E-Book, Deutsch, 368 Seiten
Rase Kartographische Oberflächen
1. Auflage 2025
ISBN: 978-3-7693-8645-5
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Interpolation, Analyse, Visualisierung
E-Book, Deutsch, 368 Seiten
ISBN: 978-3-7693-8645-5
Verlag: BoD - Books on Demand
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Nach dem Abitur an einem naturwissenschaftlichen Gymnasium in Saarbrücken hat Wolf-Dieter Rase Geographie und Sportwissenschaft an der Universität des Saarlandes studiert und das Studium als Diplom-Geograph abgeschlossen. Danach folgte ein zweijähriges Aufbaustudium an der Simon Fraser University in Vancouver-Burnaby, Kanada. Nach einigen Jahren Berufstätigkeit in einem Forschungsinstitut der Bundesregierung promovierte er an der Freien Universität Berlin bei Prof. Ulrich Freitag zum Dr. rer. nat. mit einer Dissertation zur Interpolation und Darstellung kartographischer Oberflächen. Die Forschungs- und Entwicklungsarbeiten zu Oberflächen hat er nach der Pensionierung weitergeführt und in dem Buch festgehalten.
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1 Von Symap zu Geo-Informationssystemen
Am Anfang meines Studiums in den sechziger Jahren erhielt ich während eines Ferienjobs bei der Firma IBM eine Einführung in die Datenverarbeitung mit Lochkarten, einschließlich der Programmierung des Computers IBM 1401. Dieses Grundwissen in der Elektronischen Datenverarbeitung habe ich in den folgenden Jahren in Lehrveranstaltungen an der Universität, bei kleineren Programmieraufträgen von IBM und als studentische Hilfskraft in der Mineralogie/Kristallographie weiter ausgebaut. Ein Schwerpunkt meiner Diplomarbeit war die Anwendung von Verfahren der multivariaten Statistik auf demographische und sozio-ökonomische Daten.
Nach dem Diplom begann ich 1969 an der Simon Fraser University (SFU) in Vancouver-Burnaby ein Aufbaustudium im Fach Geographie. Die Universität verfügte über eine sehr gute Computer-Ausstattung, zumindest im Vergleich mit deutschen Universitäten zu dieser Zeit. Mit der Rechenanlage der SFU konnte ich die computergestützten räumlichen Analysen und die Arbeiten zur kartographischen Automation weiterführen, die ich mit meiner Diplomarbeit begonnen hatte. Die Ergebnisse wurden in Choroplethenkarten dargestellt, die auf einem Zeilendrucker ausgegeben wurden (Abb. 1-1).
Meine Kenntnisse in der Datenverarbeitung und Programmierung führten dazu, dass ich die Betreuung eines der ersten Programme für kartographische Anwendungen übernahm. Mit der Software Symap (Akronym von synagraphic mapping) konnte man neben Choroplethenkarten auch kontinuierliche Oberflächen aus beliebig verteilten Datenpunkten interpolieren (RASE & PEUCKER 1971). Symap wurde am Laboratory for Computer Graphics and Spatial Analysis der Harvard-Universität entwickelt (CHRISMAN 2006).
Die graphische Auflösung der Karten war sehr grob, entsprechend dem Raster eines Zeilendruckers mit horizontal 10 Zeichen/Zoll und vertikal mit 6 oder 8 Zeilen/Zoll. Für Veröffentlichungen wurde die Karte meistens so groß wie möglich ausgedruckt, auf mehreren Druckbahnen, die passend zusammengeklebt und dann fotografisch verkleinert wurden. Farbige Karten konnten ebenfalls gedruckt werden: Wie bei einer Einnutzen-Druckmaschine wurden mehrere Druckgänge nacheinander ausgeführt, jeweils mit einem Druckband in einer anderen Farbe. Später standen auch Drucker mit höherer Zeilendichte und Druckketten mit speziellen Zeichen zur Verfügung, die für den Druck von Symap-Karten optimiert waren.
Abbildung 1-1
Choroplethenkarte der Bevölkerungsdichte der Gemeinden des Saarlands 1961. Programm Symap, gedruckt auf dem Zeilendrucker.
Das Programm Symap wurde als Quellentext in der Programmiersprache Fortran an die Anwender ausgeliefert („open source“, wie man heute sagen würde, aber nicht „open license“: die Nutzer mussten eine Gebühr entrichten). Ich habe zusätzliche Funktionen programmiert, die in spätere Versionen von Symap übernommen wurden, etwa die Berechnung von Trend-Oberflächen oder größeren Text (Abb. 1-1). Diese Funktionen, wurden in die folgenden Versionen von Symap übernommen.
Computergraphik mit Stift-Zeichengeräten
Im Rechenzentrum der Simon Fraser University wurde 1970 ein computergesteuertes Zeichengerät installiert, ein Trommelplotter der Firma Calcomp. Mit diesem Stiftplotter war es möglich, Choroplethenkarten in weit besserer Qualität als mit dem Schnelldrucker zu zeichnen, auch mit farbigen Signaturen. Außer der Bewegung in zwei Achsenrichtungen konnten unter Programmkontrolle ein Tuschestift (von insgesamt acht mit unterschiedlicher Breite und Farbe) ausgewählt werden. Vor dem Zeichenvorgang wurde die Linienbreite durch einen Stift mit dem entsprechenden Durchmesser eingestellt. Die Helligkeitswerte in den Flächen wurden durch die Dichte der Schraffurlinien simuliert, einschließlich Kreuzschraffur. Mit dem Stiftplotter konnte auch die Erdoberfläche durch Isolinien und andere Techniken visualisiert werden. Die ersten Versuche mit Isolinien und schrägen Schnittflächen (siehe Kapitel 17) wurden mit diesem Gerät ausgeführt (PEUCKER et al. 1972).
