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E-Book

E-Book, Deutsch, Band 3, 320 Seiten

Reihe: Garmisch-Krimis

Ritter Stieranger

Kriminalroman
1. Auflage 2014
ISBN: 978-3-492-96398-5
Verlag: Piper ebooks in Piper Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Kriminalroman

E-Book, Deutsch, Band 3, 320 Seiten

Reihe: Garmisch-Krimis

ISBN: 978-3-492-96398-5
Verlag: Piper ebooks in Piper Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Dass ausgerechnet er, Lokalreporter Karl-Heinz 'Gonzo' Hartinger, sich um den Unternehmer Oliver Klammert kümmern muss, der in Garmisch-Partenkirchen einen neuen Standort sucht, ist schlimm genug. Dass dies auch noch joggenderweise passieren muss, weil Klammert sich als Fitnessfreak entpuppt, macht die Sache nicht besser. Aber spätestens als sie das Grand Hotel Sonnenbichl erkunden und Hartinger auf dem Dachboden ein bekannter, höchst unangenehmer Geruch in die Nase strömt, ist mal wieder klar, dass hier etwas ziemlich zum Himmel stinkt ...

Marc Ritter, geboren 1967 in München, wuchs in Garmisch-Partenkirchen auf, wo er nach dem Abitur Zivildienst machte und für eine Garmisch-Partenkirchner Lokalzeitung über Politik, Sport und Nachtleben berichtete. Zum Studium von Germanistik, Politikwissenschaften und Werbepsychologie sowie einer Marketingausbildung kehrte er nach München zurück. Ritter arbeitete als Manager für große deutsche und amerikanische Print- und Online-Medien und ist seit mehreren Jahren als Unternehmensberater tätig. Er wohnt mit seiner Familie in München.
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Kapitel 3


»Ich weiß, dass Sie das nicht gern machen, und ich weiß es umso mehr zu schätzen.« Die SMS von Oliver Klammert kam um zwölf Uhr auf Hartingers Handy an. Klar. Habersetzer hatte ihm Hartingers Nummer gegeben. Klammert überließ offenbar nichts dem Zufall. Er wollte die Dinge kontrollieren, vor allem die Menschen, die ihn umgaben. Das entsprach dem Bild, das sich Hartinger von ihm nach einer ausführlichen Internetrecherche und einem Telefonat mit Kurt Weißhaupt in München von dem Unternehmer gemacht hatte.

In den frühen 1990ern hatte der ehemalige Banklehrling aus Kassel zwei Semester Wirtschaft in München studiert und hatte dann sein Studium hingeschmissen, um nach Amerika zu gehen. Er war direkt ins Silicon Valley im Süden von San Francisco gefahren, hatte reihum bei den dort entstehenden Internetfirmen Praktika absolviert und die ersten – noch äußerst überschaubaren – Aktienpakete der Yahoos, Ebays und Amazons erworben. Diese waren plötzlich ein Vielfaches seines Einsatzes wert gewesen und hatten Oliver Klammert zu einem ziemlich reichen jungen Mann gemacht. Er hatte aber dieses Geld sofort wieder in Unternehmen des Neuen Marktes investiert und spätestens mit dem Börsengang von EM.TV seinen Status von reich auf steinreich verbessert. Rechtzeitig vor dem Platzen der Internetblase im Jahr 2001 hatte er seine Gewinne realisiert und war dazu übergegangen, die in Amerika erfolgreichen Geschäftsmodelle des Internets auf Europa zu übertragen. In Deutschland, später auch Frankreich, Italien, Skandinavien und vor allem in Russland, hatte er Kopien der großen US-Internetfirmen aus dem Boden gestampft, um diese dann an eben jene Unternehmen verkaufen zu können, als sie sich mit eigenen Niederlassungen in der Alten Welt hatten ausbreiten wollen. Oliver Klammerts Kopien von Stellenmarktportalen oder Schuhversendern waren immer schon vor ihren Originalen da gewesen. Für die Amerikaner war es einfacher gewesen, ihre eigenen Klone zu kaufen, als sich gegen sie durchsetzen zu müssen. Klammert schien wie König Midas alles, was er anfasste, in Gold zu verwandeln. Allerdings war er mit einigen Investments in China gescheitert, wo die Verhältnisse nicht ganz so einfach lagen. Hier musste man die Kinder der Kader ins Geschäft mit einbeziehen, was Klammert zuerst verpasst, dann aber schnell nachgeholt hatte.

