E-Book, Deutsch, 208 Seiten
Reinhardt / Klose Grundkurs Arbeitsrecht für die Soziale Arbeit
1. Auflage 2020
ISBN: 978-3-8463-5353-0
Verlag: UTB
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, 208 Seiten
ISBN: 978-3-8463-5353-0
Verlag: UTB
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Ein kompakter Überblick zum Arbeitsrecht in der Sozialen Arbeit
Das Arbeitsrecht nimmt in der Sozialen Arbeit und in der Kindheitspädagogik unter zwei Aspekten eine wichtige Rolle ein: Zum einen spielen im Rahmen der Betreuung und Beratung von KlientInnen (z.B. der Verlust des Arbeitsplatzes, gesundheits oder behinderungsbedingte Fragen) eine große Bedeutung. Zum anderen können Fragen des Arbeitsrechts für die eigene Tätigkeit sozialarbeiterischer Fachkräfte relevant werden, bspw. zu Bereitschafts und Schichtdiensten, Wochenendeinsatz usw., aber auch zum Umgang mit MitarbeiterInnen. Der Grundkurs liefert hierzu eine kompakte Übersicht.
Ein eigenes Kapitel zu wichtigen Tarifverträgen im sozialen Bereich und zum kirchlichen Arbeitsrecht rundet das Lehrbuch ab.
Mit zahlreichen Beispielen und Infokästen sowie 8 Fällen und Musterlösungen.
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
Abkürzungen 10
Vorwort 14
1 Einführung in das Arbeitsrecht 15
1.1 Rechtsquellen im Arbeitsrecht 16
1.2 Begriffsdefinitionen 30
2 Arbeitsvertrag 41
2.2 Besondere Arten von Beschäftigungsverhältnissen 49
2.3 Unwirksamkeit des Arbeitsvertrags 56
2.4 Beendigung des Arbeitsverhältnisses 62
3 Pflichten aus dem Arbeitsvertrag 71
3.1 Vorvertragliche Pflichten 72
3.1.1 Ersatz der Vorstellungskosten 72
3.1.2 Datenschutz und Vernichtung von Bewerbungsunterlagen 73
3.1.3 Diskriminierungsverbot 73
3.1.4 Aufklärungspflicht 75
3.2 Arbeitspflicht als vertragliche Hauptpflicht 76
3.2.1 Arbeitsort 77
3.2.2 Arbeitszeit 78
3.2.3 Inhalt der Arbeitspflicht 84
3.2.4 Befreiung von der Arbeitspflicht 85
3.3 Vergütungspflicht als vertragliche Hauptpflicht 94
3.3.1 Lohnanspruch mit Arbeitsleistung 94
3.3.2 Lohnanspruch ohne Arbeitsleistung 96
3.4 Vertragliche Nebenpflichten des Arbeitnehmers 103
3.4.1 Treuepflicht 103
3.4.2 Gehorsamspflicht 105
3.5 Vertragliche Nebenpflichten des Arbeitgebers 107
3.5.1 Schutzpflichten 107
3.5.2 Beschäftigungspflicht 109
3.5.3 Gleichbehandlungspflicht 110
3.5.4 Freistellung zur Stellensuche 112
3.6 Nachvertragliche Rechte und Pflichten 112
3.6.1 Zeugnis 113
3.6.2 Arbeitspapiere, Rückgabe von Arbeitsmaterial 114
3.6.3 Verschwiegenheit 114
3.6.4 Konkurrenzverbot 115
3.7 Rechtsfolgen bei Verletzung der arbeitsvertraglichen Pflichten 115
3.7.1 Verletzung der Arbeitnehmerpflichten 115
3.7.2 Verletzung der Arbeitgeberpflichten 119
3.8 Verjährung und Verwirkung 120
4 Kündigung des Arbeitsvertrages 122
4.1 Allgemeines zur Kündigung 122
4.1.1 Kündigungserklärung 122
4.1.2 Beteiligung des Betriebsrats 126
4.2 Ordentliche Kündigung 128
4.2.1 Kündigungsfrist 129
4.2.2 Allgemeiner Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz 132
4.3 Fristlose („außerordentliche“) Kündigung 147
4.3.1 Wichtiger Grund und Interessenabwägung 148
4.3.2 Kündigungserklärungsfrist 150
4.3.3 Umdeutung 151
4.4 Änderungskündigung 152
4.5 Besonderer Kündigungsschutz bestimmter Arbeitnehmergruppen 155
4.5.1 Schwangere und Mütter 155
4.5.2 Eltern 156
4.5.3 Pflegezeit und Familienpflegezeit 157