Nach dem Aufbaustudium in Kanada arbeitete ich in einem Forschungsinstitut der Bundesregierung unter anderem an Programmen für die Zeichnung von Choroplethenkarten und Karten mit größenproportionalen Symbolen. Die Karten wurden für Präsentationen und Veröffentlichungen in der raumbezogenen Forschung verwendet. Neben der Strichzeichnung mit Tuschestiften war es möglich, mit einem Zusatzgerät in Zweischicht-Folien zu gravieren. Nach der Gravur in der oberen Schicht wurden die Folien mit schwarzer Tusche eingefärbt, die nach Trocknen auf der unteren Schicht zurückblieb. Die gravierte Schicht wurde danach mit Wasser entfernt, es blieb die Linienzeichnung auf der Permanent-Schicht zurück. Die damals verwendeten Computer und Graphikgeräte sind in einem anderen Text ausführlich beschrieben (RASE 2018).
Einige Jahre später habe ich die Arbeiten zur Interpolation und Visualisierung von Oberflächen fortgeführt. Diese Oberflächen wurden aus demographischen und sozio-ökonomischen Informationen interpoliert. Zur Unterscheidung von der Erdoberfläche habe ich diese Kurven immaterielle Oberflächen genannt (RASE 1998). Die zu dieser Zeit verfügbaren Software-Pakete, in den neunziger Jahren des 20. Jahrhunderts, enthielten nur eine beschränkte Anzahl von Interpolationsmethoden. Als notwendiges Werkzeug für die Forschungsarbeit mit Oberflächen entstand deshalb das eigene Programm Konkar.
Informationssysteme mit Raumbezug
Ende der siebziger Jahre entstanden aus den rechnergestützten Werkzeugen für Daten-Management, räumliche Analysen und kartographische Präsentationen integrierte Software-Pakete. Die Bereitstellung dieser Pakete erleichterte und beschleunigte die Speicherung raumbezogener Informationen, den Zugriff, die Analyse und Präsentation von Grunddaten und Ergebnissen. Die Nutzung von graphischen Benutzeroberflächen (GUI, graphical user interface) und anderen interaktiven Techniken machten die Systeme benutzerfreundlicher. Das war ein Fortschritt gegenüber der bis dahin üblichen Programmsteuerung mit Kommandozeilen-Text. Die Fachanwender konnten jetzt die GIS-Software selbständig, also ohne Hilfe von IT-Spezialisten, für ihre Analysen nutzen.
Die Programmpakete ArcGIS und Surfer stellen heute viele Werkzeuge für die Interpolation von kontinuierlichen Oberflächen, ihre Bearbeitung und Darstellung bereit. In Bezug auf die Graphik hat das Programm Surfer leichte Vorteile gegenüber ArcGIS, zumindest für die Anwendungen, die hier im Vordergrund stehen. Die kostenfreie Software QGIS enthält eine Reihe von Interpolationsalgorithmen und Werkzeuge für die kartographische Präsentation.
Geo-Informationssystem
Eine Anmerkung zu den Begriffen muss hier eingeschoben werden. Oft findet man noch die Bezeichnung „Geographisches Informationssystem“. Das ist eine falsche Übersetzung des englischen Fachterminus „geographical information system“. In der englischen Sprache bezieht sich ein Adjektiv immer auf den ersten Teil eines zusammengesetzten Begriffs, anders als im Deutschen. Die korrekte Übersetzung wäre „System für geographische Informationen“, also Daten, die eine Information zur Verortung der Objekte tragen. Das ist etwas umständlich, deshalb verwendet man die Bezeichnung Geo-Informationssystem (BILL 2023).
Mit der Vorsilbe Geo wird ausgedrückt, dass alle raumbezogenen Disziplinen (Geographie, Geodäsie, Geologie, Geochemie usw.) die Techniken nutzen können, nicht nur das Fach Geographie. Inzwischen werden Geo-Informationssysteme auch für die Oberfläche anderer Himmelskörper verwendet, etwa für den Erdmond, die Felsenplaneten und einige Monde der Gasplaneten.
Komponenten eines Geo-Informationssystems
Hier ist noch einmal kurz zusammengefasst, was unter einem Geo-Informationssystem verstanden wird:
- Ein Geo-Informationssystem besteht aus einer Datenbasis und Werkzeugen.
- In der Datenbasis sind Modelle der realen Welt gespeichert, vereinfachte Abbilder der Wirklichkeit, die mit einer bestimmten Handlungsabsicht konstruiert wurden. Zur Unterscheidung vom umgangssprachlichen Verständnis von Modellen, also einem verkleinerten Abbild eines Gegenstands (Modell-Eisenbahn, Modell-Auto), fügt man oft noch ein Attribut hinzu, zum Beispiel logisches Modell oder konzeptionelles Modell.
- Die Werkzeuge sind Computerprogramme, die zum Aufbau, zur Fortführung, Auswertung, Präsentation und Dokumentation der Datenbasis benötigt werden. Der Software-Hersteller legt in der Regel auch die Datenstrukturen und die Dateiformate für die Datenbasis fest.
Nach diesem Konzept sind ArcGIS oder andere Software-Pakete keine Geo-Informationssysteme, sondern Anwendungsprogramme, mit denen Geo-Informationssysteme aufgebaut und genutzt werden können. Die kartographischen Module in GIS-Paketen sind Instrumente zur Präsentation von Vereinfachungen und modellhaften Ausschnitten der realen Welt.
In Bezug auf die Analyse...