Mittlerweile wurde sein Privatvermögen auf über zwei Milliarden Dollar geschätzt, wobei die Werte seiner unüberschaubaren Beteiligungen je nach Marktlage noch wesentlich wertvoller beschrieben wurden. Dabei sei, so entnahm es Hartinger den wenigen Porträts, die die Wirtschaftspresse anzubieten hatte, Klammert ein relativ bescheiden auftretender Mensch geblieben, der nicht wie Software-Milliardäre amerikanischen Zuschnitts mit teuren Hochseejachten oder Einstieg in Raumfahrtunternehmen von sich reden machte. Er hielt sogar seine Wohltätigkeitsaktionen aus der Öffentlichkeit und ließ sich nicht mit hungernden Kindern in Afrika fotografieren. Er stiftete Dorfbrunnen und Schulen in Ghana und der Elfenbeinküste.

»Ich habe den einmal bei uns gesehen, als er sich einen Nachmittag lang überlegt hat, unsere gesamte Zeitung zu kaufen«, hatte Kurt Weißhaupt berichtet, der ehemalige Lokalchef der Süddeutschen Zeitung und damit Hartingers Boss zu dessen Münchner Zeit. »Ich dachte eigentlich, der ist der Sekretär oder Assistent, der auf seinen Zampano wartet, bis ich kapiert hab, dass er das selbst war. Klammert hat uns wohl nicht gekauft, weil wir ihm zu altmodisch waren. Schade eigentlich, jetzt müssen wir uns mit schwäbischen Rechtsanwälten rumschlagen«, hatte Weißhaupt sein Resümee beendet.

Hartinger musste das nicht erzählt werden. Er hatte schließlich seinen Job als Polizeireporter bei der großen Zeitung verloren, nachdem er einem dieser neuen Manager Prügel angedroht hatte. Aber das war auch schon wieder fast vier Jahre her. Er hatte sich in seiner neuen alten Heimat Garmisch-Partenkirchen eingerichtet. War vom Paria zum Ehrenbürger aufgestiegen. Wenn ihm das mal einer vorausgesagt hätte … Nur die Steuerschulden, die nahmen täglich Raum in seinen Gedanken ein. Ob er die jemals würde abstottern können?

Jedenfalls hatte er an diesem Tag einem milliardenschweren Unternehmer seine Heimat joggenderweise zu zeigen. Eine Aufgabe, die ihm zu seinen Münchner Zeiten, als er höchstens zwischen Taxi und Schumann’s Bar zu Fuß gegangen war, niemand zugetraut hätte. Die Frage war, ob er sich das zutrauen konnte. Er brachte noch immer zwei Zentner auf die Waage, und sein Laufpartner sah so aus, als wöge er knapp mal die Hälfte. Hartinger hatte in dem Moment, als ihn Habersetzer gebeten hatte, mit Klammert laufen zu gehen, gewusst, dass das ein harter Job werden würde. Aber auch, dass er dem Redaktionschef zehnmal so viel für eine Ortsrunde aus den Rippen leiern konnte wie für ein Foto von einem Friseurjubiläum, das er sonst an diesem Tag geknipst hätte.

Er hatte telefonisch zweihundert Euro für eine Runde rund um Garmisch-Partenkirchen mit Habersetzer vereinbart – und von diesem den Tipp erhalten, er möge doch um die Ordnungshüter einen weiten Bogen machen. Hartinger hatte kurz klargestellt, dass er die Malaise mit den ihn suchenden Polizisten einzig und allein dem Leitartikel aus der Feder Habersetzers zu verdanken habe. Und dass dieser bitte schön dafür zu sorgen habe, dass sein wichtigster Mitarbeiter unbehelligt aus der Sache herauskomme. In seiner Dachgeschosswohnung in der Dreitorspitzstraße war die Polizei bislang aber nicht aufgekreuzt.

Hartinger hatte also wieder einmal alles in seinem eigenen Sinne bestens geregelt. Locker joggend kam er im Partenkirchner Posthotel an. Von seiner Wohnung unterm Dach der Witwe Schnitzenbaumer hatte er bis in die Ludwigstraße nur fünf Minuten Laufstrecke zu absolvieren. Genau vier Minuten vor zwei zeigte die Uhr über der Rezeption, als er die Lobby betrat.

