Rauch / Tophoven / Bieker | Integration in den Arbeitsmarkt | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 257 Seiten

Rauch / Tophoven / Bieker Integration in den Arbeitsmarkt

Teilhabe von Menschen mit Förder- und Unterstützungsbedarf

E-Book, Deutsch, 257 Seiten

ISBN: 978-3-17-035727-3
Verlag: Kohlhammer
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Trotz aktuellem Fachkräftemangel gibt es eine Vielzahl von vulnerablen Gruppen, die Schwierigkeiten am Arbeitsmarkt haben können. Fachkräfte der Sozialen Arbeit unterstützen in verschiedenen Tätigkeitsfeldern bei der Arbeitsmarktintegration. Das Buch bietet grundlegendes Wissen zu Instrumenten der Beschäftigungsförderung, zu rechtlichen Grundlagen der Teilhabeförderung und Beratungs- und Vermittlungsaktivitäten der Arbeitsverwaltung. Ausführlich besprochen wird die Arbeitsmarktsituation von Menschen mit Behinderungen oder gesundheitlichen Einschränkungen, Zugewanderten, Langzeitarbeitslosen, Frauen, älteren Erwerbspersonen sowie von Jugendlichen im Übergang auf den Arbeitsmarkt.
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1          Arbeitsmarktpolitik und gesetzliche Instrumente der Beschäftigungsförderung
Johanna Wuppinger & Angela Rauch
  Was Sie in diesem Kapitel lernen können
Bevor sich dieses Lehrbuch einzelnen Personengruppen und ihren Besonderheiten auf dem Arbeitsmarkt zuwendet, sollen einige Grundlagen erklärt werden. In diesem Kapitel lernen Sie, •  was man unter aktiver und passiver Arbeitsmarktpolitik versteht, •  was der Unterschied zwischen Arbeitslosengeld (ALG) und Grundsicherung ist, •  welche Sozialgesetzbücher (SGB) diese Leistungen regeln, •  welche Funktionen die Bundesagentur für Arbeit (BA) für das Erbringen dieser Leistungen hat, •  welche aktiven Unterstützungs- und Fördermöglichkeiten es für Personen gibt, die ohne Arbeit sind oder Arbeit suchen, sowie •  mehr über Strukturmerkmale und zeitliche Entwicklungen der Personengruppen, die besonders im Arbeitsmarktfokus stehen. 1.1       Arbeitsmarktpolitik, ein sozialpolitisches Instrument
Arbeit dient nicht nur dem Broterwerb. Die Wiener Sozialforscherin Marie Jahoda hat bereits früh auf unterschiedlichste Bedeutungselemente von Erwerbsarbeit hingewiesen, die weit über reine finanzielle Existenzsicherung hinausgehen: »[Arbeit] gibt dem wach erlebten Tag eine Zeitstruktur; sie erweitert die Bandbreite der sozialen Beziehungen über die oft stark emotional besetzten Beziehungen zu Familie und zur unmittelbaren Nachbarschaft hinaus; mittels Arbeitsteilung demonstriert sie, daß sie Ziele und Leistungen eines Kollektivs diejenigen des Individuums transzendieren; sie weist einen sozialen Status zu und klärt die persönliche Identität; sie verlangt eine regelmäßige Aktivität« (Jahoda 1983: 136). Das Recht auf Arbeit ist in den unterschiedlichsten Gesetzen verankert. So ist in Artikel 23 der UN-Menschenrechtskonvention ein Recht auf Arbeit, auf freie Berufswahl, auf befriedigende Arbeitsbedingungen und auf Schutz vor Arbeitslosigkeit formuliert. Wie tief die Arbeit in unserer Gesellschaft verankert ist, zeigt sich auch in Artikel 12 des Grundgesetzes. Dort ist niedergeschrieben, dass alle Menschen das Recht haben, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Allerdings sieht das Grundgesetz keinen durchsetzbaren Anspruch auf die Zuweisung eines Arbeitsplatzes oder einer Erwerbstätigkeit vor. Arbeitgeber fragen Arbeit nach, Arbeitnehmer bieten ihre Arbeitsleistung an. Das Arbeitsangebot und die Arbeitsnachfrage treffen auf dem Arbeitsmarkt aufeinander. Dies ist aber kein idealtypischer Markt, in dem sich Angebot und Nachfrage durch eine ›unsichtbare Hand‹ des Marktes automatisch ausgleichen (Schmid 1987). Daher gibt es die staatliche Arbeitsmarktpolitik, deren Aufgabe es ist, auf einen Ausgleich zwischen Angebot und Nachfrage nach Arbeit hinzuwirken. Die Arbeitsmarktpolitik bildet dabei eine Schnittstelle zwischen der Wirtschafts- und der Sozialpolitik und verbindet so ökonomische mit sozialpolitischen Zielsetzungen. Arbeitsmarktpolitik umfasst alle Maßnahmen der öffentlichen Hand, die das Zusammenspiel von Arbeitsangebot und Arbeitsnachfrage regulieren. Wichtige Aspekte in diesem Politikfeld sind die Bekämpfung von Arbeitslosigkeit, die Lohnentwicklung und Beschäftigungsbedingungen. Ein zentrales Element der Arbeitsmarktpolitik ist die Arbeitsförderung, deren Ziel es ist, Arbeitslosigkeit bestenfalls zu verhindern, mindestens aber zu verkürzen und dadurch zu einem hohen Beschäftigungsstand beizutragen. Ein weiterer wichtiger Bestandteil der Arbeitsmarktpolitik ist die staatliche Unterstützung arbeitsloser und arbeitsuchender Personen durch Geldleistungen wie das ALG oder die Grundsicherung. Damit beinhaltet die Arbeitsmarktpolitik eine starke sozialpolitische Komponente. Bogedan et al. (2012) weisen darauf hin, dass durch Arbeitsmarktpolitik neben einem Unterstützungsversprechen für Beschäftigte auch ein bestimmtes ökonomisches Sicherungsniveau institutionalisiert wird, das Erwartungssicherheit für den Fall des Eintritts von Arbeitslosigkeit bietet. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass arbeitsmarkpolitische Entscheidungen im Sinne eines regulierenden Eingreifens des Staates in den Arbeitsmarkt die gesamtwirtschaftliche Situation und die individuelle Lebenssituation vieler Menschen beeinflussen. Ein Zahlenüberblick über Erwerbstätigkeit und Arbeitslosigkeit findet sich in Abschnitt 5 in diesem Kapitel ( Kap. 1.5). 1.2       Grundlagen des deutschen Arbeitsförderungsrechts