4.5.4 Schwerbehinderung 157
4.5.5 Kollektivrechtliche Amtsträger 159
4.5.6 Auszubildende 160
4.6 Sonstige Unwirksamkeitsgründe 161
4.6.1 Sittenwidrigkeit, Treu und Glauben 161
4.6.2 Maßregelungsverbot 162
4.6.3 Betriebsübergang 163
4.6.4 Massenentlassung 163
4.7 Rechtzeitige Klageerhebung 164
4.8 Prüfschema zum Kündigungsrecht 165
5 Kollektives Arbeitsrecht 168
5.1 Tarifvertragsrecht 168
5.1.1 Zustandekommen eines Tarifvertrags 169
5.1.2 Inhalt und Wirkungen des Tarifvertrags 170
5.1.3 Kollisionsregeln 173
5.2 Arbeitskampf 174
5.2.1 Streik 174
5.2.2 Aussperrung 175
5.2.3 Auswirkungen des Arbeitskampfes auf das Arbeitsverhältnis 175
5.3 Betriebsverfassungsrecht und Personalvertretungsrecht 176
5.3.1 Betriebsverfassungsrecht 177
5.3.2 Personalvertretungsrecht 181
6 Sonderregelungen für Beschäftigtengruppen in der Sozialen Arbeit 184
6.1 Beschäftigte im öffentlichen Dienst 184
6.1.1 Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst 184
6.1.2 Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder 192
6.1.3 Tarifverträge für Auszubildende und Praktikanten im öffentlichen Dienst 193
6.2 Kirchliches Arbeitsrecht 193
7 Verfahren vor den Arbeitsgerichten 200
7.1 Aufbau und Zuständigkeit der Arbeitsgerichtsbarkeit 200
7.1.1 Aufbau der Arbeitsgerichtsbarkeit 200
7.1.2 Zuständigkeit der Arbeitsgerichte 201
7.2 Verfahrensablauf im arbeitsgerichtlichen Verfahren 205
7.2.1 Verfahrensarten 205
7.2.2 Verfahrensgang 206
7.3 Kosten des Verfahrens 208
Literatur 211
Sachregister 212
2Arbeitsvertrag Die grundsätzlichen gesetzlichen Regelungen zum Arbeitsvertrag finden sich in §§ 611a bis 630 BGB. Von einem „normalen“ Dienstvertrag im Sinne von § 611 BGB unterscheidet sich der Arbeitsvertrag dadurch, dass der Arbeitnehmer durch ihn – anders als bei anderen gegen Geld erbrachten Dienstleistungen (z. B. Behandlung durch einen niedergelassenen Arzt, Betreuung von Pflegebedürftigen durch einen Pflegedienst) – zu einer weisungsgebundenen und fremdbestimmten Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet wird (§ 611a Abs. 1 S. 1 BGB). Durch den Arbeitsvertrag wird der Arbeitnehmer also in den Betrieb des Arbeitgebers integriert (Kap. 1.2.1). Mit dem Vertragsschluss entsteht eine auf Dauer angelegte Verbindung (sog. „Dauerschuldverhältnis“) zwischen den Vertragspartnern. Aus dem daraus resultierenden Treue- und Abhängigkeitsverhältnis ergeben sich soziale Pflichten des Arbeitgebers, die bei einem allgemeinen Vertrag über Dienstleistungen nicht bestehen. Ehrlicherweise muss man zur Kenntnis nehmen, dass immer wieder Arbeitgeber versuchen, sich diesen Pflichten zu entziehen, indem sie alternative Bezeichnungen („Selbstständiger“, „Subunternehmer“, „Freelancer“, Honorarbasis“) oder andere Vertragstypen (v.a. den Werkvertrag) verwenden, um die eigenen Arbeitgeberpflichten zu umgehen. Nach § 611a Abs. 1 S. 4 BGB ist für das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses aber nicht die Bezeichnung maßgeblich, sondern der faktische Inhalt des Vertrages (Kap. 1.2.1). Dieser ist dafür entscheidend, ob die nur für Arbeitnehmer geltenden Schutzgesetze (z. B. KSchG, EFZG, ArbZG) zur Anwendung kommen oder nicht. Konkret ist der Arbeitsvertrag deshalb von den nachfolgenden Vertragsgestaltungen zu unterscheiden: •Bei einem Werkvertrag (§ 631 BGB) wird ein