E-Book, Deutsch, 208 Seiten
Reicheneder / Müller Fit und gesund mit Natural Movement
1. Auflage 2021
ISBN: 978-3-7453-1387-1
Verlag: riva
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Das natürliche Bewegungstraining für einen starken und gesunden Körper
E-Book, Deutsch, 208 Seiten
ISBN: 978-3-7453-1387-1
Verlag: riva
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Bernd Reicheneder ist Sport- und Fitnesswissenschaftler. Als Physiodiagnostiker und Trainer ist es sein Ziel, Menschen durch funktionelles und natürliches Training von Schmerzen zu befreien und ihnen zu mehr Beweglichkeit und Gesundheit zu verhelfen. Er war der Erste, der das weltweit bekannte und erfolgreiche Bewegungskonzept MovNat in Europa angeboten und etabliert hat. Daniel Müller ist Sportwissenschaftler und -therapeut. Seine Schwerpunkte liegen auf der neurobasierten Sport- und Bewegungstherapie, der neurokinetischen Therapie, natürlichen Bewegungsformen und Entspannungstraining. Er erstellt unter anderem Trainingskonzepte für die Handball-Bundesliga-Mannschaft des SC Magdeburg.
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
Kapitel 2
Wie funktioniert Natural Movement?
Die fundamentalen Techniken für Anfänger und Fortgeschrittene
Die richtige Auswahl an Techniken zu treffen ist bei der schier unendlichen Fülle an Fertigkeiten, ihren Progressionen, Varianten, Variationen und Kombinationsmöglichkeiten ein schwieriges Unterfangen. Bedenken Sie, dass es alleine über 60 rein praktische Techniken gibt, an einer Stange zu hängen. Dies gibt eine Vorstellung darüber, wie es gelingen kann, mit MovNat sowohl weniger fitte Menschen als auch Hochleistungssportler zu bedienen. Für all die genannten Zielgruppen stellen die hier aufgeführten Techniken eine Basis an Bewegungsfertigkeiten dar, die größtenteils abhandengekommen sind. Sie ermöglichen dem Praktizierenden ein solides Fundament für eine sichere und ausbaufähige Reise in die Welt natürlicher Bewegung.
Auf den folgenden Seiten werden die Übungen in Schrittfür-Schritt-Anleitungen erklärt und anhand von Fotos verdeutlicht. Zu Beginn jeder Sektion finden Sie einen QR-Code, hinter dem sich Videos zu den jeweiligen Bewegungsmustern verbergen. Hier können Sie sich ergänzend zu den bebilderten Übungen noch einmal die flüssige Bewegung anschauen. Insbesondere für die ersten gezeigten Übungen, die Get Ups, sind die Videos zu empfehlen, denn hierbei handelt es sich um äußerst komplexe Bewegungen. Diese werden auf den folgenden Seiten in ihrer Grundlage erklärt, für eine exakte Übungsausführung sind jedoch die einzelnen Videos zu empfehlen.
Barfußlaufen
In der Tat ist barfüßiges Laufen eines der besten Dinge, die Sie Ihren Füßen und dem Rest des Körpers antun können. Falls Sie jedoch jahrelang das Tragen von Schuhen gewohnt sind, sollten Sie den Übergang zum Barfußlaufen sehr langsam und schrittweise gestalten. Durch die Veränderung der Biomechanik bei diesem effizienteren Laufstil werden die Achillessehne und die Wadenmuskulatur vermehrt beansprucht, was bei übermäßiger Belastung zu Überlastungsverletzungen führen kann. Des Weiteren sind Ihre Füße durch das Tragen der Schuhe sehr wahrscheinlich ziemlich instabil und unbeweglich. Barfüßiges Balancetraining und Gehen auf verschiedenen Untergründen können hier gute Vorbereitungen sein. Auch die Fußhaut muss sich nach und nach wieder verfestigen und belastbarer werden, die Fußmuskeln müssen allmählich an Kraft gewinnen und die Zehen sich neu ausrichten. Diese Vorgänge können Wochen, Monate und Jahre dauern. Für den Anfang ist es daher ratsam, mit fünf- bis zehnminütigen Spaziergängen und Balancetraining zu beginnen und die Belastungen über mehrere Monate kontinuierlich zu steigern. Wenn es für Sie unangenehm oder sogar schmerzhaft ist, barfuß zu laufen, können Sie für die hier vorgestellten Techniken selbstverständlich Schuhe tragen.
Ground Movements und Get Ups
Praktischer Zusammenhang
Die Fähigkeit, sich geschickt auf dem Boden bewegen zu können (Ground Movements) und mühelos vom Boden aufstehen zu können (Get Ups), sagt eine Menge über den funktionellen Status des Bewegungsapparates aus, da dies den wichtigsten Teil der menschlichen Bewegungsentwicklung innerhalb der ersten zwei Lebensjahre darstellt. In dieser Zeitspanne entwickeln sich 80 Prozent des menschlichen Gehirns. Bewegungs- und Gehirnwachstum sind direkt voneinander abhängig, denn Bewegung ist die treibende Kraft der Gehirnentwicklung. Umso wichtiger ist es also, diese Fähigkeiten, die dafür erforderliche Mobilität, Stabilität und Bewegungsmuster ein Leben lang zu bewahren oder so schnell wie möglich wieder zu erlernen.
