Buch, Englisch, 150 Seiten, Format (B × H): 148 mm x 210 mm, Gewicht: 300 g
Reihe: Edition Scientifique
Buch, Englisch, 150 Seiten, Format (B × H): 148 mm x 210 mm, Gewicht: 300 g
Reihe: Edition Scientifique
ISBN: 978-3-8359-7225-4
Verlag: VVB Laufersweiler Verlag
Neue Aspekte der durch Kokzidien induzierten Modulation des zellulären Zellzyklus der Wirtszelle:
Die Apikomplexa beinhalten eine große Gruppe protozoärer Parasiten mit obligat intrazellulärer Lebensweise, die weltweit wichtige Infektionen bei Mensch und Tier verursachen. Zur Familie der Sarcocystidae gehören Arten wie Toxoplasma gondii, ein bedeutender zoonotischer Erreger, und Neospora caninum, der Aborte bei Rindern und neurologische Störungen bei kaninen Wirten verursachen kann. Obwohl sich beide Parasiten in wichtigen Aspekten der Wirtsspezifität und des Lebenszyklus unterscheiden, modulieren sie gleichermaßen diverse funktionelle Kategorien der Wirtszellen, um ihre intrazelluläre Entwicklung zu ermöglichen. Die vorliegende Studie konzentrierte sich auf vergleichende Untersuchungen zur T. gondii- und N. caninum-vermittelten Dysregulation des wirtszellulären Zellzyklus.
Grundsätzlich beeinflusst T. gondii den Wirtszellzyklus signifikant, unabhängig von MOI, Infektionszeitpunkt und dem verwendeten Zellmodell. Während frühere Studien meist immortalisierte oder Tumorzellen, die typischerweise einen veränderten Zellzyklus aufweisen, analysierten, wurden hier primäre Zelllinien als Wirtzellen vergleichend untersucht, und dabei sowohl unterschiedliche Zelltypen (Endothelzellen, Epithelzellen und Fibroblasten) als auch Herkunft (Mensch und Rind) berücksichtigt. Insgesamt zeigte sich, dass T. gondii-Infektionen in zelltyp- und herkunfts-unabhängiger Weise zu einer wirtszellulären Stase in der S-Phase führten. Bemerkenswerterweise blieb dabei die Expression des Zyklin B1 als wichtigen Regulator des Mitose-Eintritts bei allen Zelltypen unverändert; entsprechend scheint der Mitose-Kontrollpunkt nicht an Zellzyklusarretierung beteiligt zu sein. Neben Interphase-assoziierten Alterationen induzierten T. gondii-Infektionen Defekte in allen Mitosephasen, wie z. B. Fehlkondensierung der Chromosomen und Bildung überzähliger Zentrosomen. Darüber hinaus zeigten alle verwendeten Zelltypen einen erhöhten Anteil an Doppelkernigkeit, was auf eine gestörte Zytokinese hinwies.
Da unterschiedliche T. gondii-Genotypen im Feld mit einer variierenden Pathogenität assoziiert sind, wurde weiterhin untersucht, ob Ausmaß oder Effekte der T. gondii-vermittelten Wirtszellzyklusdysregulierung haplotypabhängig sind. Dazu wurden die Effekte der T. gondii-Stämme Me49 (Haplotyp II) und NED (Haplotyp III) im direkten Vergleich mit dem RH-Stamm (Haplotyp I) in primären Wirtszellen unter identischen Bedingungen untersucht. In Übereinstimmung mit dem RH-Stamm induzierte sowohl der Me49- als auch der NED-Stamm eine Arretierung der Wirtszelle in der S-Phase, allerdings konnte nur für NED-Infektionen eine Verminderung des Zyklin B1 als wichtigen Regulator konstatiert werden. Darüber hinaus war die Mitoserate in NED-infizierten Zellen signifikant reduziert und es traten irreguläre Chromosomenanordnungen und -brücken in der Mitose auf. In Analogie zum RH-Stamm führten beide Stämme zu einem gesteigerten Anteil doppelkerniger Wirtszellen und somit ebenfalls zur Beeinträchtigung der Zytokinese. In der vorliegenden Arbeit wird dieser Phänotyp erstmals für alle Haplotypen gleichermaßen beschrieben, so dass ein T. gondii-intrinsischer Mechanismus abgeleitet werden kann.
