Reinhardt / Thimig / Fuhrich | Briefe im Exil | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 560 Seiten

Reinhardt / Thimig / Fuhrich Briefe im Exil

Max Reinhardt – Helene Thimig. 1937-1943
1. Auflage 2023
ISBN: 978-3-7017-4704-7
Verlag: Residenz
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Max Reinhardt – Helene Thimig. 1937-1943

E-Book, Deutsch, 560 Seiten

ISBN: 978-3-7017-4704-7
Verlag: Residenz
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Der anrührende Briefwechsel des Künstlerpaars erscheint erstmals anlässlich des 150. Geburtstages des großen Theatermannes.

Was für ein eindrucksvolles Paar: Max Reinhardt und Helene Thimig, der Wegbereiter des modernen Regietheaters und die gefeierte Schauspielerin. Fast zwei Jahrzehnte war Schloss Leopoldskron, der Wohnsitz des Mitbegründers der Salzburger Festspiele, Treffpunkt der europäischen Geisteselite. Doch die politischen Veränderungen führen 1938 zu einer jähen Zäsur. Reinhardt, zur Emigration gezwungen, versucht vergeblich an frühere Erfolge in den USA anzuknüpfen; seine Frau kämpft in Hollywood um Nebenrollen. Die bisher kaum beachtete Korrespondenz der beiden lässt uns teilhaben am bitteren Leben im Exil – bis ins kleinste verstörende Detail – und erzählt von der Liebe zweier Menschen in schwerer Zeit. Faktenreiche Anmerkungen von den Herausgeberinnen ergänzen den Briefwechsel.

Reinhardt / Thimig / Fuhrich Briefe im Exil jetzt bestellen!

