E-Book, Deutsch, 518 Seiten
Rehm Der Bornholm-Code
1. Auflage 2017
ISBN: 978-3-920793-40-5
Verlag: Ruhland
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, 518 Seiten
ISBN: 978-3-920793-40-5
Verlag: Ruhland
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Frank Stebes Forschergeist erwacht zu neuem Leben, als vor der Ostseeinsel Bornholm ein rätselhaftes Schiffswrack entdeckt wird. Doch der Tauchgang in die Unterwasserwelt bringt ihn nicht nur seinem einstigen Traum näher, der Entdeckung des sagenumwobenen Nibelungenschatzes – plötzlich steht er auch im Fadenkreuz einer fanatischen Organisation, die vor nichts zurückschreckt. Thorsten Oliver Rehms hochkarätiges Roman-Debüt setzt Puzzleteile zusammen, die seit jeher Forscher und Wissenschaftler gleichermaßen in ihren Bann ziehen.
Frank Stebe wird von einem ehemaligen Forschungskollegen zu Hilfe geholt, dieser steht vor einem Rätsel: Schiffstyp und Fundstücke eines in der Ostsee aufgespürten Wracks ergeben keinen Sinn. Als Frank selbst dann ein antikes römisches Schwert samt Reitermaske aus der Tiefe holt, wird seine gewagte Theorie allmählich zur Gewissheit – und die uralte Sage vom Nibelungenschatz zu einer gefährlichen Realität.
Denn nicht nur in Wissenschaftskreisen schlägt ihm Misstrauen entgegen; von anderer Seite droht eine viel größere Gefahr: Eine fanatisch-nationalistische Organisation operiert unerkannt und im Geheimen. Sie versucht nicht nur, an das legendäre Gold zu gelangen – durch das magische Schwert und die sagenumwobene Tarnkappe des Drachentöters Siegfried will sie uneingeschränkte Macht erlangen! Als Frank begreift, welche Türen seine Entdeckungen aufgestoßen haben, ist es fast zu spät.
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Ruf aus der Vergangenheit »Seid ihr bereit, in eine andere Welt einzutauchen?« Frank Stebe sah seinen Tauchschülern tief in die Augen. Die Mischung aus Vorfreude und Anspannung, die er in ihren Gesichtern entdeckte, rief selbst in ihm ein Kribbeln hervor. »Ich muss euch warnen, Tauchen kann süchtig machen. Noch könnt ihr euch für ein weniger fesselndes Hobby entscheiden und hier abbrechen«, scherzte Frank, worauf allgemeines Gelächter folgte. Frank wusste um die übliche Nervosität der Lehrgangsteilnehmer. Seine lockere Art tat ihnen gut. »Also, los geht’s. Baut bitte eure Ausrüstungen zusammen und dann machen wir das Briefing.« Beschwingte Samba-Rhythmen kündigten einen Anruf an. Frank schritt über das Deck des Tauchbootes, auf dem sie in einer verträumten Bucht Mallorcas vor Anker lagen. Dort unterhielt er eine Tauchbasis, Ableger seiner Hauptbasis im Allgäu, die seit zehn Jahren sein beruflicher Mittelpunkt war. Frank griff nach seinem Handy auf dem Tisch, an dem sie kurz zuvor gemeinsam gefrühstückt hatten. »Zeichne schon mal die Tauchgangsplanung auf die Schreibtafel«, wies er seinen Assistenten Ralf Jansen an, der gerade unter Deck hervorkam. Frank und Ralf hatten sich vor Jahren beim Tauchen kennengelernt, es war eine intensive Freundschaft entstanden. Vor drei Jahren ließ sich Ralf von Frank zum Tauchlehrer ausbilden und half nun hin und wieder aus. »Mach ich.« Ralf griff gut gelaunt nach der Schreibkreide. »Stebe«, meldete sich Frank knapp, aber freundlich. »Lars hier«, erklang eine vertraute Stimme. »Lars? Was für eine Überraschung. Lange her, seit wir uns zuletzt gesprochen haben. Wie geht es dir?« »Ich stecke gerade mitten in einem Projekt vor Bornholm, deswegen ruf ich auch an.