E-Book, Deutsch, 79 Seiten
Reber / Schönauer-Schneider Sprachförderung im inklusiven Unterricht
2. aktualisierte Auflage 2020
ISBN: 978-3-497-61414-1
Verlag: Ernst Reinhardt Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Praxistipps für Lehrkräfte
E-Book, Deutsch, 79 Seiten
Reihe: Inklusiver Unterricht kompakt
ISBN: 978-3-497-61414-1
Verlag: Ernst Reinhardt Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Dr. Karin Reber ist Studienrätin im Förderschuldienst (Sprachheilpädagogik, Informatik) und akademische Sprachtherapeutin (Sprachheilpädagogin M. A.) in München. Dr. Wilma Schönauer-Schneider ist Sprachheilpäd-agogin (M. A.) und Akademische Rätin am Lehrstuhl für Sprachheilpädagogik der LMU München.
Zielgruppe
LehrerInnen an Regelschulen (Grundschule und Sek. I)
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
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Welche Kooperationen und Hilfestellungen gibt es?
Die Inklusion sprachbeeinträchtigter Kinder stellt Lehrkräfte vor hohe Herausforderungen, die nur durch Kooperation und Vernetzung erfolgreich bewältigt werden können. Im folgenden Kapitel werden dazu die Bereiche Zusammenarbeit mit den Eltern, sonderpädagogische Unterstützungsangebote, gemeinsames Unterrichten, Nachteilsausgleich bzw. Notenschutz, Sprachtherapie sowie Sprachförderangebote für Kinder mit Migrationshintergrund angesprochen.
allgemeines Bildungsziel
Durch die Lehrpläne ist Sprachförderung für alle Kinder fächerübergreifend als allgemeines Bildungsziel verankert. Rechtliche Grundlagen sind die UN-Konvention über die Rechte behinderter Menschen 2006 sowie der KMK-Beschluss zu Inklusion 2011.
3.1 Kooperation und Vernetzung
Zusammenarbeit
Nur durch gezielte Zusammenarbeit sowie individuelle Unterstützungsmaßnahmen ist ein optimales Lernen für Kinder mit sprachlichen Beeinträchtigungen in der Inklusion möglich. Je nach individuellen Ressourcen und Barrieren können bestimmte Kooperationen hilfreich sein (Abb. 3).
Abb. 3: Mögliche Kooperationen bei sprachlich beeinträchtigen Kindern in der Inklusion
| Rechtliche Basis für einen gegenseitigen Informationsaustausch ist eine Schweigepflichtsentbindung der Eltern. Es empfiehlt sich, diese zu Beginn des Schuljahres für alle Kooperationspartner einzuholen. In Schulen existieren meist vorgefertigte Formulare, die die rechtlichen Bestimmungen umsetzen. |
Fragen zur Vorbereitung
Wird ein Kind mit Sprachbeeinträchtigungen inklusiv beschult, helfen folgende organisatorische Leitfragen:
¦Wie viele Förderstunden gibt es verlässlich für einzelne Kinder bzw. für die Klasse?
¦Unterstützt ein Sonderpädagoge mit dem Schwerpunkt Sprache die Inklusion? Wenn nicht, wer dann?
¦Gibt es die Möglichkeit einer Beratungsstunde für die beteiligten Lehrkräfte?
¦Verfügt die Schule über Gruppenräume bzw. spezielles Förder-/Therapiematerial für Einzel- und Kleingruppenförderung?
¦Ist eine Zusammenarbeit mit den Eltern bzw. der Nachmittagsbetreuung möglich und wie kann diese ablaufen?
¦Welche weiteren Fachdienste können die Inklusion unterstützen (Sprachtherapeuten, …)?
¦Welcher Nachteilsausgleich und welche individuellen Unterstützungen sind sinnvoll und notwendig?
3.2 Zusammenarbeit mit den Eltern
Am wichtigsten ist stets die Zusammenarbeit mit den Eltern. Folgende Aspekte können Inhalte des Austausches und der Zusammenarbeit mit den Eltern sein:
Austausch und Beratung
¦Bisheriger Verlauf der Sprachentwicklung, bisherige diagnostische Ergebnisse und Fördermaßnahmen
¦Grundlegende Informationen zu Sprachstörungen (Tipps am Ende von Kap. 1)
¦Rückmeldungen zum aktuellen Sprachstand des Kindes und zu aktuellen Lernentwicklungen (u. a. im Bereich Sprache)
¦Beratung bzgl. schulischer und außerschulischer Unterstützungs- und Förderangebote, sonderpädagogischer Angebote, häuslicher Fördermöglichkeiten und/oder der Hausaufgabensituation etc.
Informationsangebote
Besteht bereits eine Kooperation mit einem Sonderpädagogen bzw. idealerweise einem Sprachheilpädagogen, empfehlen sich Elterngespräche im Team.
| Besuchen viele Schüler mit Förderschwerpunkt Sprache oder auch mit Migrationshintergrund eine Schule, kann es hilfreich sein, einen Elternabend zum Thema Sprache zu gestalten, evtl. gemeinsam mit dem zuständigen Sonder-/Sprachheilpädagogen. Ein exemplarisches Konzept beschreibt Rodrian (2009). Grundlegende Informationen zur Sprachentwicklung finden sich bei Wendlandt (2015, z. B. „Sprachbaum“). | Elternabend |
3.3 Sonderpädagogische Angebote
Formen
In den einzelnen Bundesländern in Deutschland existieren verschiedene sonderpädagogische Unterstützungsangebote (Tab. 4).
