Reitemeier / Tewes | Strandgut | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, Band 6, 304 Seiten

Reihe: Regionalkrimis aus Lippe / Jupp Schulte ermittelt

Reitemeier / Tewes Strandgut

Jupp Schulte ermittelt
1. Auflage 2020
ISBN: 978-3-86532-696-6
Verlag: Pendragon
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Jupp Schulte ermittelt

E-Book, Deutsch, Band 6, 304 Seiten

Reihe: Regionalkrimis aus Lippe / Jupp Schulte ermittelt

ISBN: 978-3-86532-696-6
Verlag: Pendragon
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Neues Spiel für Jupp Schulte - und diesmal eins mit ganz neuen Karten: Der Detmolder Kommissar ist nämlich nach Bielefeld versetzt worden. Sein erster Fall dort: Die Leiche eines lippischen Kreistagsabgeordneten wird auf Norderney gefunden. Warum musste der Politiker sterben? Und was für eine Rolle spielt die geheime Gesellschaft, deren Wurzeln in das Lemgo von vor 350 Jahren zurückreichen?
Neben den gewohnt schrulligen, lebendig gezeichneten Charakteren und viel Lokalkolorit bietet der mittlerweile sechste Lippe-Krimi wieder einen intelligent angelegten und gut ausgetüftelten Fall für Jupp Schulte.