Weitere Infos & Material


Brief, HT an MR 11. November 1938 L. A. Freitag M. G.! Dieses sogenannte „Leben“ erinnert mich oft an diesen Moment in meiner Kindheit – der mich jahrelang Furcht vor dem tiefen Wasser gekostet hat – als ich bei meinem ersten freien Schwimm-Unternehmen von einem 100 Kilo Weib, das nicht schwimmen konnte, drei Mal unter das Wasser gedrückt wurde, bis ich ohnmächtig herausgezogen werden musste. Du hast mich viel später von dieser Furcht befreit, was für mein ganzes Leben nicht bloß ein Symbol geblieben ist. Aber es hat zur Folge, dass ich halt immer wieder in dem Schnappen nach Luft – eben nach Dir greife! […] R6758 Kabel, MR an HT 12. November 1938 Von: Chicago   An: Maravilla, Hollywood   GELIEBTE – BIS HIERHER HABEN ICH UND MICKEY1 BEINAHE DURCHGESCHLAFEN, VON DIR GETRÄUMT, WIE SCHRECKLICH DU UNS HIER [IN] CHICAGO FEHLTEST, KANN ICH NUR MÜNDLICH ERZÄHLEN. DEIN 2.2.1.342 Brief, HT an MR [12. November] 1938   Samstagabend M. G.! das ist noch kein richtiger Brief. Ich habe grade so viel geschrieben, an [Thornton] Wilder. In Deutsch, ich hoffe, er kann es lesen. Seitdem Du weg bist, hab’ ich wirklich viel gemacht – wie eine echte business woman. Alle Gespräche mit [Charles] Lindsley, [Shelby] York2, Meeting, Organisation des Workshop Boards, Bearbeitung und Zusammenziehung vom „Schwierigen“, [mit] Remisoff Dekorationsbesprechung – woher kriegt man das Geld für das, was man doch schließlich dafür braucht? Vielleicht fragst du Button gelegentlich danach? Remisoff will anstatt eines Vorhanges Paravents in der Farbe des Hintergrundes machen, die dann immer bleiben, am liebsten natürlich auch für die diversen Zimmer, und Dekorations-Andeutungen. Dann „Guest“ Telefone und Gespräche, Bertensson3 selbst wurde angesteckt von meiner Aktivität. Neue Stundenpläne sind ausgearbeitet, jeder einzelne Schüler be- und gesprochen! Dazwischen hab’ ich heute mir eine Stunde ein groß angekündigtes Gastspiel des NYR „Kindertheaters“ angesehen, weil ich glaubte, man soll bei unseren eigenen Absichten wissen, was vorgeht – aber es war der letzte Schund. Ganz infam. „Peter Pan“ – das kleinste Kind war 7 Fuß hoch. Aber eine jubelnde Kinder-Audience im Ebell Theatre. Ich habe noch nicht die leiseste kleinste „Vergnügung“ gehabt, und bis auf ein für den Montag geplantes Dampfbad mit Luzi Korngold sehe ich auch weit und breit keines. Morgen, Sonntag, kommt die Mueffling zu mir zur Erledigung der Korrespondenzen und dann soll ich mit York mir ein Haus ansehen auf Fairfax und Fountain Ave., das ein Theater [gemeint ist das 1929/30 erbaute „Fairfax Theatre“] für 200 Personen hat mit einem dazugehörigen Apartmenthaus – eventuell um Studenten unterzubringen. Miete 250 Dollar. – York findet es unter Umständen sehr lohnend. Was ist mit Chandler!? Es stand in den Zeitungen, dass Du nach New York bist. Es ist rasend kalt. Die Leute werden aufgefordert, ihre Orangerien zu heizen. Hast Du warme Füße? Nun hab’ ich Dir doch keinen Lack mehr auf die Fingernägel getan! Der Zug muss doch wunderbar gewesen sein. Hoffentlich kann ich auch nochmal so einen nehmen. Frieda4 glaubt, dass Paul den Mickey sehr füttern wird! Die beiden Mädeln sind rührend. Frieda geht 3 Mal in der Woche in einen Abendkurs, Englisch zu lernen. Ich habe Livia [Castiglioni], nach einem wieder Mal ernsten Gespräch, zu meiner Workshop-Sekretärin gemacht! D. h., sie protokolliert unsere Meetings und führt Buch über jeden Schüler, alle Produktionen, soweit sie mit mir in Verbindung stehen etc. Sie wird „entlassen“ bei der ersten geringsten Vergesslichkeit, hab’ ich sie gewarnt. Scheint aber selig. Geht mit mir hinunter und herauf. [Karla von] Mueffling glüht in Übersetzungen. […] Adieu, Adieu! Vergiss nicht, dass der „Merchant“ ein Spiel ist. Wenn Wilder mit Dir spricht, sag, dass ich geschrieben habe, kannst doch auch Du nochmals mit ihm sprechen! Ich glaube zwar, dass der Brief ganz gut und klar ist. Wenn er Schrift und Deutsch lesen kann. Grüße alle, d. h., Du weißt ja, wen und wen nicht. Spare!! Dein. Dein. Dein. 2.1.1.64 Brief, HT an MR [13. November 1938]   Sonntagfrüh G.! Ich lese gerade die Zeitung mit einem Grausen, wie ich es noch kaum gefühlt habe. Ich glaube, nun ist es zu weit gegangen! Was jetzt dort geschieht – das sind schon nicht mehr „die Deutschen“ –, das ist schon einfach „der Mensch“ in seiner niedersten Verzerrung. Sie lassen halt die Bestie los – das war doch auch so in der Französischen Revolution in ihren Massenverbrechen und Morden – das war doch auch nicht mehr „der Franzose“. Das war einfach die Konstellation, in der halt der Mensch entfesselt sein darf. Ob nun die Regierung „Geist“ hat oder nicht – eine Regierung, die eine verirrte und notbedrängte Masse für ihre Zwecke benützt. Die eigenen Abgründe tun sich auf. Übrigens, wenn nun eine [Milliarde] Mark von den Juden in Deutschland aufgebracht werden muss für den Botschaftssekretär von Rath5 – ich glaube, das ist nun die letzte Besiegelung auf Leopoldskron, wie? Ich bekam gestern einen Brief meiner Mutter. Es ist ein so unfassliches Gefühl – ich meine, das Einzige, was halt der Mensch sich nicht wirklich vorstellen kann, oder eben nur mit diesem Ziehen in der Brust: wie alles ist – nach seinem endgültigen Weggehen. Und so ist so ein Brief meiner Mutter: das Leben, „mein Leben“, geht dort weiter: alles, die Elektrische, das Theater, die Premieren, die Anschläge am Schwarzen Brett, Horvath, die Glocke am Haustor in der Gymnasiumstraße, das Mittagessen am Sonntag, die Besuche der Bleibtreu, Hermann ist ein bissl zu alt für die Rolle in „Bunbury“, Frau Wögrat ist sehr angestrichen – und ich bin völlig weg. Ich dürfte doch kein einziges Detail mehr hören, das macht es so unnatürlich im wirklichsten Sinn des Wortes. Mein Vater war an zwei Premieren an zwei aufeinanderfolgenden Tagen! Es ist ihm sehr gut bekommen, weil Hermann und Hans beide prominent beschäftigt und außerordentlich gewesen sein sollen. Dazu große Publikumserfolge: „Bunbury“ mit Hermann in der Rolle gut, übrige Besetzung antiquiert, und Hans als Regisseur von „Wienerinnen“ sogar etwas ganz Besonderes. Die Vorstellung soll großartig gewesen sein – ich lege Dir Hilperts „Anschlag“ bei. Ich bitte Dich, schreibe mir im Telegrammstil, wie Du alles vorgefunden hast – Skizzen, Musik, Shumlin6, Texaco7 (??), Button8, (Chandler)9 – Du darfst um keinen Preis einen Schnupfen bekommen! Könnte man Frau Dieterle10 meine Fürsorge nicht wissen lassen? Wie ist das Hotel? Es klingt sehr befriedigend, was sie sagen: Tower, Corner, Park etc. Musst Du fahren ins Theater? Ist es definitiv das „Guild Theatre“? Ich bin heute Nacht extra aufs Postamt gefahren, um die Luftpostbriefe aufzugeben. Das ist doch noch alles ein Leben, in dem ich bin – deshalb sag’ mir davon. Vorgestern Nacht war sehr heftiger Sturm. Heute ganz still. Und jetzt kalte, klare Sonne. Ich werde mich vielleicht ein bissl auf Deinen Balkon legen. Obwohl ich viel zu tun habe mit Schreiben und Schulvorbereitung. Vortrag am Dienstag und arrangieren „Queens of France“ und restlichen „Schwierigen“. Ich komme mir als „Regisseuse“ so entsetzlich dilettantisch vor und im Grunde [als] genau das, was ich nie sein wollte am Theater ohne das Können. Mein einziger Trost ist dann noch immer, dass ich mir sage, Herr Pierson11 und Herr Amendt12 machen es auch nicht besser. Ein schwacher, trostloser Trost! Geht das Stück noch in New York, „Le Paradies“ von [André] Birabeau? Solltest Du...


