E-Book, Deutsch, Band 304, 256 Seiten
Reihe: Historical
Ranstrom Indiskrete Abenteuer einer Lady
1. Auflage 2014
ISBN: 978-3-7337-6384-8
Verlag: CORA Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, Band 304, 256 Seiten
Reihe: Historical
ISBN: 978-3-7337-6384-8
Verlag: CORA Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
'Erlaubst du dir, zu träumen?', fragt Hunter leise. Wenn Lady Elise in seinen Armen liegt und seinen verführerischen Worten lauscht, könnte sie fast vergessen, dass ihr in England der Galgen droht. Niemals darf der galante Lord erfahren, wer sie wirklich ist! Um ihr Kind zu retten, hat sie eine unfassbare Schuld auf sich genommen. Jetzt lebt sie unter falschem Namen auf der Karibikinsel St Claire - und setzt alles daran, ihr Geheimnis zu bewahren. Doch die heißen Küsse des Lords lassen sie alle Vorsicht vergessen. Bis er beginnt, verdächtig viele Fragen zu stellen. Ob er ihre Lüge durchschaut?
Geboren und aufgewachsen ist Gail Ranstrom im Nordwesten der USA, in den Weiten von Montana. Schon damals hörte sie gerne Geschichten über vergangene Epochen und weit entfernte Länder, und dabei durfte natürlich auch Abenteuer, Spannung und Romantik nicht zu kurz kommen! Bevor sie jedoch selbst mit dem Schreiben anfing, machte sie alle möglichen und unmöglichen Jobs, einmal nähte sie sogar die Kellneruniformen für einen deutschen Biergarten. Erst als ihr jüngstes Kind zur Schule ging und sie etwas Zeit für sich fand, erfüllte sie sich ihren Traum, spannende Liebesromane zu schreiben, die zur Zeit des englischen Regency spielen. Zum Glück wohnt einer ihrer Brüder in London, sodass sie immer wieder zu Recherchezwecken nach England fahren kann. Und die langen Winter in Montana sind geradezu geschaffen, um ihre preisgekrönten Romane zu verfassen. Gail Ranstrom hört immer gerne von ihren Lesern und Leserinnen, sie freut sich über jede E-Mail an gail@gailranstrom.com.
Autoren/Hrsg.
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1. KAPITEL
London
1. September im Jahre 1820
Reginald Hunter, der sechste Earl of Lockwood, warf dem Staatssekretär des Außenministeriums einen zweifelnden Blick zu. „Ich weiß nicht, Lord Eastman. Ich arbeite für das Innenministerium. Wie kann ich Ihnen behilflich sein?“
„In der vergangenen Zeit sind die Grenzen zwischen unseren beiden Ministerien zunehmend verwischt, besonders im Falle der Karibischen Inseln. St Claire ist eine britische Kolonie, weswegen es in den Verantwortungsbereich des Innenministeriums fällt, aber da wir es auch mit internationalen Verwicklungen zu tun haben, ist das Außenministerium ebenfalls betroffen.“
Hunter setzte sich gegenüber von Lord Eastman in einen bequemen Sessel und nahm ein kleines Glas Brandy von einem der Diener entgegen. Was hatte ihm der Mann wohl zu erzählen, dass er sich lieber im Club anstatt im Regierungsbüro mit ihm traf? Entweder hatte Eastman vor, ihn betrunken machen, oder er fürchtete um seine Sicherheit.
Er hielt das Glas umfasst, um die Flüssigkeit darin zu wärmen. „Hat Castlereagh Ihnen mitgeteilt, dass ich um meine Entlassung beim Innenministerium gebeten habe?“ So kurz vor dem Ausscheiden aus dem öffentlichen Dienst verspürte er nicht die geringste Lust, in die Probleme anderer Menschen verwickelt zu werden. Er hatte seine Pflicht getan – und eine Menge darüber hinaus.