Je nach Bundesland gibt es Förderschulen mit Förderschwerpunkt Sprache („Sprachheilschulen“) und/oder förderschwerpunktübergreifende Förder(schul)zentren (teilweise auch „Bildungs- und Beratungszentren“ genannt) für Kinder mit Förderbedarf Lernen, Sprache und sozial-emotionale Entwicklung (Überblickskarte der Bundesländer vgl. dgs-Infoheft Inklusion 2016). Hier werden Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf auf Wunsch der Eltern aufgenommen und intensiv gefördert, basierend auf einer spezifischen, sonderpädagogischen Diagnostik.
Tab. 4: Sonderpädagogische Unterstützungsangebote
Beratungsstellen
Viele dieser Förderzentren/-schulen haben auch eine Beratungsstelle angegliedert, in der Lehrer der Schule (Sonderpädagogen oder spezifisch ausgebildete Sprachheilpädagogen) Beratung für Eltern und Lehrkräfte anbieten sowie Diagnostik und teilweise auch in kleinem Umfang Interventionen durchführen. Auch Fortbildungsangebote für Schulen im Umkreis werden organisiert.
Kernaufgaben Mobiler Sonderpädagogischer Dienste (MSD)
In Regelschulsettings (hellorange) werden Regelschullehrkräfte durch Sonderpädagogen in Form von Mobilen Sonderpädagogischen Diensten (MSD, Bezeichnung variiert in den einzelnen Bundesländern) unterstützt. Deren Kernaufgaben sind:
¦Diagnostik: Koordination und Unterstützung bei Unterrichtsbeobachtungen/Gruppenverfahren im Bereich Sprache (Kap. 1), evtl. Durchführung von Einzeltestverfahren, Einbezug von sprachtherapeutischer oder kinder- und jugendpsychiatrischer Diagnostik, Erstellung einer Übersicht über Fähigkeiten und Barrieren der Inklusionsklasse, sonderpädagogische Diagnostik, Gutachtenerstellung, evtl. Feststellung des sonderpädagogischen Förderbedarfs (falls ein Wechsel in eine Förderschule angedacht ist), Unterstützung bei der Förderplanung.
¦Beratung: Information/Aufklärung der Eltern, Lehrkräfte, Mitschüler und von weiterem Personal zu Themen wie Sprache und Kommunikation, möglichen Beeinträchtigungen und Auswirkungen auf das Lernen sowie Unterstützungsmöglichkeiten, evtl. mit Einbezug von Beratungsstellen oder Selbsthilfeorganisationen
¦Förderung – Therapie: Je nach individuellen sprachlichen Auffälligkeiten des Kindes und der eigenen Ausbildung (nicht jeder Sonderpädagoge im mobilen Dienst ist spezifisch für Sprachförderung/Sprachtherapie ausgebildet) unterstützt und koordiniert der Sonderpädagoge den Abbau von Sprachbarrieren (z. B. Adaption von Texten, Kap. 4.3) und die spezifische Sprachförderung im Unterricht bzw. eine außerschulische Einzelsprachtherapie durch einen Sprachtherapeuten/Logopäden, sodass im Idealfall alle Beteiligten an den gleichen sprachlichen Zielen arbeiten (z. B. Anbahnung und Sicherung eines Lautes).
3.4 Unterricht
additiv
Sprachförderung kann zum einen additiv bzw. separat vom Regelunterricht stattfinden, z. B. in Form von Vorkursen, Übergangsklassen, Sprachfördergruppen oder Sprachtherapie, wenn genügend personelle Ressourcen gegeben sind.
alltagsintegriert
Zum anderen sollte sie stets auch alltagsintegriert im Sinne eines Sprachbads bzw. allgemeiner sprachlicher Bildung gestaltet werden. In einer alltagsorientierten Sprachförderung werden Kinder im Spracherwerb u. a. durch den sprachlich reichhaltigen und anregenden Input unterstützt (u. a. Sprachvorbild der Lehrkraft, Kap. 4.4), der in der Umgangs- und Bildungssprache am besten in jeder Unterrichtsstunde präsentiert wird.
| Gemäß des „Primats der Sprachlernprozesse“ sollte Sprachförderung in allen Fächern und Lehrplanbereichen unterrichtsimmanent und kontinuierlich stattfinden. |
| Konzepte hierfür finden sich anhand der Schlagworte „alltagsintegrierte Sprachförderung“ (z. B. Kucharz et al. 2015), „Bildungssprache“ bzw. „durchgängige Sprachbildung“ (z. B. Gogolin/Lange 2011) oder „sprachsensibler Fachunterricht“ (z. B. Leisen 2015). |
| Bei mehrsprachigen Kindern oder Kindern aus anregungsarmem Milieu reicht eine derartige allgemeine Sprachförderung meist aus (Beispiele Kap. 5). Kinder mit spezifischen Störungen benötigen jedoch eine diagnosegeleitete, sprachheilpädagogische Intervention im Unterricht (d. h. sprachtherapeutischen Unterricht, Reber/Schönauer-Schneider 2018 a), oftmals in Kombination mit außerschulischer Sprachtherapie. |
gemeinsamer Unterricht
In vielen Fällen ist es auch möglich, dass der Sprachheilpädagoge in der Inklusion bei der Unterrichtsgestaltung unterstützt, z. B. bei der Auswahl und Erstellung von Materialien oder im gemeinsamen Unterricht. Für das gemeinsame Unterrichten bzw. Team-Teaching bieten sich verschiedene Formen an (Abb. 4).
Abb. 4: Formen für gemeinsames Unterrichten (in Anlehnung an Reber 2014)
| Ein Beispiel für die Umsetzung einer gemeinsamen Unterrichtsstunde zum Dativerwerb findet sich bei Bauer et al. 2013. Der Artikel ist mit Download frei zugänglich unter:... |




