E-Book, Deutsch, Band 2142, 144 Seiten
Reihe: Julia
Raye Harris Schicksalsnächte auf Sizilien
1. Auflage 2014
ISBN: 978-3-7337-0093-5
Verlag: CORA Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, Band 2142, 144 Seiten
Reihe: Julia
ISBN: 978-3-7337-0093-5
Verlag: CORA Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Die Correttis leben im Scheinwerferlicht - nur Lia führt ein Schattendasein innerhalb ihrer glamourösen Familie. Bis die schöne Sizilianerin auf einer Feier in ein Paar dunkler Augen blickt, das bis auf den Grund ihrer Seele dringt. Zachs Augen. Endlich fühlt Lia sich wahrgenommen und verstanden. Denn wie sie kennt der ehemalige Pilot die Nachtseiten des Lebens. Ist es diese Seelenverwandtschaft, wegen der es ihm gelingt, ungeahnte Seiten der Lust in ihr zu wecken? Zwei Nächte lang erlebt Lia das Paradies. Dann ist Zach verschwunden, ohne um die Folgen ihrer Liebe zu wissen...
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1. KAPITEL Zach Scott hatte nichts für Feiern über. Nicht mehr … Früher war er der Mittelpunkt jeder Party gewesen, doch das war über ein Jahr her. Zach runzelte die Stirn und vergrub die Hände in den Taschen seiner Smokinghose. Mit einer Freundin nach Sizilien zu kommen, um einem Hochzeitsempfang beizuwohnen, war ihm als leichte Übung erschienen. Wie sich herausstellte, fand die Hochzeit dann gar nicht statt, auf die Feier wollte man aber trotzdem nicht verzichten. So stand er also im festlich geschmückten Ballsaal des Corretti Flagship Hotels in Palermo und überlegte, wohin Taylor Carmichael verschwunden sein mochte. Und ob er sich nicht einfach auch klammheimlich davonstehlen sollte. Nach einer Nacht voller Albträume schmerzte sein Kopf zum Zerbersten. Wieder einmal hatten ihn die qualvollen Erinnerungen an Gewehrfeuer, Explosionen und abstürzende Flugzeuge im Schlaf eingeholt. Anstatt das zu tun, was sein Leben einmal ausgemacht hatte, befand er sich in einem ständigen Kampf ums reine Überleben. Seit sein Flieger über feindlichem Gebiet abgeschossen worden war, hatte er nichts mehr von dem dynamischen Geschäftsmann an sich, der auf dem öffentlichen Parkett brillierte, egal, ob es sich um Charity-Veranstaltungen, politische Podien oder ein gesellschaftliches Event handelte. Inzwischen empfand er all das als unerträgliche Belastung. Leider gestaltete es sich schwieriger als je zuvor, derartige Torturen zu meiden. Nicht nur, weil er Zachariah James Scott IV, Sohn eines angesehenen US-Senators und Erbe eines Pharmakonzerns war, jetzt feierte man ihn auch noch als Kriegshelden. Zachs Miene verfinsterte sich zunehmend. Nach seiner Rettung – während der jeder einzelne Marinesoldat, der dazu abkommandiert wurde, ums Leben kam – hatte man ihn zu einer Art All-American-Hero hochstilisiert. Die Medien konnten nicht genug von ihm bekommen, wobei Zach wusste, dass es zum Großteil an seinem Vater lag, der seine Geschichte bei jeder sich bietenden Gelegenheit publik machte. Und Zachariah J. Scott III würde auch weiterhin dafür sorgen, dass die Erinnerung an das Heldenepos seines Sohnes nicht einschlief. Nicht solange es seiner politischen Karriere nutzen konnte. Sein Sohn hatte seine Pflicht getan, obwohl er den leichteren Weg hätte gehen können. Er entschied sich dafür, sein Land zu retten anstatt sich selbst. Zach hätte tatsächlich seinen Sitz im Vorstand des Pharmaziekonzerns behalten und Unmengen von Geld bewegen können, anstatt als Armeepilot in Kriegsgebiete