Edda Fuhrich (Hg.), beschäftigt sich als wissenschaftliche Mitarbeiterin der Max-Reinhardt-Forschungs- und Gedenkstätte Salzburg und Wien ihr ganzes berufliches Leben mit dem Theatermann, verantwortet Ausstellungen und schrieb Bücher über ihn. Im Residenz Verlag erschienen: "Briefe im Exil 1938-1943 – Max Reinhardt-Helene Thimig" (2023, hg. zusammen mit Sibylle Zehle).

Sibylle Zehle (Hg.), vormals Redakteurin bei der "Stuttgarter Zeitung" und "Die Zeit", publizierte u. a. die Biografie "Minna Wagner" und einen Bildband über den Regisseur, Bühnen und Kostümbildner Jürgen Rose. Sie veröffentlichte zuletzt "Max Reinhardt – Ein Leben als Festspiel". Im Residenz Verlag erschienen: "Briefe im Exil 1938-1943 – Max Reinhardt-Helene Thimig" (2023, hg. zusammen mit Edda Fuhrich).



Ihre Fragen, Wünsche oder Anmerkungen
Vorname*
Nachname*
Ihre E-Mail-Adresse*
Kundennr.
Ihre Nachricht*
Lediglich mit * gekennzeichnete Felder sind Pflichtfelder.
Wenn Sie die im Kontaktformular eingegebenen Daten durch Klick auf den nachfolgenden Button übersenden, erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Ihr Angaben für die Beantwortung Ihrer Anfrage verwenden. Selbstverständlich werden Ihre Daten vertraulich behandelt und nicht an Dritte weitergegeben. Sie können der Verwendung Ihrer Daten jederzeit widersprechen. Das Datenhandling bei Sack Fachmedien erklären wir Ihnen in unserer Datenschutzerklärung.