Chromosomenfehlverteilungen und Beeinträchtigungen der Zytokinese sind Schlüsselmerkmale der Chromosomeninstabilität, die meist mit DNA-Schäden in Zellen einhergeht. Tatsächlich induzierten in der vorliegenden Arbeit sowohl der RH- als auch die Me49- und NED-Stämme DNA-Doppelstrangbrüche in Wirtszellen, wobei RH-Infektionen die stärksten Schäden verursachten. Dies bestätigte sich auch für zytokinesedefekte, doppelkernige Wirtszellen nach Infektionen mit RH- und NED-Tachyzoiten. Interessanterweise wiesen NED-infizierte Zellen zudem ein erhöhtes Maß an Mikronuklei auf, was auf eine stammspezifische Beeinträchtigung der genomischen Stabilität von Wirtszellen hinweisen könnte.
Bei genotoxischem Stress aktivieren Zellen die sog. DNA Damage Response, um die Integrität des Genoms zu erhalten. Diese DNA-Reparaturmechanismen beinhalten die Aktivierung der Signalwege der homologous recombination (HR) oder des non-homologous end joining (NHEJ). Die hiesigen Untersuchungen bestätigten eine (RH) infektionsinduzierte Aktivierung des HR-Signalwegs in primären Wirtszellen, die mit einer Hochregulierung von im ATM-Stoffwechselweg eingebundenen Proteinen verbunden war, was typisch für DNA-Doppelstrangbrüche ist.
In einem letzten Arbeitspaket wurden die zellzyklus-assoziierte Analysen auf einen weiteren apikomplexen Parasiten, N. caninum, ausgedehnt, um eventuelle artspezifische Mechanismen herauszustellen. Tatsächlich führte die N. caninum-Infektion zu einer Stase des Zellzyklus in der späten S-Phase und zu einer Hochregulierung der Zykline A2 und B1 24 Stunden p. i. (ersteres war 32 Stunden p. i. wieder vermindert in seiner Expression), was Unregelmäßigkeiten im Zeitraum von S-Phase zum G2/M-Übergang bestätigte. Interessanterweise wurden bei dieser Infektion irreguläre Kernmorphologien, wie beispielsweise nukleäre Invaginationen, Abschnitte mit degradierter Kernmembran oder auch eine insgesamt verringerte Kernausdehnung beobachtet, was eine speziesspezifisch induzierte Alteration der Kernstruktur der Wirtszelle vermuten ließ. Weiterführende Analysen zum nukleären Protein Lamin B1 ergaben eine mit N. caninum-Infektion assoziierte, inhomogene Lamin B1-Verteilung, Kernfaltungen und -einstülpungen - Phänomene, die hier erstmals für Kokzidieninfektionen beschrieben wurden. Auch das perinukleäre Zytoskelett war verändert in infizierten Zellen, da bestimmte Aktinfilamente, die physiologischerweise an der Kernperipherie verankert sind und transversal über den Nukleus ziehen (sog. Actin cap), in infizierten Zellen fehlten. Insgesamt wurde ein vermindertes Gesamtvorkommen von Aktin in N. caninum-infizierten Zellen gemessen, was eine parasiteninduzierte Beeinträchtigung des perinukleären Aktinzytoskeletts mit nachfolgender Destabilisierung der Kernmembran und abnormen Formgebung des Kerns vermuten ließ. Da solche Beobachtungen nicht auf T. gondii-infizierte Zellen zutrafen, unterstreichen hiesige Daten eine artspezifische Modulation der Wirtszellen über Kokzidien.