese Hilfsmittel die beste und einzige Chance, entdeckt und gerettet zu werden. Insgesamt waren sie zu sechst, mit drei Booten, von denen es jedes auf knapp zehn Meter Länge brachte und mit zwei einhundertvierzig PS starken Suzuki-Außenbordmotoren ausgestattet war. Die schwarzen Aluminiumrümpfe und die minimalistischen grauen Aufbauten – eigentlich nur der Fahrstand mit einer kleinen Frontscheibe gegen Spritzwasser und ein Hardtop darüber – wären später auf dem Wasser kaum zu sehen. Einer der Männer schaute auf seine Armbanduhr und nickte den anderen zu. „Es ist Zeit. Wir brechen auf.“ Behände sprangen die Männer in die Boote, zwei in jedes Gefährt. Einer begab sich ans Steuer und startete die Motoren, der jeweils andere löste nacheinander die Bug- und die Heckleine, die das Boot am Pier hielten. Mit einem tiefen Brummen schoben sich die Fahrzeuge hinaus ins Hafenbecken. Schon nach wenigen Metern wurden sie vom eintönigen Grau der spätnächtlichen Dunkelheit und des tiefen Wassers verschluckt, nur das Dröhnen der Motoren war noch zu hören. Kaum hatten sie die Hafeneinfahrt mit den rot und grün blinkenden Markierungen hinter sich gelassen, drehten die Boote nach Westen und beschleunigten. Dabei querten sie die Fahrrinne der Elbe und folgten anschließend den roten Fahrwassertonnen in Richtung Nordsee. Im ersten Boot schaute der Mann abermals auf die Uhr. In Gedanken überschlug er, wann sie bei der aktuellen Geschwindigkeit, der Strömung und dem herrschenden Wellengang an der Zielposition eintreffen würden. Er hatte sich eine ruhigere See gewünscht, war aber dennoch zuversichtlich, dass alles wie geplant ablaufen würde. Optimismus war ebenfalls Teil der Ausrüstung. Unerwartet schlug das Boot hart in eine Welle, die Motoren heulten auf, Gischt wehte den beiden Männern in die Gesichter, sie ließen sich davon jedoch nicht beirren. Der Fahrer schob trotzig den Gashebel ein Stückchen weiter nach vorne. Auch das zweite Boot hielt mühelos mit. Es fuhr an der Backbordseite ein kleines Stückchen hinter dem ersten Boot. „Nummer drei – aufschließen“, ordnete der Teamleiter, mit seinen vierundfünfzig Jahren der Älteste im gesamten Team, im ersten Boot über eine abhörsichere Frequenz per Funk an. Er warf einen schnellen Blick nach achtern. Das dritte Boot war deutlich zurückgefallen. „Hier Nummer drei“, ertönte es aus dem Funklautsprecher. „Wir habe Probleme mit den Motoren. Wahrscheinlich die Benzinzuleitung. Wir müssen abbrechen.“ „Verdammt“, zischte der Teamleiter und schlug mit der flachen Hand auf den Rand des Armaturenbretts. Der Mann am Steuer, der aufgrund des Motorenlärms das Funkgespräch nicht hatte mithören können, sah ihn überrascht an. „Was ist los?“ „Nummer drei ist raus. Technische Probleme.“ Ohne das Steuer loszulassen, warf der Fahrer einen schnellen Blick über die Schulter und sah das letzte Boot ausscheren und eine Wende fahren. Es nahm wieder Kurs auf Cuxhaven. „Wir kommen auch mit zwei Einheiten klar“, stellte er fest. „Wir haben keine Wahl.“ Die beiden Boote hatten längst die Kugelbake, das Wahrzeichen Cuxhavens, passiert. Die hölzerne Konstruktion, die das geografische Ende der Elbe markierte, wäre in der Dunkelheit ohne die Scheinwerfer, von denen sie beleuchtet wurde, nicht zu sehen gewesen. Wie erwartet nahm die Dünung an Höhe zu, Schaumkronen tänzelten auf den Wellen. Sofort mussten die beiden verbliebenen Boote die Geschwindigkeit reduzieren, um gegen die Kraft der Wellen zu bestehen. Plötzlich verwandelte sich das statische Rauschen aus dem Funkgerät des Teamleiters in schwer verständliche Wortfetzen. Es schloss die Augen, drückte sich das Gerät ans Ohr und hörte konzentriert zu. „Adler meldet, die Sunshine hat soeben das Zielgebiet erreicht.