„Ja, Ihr Kündigungsgesuch.“ Eastman nickte. „Genau aus diesem Grunde hoffen wir ja, Sie zur Mitarbeit für unser Ministerium bewegen zu können.“
„Ihr Vertrauen ehrt mich, aber weswegen sollte ich eine gefährliche Beschäftigung gegen eine andere eintauschen? Ich bin es leid, ständig mein Leben aufs Spiel setzen zu müssen. Und da wir jetzt endgültig fertig sind mit dem …“
„Dem weißen Sklavenhändler. Ja, ich habe davon gehört. Das muss vor einer Woche oder so gewesen sein, richtig?“
„Damit wäre die Sache endgültig abgeschlossen, und ich kann mit gutem Gewissen den Dienst quittieren und mich zur Ruhe setzen.“
Eastman trank einen Schluck von seinem eigenen Brandy. „Sie sind ein Mann in den besten Jahren, Lockwood“, sagte er. „Dieser Auftrag wäre nur eine Kleinigkeit für Sie, etwas, das Sie im Schlaf erledigen. Betrachten Sie es doch einfach als Urlaub.“
Seiner Erfahrung nach waren Angelegenheiten, in denen die Regierung an ihn heranzutreten pflegte, niemals so simpel. „Dann müssen Sie eben jemand anderen fragen, ob er Urlaub machen möchte.“
„Es handelt sich hierbei um eine äußerst heikle Geschichte, zumal sie Teil einer laufenden Ermittlung ist. Ihnen eilt der Ruf voraus, ein äußerst diskreter Gentleman zu sein.“
Diskret? So bezeichnete man jetzt also Auftragsmörder? Ob ihm diese Diskretion auch seine Seele zurückbringen würde, die er mit schmutzigen, wenn auch notwendigen Aufgaben aufs Spiel gesetzt hatte, denen andere lieber aus dem Weg gegangen waren?
Nichtsdestotrotz war er interessiert, denn Eastmans Nachfrage ließ auf einen Verräter im Außenministerium schließen. Warum sonst sollte man Bedarf nach einem Mann mit seinen Talenten haben? „Ist die undichte Stelle hier oder auf St Claire?“, fragte er.
„Das wissen wir nicht“, erklärte er leise. „Wir benötigen für den Auftrag jemanden von außen, und Ihr Name fiel, da Sie Besitz auf St Claire haben. Deswegen wäre es nicht weiter auffällig, wenn Sie dorthin reisten, um einen Blick auf Ihr Hab und Gut zu werfen, oder?“
„Erzählen Sie mir mehr über diese Kleinigkeit, die ich mir ansehen soll.“
„Piraten.“
Überrascht verschluckte Hunter sich, was die Aufmerksamkeit einiger Clubmitglieder auf sich zog. Er räusperte sich. „Und so etwas soll ich im Schlaf erledigen? Piraten?“, fragte er ungläubig.
„Sie nehmen überhand in der Karibik. Sie sind ein skrupelloser, blutrünstiger Haufen, und es ist unsere Pflicht, diese Pest ein für alle Mal zu beseitigen.“
Da war es wieder. Man wollte, dass er diese Pest ‚beseitigte‘. Sie brauchen jemanden ohne Gewissen? Fragen Sie Lockwood. „Ich bin nicht länger in diesem Geschäft, Eastman.“
„Wir bitten Sie lediglich darum, Informationen zu sammeln. Finden Sie heraus, wo die Piraten ihren Stützpunkt haben und wer ihnen die Informationen über die Schiffsrouten zukommen lässt. Finden Sie unser Leck – und stopfen Sie es.“
„Es ist unwahrscheinlich, dass sie nur einen einzigen Stützpunkt haben. Außerdem wissen Sie doch bestimmt schon, wer ihnen Informationen liefert.“
„Wir wissen nur, dass es sich um britische Staatsbürger handelt.“
„Warum St Claire und nicht Jamaika oder Barbados?“
„Dort haben wir schon Agenten, aber sie kommen einfach nicht voran. Wir brauchen jemanden, der sich völlig legitim auf St Claire aufhalten kann, ohne Verdacht zu erregen. Einer, der Fragen stellen und sich sowohl mit den Einheimischen als auch mit den Behörden gut stellen kann. Finden Sie heraus, was man vor uns verbirgt. Treten Sie lediglich mit uns in Kontakt, wenn Sie einen Notfall oder wichtige Neuigkeiten melden können. Wenden Sie sich direkt an mich oder meinen Sekretär Langford.“
Seufzend lehnte Hunter sich zurück. Schon seit zehn Jahren hatte er der Plantage auf St Claire keinen Besuch mehr abgestattet. Vielleicht war es wirklich mal wieder an der Zeit.
Eastman beugte sich vor. „Es würde auch nicht allzu viel von Ihrer Zeit beanspruchen, Lockwood. Nehmen Sie Kontakt auf zu Gouverneur Bascombe und seinem Chargé Mr Doyle auf, um in die Gesellschaft eingeführt zu werden. Ziehen Sie vierzehn Tage, höchstens einen Monat lang Erkundigungen ein. Falls sich Ihnen die Möglichkeit bieten sollte, lösen Sie das Problem. Danach kehren Sie nach England zurück und setzen Ihr Leben wie geplant fort.“
Das Problem lösen? Gott, wie sehr er sich danach sehnte, diesem hässlichen Netz aus Regierungsintrigen und ausländischen Machenschaften entkommen zu können!