bestimmter Leistungserfolg geschuldet (z. B. das Anstreichen eines Hauses oder die Reparatur eines Wagens). Gegenstand des Dienst- oder eben des Arbeitsvertrages ist dagegen ausschließlich die Dienstleistung als solche, die nicht an einen bestimmten Erfolg geknüpft ist. Zudem zeichnet sich der Arbeitsvertrag durch ein gewisses „Zeitmoment“ aus: Hier wird nicht nur eine Dienstleistung geschuldet, sondern insbesondere auch das „Zur-Verfügung-Stehen“ während einer zumindest dem Umfang nach festgelegten Arbeitszeit. Beispiel Im Rahmen der sozialen Beratung (z. B. Erziehungsberatung, Migrationsberatung, Schwangerenberatung, Suchtberatung) ist nicht ein bestimmter Beratungserfolg geschuldet, sondern nur die Beratungsleistung als solche. Gleiches gilt für andere sozialarbeiterische Leistungen wie Streetwork, Familienhilfe oder die Durchführung einer Zukunftswerkstatt. Werden SozialarbeiterInnen bei einem Sozialen Dienst als Fachkräfte eingestellt, liegt also ein Arbeitsvertrag und kein Werkvertrag vor. •Ein Auftrag (§ 662 BGB) ist gekennzeichnet durch seine Unentgeltlichkeit. Wer einen Auftrag ausführt, kann lediglich Aufwendungsersatz vom Auftraggeber verlangen (§ 670 BGB), nicht aber eine feste Entlohnung. Dagegen ist die Leistung bei einem Arbeitsvertrag immer an eine bestimmte, ggf. stillschweigend vereinbarte Vergütung geknüpft (vgl. §§ 611a Abs. 2 und 612 Abs. 1 BGB). •Selbstständige Tätigkeit, wie sie etwa von Freiberuflern und / oder Honorarkräften erbracht wird, zeichnet sich dadurch aus, dass der Leistungserbringer selbst entscheiden kann, ob, wann und wie er die Leistung erbringt. Der selbstständige Dienstleister ist nicht in den Betrieb des Auftraggebers integriert, nicht abhängig und auch nicht weisungsgebunden. Er schließt daher zwar einen Dienstvertrag i.S.v. § 611 BGB, aber keinen Arbeitsvertrag nach § 611a BGB ab. Beispiel In ihrer „Familienpause“ will Sozialarbeiterin S „auf Honorarbasis“ als Familienhelferin oder als Vormünderin für das Jugendamt tätig werden. Dabei will sie bewusst als „Selbstständige“ tätig werden, damit sie ihre Arbeitsbelastung selbst und abhängig vom Betreuungsbedarf ihrer eigenen Kinder steuern kann. Da sie über die volle Entscheidungsfreiheit verfügt, Fälle anzunehmen oder nicht, ist sie nicht Arbeitnehmerin, sondern Selbstständige. Wegen des Grundsatzes der Vertragsfreiheit (vgl. § 105 GewO) kann der Arbeitnehmer (und natürlich auch der Arbeitgeber) frei entscheiden, ob er einen Arbeitsvertrag abschließt (sog. „Abschlussfreiheit“) und mit wem er einen Arbeitsvertrag abschließt („Freiheit der Vertragspartnerwahl“). Von diesem Grundsatz gibt es zwei nur selten vorkommende Ausnahmen: •Im Gesetz finden sich vereinzelt gesetzliche Einstellungsfiktionen, d. h., das Gesetz unterstellt einen Vertragsschluss, obwohl von den Beteiligten gar keine entsprechenden Willenserklärungen abgegeben wurden. Beispiel Ein Beispiel für eine Fiktion ist die Übernahme eines Mitglieds der Jugend- und Auszubildendenvertretung in ein Arbeitsverhältnis nach dem Ende der Ausbildungszeit, sofern der Arbeitgeber dem Auszubildenden nicht drei Monate vor Beendigung des Ausbildungsverhältnisses schriftlich mitgeteilt hat, dass er diesen nicht übernehmen will (§ 78a BetrVG). Gemäß § 10 des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) entsteht