zu fliegen. Doch das Fliegen hatte ihn schon immer begeistert und war Teil seines Lebens. Zumindest bis zu dem Absturz, seit dem er unter immer wiederkehrenden qualvollen Kopfschmerzen litt, die es zu gefährlich machten, dieser Leidenschaft weiter zu frönen. Obwohl ihn alle dafür bewunderten und verehrten, dass er tapfer in den Krieg gezogen war und überlebt hatte, fühlte Zach selbst sich absolut nicht heldenhaft. Er wollte keine Aufmerksamkeit und verdiente die viele Anerkennung seiner Ansicht nach gar nicht. In seinen eigenen Augen hatte er schmählich versagt. Trotzdem konnte er dem Theater um seine Person nicht ausweichen. Also lächelte er wie ein braver Soldat in die Kameras, aber innerlich war er tot. Und im gleichen Umfang, wie er versuchte, sich zurückzuziehen und dabei in eine Depression abzurutschen drohte, schien das Interesse der Medien an ihm zu wachsen. Aber nicht alles an seinem neuen Leben war unerträglich. Zum Beispiel die Scott Foundation, eine Wohltätigkeitsstiftung seiner Familie, für die er seine gesamte Kraft einsetzte, um Kriegsveteranen zu helfen und sie zu unterstützen. Wie viele von ihnen kamen versehrt und traumatisiert in ein Leben zurück, in dem sie sich nicht mehr zurechtfanden oder das aus verschiedensten Gründen gar nicht mehr existierte. Die Regierung versuchte zwar, ihnen zu helfen, doch die Probleme waren viel zu komplex, als dass nicht etliche der Kriegsheimkehrer durchs Raster fielen. Zachs erklärtes Ziel war es, möglichst viele von ihnen aufzufangen. Das schuldete er ihnen einfach. Finster und ziemlich entnervt schaute er um sich. Zum Glück richtete sich das allgemeine Medieninteresse diesmal nicht auf ihn. Dafür stürzte sich die sizilianische Presse begeistert auf den Skandal, dass die Braut ihren zukünftigen Ehemann einfach am Altar hatte stehen lassen. Sein Pech, mein Glück, dachte Zach zynisch. Es kam nämlich nicht oft vor, dass er sich so anonym und frei in der Öffentlichkeit bewegen konnte. Trotzdem wurde er das unbehagliche Gefühl nicht los, beobachtet oder verfolgt zu werden. Inzwischen hatte Zach seine Kopfschmerzen kaum noch unter Kontrolle. Suchend ließ er seinen Blick über die Schar der Gäste schweifen, konnte Taylor aber nirgendwo entdecken. Seine Besorgnis wuchs, da sie auch seine Textnachrichten nicht beantwortet hatte. Sie hatte sich schrecklich viele Gedanken über diesen Trip nach Sizilien und ihre Rückkehr in den Schauspielberuf gemacht. Und noch mehr über das Urteil des Produzenten. Aber Taylor war stark, und er wusste, dass sie die Bewährungsprobe, sich dem unvermeidlichen Presserummel nach ihrer viel kommentierten Auszeit erneut zu stellen, mit erhobenem Haupt bestehen würde. Der Film war ihr unglaublich wichtig. Außerdem bedeutete er Geld und Reputation für die Kriegsversehrtenklinik in Washington, in der Taylor viel Zeit und ihre ganze Kraft einsetzte, um anderen zu helfen. Die Klinik gab ihr Bestes, war aber auf kontinuierliche Spenden angewiesen, und Zach wusste, dass Taylor mit dem festen Willen hierhergekommen war, Erfolg zu haben. Wie es allerdings momentan um sie bestellt war, davon hatte er keine Ahnung. Seufzend zog er sich in eine ruhige Ecke zurück, soweit das in diesem Trubel überhaupt möglich war, und fischte sein Handy aus der Brusttasche. Dabei förderte er unabsichtlich auch einen flachen Gegenstand zutage, der an einem Band hing. Zachs Miene verfinsterte sich, als er sah, dass es sich um das Distinguished Flying