Rohloff Calvin kennen lernen
2., durchgesehene Auflage 2008
ISBN: 978-3-647-56967-3
Verlag: Vandenhoeck & Ruprecht
Format: PDF
Kopierschutz: 0 - No protection
E-Book, Deutsch, 96 Seiten
ISBN: 978-3-647-56967-3
Verlag: Vandenhoeck & Ruprecht
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Johannes Calvin (1509–1564) gehört zu den prägenden Gestalten der Reformation. Als theologischer Lehrer, Prediger und Seelsorger bleibt er stets Ausleger der Bibel. In den vielen Facetten seines Werkes kommt ein ökumenischer Grundzug und damit eine überraschende Aktualität zum Ausdruck: Das nie nachlassende Bemühen um die Einheit der Kirche. Ökumene ist jedoch ohne die Bindung an das Wort Gottes nicht zu erreichen, die in einer entsprechenden Ordnung der Kirche ihren Ausdruck findet.Eine Mitte der Theologie Calvins ist schwer auszumachen. Sein Denken ist bestimmt von Begriffspaaren wie Gottes- und Selbsterkenntnis, Schöpfung und Vorsehung, Rechtfertigung und Heiligung, Lehre und Ordnung. Ausgehend von der Überzeugung, dass das Evangelium in dem einen Bund des Alten und Neuen Testaments bezeugt wird, lässt sich die Theologie Calvins als Zuordnung und Entfaltung dieser Begriffspaare beschreiben.Die Schriftbezogenheit der Theologie Calvins und sein Verständnis des einen Bundes sind für das reformierte Verständnis dessen, was evangelisch heißt, bis heute prägend.Eine Darstellung des calvinischen Denkens kann von bedeutenden Ereignissen im Leben Calvins nicht absehen. Ebenso lässt sich die prägende Kraft dieser Persönlichkeit erst dann ermessen, wenn auch ein Blick auf die calvinische Wirkungsgeschichte in Theologie und Frömmigkeit, Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur fällt.Das vorliegende Buch unternimmt den Versuch, einen ersten, leicht lesbaren Zugang zu Leben, Werk und Wirkung dieser bis in unsere Zeit ebenso prägenden wie umstrittenen Gestalt der Reformation zu erschließen.
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
1;Cover;1
2;Title Page
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3;Copyright
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4;Table of Contents
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5;Body
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6;Einleitung;8
7;Leben;10
8;Werk;46
9;Wirkung;82
10;Ausblick;94
11;Literatur;96
Wirkung (S. 81-82)
Calvins bis in unsere Zeit reichende Wirkungsgeschichte kann im Rahmen dieses Buches nur angedeutet werden. Das soll geschehen im Blick auf Theologie, Frömmigkeit und kirchliche Praxis, das Verhältnis von Kirche und Staat, den Umgang mit Bedürftigen (Sozialethik) und eine an Gerechtigkeit orientierte Wirtschaft (Wirtschaftsethik). Ein abschließender kurzer Blick fällt auf Calvins Wirkung in Wissenschaft, Kunst und Literatur.
Die Wirkungsgeschichte Calvins reicht von der Zuspitzung bis zur Ablehnung seines Werkes oder einzelner Bestandteile. Die Gründe dafür liegen zunächst in der Herausbildung der konfessionellen Gegensätze im ausgehenden 16. und 17. Jahrhundert. Zudem erforderte die Verfolgungssituation, in der sich die reformierten Gemeinden in Frankreich, England und den Niederlanden befanden, in mancher Hinsicht eine Zuspitzung der Theologie Calvins. Im Begriff „Calvinismus“ kommt die Zwiespältigkeit der Wirkungsgeschichte Calvins zum Ausdruck. Sie beinhaltet die Verarbeitung und Weiterentwicklung, aber auch die Verkennung und Ablehnung seiner Theologie. Nicht alles, was reformiert oder „calvinistisch“ genannt wird, lässt sich unmittelbar auf Calvin zurückführen.
Theologie, Frömmigkeit und kirchliche Praxis
Reimpsalmen
Der Psalmengesang ist bis heute ein Kennzeichen reformierter Frömmigkeit. In der Ausgabe des Evangelischen Gesangbuchs für die Evangelisch-reformierte Kirche und die Evangelischaltreformierte Kirche ist der Reimpsalter mit Genfer Melodien vollständig enthalten. Damit wird die Einheit des alten und neuen Bundes im Glaubensleben reformierter Gemeinden erkennbar. Die Bereimungen stellen die Psalmen in ihren alttestamentlichen Zusammenhang, so kommt die in ihnen enthaltene Verheißung in einzigartiger Weise zum Ausdruck.
Bilderverbot
Calvins Einteilung der Zehn Gebote nach biblischer und jüdischer Zählung unterstreicht die Bedeutung des zweiten Gebotes.
Jeder Versuch, ihn im Bild festzuhalten und anzubeten, würde den lebendigen Gott verfehlen. Eine Abbildung Gottes ist für reformierte Christinnen und Christen nicht denkbar. Calvin schätzte Bildhauerei und Malerei, sah jedoch die Gefahr, dass Bilder in der Kirche die Einzigartigkeit Gottes in Frage stellen und seiner Verehrung im Wege stehen könnten. So konsequent die Bilderlosigkeit in reformierten Kirchen und die von manchen daher als nüchtern bis kühl empfundene Atmosphäre ist, so bedauerlich ist eine manchmal damit einhergehende Verunsicherung oder ablehnende Haltung gegenüber Kunst im Allgemeinen und kirchlicher Kunst im Besonderen. Das Verhältnis von Kunst und Kirche ist in der reformierten Kirche ein offenes Kapitel.
Abendmahl
Calvins Abendmahlsverständnis betont die verheißene, in Jesus Christus bereits verwirklichte Gemeinschaft der Glaubenden mit Gott (1. Kor 1,4–9, Mt 8,11, Lk 14,15 ff). Während sie Brot und Wein miteinander teilen, wird die Gemeinschaft der Glaubenden mit Jesus Christus in der Tischgemeinschaft sichtbar: Er lädt uns an seinen Tisch. Daher steht in reformierten Kirchen ein Abendmahlstisch und kein Altar. Dass Calvins Abendmahlsverständnis eine vermittelnde Position zwischen der Auffassung Luthers und Zwinglis darstellt, wird trotz der Leuenberger Konkordie (1973) bis heute kaum zur Kenntnis genommen. In Kirchengemeinden in Deutschland wird die Position Calvins in der Regel mit Zwinglis Auffassung als „reformiertes Abendmahlsverständnis“ identifiziert. Hier besteht nach wie vor Gesprächsbedarf.
Welche Formen der Abendmahlsfeier wären geeignet, um den für Calvin wichtigen Gemeinschaftsaspekt des Abendmahls, aber auch das heute ausgeprägte hygienische Empfinden der Gemeindeglieder zu berücksichtigen? Die in reformierten Gemeinden in Ostfriesland gepflegte sitzende Mahlfeier um den Abendmahlstisch bildet die Tischgemeinschaft Jesu mit seinen Jüngern vielleicht am ehesten ab, findet ihre Grenze aber in der Größe der Gemeinde. Die zwinglische Form, bei der Brot und Kelch in den Bankreihen weitergereicht werden, kann in größeren Gemeinden praktiziert werden, verliert aber den Gemeinschaftsaspekt aus dem Blick.