Riebe R(L)iebe ist alles - Paket
2014
ISBN: 978-3-7349-9230-8
Verlag: Gmeiner-Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
E-Book, Deutsch, 1290 Seiten
Reihe: Frauenromane im GMEINER-Verlag
ISBN: 978-3-7349-9230-8
Verlag: Gmeiner-Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Sechs humorvolle und freche Frauenromane von Brigitte Riebe im Paket zu einem unschlagbaren Preis!
Freuen Sie sich auf:
»Mann im Fleisch«
»Her mit dem Zauberstab«
»Wilde Engel«
»Liebe macht dumm«
»Macho, Macho«
»Das Prachtstück«
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
Kapitel 1
Die Wohnung im obersten Stockwerk war hell, groß – und für ihre augenblickliche Verfassung entschieden zu leer. Linda Becker ging langsam von Raum zu Raum, scheinbar nachdenklich und voll ruhiger Gelassenheit, obwohl sie in Wirklichkeit vor Ungeduld am liebsten losgebrüllt hätte. Sie war es leid: die endlosen Besichtigungen, die doch zu nichts führten, die schlaflosen Nächte im Hotel, diese ganze verdammte Ungewissheit der vergangenen Tage! Sollte so vielleicht das neue Leben beginnen, dem sie so lange entgegengefiebert hatte? Nebenan hörte sie Feli vergnügt quietschen und musste trotz allem lächeln. Die Kleine hatte soeben ein neues Malbuch nebst dicken Wachskreiden geschenkt bekommen und war hoffentlich nicht nur für die nächsten Minuten beschäftigt. Schließlich öffnete Linda die Balkontür und zündete sich im Freien eine Zigarette an, um die Nerven zu beruhigen. Sie mochte, was sie sah und spürte. Der Tag verabschiedete sich lau; Sommer lag in der Luft, und es war zum Glück noch immer hell. Über die Giebel zogen ein paar Wolkenfetzen. Unten im hübsch begrünten Hof über Mutti-Bänken und kindgerechtem Sandkasten, zu dem unter Garantie nur die Sprösslinge der Hausbewohner Zutritt hatten, veranstalteten zwei freche Schwalben ein waghalsiges Wettfliegen. Nach zwei hastigen Zügen hatte sie bereits genug. Die Hände flatterten. Ihr Magen fühlte sich an wie nach einer Achterbahnfahrt. Lieber Himmel – sie war aufregt, daran ließ sich nun einmal beim besten Willen nichts ändern. Der smarte Typ vom Maklerbüro Immocommerz räusperte sich dezent. »Lassen Sie sich ruhig Zeit, Frau Becker! Eine Wohnung ist schließlich kein T-Shirt, das man im Vorübergehen vom Wühltisch mitnimmt und einfach so überstreift. Sie muss passen wie ein maßgeschneidertes Kleidungsstück, um auf Dauer wirklich Freude zu bereiten. Wenn Sie wollen, warte ich solange draußen auf Sie. Natürlich können Sie mich jederzeit fragen. Alles.« Ein kurzes, schelmisches Grinsen. Er hatte blanke blaue Augen wie kostbares Porzellan und sah aus, als ob er auch privat gern lachen würde. »Sofern meine bescheidenen Kenntnisse ausreichen.« Linda warf ihm einen dankbaren Blick zu. Nur nicht zu früh freuen! Das hatte sie in den letzten Tagen zur Genüge gelernt. Allerdings ließ sich die Sache hier gut an. Sehr gut sogar, wenn sie sich auf ihr Gefühl verließ. »Und die Miete war noch mal …« »… achtzehnhundert warm.