Die Ground Movements und Get Ups sind sich in vielen Punkten ähnlich. Zusammen mit Crawling (ab Seite 81) stellen sie nicht nur methodisch die Basis für die weiteren Bewegungsformen dar, sondern haben viele Gemeinsamkeiten in der Ausübung. Obwohl jede Technik ihre Besonderheiten hat, gelten die gleichen Hinweise zur Durchführung der Bewegungen. Diese finden Sie anschließend für alle Techniken zusammengefasst. Wir haben es hier mit mehr als komplexen Bewegungen zu tun. Diese werden auf den folgenden Seiten in ihrer Grundlage erklärt, für eine exakte Übungsausführung schauen Sie sich bitte die Videos an.
Spannung und Entspannung
Bei den Ground Movements und Get Ups kommt es vor allem auf eine gute Koordination der Füße und Hüften an, denn diese sind maßgeblich an den Bewegungen beteiligt. Achten Sie besonders am Anfang darauf, unnötige Spannung in den Schultern und im Hals loszulassen, während Sie die technischen Sequenzen Schritt für Schritt durchgehen. Mit zunehmender Bewegungspraxis erlernen Sie die Bewegungen somit deutlich effizienter.
Haltung und Atmung
Ground Movements leben von der Beweglichkeit des Beckens sowie der Hüft-, Knie- und Fußgelenke. Versuchen Sie daher, die Wirbelsäule eher aufrecht und locker zu lassen, damit die Bewegungen sozusagen »von unten« gebahnt werden können. Bei den Get Ups verhält es sich genauso – die Wirbelsäule wird zumeist aufrecht und lang gehalten, während die Beine die Arbeit verrichten (bis auf den Tripod Get Up, hier ist mehr Bewegung innerhalb der Wirbelsäule gefordert). Achten Sie insbesondere darauf, dass Sie innerhalb der verschiedenen Bewegungsmuster trotzdem dreidimensional atmen (siehe diaphragmatische Atmung).
Zeichen von Ineffizienz:
- Hochziehen der Schultern, starke Ausgleichsbewegungen mit den Armen
- Stützarm nicht vollständig im Ellbogengelenk durchgestreckt
- Stützarm und -fuß zu nah zusammen oder zu weit auseinander
- Körperschwerpunkt außerhalb der Standfläche
- Keine Ruheatmung beziehungsweise Nasenatmung mehr möglich (dann mit den Armen leicht helfen)
- Feste und immobile Hüften oder Füße (Ihr Körper benötigt Zeit zur Anpassung, helfen Sie mit den Armen und atmen Sie tief und gründlich während der Bewegungen)
- Zu hohe Spannung im gesamten Körper
Die vier fundamentalen Get-Up- und Get-Down-Techniken
Nach dem elementaren Deep Squat werden die vier fundamentalen Get-Up- und Get-Down-Techniken – der Tripod Get Up, der Hip Hinge Get Up, der Side Bent Sit Get Up und der Cross Get Up – gezeigt und erklärt. Außerdem werden nach und nach verschiedene neue Elemente und Techniken ergänzt. Diese können Sie selbstständig in Ihre Praxis einbauen, um die Get Ups und Get Downs zu verändern. Die Möglichkeiten der Konditionierung, die in jeder einzelnen Position auftreten, geben einmal einen Einblick in den natürlichen, explorativen Entwicklungsprozess der kindlichen Bewegung, werden aber auch deutlich machen, wo Übungen der konventionellen Gymnastik und »Functional Fitness« ihren eigentlichen Ursprung haben.
Deep Squat – das Fundament
Praktische Anwendung
Der Deep Squat ist eine der vielseitigsten und grundlegendsten Techniken aus dem Bereich der natürlichen Bewegungen. Die wichtigsten Funktionen sind dabei die folgenden:
- Der Deep Squat ist eine Pausen- und Bodenarbeitsposition (dies ist in der westlichen Gesellschaft nicht mehr üblich, in allen anderen Kulturen, bei Kindern oder aus evolutionärer Sicht eine selbstverständliche, natürliche Haltung).
- Der Deep Squat stellt eine Transition vom Stehen in eine sehr tiefe Position und einen Zwischenschritt zum Krabbeln oder Sitzen dar.
- Der Deep Squat ist eine wichtige Ausgangsposition beim Heben.
Spannung und Entspannung
Dies ist in erster Linie eine Ruheposition, versuchen Sie daher, so wenig Spannung wie nötig zu halten. Die gesamten Fußsohlen sollten den Boden berühren, der Rücken kann entspannt und rund gehalten werden, solange kein Gewicht auf ihm lastet. Falls Sie den Deep Squat (oder andere Techniken am Boden) als Ruhe- oder Arbeitsposition nutzen, ist diejenige Haltung die richtige, die am bequemsten für Sie ist. Aufpassen müssen Sie jedoch, wenn Sie den Deep Squat mit Gewichten praktizieren oder etwas aus dem Deep Squat hochstemmen wollen. Hier sollte die Wirbelsäule aufrecht sein, um die Last axial abfangen zu können. Des Weiteren sollten Sie unbedingt die ganze Fußsohle auf dem Boden halten, um die Knie nicht unnötig zu belasten.
Aufgrund der Vielzahl an Varianten und Variationen von Get Ups und Get Downs, Positionen und Transitions werden im Folgenden die wichtigsten Teile aufgezeigt, aber auch spielerische und therapeutische Arbeitsansätze angeschnitten.
Deep Squat Get Up und Get Down
Elemente eines...