Rohr | Die große Kokreation | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 400 Seiten

Rohr Die große Kokreation

Eine Werkstatt für alle, die nicht mehr untergehen wollen

E-Book, Deutsch, 400 Seiten

ISBN: 978-3-86774-763-9
Verlag: Murmann Publishers
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Krieg, Macht und Zerstörung bedrohen das menschliche Miteinander. Dieses Buch begründet ein neues Paradigma, das uns Menschen wieder als kreative Weltgestalter begreift. Jascha Rohr bietet als Philosoph, Prozessbegleiter für partizipative und transformative Gestaltungsprozesse und als Governance Designer einen neuen Denkansatz an, der uns und unsere gemeinsame Kreativität befreien will.

Seit 18 Jahren ist Jascha Rohr als visionärer Prozesskünstler, praktischer Intellektueller und denkender Aktivist unterwegs. Ihn treibt die Frage um, warum wir unsere eigenen Lebensgrundlagen zerstören. Und er sucht nach Wegen, den Weltenlauf zum Positiven zu wenden, indem wir gemeinsam kreativ werden: kokreativ. Dazu entwickelt er Ansätze wie die Kokreative Kommune, Governance Design und die Feld-Prozess-Theorie.

In diesem Buch lernen wir, wie wir unsere Zukunft selbst wieder in die Hand nehmen können. Jenseits von Fremdsteuerung, Fremdkontrolle und Fremdverschulden.