« Das ging. Gerade noch zwar und im allerobersten Grenzbereich, aber immerhin. Sie mussten sich eben anderweitig einschränken. Oder es zumindest versuchen. Warum sollten Feli und sie nicht lernen, was andere auch konnten? – Lächerlich dieser Satz. Schließlich kann sie 1800 für Miete aufbringen! Er hatte ihr Zögern bemerkt. »Kein Pappenstiel, ich weiß, aber durchaus im Rahmen für diese Lage. Wissen Sie, Haidhausen hat in den letzten Jahren einen enormen Aufschwung erlebt. Früher Kleinleuteviertel, heute begehrte Wohngegend. So schnell geht das manchmal.« Trotz aller Liebenswürdigkeit schien er sein Geschäft durchaus zu verstehen. Sein Tonfall hatte plötzlich etwas durch und durch Professionelles. »Und nur ein Katzensprung zur Innenstadt. Mit optimaler Verkehrsanbindung, versteht sich. Von der fantastischen Infrastruktur ganz zu schweigen.« Linda hatte auf einmal den jahrzehntelang trainierten Verkaufston ihrer Schwiegermutter Marga im Ohr und wurde unwillkürlich eine Spur reservierter. Ihr Lächeln erlosch. Seines auch. Ihr Gegenüber schien perfekt funktionierende Antennen zu besitzen. »Das reicht dann wohl fürs erste.« Jetzt klang er wieder so nett wie zu Anfang, vom Scheitel bis zur Sohle der frische Junge von nebenan, dem man einfach nichts übel nehmen kann. »Keine Eile, wie schon gesagt. Sie rufen mich einfach, wenn Sie soweit sind, ja?« Sein Gang war federnd, sein dunkles Haar im Nacken eine Spur zu lang. Wie früher bei Micha. Egal, was Marga und Hugo auch ständig daran zu mäkeln gehabt hatten. Ach, Micha! Kaum war der Makler draußen, holte sie als erstes das Foto im Silberrahmen aus ihrer Tasche, eines der wenigen ohne Lederkluft, das sie von Micha besaß, und stellte es auf den Boden. Ein Ritual, so oft vollzogen, dass es ihr mittlerweile bereits in Fleisch und Blut übergegangen war. Ungefähr hier würde ihr Himmelbett stehen, in dem sie seit ihrer Hochzeitsnacht schlief. Nein, ein bisschen weiter links. Genau so! Vis-à-vis vom Fenster. Dann hatte sie selbst im Liegen einen wunderschönen Blick über Münchens Dächer. Natürlich begann sie schon im nächsten Moment doch wieder zu weinen, heftig sogar, obwohl seit dem schrecklichen Unfall mehr als fünf Jahre vergangen waren. Seitdem hatte sie nie wieder ein Motorrad angefasst, geschweige denn gestartet. Manchmal wurde ihr schon übel, wenn sie die schnellen, tödlichen Maschinen nur ansehen musste, die ihr Micha für immer entrissen hatten. Deshalb konnte sie nicht die Garage betreten, in der ihre Schwiegereltern seine auffrisierte Harley schon fast wie eine Reliquie hüteten. Deshalb war sie vor zwei Wochen beinahe Hals über Kopf aus Bad Homburg nach München geflohen, fort aus dem liebevoll erdrückenden Dunstkreis von Foto-Becker und allem, was sie an diesen Abschnitt ihres Lebens erinnerte. Beinahe allem. Denn das Wichtigste, das, was sie auf immer und ewig mit Michael Becker verband, hörte bei guter Laune auf den Namen Felicitas Marie Viola, war letzte Woche fünf geworden und trug unter einem lockigen Karottenschopf Lindas staunende helle Augen und sein strahlendes Lächeln. Wie gern hätte sie ihm dieses prachtvolle Ergebnis ihrer Liebe in die Arme gelegt! Aber als ihre Kleine mit einem empörten Schrei das Licht dieser Welt erblickt hatte, war Micha schon mehr als vier Monate tot. Es tat noch immer weh – so fürchterlich weh. Und keine ihrer Gegenmaßnahmen änderte etwas daran: weder der Schutzwall aus Traurigkeit und Desinteresse, den sie um sich errichtet, noch die selbst gewählte Einsamkeit, in die sie sich wie ein verwundetes Tier zurückgezogen hatte. Micha fehlte ihr. Jeden Morgen, wenn sie die Augen aufschlug, jeden Abend, wenn sie sich schlafen legte, betrogen um ein Glück, dessen Reife sie niemals hatte genießen dürfen. Draußen schrie ein kleines Kind nach seiner Mutter. Linda schreckte aus ihren Erinnerungen hoch und lauschte. Es war so still nebenan. Verdächtig still. »Feli?