Cross handelte, eine besondere Auszeichnung für Angehörige der Luftstreitkräfte, die man ihm nach seiner Rückkehr aus Afghanistan verliehen hatte. Taylor musste sie in die Jackentasche geschmuggelt haben, als sie den Smoking für ihn aus der Reinigung geholt hatte. Zach schloss die Hand einmal fest um das metallene Kreuz, ehe er es zurücksteckte. Er hatte es nicht haben wollen, bekam allerdings keine Chance, die Medaille abzulehnen. Ebenso wie andere Auszeichnungen, die sein Vater nie vergaß zu erwähnen, wo immer er öffentlich auftrat. Er selbst hätte sie am liebsten vergessen, obwohl Taylor energisch darauf bestand, dass er sich bewusst vor Augen führte, sie verdient zu haben. Er fluchte lautlos. Sie meinte es gut mit ihm, das wusste er natürlich. Allerdings war sie dabei hartnäckiger und unerbittlicher, als es jede Schwester hätte sein können. Ungeduldig wählte er ihre Nummer. Keine Antwort. Verdammt! Er wollte wissen, ob mit ihr alles in Ordnung war. Und er wollte raus hier! Es wurde immer lauter und unübersichtlicher. Jedenfalls konnte man den Sizilianern nicht vorwerfen, dass sie die Chance auf eine Party sausen ließen, egal, was der Anlass war oder auch nicht war. Auf dem Weg in Richtung Ausgang kam Zach an dem DJ vorbei, der offenbar gerade in diesem Moment seinen Dienst antrat, unter dem begeisterten Gejohle der anderen Gäste. Alle Lichter wurden gelöscht, dafür erstrahlten plötzlich zuckende Blitze, während laute Musik einsetzte. Zachs Puls schnellte in die Höhe, sein Herz hämmerte schmerzhaft in der Brust. Instinktiv suchte er mit dem Rücken Halt an der Wand, schloss gepeinigt die Augen und rang schwer atmend um Luft. Es ist nur eine Party … eine harmlose Party, sagte er sich immer wieder. Doch die Lichtblitze hörten nicht auf, die Leute begannen zu tanzen und mitzusingen, und er konnte die aufsteigende Panik nicht mehr zurückdrängen. Nein, nein, nein … Er lag wieder im Schützengraben, in tiefschwarzer Nacht, um sich herum Gewehrfeuer und das Einschlagen von Granaten. Er spürte die Druckwellen der Explosionen an seinem Brustbein und krümmte sich vor Schmerzen. Augen und Mund waren voller Sand und Dreck. Frustration, Wut und Gewaltbereitschaft flammten in ihm auf und brannten schmerzhaft in seinem Innern. Er wollte kämpfen, versuchte hochzukommen, sich ein Gewehr zu schnappen, um den Kameraden zu helfen, den Feind zurückzudrängen. Doch sie ließen ihn nicht, weil sein Bein gebrochen war und er sich nicht bewegen konnte. Hilflos lag er da, die Augen fest geschlossen … und plötzlich spürte er eine schmale Hand auf seinem Arm, dann auf seiner Wange. Die sanfte Berührung riss ihn aus seiner Erstarrung. Zach reagierte mit dem Instinkt eines Kriegers. Blitzschnell griff er zu und drehte seinem Angreifer den Arm auf den Rücken, bis er einen erstickten Laut hörte. Es war eine weibliche Stimme, nicht die eines Terroristen, der ihm nach dem Leben trachtete. Und der Körper, den er dicht an seinem spürte, erwies sich als überraschend weich. Zach zwang sich, die Augen zu öffnen. Die zuckenden Lichter waren noch da, und sein Herz schlug immer nach hart und schmerzhaft in der Brust, aber … war er denn nicht in der afghanischen Wüste? Als einziger Überlebender des Gefechts? Der qualvolle Geschützdonner um ihn herum wandelte sich zu einer Symbiose aus Musik, Gelächter und angeregter Konversation. Benommen starrte Zach auf das Holzpaneel direkt vor ihm … und die Frau, die er dagegengepresst hielt. ...