• Methoden, Werkzeuge und Beispiele, wie sich mit Projektarbeit unsere Lebensgrundlagen und Ressourcenvielfalt erhalten und zukunftsfähig entwickeln lassen.
• Konkrete Strategien für modernes Verwaltungshandeln, für politische Arbeit, für lokales Engagement, für globalen Aktivismus, persönliche Entwicklung und für die Transformations- und Projektarbeit in Organisationen und Unternehmen.
• Fallbeispiele aus dem Global Resonance Project mit Empfehlungen für die eigene Praxis.
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Intro:
Das größte aller Projekte Einen Baum pflanzen Alles ist immer irgendwie ein Projekt, ganz gleich, ob Hobby, Arbeit, Vorhaben, Maßnahme, Aufgabe oder Tätigkeit. Wenn wir etwas für die Zukunft entwickeln, wenn wir planen, gestalten, bauen, begleiten, umsetzen, Dinge bewegen, etwas besser machen wollen, dann ist es in der Regel ein Projekt, zum Beispiel: einen Baum pflanzen. Abbildung 1: Projekt Baum. Ich möchte einen Baum pflanzen, und schon habe ich ein neues Projekt. Ich muss mir überlegen, welchen Baum ich pflanzen möchte, wo ich den Baum pflanzen möchte, zu welcher Zeit es gut ist, ihn zu pflanzen, wie ich den Boden vorbereiten sollte, welche Werkzeuge und welche Hilfe ich dafür benötige. Ich muss mir auch überlegen, wo ich den Baum herkriege, wie ich ihn transportiere und wie ich ihn pflege, damit er gut anwächst. Was eben noch ein einfacher Entschluss war, einen Baum zu pflanzen, ist kurze Zeit später ein vollständiges Projekt. Ich gehe aus der Tür unseres Hauses in Richtung des Wendeplatzes der kleinen Straße, an der unser Haus steht, suche mir ein schönes Fleckchen im Vorgarten, in der Nähe zum Zaun meines Nachbarn und zu dessen Einfahrt, entscheide mich innerlich für eine Buche und überschlage die Kosten. Es müsste in diesem Monat noch genug in der Haushaltskasse sein, um den Baum, den Transport, die Werkzeuge und etwas guten Boden kaufen zu können. Während ich in meinem Vorgarten stehe, kommt mein Nachbar von der Straßenseite gegenüber vorbei und grüßt mich aus dem Auto: »Jascha, was hast du vor?« Ich berichte ihm von meiner Idee, einen Baum zu pflanzen. »Tolle Idee!«, sagt er. »Aber hatten wir nicht letzten Sommer darüber nachgedacht einen Baum hier auf dem Wendeplatz zu pflanzen und einen Grillplatz für die Nachbarschaft anzulegen?« Stimmt, ich erinnere mich, darüber hatten wir tatsächlich mal in einer lauen Sommernacht nach etwas Bier und einem gemeinsamen Picknick mit den Nachbar:innen gesprochen. Wir hatten an dem Abend unsere kleine Gemeinschaft an dieser Straße genossen und davon geträumt, den hässlichen Wendeplatz zu begrünen und zu einem Ort für die Nachbarschaft zu machen. Das war eine schöne Idee gewesen, aber niemand hatte sie damals weiterverfolgt. »Lass uns das Projekt von damals doch wieder aufgreifen«, schlägt mein Nachbar vor, »wenn du eh schon dabei bist, einen Baum zu pflanzen.« Ich reagiere verhalten. Ich wollte nur mal kurz einen Baum in meinem eigenen Vorgarten pflanzen. Jetzt könnte schnell ein längeres Projekt mit anderen daraus werden. Darauf habe ich gerade weder Lust noch habe ich die Zeit. Und beim Baum pflanzen würde es auch nicht bleiben. Wir müssten dann erst einmal einen Termin mit allen Nachbarn finden, wir würden einen Plan machen, uns regelmäßig zusammenfinden, Geld einsammeln müssen. Wahrscheinlich würde es bei einem Baum nicht bleiben. Es würden wahrscheinlich Wünsche nach einer Feuerstelle, einem Pizzaofen, einem Grill, einer Bank mit Tisch, nach einer Lichterkette, einer Schaukel laut werden. Wir würden uns auseinandersetzen und Entscheidungen treffen müssen. Ich zucke die Achseln und sage: »Ja, vielleicht, lass mal einen Termin machen.« Insgeheim habe ich die Hoffnung, dass ich jetzt in Ruhe gelassen werde und mein Nachbar unser kleines Gespräch vergisst. »Ok«, sagt er: »Ich komme Dienstag Abend, um alles Weitere zu besprechen. Warte doch bis dahin mit deinem Baum, sonst haben wir nachher zwei große Bäume zwischen unseren Häusern, die sich Licht und Platz wegnehmen. Und es soll am Ende ja auch gut aussehen!« Und damit fährt er weg. Während in mir das vage Gefühl aufsteigt, dass ich die Kontrolle über meinen Baum und mein kleines Projekt verliere, kommen meine Kinder nach Hause. »Was machst du da?«, fragen sie mich. Es kommt selten vor, dass ich verloren im Vorgarten stehe. »Ich will einen Baum pflanzen«, sage ich, jetzt schon etwas unsicherer in der Stimme. »Toll«, rufen sie, »ist der groß genug, um darauf zu klettern? Können wir ein Baumhaus bauen? Hat der Früchte? Ich will Kirschen! Ich fände Äpfel besser!« Bevor ich etwas erwidern kann, sind sie weg. Kurz darauf kommt mein Nachbar jenseits des Zauns aus seinem Haus, um den Rasen zu mähen. Er gibt mir zu verstehen, dass er sich einen Baum überhaupt nicht vorstellen kann. Dann würden Blätter, eventuell Obst und Äste auf seine Auffahrt und seinen Rasen fallen. Wer macht die dann weg und haftet für eventuelle Schäden an seinem Auto? Zudem habe seine Frau eine Bienenallergie und daher wäre es ihm lieber, wenn ich gar nichts pflanzen würde, was Bienen anzieht. Ach ja, Schatten möchte er auch nicht, sonst vermoost sein Rasen. Kaum hat er das gesagt, kommt meine Partnerin gestresst von der Arbeit nach Hause. Sie ist wütend: »Ich habe es satt! Die Benzinpreise sind schon wieder gestiegen, die verdammten Energiekonzerne haben die Kosten erhöht, und es wird Zeit, dass wir mehr für die Umwelt tun. Wir haben doch schon lange vor, eine eigene Photovoltaikanlage aufs Dach zu bauen. Dann können wir auch unser Auto verkaufen und ich fahre mit einem E-Bike zur Arbeit.