E-Book, Deutsch, Band 45, 174 Seiten
Rietze / Zacher Agiles Arbeiten
1. Auflage 2025
ISBN: 978-3-8444-3240-4
Verlag: Hogrefe Publishing
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, Band 45, 174 Seiten
Reihe: Praxis der Personalpsychologie
ISBN: 978-3-8444-3240-4
Verlag: Hogrefe Publishing
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Agiles Arbeiten ist in all seinen Facetten von entscheidender Bedeutung, um Unternehmen in einer sich ständig wandelnden (Arbeits-)Welt gegenwärtig und in Zukunft wettbewerbsfähig zu halten. Hierbei ist es jedoch wichtig, genau zu verstehen, warum und unter welchen Umständen agiles Arbeiten funktioniert, welche Chancen und Risiken es mit sich bringt, und wie eine erfolgreiche Einführung agiler Arbeitsweisen gelingen kann.
Dieser Band stellt auf Grundlage von psychologischen Modellen und empirischen Forschungsergebnissen die Wirkungsweisen und Konsequenzen agilen Arbeitens dar und übersetzt diese Erkenntnisse in praktische Handlungsempfehlungen und Leitfäden. Dabei werden u. a. die folgenden Fragen beantwortet: Wie sollte agile Teamarbeit gestaltet sein, welche Bedeutung kommt dabei der Selbstorganisation des agilen Teams zu, und wie kann ein agiler Sprint als Schutzraum für fokussierte Teamarbeit optimal gestaltet sein? Welche Rolle spielen Führungskräfte und HR Professionals in der agilen Transformation? Konkrete Leitfäden und Tools, die von der Moderation agiler Meetingformate, über die Neueinführung von Scrum im Team („Sprint Zero“) bis hin zu agilen Transformationsprozessen auf Unternehmensebene reichen, erleichtern die Umsetzung in der Praxis. Fallbeispiele, die unter dem Aspekt der Chancen und Risiken, die agiles Arbeiten mit sich bringt, diskutiert werden, runden den Band ab. Die im Anhang des Buches zur Verfügung gestellten praktischen Hilfen können nach erfolgter Registrierung zusätzlich von der Hogrefe Webseite heruntergeladen werden.
Zielgruppe
Führungskräfte, Personalverantwortliche, Personal- und Organisationsentwickler*innen, Trainer*innen, Berater*innen, Supervisor*innen, Personalpsycholog*innen, Studierende und Lehrende der Arbeits-, Betriebs- und Organisationspsychologie, Wirtschaftspsychologie und der Betriebswirtschaftslehre, Scrum Master, Product Owner, Agile Coaches.
Autoren/Hrsg.
Fachgebiete
Weitere Infos & Material
11 Was ist agiles Arbeiten?
1.1 Einordnung
Agile Arbeitsweisen sind ein Weg im Umgang mit der Komplexität moderner Arbeitswelten. Die Auseinandersetzung mit agilem Arbeiten hat daher im letzten Jahrzehnt einen großen Teil der Unternehmen weltweit erreicht. In Deutschland setzt über die Hälfte aller Unternehmen agile Methoden ein, in Ländern wie China, USA und Indien sogar über 80?% (Kinkel et al., 2020). Die Einführung agilen Arbeitens, auch als agile Transformation bezeichnet, kann sich auf einzelne Projektteams, einzelne Bereiche innerhalb des Unternehmens, aber auch auf das gesamte Unternehmen beziehen. Agil zu arbeiten, ist eine Reaktion auf die moderne VUCA-Welt, die geprägt ist von Unsicherheit, Unbeständigkeit, Komplexität und Mehrdeutigkeit (siehe Abbildung 1). Agiles Arbeiten zeigt einen Weg auf, der effektives Agieren in der VUCA-Welt ermöglicht. Es steht für einen neuen Ansatz, an unternehmerische Problemstellungen heranzugehen, und schlägt vor, eine traditionell lineare Projektplanung und Umsetzung durch ein schrittweises, inkrementelles Vorgehen zu ersetzen.