In Deutschland ist die Arbeitsmarktpolitik durch das SGB III und die Finanzierung durch die Arbeitslosenversicherung institutionalisiert. Das SGB III ist seit dem 1. Januar 1998 in Kraft, eingeführt wurde die Arbeitslosenversicherung bereits im Jahr 1927 durch das Gesetz über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung. Geregelt sind darin Leistungen und Maßnahmen zur Arbeitsförderung ebenso wie die Grundsätze der Arbeitslosenversicherung. Darüber hinaus regelt das SGB III die Grundlagen der Aufgabenerbringung der BA. Diese ist damit der Träger der Leistungen des SGB III. Die im SGB III geregelte Arbeitsförderung hat zum Ziel, dem Entstehen von Arbeitslosigkeit entgegenzuwirken, die Dauer der Arbeitslosigkeit zu verkürzen und den Ausgleich von Angebot und Nachfrage auf dem Arbeits- (und Ausbildungs-)Markt zu unterstützen (siehe § 1 SGB III). Für die praktische Umsetzung ist jeweils die örtliche Arbeitsagentur zuständig, die als Geschäftsstelle der BA eine ortsnahe Leistungserbringung gewährleisten soll. Das SGB II1 regelt die sog. Grundsicherung für Arbeitsuchende. Es ist seit dem 1. Januar 2005 in Kraft. Träger der Leistungen des SGB II ist ebenfalls die BA, dazu kommen bestimmte Landkreise und kreisfreie Städte als kommunale Träger. Beide Leistungsträger nehmen ihre jeweiligen Aufgaben mithilfe einer gemeinsamen Verwaltungseinrichtung wahr, den sog. Jobcentern nach § 6d SGB II. Die geteilte Trägerschaft zwischen BA und ausgewählten kommunalen Trägern wurde in der Absicht eingeführt, die Einheitlichkeit der Dienstleistungen, die das SGB II regelt, bestmöglich zu garantieren. Im Bereich des SGB II gibt es allerdings eine Doppelstruktur in der Trägerschaft. Neben den genannten Jobcentern sind 110 (Stand 2018) zugelassene kommunale Träger (zkT) in Eigenverantwortung für die Vermittlung und Betreuung der Leistungsempfänger und Leistungsempfängerinnen der Grundsicherung verantwortlich (§ 6a SGB II). Mit Einführung des SGB II wurde diese Organisationsstruktur – zuerst im Rahmen der sog. Experimentierklausel (§ 6c SGB II) – bei 69 zkT erprobt und evaluiert. Mit der Reform im Jahr 2011 wurde diese Form dauerhaft etabliert und ausgeweitert. Kupka und Ramos subsumieren, dass aus bestehenden Evaluationen beider Modelle keine eindeutigen Ergebnisse zugunsten eines der beiden hervorgegangen sind. Allerdings zeigt ein Haupt-Erfolgsindikator »die Integration in bedarfsdeckende Beschäftigung […] einen klaren und robusten Vorteil zugunsten der ARGEn [gemeinsame Einrichtung BA und Kommunen; d. A.], heute Organisationsform der Jobcenter. Beim Erhalt der Beschäftigungsfähigkeit sowie der sozialen Stabilisierung haben die kommunalen Träger […] leicht die Nase vorne« (Kupka & Ramos Lobato 2012: 9; eine weiter differenzierende Betrachtung erfolgt in diesem Band nicht, für einen Überblick über die Diskussion bieten sich Kupka & Ramos Lobato 2011 oder Schütz et al. 2012 an). Zu den Leistungen, die die Jobcenter und zkT als Träger des SGB II erbringen, gehören die Bestimmung des individuellen Bedarfs an ALG II oder Sozialgeld sowie Leistungen für Bildung und Teilhabe und deren jeweilige Auszahlung. Diese Leistungen werden anders als alles, was durch das SGB III geregelt wird, nicht durch Einnahmen aus der Arbeitslosenversicherung finanziert, sondern über Steuereinnahmen. 1.3       Die Bundesagentur für Arbeit – Struktur und Aufgaben
Die BA ist als Sozialversicherungsträger eine Körperschaft öffentlichen Rechts, die von Spitzenverbänden der Arbeitgeber und Beschäftigten sowie Vertretern der öffentlichen Hand selbstverwaltet wird. Sie unterliegt der Rechtsaufsicht des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) (§ 393 Abs. 1 SGB III). Die Zentrale der BA hat ihren Sitz in Nürnberg. Auf regionaler Ebene setzen die Regionaldirektionen die Strategie der BA um. Zur Abstimmung ihrer Aufgaben mit der Arbeitsmarkt-, Struktur- und Wirtschaftspolitik der Bundesländer arbeiten sie eng mit...


Angela Rauch ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit in Nürnberg. Dr. Silke Tophoven ist Professorin für Sozialpolitik an der Hochschule Düsseldorf im Fachbereich Sozial- & Kulturwissenschaften.


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