Roche / Schiewer | Unterrichtswelten – Dialoge im Deutschunterricht | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 124 Seiten

Roche / Schiewer Unterrichtswelten – Dialoge im Deutschunterricht

Neue Perspektiven für Literaturvermittlung, Lesen und Schreiben. Mit Unterrichtskonzepten von José F.A. Oliver, Akos Doma, Lena Gorelik, Sudabeh Mohafez und Senthuran Varatharajah

E-Book, Deutsch, 124 Seiten

ISBN: 978-3-8233-0325-1
Verlag: Narr Francke Attempto Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Band 4 der Dialogdidaktik-Reihe vertieft relevante Aspekte der Fort- und Weiterbildung von Lehrkräften und gibt vielfältige Tipps für die Unterrichtspraxis: Wie gelingt es am besten, dialogdidaktische Elemente in den Deutschunterricht und den fächerübergreifenden Unterricht aufzunehmen? Wie lassen sie sich mit den Anforderungen der Lehrpläne unterschiedlicher Jahrgangsstufen vereinbaren? Worin bestehen die Zielsetzungen der Dialogdidaktik, wie die Kompetenz- und Handlungsorientierung, im Umgang mit literarischen Texten? Wie lassen sich Schülerinnen und Schüler heute anregen, selbst literarisch aktiv zu werden, und dafür sensibilisieren, produktiv und reflektierend mit Sprache umzugehen? In welchem Verhältnis stehen Literatur und Gesellschaft heute beziehungsweise wie kann die kritische Auseinandersetzung mit der gesellschaftlichen Gegenwart im Umgang mit Literatur entwickelt werden? Wie lässt sich im Austausch mit Mitschülerinnen und Mitschülern anderer Muttersprachen und Kulturen Dialogverhalten ausprobieren? Wie lassen sich dabei gerade Fremdheitserfahrungen zum Beispiel mit anderen Sprachen zur Reflexion – und kritischen Hinterfragung – der eigenen, oftmals allzu selbstverständlich erscheinenden Lebenswelten zielführend einsetzen?
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Unterrichtseinheit II
I. Literaturarbeit I.1 Zum (Wieder-)Einstieg lesen Sie das Prosagedicht aus Block I noch einmal vor oder lassen es vorlesen. I.2 Besprechen Sie mit den Schülern und Schülerinnen, inwiefern dieser Text für sie etwas von einem Erzähltext (Prosa) und inwiefern er etwas von einem Gedicht (Lyrik) hat und erläutern Sie anschließend am Beispiel des eben gelesenen Textes den Begriff Prosagedicht. Arbeiten Sie dabei insbesondere heraus, dass ein Prosagedicht eine „dritte Form“ ist, die Charakteristika der beiden „traditionellen Bereiche“ in sich vereint und damit formal etwas Neues erschafft, einen „dritten Ort“ eröffnet, die Eindeutigkeit der Kategorien in Frage stellt oder einfach darauf hinweist, dass diese Eindeutigkeit immer etwas Künstliches, etwas Gesetztes ist, das auch anders festgelegt sein könnte, etc. Lassen Sie das bis hierhin Besprochene zunächst einfach so stehen und gehen über zum nächsten Punkt. Keine Sorge: die losen Enden kommen am Ende wieder zusammen. I.3 Falls Sie selbst kein Farsi/Persisch können, klären Sie, ob jemand in der Klasse die Sprache beherrscht und (Achtung: das ist nicht immer vorauszusetzen!) sie auch lesen kann.   Aufgabe für den/die vortragende/n Schüler/Schülerin Sollte das der Fall sein, fragen Sie den Schüler/die Schülerin, ob er/sie bereit wäre, der Klasse das Gedicht Parandeh mordani ast vorzutragen. Falls ja, geben Sie ihm/ihr eine Kopie und bitten Sie ihn/sie zum Vortrag vor die Klasse zu treten. Hinweis Applaus ist nach einem solchen Auftritt immer erwünscht, aber nicht auf Bestellung. Es ist schön, wenn er kommt. Wenn er nicht kommt, sorgen Sie als Lehrkraft für ausreichend Wertschätzung. Aufgabe für die Zuhörer und Zuhörerinnen Bitten Sie die restlichen Schüler und Schülerinnen, sich ganz bewusst auf den