“ Der Bootsführer nickte und schob den Gashebel trotzig wieder ein Stückchen vor. Dabei hob er den Kopf und blickte in den Himmel, als hoffte er, das Aufklärungsflugzeug trotz der Dunkelheit entdecken zu können. Das Boot beschleunigte ein wenig, die Gischt zischte wie kleine Geschosse an den Männern vorbei. Das zweite Boot schloss auf. Der Mond brach unerwartet durch die zuvor dichte Wolkendecke. Das Bild, das sich in seinem fahlen Licht bot, war Furcht einflößend. Wellenberge in diffusen Grauschwarz-Tönen, wohin der Blick fiel. Von den Schaumkronen rissen Spritzer groß wie Fußbälle ab. Immer dann, wenn sich das Boot aus einem Wellental erhob, waren für einige Augenblicke die grünen oder roten Signale der Fahrwassertonnen und in größerer Entfernung die Befeuerung des Gelbsands zu erspähen. „Verdammtes Mistwetter“, murmelte der Teamleiter leise. „Da drüben“, schrie der Bootsführer und deutete mit einer Hand schräg voraus. „Sichtkontakt“, brüllte der Teamleiter in sein Funkgerät. „Bereithalten.“ Synchron verringerten beide Boote nun wieder die Geschwindigkeit und fuhren nur noch gerade so schnell, um in dem Wellenchaos steuerfähig zu bleiben. „Team an Adler“, sprach der Teamleiter in das Funkgerät. „Benötigen Informationen zu weiteren Fahrzeugen im Zielgebiet.“ Statisches Rauschen, verschluckt vom Tosen der Wellen. „Adler an Team“, klang es aus dem Lautsprecher. „Keine relevanten Fahrzeuge.“ „Verdammt.“ „Adler an Team. Korrektur: ein weiteres Fahrzeug östlich eurer Position, Kurs West. Nähert sich schnell.“ „Team an Adler. Verstanden.“ Es geht los, schoss es dem Teamleiter durch den Kopf. „Das Kurierfahrzeug nähert sich“, schrie er wieder in sein Funkgerät. „Zugriff erst nach Übernahme der Ware und nur auf mein Kommando.“ „Bestätige“, kam es nach wenigen Sekunden zurück. „Zugriff nur auf Kommando.“ Die Zeit floss dahin wie zäher Schleim über eine Tischkante, jeder Tropfen eine Minute. Ein paar Wolken schoben sich langsam am Mond vorbei, sodass es für einige Schleimtropfenminuten dunkler wurde. Die Männer in den Booten hatten sich mittlerweile an das Auf und Ab ihrer Fahrzeuge gewöhnt, der Adrenalinspiegel hatte sich auf hohem Niveau eingependelt. „Hier Boot zwei“, tönte es aus dem Funklautsprecher. „Haben Sichtkontakt zur Sunshine.“ „Entfernung?“, fragte der Teamleiter. „Gut vierhundert Meter. Das Schiff dreht in den Wind.“ „Wo ist der Kurier?“, wollte der Teamleiter wissen. Gleichzeitig musste er sich gegen eine gewaltige Gischtwolke stemmen, die über ihn hinwegfegte. „Kein Sichtkontakt.“ Die Antwort vom zweiten Boot kam prompt. „Adler an Team. Der Transfer fährt auf der euch abgewandten Seite am Heck der Sunshine.“ „Das ist das Übergabemanöver“, donnerte der Teamleiter. „Zugriff.“ Beide Boote beschleunigten gleichzeitig. Die Bugspitzen stachen in die Wellen wie Speere, die Motoren brüllten, als wollten sie mit einem Kriegsgeheul den Wellen erklären, wer der Stärkere war. Meter für Meter näherten sie sich dem Frachter und dem Kurierfahrzeug. Trotz der Kälte und des Wassers standen dem Mann am Steuer Schweißperlen auf der Stirn. Jedes Mal, wenn sein Boot eine Welle erklomm, gab er Gas, jedes Mal, wenn sie über den Kamm ins Wellental rutschten, zog er den Gashebel ein Stückchen zurück. „Noch einhundert Meter.“ Boot eins hatte nur noch einen kleinen Vorsprung. An Bord der Sunshine flammte ein Scheinwerfer auf und beleuchtete das Kurierboot. Das Fahrzeug, gute zwölf Meter lang, hatte einen hellen, wahrscheinlich weißen Rumpf und eine ebenso helle Kabine. „Das ist nur eine ganz gewöhnliche Motorjacht“, presste der Bootsführer angespannt zwischen den Zähnen hervor. „Wollen die uns verarschen?“, brummte der Teamleiter. „Wozu die Festbeleuchtung?“ Er griff nach seinem Fernglas und versuchte, es sich trotz der unberechenbaren Bewegungen des Bootes vor die Augen zu setzen, ohne dabei seinen sicheren Halt zu verlieren. „Was zur Hölle –“, weiter kam er nicht, denn das Boot krachte erneut in eine Welle und ein ordentlicher Schwall Salzwasser flutete über sie hinweg. „Da turnen zwei hinten im Schiff herum. Mit Bootshaken...