ein Arbeitsvertrag zwischen einem „Entleiher“ und einem Leiharbeitnehmer, wenn der Arbeitsvertrag zwischen dem Verleiher und dem Leiharbeitnehmer nach § 9 AÜG unwirksam ist (Kap. 2.2.4). Bei einem Betriebsübergang gehen gemäß § 613a Abs. 1 BGB die Arbeitsverhältnisse kraft Gesetzes auf den neuen Inhaber über, sofern der Arbeitnehmer dem nicht nach § 613a Abs. 6 BGB widerspricht. •Im öffentlichen Dienst kann sich wegen des dort geltenden strengen Leistungsprinzips (Art. 33 Abs. 2 GG), das auch für Tarifangestellte gilt, ein Anspruch des am besten qualifizierten Bewerbers auf Einstellung ergeben. Gemäß §§ 154 ff. SGB IX sind Arbeitgeber je nach Betriebsgröße dazu verpflichtet, eine bestimmte Zahl schwerbehinderter Menschen zu beschäftigen (zur genauen Berechnung s. §§ 156 ff. SGB IX). Allerdings handelt es sich hierbei nur um eine gesetzliche Zielbestimmung; ein einzelner Arbeitnehmer kann aus § 154 SGB IX keinen Anspruch auf Einstellung ableiten. 2.1Abschluss des Arbeitsvertrags Bei einem Arbeitsvertrag handelt es sich um einen „normalen“ schuldrechtlichen Vertrag, der daher weitestgehend den Bestimmungen des BGB unterliegt. Allerdings können sich Besonderheiten aus den speziellen arbeitsrechtlichen Gesetzen ergeben. Wie jeder andere Vertrag kommt auch der Arbeitsvertrag durch zwei übereinstimmende Willenserklärungen – Angebot und Annahme – zustande. Dabei müssen sich die Vertragsparteien zumindest über die Art der geschuldeten Leistung und die Höhe des Entgelts geeinigt haben. Wurde die Vergütung nicht genau festgelegt, so gilt nach § 612 Abs. 1 und 2 BGB die übliche Vergütung als vereinbart, wenn die Arbeitsleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist. Das ist regelmäßig der Tariflohn, sofern ein solcher in einer bestimmten Branche existiert. Die Stellenausschreibung ist für sich noch kein Angebot des Arbeitgebers, da dieser nicht mit jedem Bewerber einen Arbeitsvertrag abschließen will und kann. Es handelt sich bei Stellenangeboten (z. B. in Tageszeitungen, dem Internet oder den Job-Centern) nur um eine Aufforderung an Interessierte, ein Angebot abzugeben (sog. „invitatio ad offerendum“); diese Aufforderung bringt jedoch noch keinen konkreten rechtlichen Bindungswillen zum Ausdruck. Beispiel Eine Suchtberatungsstelle schreibt eine Stelle für eine sozialpädagogische Fachkraft aus. Es gibt 25 BewerberInnen auf diese Stelle. Es liegt auf der Hand, dass hierdurch keine 25 Arbeitsverträge abgeschlossen wurden. Vielmehr befindet sich der Vertrag noch im Verhandlungsstadium. Ein rechtlicher Bindungswille fehlt auch bei sog. Gefälligkeiten. Beispiel Sozialarbeiter S pflegt gelegentlich abends seinen schwer körperbehinderten Vater. Hier erbringt S zwar eine Dienstleistung; im Vordergrund steht aber die verwandtschaftliche Beziehung. Es geht nicht darum, Geld mit der Pflege zu verdienen. Selbst wenn S ab und zu „als Dankeschön“ einen Geldschein von seinem Vater zugesteckt bekommt, steht doch die innerfamiliäre Bindung und damit die Gefälligkeit im Vordergrund. Ein Arbeitsvertrag wurde nicht geschlossen. Allerdings sind auch unter Verwandten Arbeitsverhältnisse möglich (Kap. 1.2.1). Beispiel Der schwer pflegebedürftige A schließt mit seiner Cousine C, die gelernte Krankenschwester ist, einen Pflege- und Betreuungsvertag ab....