« Franks eben noch angenehmes Kribbeln im Bauch wich einem flauen Gefühl. Bornholm. Ostsee. Damit verband er Erlebnisse, die er seit über zehn Jahren zu verdrängen versuchte. Adrenalin schoss ihm in die Blutbahn. Seine Gelassenheit wich einem Zustand der Anspannung und Verwirrung. Gedankenblitze am Gefühlshorizont. Offensichtlich rief sein früherer Kollege Lars nicht an, um sich mit ihm auf ein Bier zu verabreden. »Kannst du kommen?«, fragte Lars ohne Umschweife. »Warum sollte ich? Du weißt, dass ich mit dem Institut nichts mehr zu tun haben will. Damit habe ich abgeschlossen.« »Ich benötige dringend deine Hilfe«, sagte Lars. »Wie stellst du dir das vor? Ich bin nicht mehr dabei. Außerdem bin ich mit meiner Kursgruppe in Spanien. Ihr habt doch Leute, du vornean.« Eine kurze Pause entstand. Dann brach Lars die Stille: »Wir sind wieder im Spiel, mein Guter.« Er sprach die Worte bedächtig aus, als wolle er eine besondere Wirkung erzielen. Was ihm auch gelang, denn Frank wusste sofort, was Lars meinte. Frank verstummte, aber innerlich schrie er auf. ~ Lars schaltete das Satellitentelefon aus. Gedankenverloren strich er mit der Hand über seine Bartstoppeln und blickte auf die an diesem Tag raue See. Trotz des Seegangs hatten die Forschungstaucher seines Teams heute die übliche Anzahl Tauchgänge unternommen. Die Zeit für das Projekt war knapp bemessen, jeder Tag auf See kostete riesige Summen. Der Etat für diese Expedition war nur widerwillig genehmigt worden. Umso effizienter musste die Mannschaft arbeiten, wenn er eine Chance auf Verlängerung des Projekts haben wollte. Seit den gestrigen Ergebnissen wusste er, dass die angesetzten elf Tage auf See nicht reichen würden. Er schlenderte zum Heck der »Baltic Sea Explorer I«, dem besten Forschungsschiff des archäologischen Instituts, für das er seit nunmehr dreizehn Jahren tätig war. Das Gespräch mit Frank war ein Flop gewesen. Lars hätte darauf gewettet, dass er seinen früheren Partner aus der Reserve locken würde, doch dessen war er sich nun nicht mehr sicher. Zweifelsohne waren sie hier, vor der Küste der dänischen Ostseeinsel Bornholm, auf sensationelle Funde gestoßen. Diese würden ihn auf die nächste Sprosse seiner Karriereleiter führen. Doch ihm fehlten die entscheidenden Teile im Puzzle. Alles hier ergab für ihn in archäologischer und historischer Hinsicht noch keinen Sinn. Er brauchte Frank – seine Kompetenz, seine Erfahrung, und vor allem seinen Riecher! Franks wissenschaftliche Spürnase hatte sie beide immer zum Erfolg geführt. Fast immer zumindest, denn bei ihrem letzten gemeinsamen Projekt war es anders gelaufen; doch sie würden an dem damaligen Punkt wieder anknüpfen. Da war sich Lars sicher! Ja, er war auf eine heiße Spur gestoßen, auch wenn er noch nicht einschätzen konnte, wohin sie ihn führen würde. »Dr. Behrends! Dr. Behrends!«, rief ein Mann aus der Tauchereinheit aufgeregt. »Kommen Sie schnell! Das müssen Sie sich ansehen!« An Bord befanden sich Salzwasserbecken. Dort legten sie die aus dem Meer geborgenen Fundstücke ein, um sie möglichst unter Luftabschluss zu halten. Lars sah ein paar Leute des Teams um eines der Becken stehen und debattieren. Als er in die große Wanne blickte, weiteten sich seine Augen. Er zog Handschuhe über und nahm eines der Objekte aus dem Bottich heraus. »Das kann nicht sein«, die Stimme versagte ihm. Lars räusperte sich. »Aus welchem Wrack habt ihr es?« »Aus Wrack B«, antwortete ein anderer Taucher, der sich gerade aus seinem Trockentauchanzug pellte. Lars erstarrte. »Das kann nicht sein«, wiederholte er benommen, wohl wissend, dass es doch so war – denn der Crew unterliefen bei den Aufzeichnungen keine Fehler. Trotz seiner Funktionsjacke bekam er eine Gänsehaut. »Das kann einfach nicht sein.