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7 Tjark Visser hatte gerade den Binnendeich am Parkplatz Ostheller, der den ‚zivilisierten’ Westen der Insel Norderney vom ‚wilden’ Ostland trennt, auf der Höhe des kleinen Informationszentrums Nationalpark Wattenmeer überquert und ratterte nun mit seiner niegelnagelneuen Yamaha XT660R, einem geländegängigen Motorrad, weiter nach Osten. Wie immer benutzte er dabei die Route durch die Dünen, an der Postbake entlang. Die südlichere Route war in dieser Jahreszeit nicht einmal mit einer Geländemaschine zu befahren. Tjark Visser war 43 Jahre alt, von Beruf Schlosser auf einer renommierten Norderneyer Werft und wohnte noch immer bei seinen Eltern in der Rheinstraße. Er besaß nicht viel, und er brauchte noch weniger. Zwei Leidenschaften machten sein Leben aus: Sein Motorrad und der Alkohol. Für das Motorrad hatte er lange gespart, den Alkohol gönnte er sich täglich. Besonders samstags. Er hätte sich an keinen Samstagabend in den letzten zwanzig Jahren erinnern können, an dem er nicht spätestens um Mitternacht ‚duun’ gewesen wäre. Früher kam der Sonntagvormittag in seinem Leben überhaupt nicht vor, den verschlief er grundsätzlich. Seit einigen Jahren jedoch war das anders. Er mochte soviel trinken wie nur reinpasste, auch wenn sein Alkoholspiegel bei einem weniger geübten Trinker zum sofortigen Hirntod geführt hätte, aber am nächsten Morgen wurde er zu einer Zeit wach, zu der selbst biedere Familienväter sich noch einmal wohlig grunzend im Bett umdrehten. Das lag sicher an der übervollen Blase, aber auch an einem mörderischen Nachdurst. Nicht, dass er dann schon völlig klar gewesen wäre. Aber abgesehen davon, dass er um diese Zeit alles noch doppelt sah, eine Kehle hatte, die so trocken wie die Sahel-Zone war und Kopfschmerzen, die eigentlich eine Vollnarkose notwendig gemacht hätten…, er war irgendwie wach und hätte auch nicht wieder einschlafen können. Seitdem er seine Geländemaschine hatte, fuhr er damit am frühen Sonntagmorgen hinaus. In die Stadt traute er sich natürlich nicht, also ging es raus in den wilden, völlig unbewohnten Ostteil der Insel. Dort erschreckte er allenfalls Fasanen oder Kaninchen. Aber nie sah er dort einen Polizisten. Die Tatsache, dass die Fahrt mit dem Motorrad quer durch einen Bereich führte, der zum Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer gehörte und streng geschützt war, interessierte ihn nicht. Vor den meist noch jugendlichen Leuten, die dort mit viel Idealismus als ‚Vogelzivis’ oder im Rahmen eines ‚freiwilligen ökologischen Jahres’ als eine Art unbezahlte ‚Ranger’ fungierten, hatte er keinen Funken Respekt. Stoppen konnten ihn keines von diesen ‚Weicheiern’. Schlimmstenfalls würden die sich sein Nummernschild merken und dies der Polizei melden. Aber sein Nummernschild war derart verdreckt, dass hier keine ernsthafte Gefahr bestand. Sicher, der Weg konnte in dieser Jahreszeit verdammt tückisch sein. Einen Weg, der diesen Namen verdient hätte, gab es sowieso nicht. Dicke, farbige Holzpfähle markierten alle fünfzig Meter die Route, die mitten durch die inneren Dünen führte. Da kam es schon mal vor, dass einige Tonnen feinster Nordseesand den gewohnten Weg versperrten. Oder über Nacht große Wasserflächen dort glitzerten, wo sonst der Strandhafer wuchs. In ganz besonderen Härtefällen waren auch schon mal ganze Bereiche des Ostlandes so überschwemmt, dass dadurch für mehrere Stunden aus einer Insel zwei geworden waren. Na und? Was ging ihn das an? Wozu hat man denn eine Geländemaschine? Irgendein Weg findet sich immer. Seine Ausflüge endeten allerdings nicht immer glimpflich. Der Alkohol forderte seinen Tribut. Im letzten Sommer hatte er einmal eine verwirrende Erscheinung gehabt, die beinahe dazu geführt hätte, für immer und ewig dem Alkohol zu entsagen. Wieder war er mit seinem Motorrad in der einsamen Dünenlandschaft, die ja letztlich nichts anderes war als eine Sandwüste, unterwegs. Er befand sich in etwa auf Höhe der sogenannten Oase, der Strandgastronomie am FKK-Strand. Wieder mit stierem Blick, die Alkoholreste gluckerten noch in der Blutbahn, wieder mal heilfroh, die letzte Kurve erfolgreich bestanden zu haben. Bis urplötzlich hinter einer Biegung des unbefestigten Wanderweges ein Kamel vor ihm auftauchte. Es dauerte etwas zu lange bis der alkoholgetränkte Schwamm, der in besseren Zeiten einmal sein Gehirn gewesen war, den Befehl „Bremsen“ an die Hände weitergab. Visser raste einige Meter die nächste Düne hinauf, überschlug sich dort und rollte wieder bergab bis auf den Wanderweg. Er war noch lange genug bei Bewusstsein, um zu sehen, wie das Kamel erschrocken davonlief. Dann schwanden ihm für zwei Minuten die Sinne. Als er wieder aufwachte, war er restlos fertig. Diese Halluzination konnte nur das schon lange befürchtete Delirium Tremens sein! Jetzt hatte er sein bisschen Hirn endgültig versoffen! Nie wieder würde er einen Schluck Alkohol anrühren! Am nächsten Tag las er in der Zeitung, dass ein Zirkus auf die Insel gekommen war und am Sonntag Nachmittag wären viele Familien rausgewandert, um sich die Tiere anzuschauen, die der Zirkus in den Dünen grasen ließ. Ein Jahr zuvor war er