Klang, den Rhythmus und die Melodie des Gehörten zu konzentrieren. I.4 Lesen Sie anschließend die Übersetzung des Textes Der Vogel ist sterblich vor. Verteilen sie dazu beide Fassungen (die persische und die deutsche) an die Schüler und Schülerinnen. I.5. Sprechen Sie kurz darüber, wovon dieses Gedicht handelt Liebeskummer Einsamkeit Quintessenz in den letzten zwei Zeilen: Es ist die Erfahrung selbst, die kostbar ist und uns niemals genommen werden kann. Die gelebte Verbindung (in der Liebe, der Freundschaft, der Familie etc.) kann vorübergehen. usw. I.6 Bitten Sie nun die Schüler und Schülerinnen, erneut in Kleingruppen nach Verbindungslinien zwischen dem Gedicht von Farrokhsad und dem Prosagedicht zu suchen, zum Beispiel: thematisch Trauer, Abschied, Verlust formal rechtsbündiger Satz der beiden Originalfassungen semantisch a) die aus dem persischen Original im deutschen Titel zitierte Zeile Behalte den Flug im Gedächtnis semantisch b) die Umdeutung des Vogelflugs aus dem persischen Original in einen Flugzeugflug im deutschen Original I.7 Erarbeiten Sie mit den Schülern und Schülerinnen, was sich aus diesen intertextuellen Bezügen ableiten lässt: Inwieweit weisen Konnotationen aus dem persischen Gedicht in den Sentenzen des Prosagedichts in eine bestimmte Richtung? Was spiegelt die Quintessenz aus dem persischen Gedicht (behalte den [Vogel-] Flug im Gedächtnis) durch das Zitat im Prosagedicht wider? Gibt es durch dieses Zitat Bedeutungsdopplungen? Falls ja, welche? Tragen Sie die Ergebnisse an der Tafel zusammen und diskutieren Sie mit der Klasse die intertextuellen Verweise des Prosagedichts auf der inhaltlichen wie der formalen Ebene und arbeiten Sie die damit angesprochenen Konnotationsräume heraus, zum Beispiel: Der rechtsbündige Satz des in linksbündig notierten, deutschen Wörtern verfassten Textes verweist auf die Rechtsbündigkeit der persischen Schrift, damit auf den persischen, den iranischen und sogar den arabischen Kulturraum und damit auf das Geburtsland und die Vatersprache der Autorin des Textes. Es entsteht eine Repräsentanz dieses Kulturraums innerhalb des deutschsprachigen Gedichts. Das Prosagedicht eröffnet demnach einen Raum oder stellt einen Ort dar, in dem die beiden Sprachräume und die ihren Schriften zugrunde liegenden Konzepte nicht mehr voneinander zu trennen, sondern in eins gefallen sind. Die Punkte anstelle von Fragezeichen am Ende der Fragesätze könnten auf einer formalen Ebene darauf hindeuten, dass es diesen Fragen gar nicht um Antworten geht, dass es dem Ich-Erzähler/der Ich-Erzählerin (dem lyrischen Ich) vielmehr darum gehen könnte, diese Fragen als Ausdruck eines Erlebens „in die Welt zu stellen“, Zeugnis abzulegen über dieses Erleben, als darum, Antworten auf sie zu finden. Angesichts der Thematik des Textes, ließe sich zumindest vermuten, dass die durchgehende Kleinschreibung im vorliegenden Prosagedicht möglicherweise den speziellen geistigen und emotionalen Zustand des Ich-Erzählers/der Ich-Erzählerin (des lyrischen Ichs) markieren soll. Er/sie scheint sich im Zustand einer schmerzhaften und traurigen Selbstbefragung zu befinden, scheint in einem emotionalen Befinden gefangen, in dem Fragen nicht aus Erkenntnisinteresse gestellt und rein assoziativ aneinandergereiht werden. Er/sie scheint sich gedanklich an einem sowohl beängstigenden wie irrealen „Ort“ zu befinden oder einen solchen zu befragen. Einen Ort, an dem die gewöhnlichen Regeln außer Kraft gesetzt sind. Möglicherweise spiegelt sich das hier in der durchgehenden Kleinschreibung. Hinweis Je nach Leistungsstärke und/oder Interessenslage der Gruppe, bietet dieser Punkt einen guten Anlass dafür, mit den Schülern und Schülerinnen den literaturgeschichtlichen Hintergrund der Kleinschreibung in der deutschsprachigen Lyrik und Prosa zu besprechen.   