«, rief sie laut. »Wo steckt du denn? Was machst du gerade?« Keine Antwort. Alarmiert stand sie auf, ließ routinemäßig das Foto zurück in ihre Tasche gleiten und ging nach drüben. Verdutzt blieb sie auf der Schwelle stehen. »Ach, Feli, nein!« Das Malbuch lag vernachlässigt in einer Ecke. Was vorhin noch ein makellos gebohnertes, offenbar frisch abgezogenes Parkett gewesen war, war nun fast vollflächig mit dicken blauen, grünen und violetten Kringeln und einigen ungelenken Figuren bemalt. Wellen und Delfine, wie ihr geschultes Mutterauge sofort erkannte. Unter dem Fenster saß ihre Tochter, glühend vor Eifer, mit rosigen, erhitzten Wangen, Hände und Beine ebenfalls in allen Regenbogenfarben beschmiert. »Schön, Mami, nicht? Das wird unser Aquariumzimmer. Mit ganz großen, dicken Fischen. Die fressen jeden, der uns was tun will. Und wenn es uns nicht mehr gefällt, malen wir einfach etwas Neues drüber. Urwald oder so. Gell, das machen wir?« Felis Nase lief wie so oft in letzter Zeit, und sie strahlte, beinahe wie es Micha getan hatte, wenn er stundenlang mit durchaus unterschiedlichem Erfolg an seiner Maschine herumbastelte. Lindas Herz weitete sich in einer jähen Aufwallung von Mutterliebe. In diesem Augenblick wurde die Wohnungstür geöffnet. Der Makler schien mittlerweile doch ungeduldig geworden zu sein. »Was zum Teufel soll das denn …« Er erstarrte, als er die Bescherung erblickte. »Das? Nur mein Feuerköpfchen Feli«, sagte Linda schnell, »im ungebremsten Schaffensrausch, wie Sie ja selber sehen. Wir nehmen die Wohnung übrigens. Machen Sie sich also bitte keine unnötigen Gedanken. Wegen des Bodens, meine ich. Geht schon klar.« Er schwieg noch immer. »Vier, fünf Stunden intensives Schrubben, also kaum der Rede wert für die geübte Hausfrau, und das Ganze sieht besser aus als neu. Glauben Sie mir! Sie haben keine Kinder, nehme ich an?« »Nein. Leider.« Wenigstens schien er die Sprache wiedergefunden zu habe, wenngleich er bedeutend weniger forsch klang als zuvor. »Beziehungsweise Gott sei Dank.« Er schien echt verwirrt. »Ich meine, noch nicht.« »Das kann ja noch werden.« Linda merkte vergnügt, dass sie dabei war, die Oberhand zu gewinnen. Das machte ihr Mut. Schließlich war es die erste Wohnung, die sie auf eigene Faust anzumieten versuchte. Und endlich ein Sieg nach all den Rückschlägen wäre mehr als wunderbar. »Geben Sie die Hoffnung bloß nicht auf!« Ihr Ton wurde dringlich. »Kann ich gleich anschließend den Vertrag unterzeichnen?« »Jetzt?« Seine Augen weiteten sich. »Aber es ist Samstagabend!« »Und wenn schon! Hören Sie, Herr …« Verflixt, wie unprofessionell. Jetzt hatte sie doch glatt seinen Namen vergessen! »Häusler«, sagte er belegt. »Robert Häusler.« »Also, lieber Herr Häusler, lassen Sie uns doch Nägel mit Köpfen machen! Hier und jetzt! Oder gibt es noch andere Interessenten?« Ihre Stimme wurde streng. Hoffte sie...