wieder mal mit seinem alten Motorrad am östlichen Inselende gewesen. Hier lag das Wrack, ein Weihnachten 1967 gestrandeter Heringslogger, der nach all den Jahren noch immer nicht komplett im Sand versunken war. Dieses Wrack hatte sich zu einem beliebten Ausflugsziel für Touristen entwickelt. Jeder kannte es, aber keiner wäre auf die Idee gekommen, dass Tjark Visser im Bauch dieses Schiffswracks immer mehrere Flaschen Doornkaat deponiert hatte. Nach der langen Fahrt kam nämlich meist das große Zittern und dann musste nachgetankt werden. An diesem Sonntag hatte er besondern sorgfältig nachgetankt. Als er die Flasche wieder in das Versteck zurückgeschoben hatte, saß er eine Weile im Sand und schaute mit stierem Blick Richtung Osten auf die kleine Nachbarinsel Baltrum. Die Meerenge zwischen den beiden Inseln war ja nie sehr breit, aber an diesem Sonntag erschien sie ihm ganz besonders schmal. Außerdem war Niedrigwasser, das müsste doch zu schaffen sein! Mühsam bestieg er sein Motorrad, auch damals hatte er schon eine Geländemaschine, und düste ohne weiteres Nachdenken los. Über den Sand, durch den Flutsaum rein ins kalte Wasser. Nach fünf Metern gab die Maschine ihre Bemühungen auf, kippte um und Tjark Visser hatte das Glück des Trinkers gehabt, als er klatschnass, aber kaum verletzt, wieder zurück zum Wrack kam. Natürlich ohne sein Motorrad. Er konnte sich später nicht mehr erinnern, wie er es geschafft hatte, zu Fuss nach Hause zu kommen. Das Motorrad blieb liegen, wo es war, wurde von der nächsten Flut mit einer Menge Sand überzogen und dient wahrscheinlich noch heute irgendwelchen Wattwürmern als Behausung. An diesem Sonntagvormittag jedoch verspürte er keinerlei Abenteuerdrang. Es war immer noch viel zu kalt für die Jahreszeit. Nach wie vor lag dichter Nebel über der Insel. Er hätte besser im Bett bleiben sollen. Ihm war schlecht und schwindelig. Nicht einmal die Flasche Doornkaat lockte ihn, als er sein Motorrad beim Wrack abgestellt hatte. Er nahm ein am Motorrad festgeschnalltes kleines Lederkissen mit und setzte sich damit an die Stelle, an der früher einmal das Vordeck des Heringsloggers gewesen war. Jetzt waren nur noch die beiden eisernen Seitenwände zu sehen, das Deck selbst lag komplett unter den Sandverwehungen. Vom nahe gelegenen Baltrum war wegen des Nebels nichts zu sehen. Nach zwei Minuten Sitzen wurde es ihm dann zu kalt. Weiterfahren konnte er noch nicht, dafür war die Übelkeit zu stark. Also blieb ihm nur eines: Sich bewegen! Als er sich ächzend aufrichtete, nahm das Schwindelgefühl noch zu. Vorsichtig stieg er von dem Schiffswrack herunter und machte einige Schritte aufs Wasser zu. Die selbst bei Flut beeindruckende sandige Ebene war jetzt, da das Wasser seit über einer Stunde zurücklief, noch trostloser. Visser wandte sich nach links und schritt langsam direkt an der Wasserkante entlang. Seine schweren Motorradstiefel sackten bei jedem Schritt bis zur Knöchelhöhe in dem weichen, wassergetränkten Sand ein. Der Schwindel ließ langsam nach, auch die Übelkeit spürte er kaum noch. Der scharfe Nordwestwind blies ihm den Alkohol aus dem Schädel und der würzige Geruch des Flutsaumes weckte zumindest einige seiner Sinne wieder auf. Nach zweihundert Metern war er wieder soweit mit sich und seinem Körper im Reinen, dass er großen Appetit auf den Doornkaat verspürte. Er beschloss, wieder umzukehren und zurück zum Wrack, zu seinem Motorrad und zu seiner Flasche zu gehen. Bevor er sich umdrehte, warf er aber noch einen letzten Blick auf die Sandfläche vor ihm. Hier, am Nordostende der Insel, landete die Strömung das wieder an, was am stark bevölkerten und touristisch erschlossenen Westkopf ins Wasser geworfen oder vom Wasser mitgerissen worden war. Visser fand es schon immer spannend, sich die Ausscheidungen der letzten Flut anzusehen. Erstaunlich, was da alles angespült wurde. So kehrte er noch nicht sofort um, sondern suchte sich einen Weg durch halbvermoderte Holzbohlen, Plastikflaschen, Fetzen von Fischernetzen, aber auch Unmengen von Muschelschalen und kleinen Krebsen. Etliche Möwen schlugen sich hier, laut kreischend, den Bauch voll. Das war völlig normal bei ablaufendem Wasser. Ungewöhnlicher war schon, dass kurz vor ihm ein ganzer Schwarm dieser großen Vögel über einer Stelle kreiste. Die Tiere wirkten noch aufgeregter als sonst. Da war vermutlich ein größerer Fisch angelandet worden. Neugierig schritt Visser schneller aus und hielt auf die Stelle zu. Die Möwen machten keine Anstalten, seinetwegen zu verschwinden. Sie schrien noch lauter und flogen erste Angriffe auf die vermeintliche...


Jürgen Reitemeier, geboren 1957 in Hohenwepel-Warburg/Westfalen. Nach einer handwerklichen Ausbildung zum Elektromaschinenbauer studierte er Elektrotechnik, Wirtschaft und Sozialpädagogik an den Hochschulen Paderborn und Bielefeld. Seit vielen Jahren verheiratet, lebt und arbeitet er seit mehr als zwanzig Jahren in Detmold.

Wolfram Tewes, geboren 1956 in Peckelsheim/Westfalen. Der Vater von zwei erwachsenen Töchtern lebt mit seiner Ehefrau in Horn-Bad Meinberg. Er arbeitet seit vielen Jahren für eine regionale Tageszeitung.



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