« Während sie das sagt, sehe ich vor meinem inneren Auge, wie das Budget zum Bäume pflanzen für mindestens die nächsten zwei Jahre auf Null sinkt und ein weiteres, noch größeres Projekt auf mich zurollt. Ich fühle mich entmutigt, frustriert und komplett ausgepowert. Zwei Stunden habe ich im Vorgarten gestanden, mit Menschen gesprochen, ich habe potenziell zwei neue große Projekte auf meine To-Do-Liste bekommen, sehe Ärger mit dem einen Nachbarn aufziehen, werden den anderen enttäuschen müssen und die Kinder wahrscheinlich auch. Mir fehlt es plötzlich an allem: Zeit, Ressourcen, Motivation. Der schöne Nachmittag ist im Eimer. Die Tatkraft und die Aufbruchstimmung auch. Sollen die sich doch alle um ihren eigenen Mist kümmern. Mein kleines Projekt, mit dem ich mir und anderen eine Freude machen und etwas Gutes tun wollte, ist komplett aus dem Ruder gelaufen. Ich habe nichts erreicht und kann diesen Nachmittag nicht mit einem Ergebnis feiern. Irgendwie hatte ich gedacht, ich könnte selbstständig eine Entscheidung treffen, etwas Eigenes umsetzen und hätte dabei nur ein paar kleine logistische Fragen zu lösen. Ein befriedigendes, schönes Projekt, dass sich in ein bis zwei Nachmittagen umsetzen ließe. Doch plötzlich hat dieses Projekt soziale, ästhetische, ökologische, ökonomische und politische Dimensionen angenommen. Wer bezahlt für den Baum und das Pflanzen? Hat der Baum einen größeren oder geringeren ökologischen Nutzen im Vergleich zur Photovoltaikanlage hinsichtlich der zu investierenden Mittel? Was hat Priorität: der Baum, der Nachbarschaftsplatz oder die eigene Stromautarkie? Wen muss ich eigentlich in meine Entscheidung miteinbeziehen, und wie werden die Entscheidungen am Ende getroffen? Was machen wir, wenn sich keine gemeinsame Lösung findet? Wer vermittelt im Konfliktfall? Wer setzt sich durch? Gibt es eigentlich irgendwelche Gesetze oder kommunale Bestimmungen zum Pflanzen von Bäumen? Darf der Baum überhaupt im Vorgarten stehen? Muss da nicht die Feuerwehr Zugang zum Haus haben, und laufen nicht vielleicht Kabel oder Rohre genau an der Stelle, die von den Wurzeln beschädigt werden könnten? Abbildung 2: Projekt Baum im Kontext. In dem Moment, wo ich beginne, mit anderen über mein Projekt zu sprechen, haben alle was zu sagen, haben alle eine Meinung und Bedenken oder gute Vorschläge und vermeintlich viel bessere Ideen als ich. Lebte ich alleine, ohne Nachbar:innen, Familie, Gemeinschaft … dann könnte ich einfach einen Baum pflanzen. Nun habe ich ein Projekt, an dem unterschiedlichste Menschen mit unterschiedlichen Rechten, Bedürfnissen, Ideen, Auffassungen und Meinungen beteiligt sind und beteiligt werden wollen. Alle haben ihre Eigenarten und ihre Geschichte, alle bringen ihre Verletztheit, aber sicherlich auch ihre Potenziale und Stärken mit. Sie sind mitnichten alle gleich und können daher auch nicht gleich behandelt werden. Sie wollen aber trotzdem als Menschen gleich ernst genommen und beteiligt werden. Hat meine Familie auf unserem Grundstück mehr zu sagen als unsere Nachbarn? Meine Partnerin mehr als die Kinder? Können die Kommune und der Staat uns allen Vorschriften machen? Und sollte ich nicht trotzdem auch diejenigen fragen, die eigentlich keine Rechte bei uns auf dem Grundstück haben, damit sie unsere Freunde bleiben und nicht zu Feinden werden? Könnte es eine Lösung geben, an der sich alle beteiligen und die für alle gut wäre? Oder wäre immer jemand am Ende verärgert oder enttäuscht? Und was ist, wenn meine Nachbarn plötzlich bei sich auf dem Grundstück Dinge tun wollen, die mir nicht gefallen? Wäre ich dann nicht auch froh, gefragt zu werden? Aber könnte ich darauf bestehen? Abbildung 3: Projekt Baum im größeren Kontext. Während ich ins Bett gehe, wünschte ich, ich wäre Diktator unserer kleinen Nachbarschaft. Dann könnte ich bestimmen, was richtig wäre, und die anderen hätten die Probleme und müssten die Arbeit tun. Alle Projekte würden schlicht top-down organisiert. Oder ich wäre einfach so reich, dass ich alle Häuser der Straße aufkaufen und nur die Nachbarn zur Miete wohnen lassen könnte, die meine Meinung teilen. Ich schlafe unruhig und mit schlechten Träumen ein, wissend, dass auch ich eigentlich in einer solchen Welt nicht leben wollen würde. Die Welt retten Bis zum Morgen habe ich mich wieder abgeregt und bin klarer im Kopf. Ich beschließe, alle Nachbar:innen in der nächsten Woche zu einem kleinen Gespräch einzuladen, ihnen mein Vorhaben zu...


Jascha Rohr ist Philosoph, Sozialunternehmer, Konzeptentwickler, Berater und Speaker. Er begleitet kokreative Gestaltungsprozesse. Er ist Mitgründer und Geschäftsführer des Instituts für Partizipatives Gestalten, Gründer der Permakultur Akademie und der Cocreation Foundation und lebt in einer Ökosiedlung auf dem Land bei Oldenburg und in Berlin.


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