»Herr Professor Klammert erwartet Sie in Suite 201«, begrüßte ihn die hinter dem Empfangstresen stehende hübsche Ostdeutsche, die sehr gut in ihr Dienstlandhausdirndl passte, wie Hartinger fand. Diese Mandy würde er sich merken. Professor Klammert – über diesen Titel hatte Hartinger gar nichts gelesen. Vielleicht hatte er es aber auch überlesen. Es war ja üblich geworden, dass Wirtschaftsgrößen durch generöses Spendenverhalten gegenüber einer Privatuni eine Honorarprofessur erwarben, doch mittlerweile waren den meisten der Schleichprofessoren diese Titel schon wieder peinlich. Hartinger beschloss, diese Schwäche seines Kunden bei der richtigen Gelegenheit anzusprechen. Kunden – wie er dieses Wort schon hasste: Er war Journalist, der hatte keine Kunden.

»Der Herr Professor erwartet uns in der Suite. Na sauber. So tief sind wir gesunken, Hartinger«, murmelte er vor sich hin. »Gut, zweihundert Euro pro Joggingrunde sind zweihundert Euro.« Hartinger nahm sich vor, nicht darüber nachzudenken, ob sein Schützling so viel in der Sekunde oder in der Minute verdiente, als er die Treppen zum zweiten Stock erklommen hatte und an die Tür von Suite 201 klopfte.

Nichts tat sich. Hartinger klopfte wieder und setzte die Knöchel ein bisschen deutlicher ein. Nichts. »Herr Klammert?«, rief er gegen die Türe, doch dahinter blieb es still. Er wartete ein paar Sekunden, dann klopfte er erneut. Nichts. Er rief noch einmal den Namen des Zimmergasts. Aber es tat sich nichts.

Die Zimmertüren des Posthotels waren noch nicht mit Kartenlesegeräten ausgestattet und wurden per Schlüssel versperrt. Hartinger drückte auf Verdacht die Klinke nach unten. Wider seiner eigenen Erwartung ließ sich die Tür öffnen. Hartinger schob sie einen Spalt weit auf. Was würde ihn wohl erwarten? Bei seinem Riecher für Leichen, die sich ihm regelrecht in den Weg legten, war es beinahe schon wahrscheinlich, dass er in dieser Suite ein Blutbad vorfinden würde. Mit einem aufgeschlitzten Internetmilliardär in der Mitte der unappetitlichen Szenerie.

»Herr Klammert, sind Sie da?«, rief Hartinger durch den Spalt nach innen. Als er wieder keine Antwort erhielt, nahm er sich ein Herz und stieß die Tür ganz auf, betrat den Vorraum der Suite – und erstarrte. Ein gelblich weißer Hund in der Größe eines neugeborenen Kalbs und mit einem Kopf, so groß wie eine Wassermelone, fletschte ihn an und zeigte sein beeindruckendes Gebiss. Hartinger sah die sich unter den hochgezogenen Lefzen vorschiebenden Zahnreihen. Waren das rote Fleischfetzen zwischen den Zähnen? Hartinger bewegte sich langsam rückwärts, aber das schien das Monster als Einladung zu sehen, sich ihm zu nähern. War Oliver Klammert von seinem eigenen Wachhund zerrissen worden? Hartinger versuchte, seinen Blick von den schwarz funkelnden Augen des Untiers zu lösen, um in der Suite irgendetwas ausmachen zu können. Er konnte von seiner Position aus nur einen Teil des Raums einsehen, doch er hatte freien Blick auf die Couch mit Blumenmuster, und auf der lag kein zerfleischter Mann, was Hartinger aber nicht beruhigte. Vielleicht hatte sich der Hund im Bad über seinen Herren hergemacht.

»Ruhig, ganz ruhig«, sagte er mit möglichst unaufgeregter Stimme, was schon deswegen schwierig war, weil ihm das Herz bis zum Hals schlug.

Hartinger spürte in seinem Rücken plötzlich ein weiteres Lebewesen. Jemand oder etwas hatte sich hinter ihm bewegt, da war er sicher. Hartinger fuhr herum, sah Oliver Klammert und drehte sich in der gleichen Sekunde wieder zurück zum Hund, denn der hatte sicher schon zum Sprung angesetzt, um ihn von hinten niederzureißen. Er wollte...


Ritter, Marc
Marc Ritter, geboren 1967 in München, wuchs in Garmisch-Partenkirchen auf, wo er nach dem Abitur Zivildienst machte und für eine Garmisch-Partenkirchner Lokalzeitung über Politik, Sport und Nachtleben berichtete. Zum Studium von Germanistik, Politikwissenschaften und Werbepsychologie sowie einer Marketingausbildung kehrte er nach München zurück. Ritter arbeitete als Manager für große deutsche und amerikanische Print- und Online-Medien und ist seit mehreren Jahren als Unternehmensberater tätig. Er wohnt mit seiner Familie in München.



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