« ~ Nach zehn Tagen Mallorca wieder in Deutschland angekommen, war Frank soeben dabei, seinen Koffer auszupacken. Der Tauchkurs war ein voller Erfolg gewesen. Alle Teilnehmer hatten mit Bravour bestanden und fanden von Anfang an so viel Gefallen an ihrem neuen Hobby, dass sie Franks Tauchclub beitraten. Für die frischgebackenen Taucher war es das Beste, wenn sie am Ball bleiben, Erfahrung und Routine sammeln und weiterführende Kurse absolvierten. Für Frank wiederum war diese Phase die eigentlich gewinnbringende. Die Anfängerkurse waren so knapp kalkuliert, dass kaum Profit absprang. Erst die Taucherzukunft der Neulinge brachte etwas ein – vor allem dann, wenn die Tauchsprösslinge ihre Ausrüstung in seinem Tauch-Shop kauften. Nach dem Durchlaufen der offiziellen Kurse genossen sie im Gegenzug seine Tauchlehrerkompetenz. Frank, Freund von Win-win-Situationen, besaß den Erfolgsschlüssel eines Tauchbasisbesitzers. Zudem bot er mit seiner Basis auf Mallorca für den Tauchernachwuchs eine beliebte Anlaufstelle für Urlaubszeiten. Auch Taucher, die nicht bei ihm gelernt hatten, waren jederzeit willkommen und erschienen zahlreich, denn er wurde von seinen Schülern regelmäßig weiterempfohlen. Ansonsten arbeitete er mit Reiseveranstaltern und einheimischen Hotels zusammen, die keine eigene Tauchbasis boten, und sorgte für Internetpräsenz. Mit einem stetigen Basiszulauf versah ihn jedoch die gewogene Mund-zu-Mund-Propaganda. Während er nun ein Kleidungsstück nach dem anderen in den Wäschekorb legte, wanderten seine Gedanken zu Lars‘ Anruf zurück. Wann immer Frank in den vergangenen Tagen nicht mit seiner Arbeit beschäftigt war oder sich nicht auf die Kursgruppe konzentrierte, schweiften seine Gedanken zu dem kurzen Telefonat mit Lars. Er stand kurz vor der Zerreißprobe – als würde von zwei Seiten an ihm gezogen. Er wollte das ganze Bornholm-Drama von einst von sich schieben – aber er konnte kaum mehr an etwas anderes denken. Sollte er Lars anrufen, um Genaueres zu erfahren? Vor ein paar Tagen hatte er das Gespräch abgeblockt. Doch seither zog die Neugierde an ihm – ein Strudel, der ihn hinabzureißen drohte. Er musste eine Entscheidung treffen. Da klingelte das Telefon. »Stebe.« Die Vorwahl von Dänemark kannte Frank nur zu gut. Dänemark, das Land, in dem er Jahre zuvor jäh einen Lebensabschnitt beendet, vielmehr abgebrochen hatte und das er vor allem mit einer Person, Lars, in Verbindung brachte. Die Entscheidung für oder gegen ein weiteres Gespräch fiel schneller als erwartet. »Guten Abend, Dr. Stebe«, meldete sich eine tiefe Männerstimme. Es war nicht Lars, aber die Stimme kam ihm bekannt vor. Mit Doktor Stebe wurde er schon lange nicht mehr angesprochen. Frank hatte seinen Doktortitel, zusammen mit dem Institutsausweis und seinen damaligen Träumen und Zielen, in Rostock abgeworfen. Sinnbildlich zumindest. Nach allem, was vorgefallen war, hatte ihm sein akademischer Grad nicht mehr viel bedeutet. Damals hatte Frank mit vielen und vielem gebrochen und neu angefangen, wobei es ihn zunächst ins Allgäu verschlagen hatte. »Professor Clausen? Sind Sie das?«, fragte Frank zögernd. Was wollte der Leiter des »Instituts für Unterwasserarchäologie Ostsee«, kurz »IUAO« genannt, von ihm? Frank überlegte, ob es jetzt zur Gewohnheit werden würde, dass immer, wenn das Telefon klingelte, sein Puls in die Höhe schoss. Zumindest bei Anrufen aus der nördlichen Hemisphäre. Er dachte an Lars, und da er eins und eins zusammenzählen konnte, war ihm klar, dass dieser Anruf eine Folge des ersten war. Es war tatsächlich Professor Clausen. »Herr Dr. Stebe«, fuhr der Chef des IUAO fort, »ich komme ohne Umschweife zum Thema.« Hat sich nicht verändert, der Mann, dachte Frank. »Wir brauchen Ihre Unterstützung. Als freier wissenschaftlicher...