Da Eastman ihm sein Zögern vermutlich ansah, versuchte er, ihn noch mehr zu ködern. „Es trifft ganz London jedes Mal mit ganzer Wucht, wenn ein Schiff gekapert oder versenkt wird. Wir würden Sie nicht darum bitten, wenn nicht so viele Bürgen ihre Einsätze verlieren und die Preise für importierte Güter praktisch mit jeder Sekunde weiter ansteigen würden.“
Obwohl er bereits ahnte, dass er sich wieder in etwas verstricken ließ, was er eigentlich gar nicht wollte, nickte Hunter.
St Claire Island, Karibische Inseln
9. Oktober im Jahre 1820
Zwar war die Reise zügig und ohne Zwischenfälle verlaufen, dennoch freute er sich darüber, endlich wieder festen Boden unter den Füßen zu spüren. Hunter hatte an diesem Tag noch viel vor – ein Pferd kaufen, Gouverneur Bascombe aufsuchen, ein Zimmer im örtlichen Gasthaus mieten und seine Kontaktperson treffen – doch zunächst einmal wollte er die Lage erkunden.
Als er die Straßen von San Marco entlangschritt, fiel ihm als Erstes auf, wie multikulturell die Stadt in der Zwischenzeit geworden war. Eine Vielzahl von Sprachen und Dialekten drangen an sein Ohr, während er über das Kopfsteinpflaster ging.
Es gab ein Gasthaus, mehrere Tavernen, Krämer, Schmiede, Herrenausstatter sowie Gemüsehändler. Auf halbem Weg in der Broad Street entdeckte er ein Gebäude mit einer zweigeteilten Tür, deren obere Hälfte offenstand, um die kühle Morgenluft hereinzulassen. Auf dem großen Schaufenster stand in schwarzen Buchstaben Patisserie – und dem kleineren Schriftzug darunter konnte man entnehmen, dass eine gewisse Mrs Hobbs die Eigentümerin war. Auf einem Regal hinter der Scheibe wurden verlockende Süßwaren und appetitlich anzusehende Brote feilgeboten.
Das wäre ein geeigneter Ort, um mit seinen Untersuchungen zu beginnen. Sowohl Bäckereien als auch Tavernen waren oft ein wahrer Quell von Tratsch und Neuigkeiten. In Cheapside war es ihm sogar einmal gelungen, einen Ring von Taschendieben auszuheben, der von einem Backwarengeschäft aus geführt worden war.
Er öffnete die Tür und trat in den Laden, wobei das Läuten eines Glöckchens ihn begleitete. Aus dem hinteren Bereich des Geschäftes drang ein Duft, der ihm das Wasser im Munde zusammenlaufen ließ. Dieser Wohlgeruch sowie ein fröhliches Frauenlachen schlugen ihn in den Bann.
Eine Dame trug ein Blech mit Gebäck aus dem Hinterzimmer herein. Ihre Hände hatte sie mit Handtüchern umschlagen, damit sie sie nicht verbrannte. Diese Aufgabe nahm sie sehr in Anspruch, und Hunter nutzte den Augenblick, um sie unbemerkt zu betrachten.
Ihr halblanges braunes Haar war im Nacken mit einem grünen Band zusammengebunden und von goldenen Strähnen durchzogen. Sie war weder zu dünn noch zu füllig, eine verführerisch weibliche Figur. Ein sympathisches Lächeln umspielte ihre rosenfarbenen Lippen. Sie mochte Mitte zwanzig sein und war ungefähr einen Kopf kleiner als Hunter. Als sie sich ihm zuwandte, war er fasziniert von dem tiefen Grün ihrer Augen, das mit dem des Haarbandes harmonierte. Ihre Gesichtszüge waren fein und ebenmäßig. Griechische Bildhauer hätten vermutlich ihr Leben gegeben, um diese Schönheit in Stein meißeln zu dürfen.
Das zarte Erröten ihrer Wangen verriet ihm, dass ihr sein Interesse nicht entgangen war. „Kann ich etwas für Sie tun?“, fragte sie und wischte die Hände an ihrer sauberen Schürze ab. „Ich bin Mrs Hobbs.“
Ja. Hunter fielen mindestens ein Dutzend Dinge...