Die meisten Unternehmen stellen sich heute nicht die Frage, ob es Sinn macht, agiles Arbeiten einzuführen. Stattdessen fragen sie, für welche Aufgaben und Projekte agiles Arbeiten eingesetzt werden sollte und v.?a. wie es umgesetzt werden kann, um eine größtmögliche Wirkung für die Zusammenarbeit und das Gesamtergebnis zu erzielen. Agiles Arbeiten verändert eine Organisation auf allen Ebenen – stärker dezentralisierte Strukturen und Prozesse, flachere Hierarchien, Delegation von Verantwortung auf Teamebene, kooperative und enge Zusammenarbeit mit Kunden1 sowie Veränderungen der Unternehmenskultur. Der Wandel zu agi2lem Arbeiten wird nicht selten durch den technischen Fachbereich, insbesondere durch die Softwareentwicklung, angestoßen. Noch viel wichtiger sind für diesen komplexen Veränderungsprozess jedoch andere Akteure im Unternehmen: die Geschäftsführung für die Sinnstiftung, die Führungskräfte als Vorbilder und vor allem auch der Personalbereich für die Begleitung organisationaler und kultureller Veränderungsprozesse. Insbesondere Human Resources (HR)-Fachkräfte haben hier die zentrale Aufgabe, mitzugestalten und Veränderungen zu ermöglichen. Häufig sind sie allerdings nicht Teil von agilen Transformationsprozessen oder stehen nur als Unterstützer am Rande des Geschehens, was aus unserer Sicht ein Fehler ist.
Ziele der agilen Organisationsentwicklung
Agile Organisationsentwicklung verfolgt zwei zentrale Ziele, die miteinander in Wechselwirkung stehen:
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Wirtschaftlichkeit: Wie kann ein Unternehmen bessere und schnellere Ergebnisse in der herausfordernden VUCA-Welt liefern? Wie können Kundenbedürfnisse erfüllt werden, die sich ebenfalls schnell ändern?
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Menschengerechte Arbeitsgestaltung: Wie können Arbeitsbedingungen und Gestaltungsmöglichkeiten für einzelne Mitarbeitende verbessert werden? Wie entsteht eine optimale Zusammenarbeit im Team?
Mit Blick auf die Aufgaben der Personalpsychologie soll in diesem Buch insbesondere auf die zweite Fragestellung eingegangen werden: Wie verändert agiles Arbeiten die Arbeitsgestaltung und Zusammenarbeit? Wie verändert agiles Arbeiten das Verständnis von Führung? Welche Konsequenzen für Leistung, Motivation und Wohlbefinden am Arbeitsplatz hat agiles Arbeiten? Wie gelingt die Einführung agilen Arbeitens und welche Herausforderungen müssen dabei überwunden werden?
1.2 Definition
1.2.1 Agilität am Arbeitsplatz
Agilität am Arbeitsplatz kann als die Fähigkeit von Beschäftigten, angemessen auf Veränderungen reagieren zu können und Veränderungen als Chancen zu nutzen, definiert werden (Petermann & Zacher, 2020). Petermann und Zacher (2021) entwickelten eine Verhaltenstaxonomie, in der sie zehn spezifische Verhaltensweisen der Agilität von Beschäftigten („Workforce Agility“) identifizierten. Diese können als voneinander abgrenzbare Dimensionen von Agilität betrachtet werden, welche bestimmte Konsequenzen nach sich ziehen. Aufbauend auf diesem Modell entwickelten Petermann und Zacher (2022) ein Messinstrument, welches arbeitsbezo3gene Ergebnisse valide vorhersagt. So konnte gezeigt werden, dass Agilität der Beschäftigten positiv mit innovativer Leistung, sozialem Verhalten in der Organisation („Organizational Citizenship Behavior“), Aufgabenleistung, Arbeitszufriedenheit und negativ mit psychischer Beanspruchung bei der Arbeit zusammenhängt. Die zehn Dimensionen von Agilität am Arbeitsplatz sind in Tabelle 1 definiert und die jeweils drei Items zur Messung einer jeden Dimension aufgeführt.
Dimension | Definition | Messung |
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Annehmen von Veränderung |
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Treffen von Entscheidungen |
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Gestaltung von Transparenz |
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