Historisch zum Beispiel bei: Jacob Grimm, Stefan George, Friederike Mayröcker, Ernst Jandl oder Peter Paul Zahl.   Zeitgenössisch zum Beispiel bei: Uljana Wolf (2013), Daniela Seel (2011), Yevgeniy Breyger (2016), Monika Rinck (2005), José F. A. Oliver (2005), Ulf Stolterfoth, Sudabeh Mohafez, Max Czolleck und vielen mehr. Das Farrokhsad-Zitat verweist auf eine der wichtigsten dichterischen Stimmen des 20. Jahrhunderts in der persischen Sprache, auf eine feministische, politisch denkende und experimentelle Dichterin zudem, die eine enge Verbindung zu Deutschland hatte und einige Jahre in Deutschland lebte. Es ist somit eine Hommage sowohl an die Dichterin, als auch an die literarischen, ethischen und politischen Inhalte, für die sie stand. Hinweis Je nach Klassenstufe, können Sie die Schüler und Schülerinnen zur literarischen Arbeit Forough Farrokhsads, aber auch zu ihrem Bezug zu Deutschland recherchieren und vielleicht ein Referat halten lassen. Die Engführung des Liebeskummer-Topos aus dem persischsprachigen Gedicht mit dem Topos der Migration im deutschsprachigen Prosagedicht verweist sowohl auf Liebe als auch Kummer im Zusammenhang mit dem im Text verhandelten Flug von einem Land ins andere. Die Eröffnung eines „dritten Raums“ in der Verwendung der Form des Prosagedichts, erschafft auch in diesem Kontext einen „dritten Raum“. Er hat eine Engführung des deutschen und des persisch/iranischen Bezugsrahmen zur Folge. usw. I.8 Stellen Sie schließlich die Frage nach dem Berg: Klärt das Prosagedicht in irgendeiner Weise auf, was es mit dem Berg auf sich hat, den der Ich-Erzähler/die Ich-Erzählerin (das lyrische Ich) möglicherweise „in Wahrheit“ doch nicht sehen konnte? Er tut es nicht. Arbeiten Sie das heraus und lassen es vorerst so stehen. Wir kommen auch hierauf noch zurück. Teilen Sie das den Schülern und Schülerinnen mit. I.9 Fragen Sie ab, wer in der Klasse welche Sprachen beherrscht. Sollten Schüler oder Schülerinnen anwesend sein, die andere außer der deutschen Sprache auch schriftlich beherrschen, lassen sie diese einen einfachen Satz in dieser Sprache an die Tafel schreiben. Verwenden Sie dafür freie Sätze oder gern auch eine Sentenz aus entweder dem Gedicht von Farrokhsad oder dem Prosagedicht, zum Beispiel: „Niemand wird mich der Sonne vorstellen.“ „ob die sonne schien.“ Sammeln Sie im Anschluss gemeinsam weitere Sprachen, die anders als linksbündig notiert werden oder weitere Charakteristika aufweisen, die sie von der Notation der deutschen Schrift unterscheiden: Mandarin, Koreanisch, Japanisch werden meist von oben nach unten geschrieben, wobei die Spalten von rechts nach links angeordnet sind. Hebräisch, Arabisch, Persisch (semitische...


Prof. Dr. Jörg Roche lehrt am Institut für Deutsch als
Fremdsprache der Ludwig-Maximilians-Universität München und ist wissenschaftlicher Direktor der Deutsch-Uni Online (DUO). Arbeits- und Forschungs-schwerpunkte: Sprachenerwerb, Mehrsprachigkeit, Wissenschaftssprache und die Didaktiken von Deutsch als Fremd- und Zweitsprache.

Prof. Dr. Gesine Lenore Schiewer ist Inhaberin des Lehrstuhls für Interkulturelle Germanistik an der Universität Bayreuth sowie Präsidentin der Gesellschaft für interkulturelle Germanistik e.V.
Arbeits- und Forschungsschwerpunkte: Interkulturelle Linguistik und Literaturwissenschaft (Chamisso-Autoren), Interkulturelle Didaktik, Mehrsprachigkeit.


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