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E-Book, Deutsch, 240 Seiten, Format (B × H): 170 mm x 240 mm

Rolnik Redekur

Psychoanalyse verstehen
1. Auflage 2023
ISBN: 978-3-95558-363-7
Verlag: Brandes & Apsel
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Psychoanalyse verstehen

E-Book, Deutsch, 240 Seiten, Format (B × H): 170 mm x 240 mm

ISBN: 978-3-95558-363-7
Verlag: Brandes & Apsel
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Redekur verbindet ein breit angelegtes theoretisches Nachdenken mit einem inspirierenden klinischen Tagebuch, die beide ein neugieriges, skeptisches und liebendes Verhältnis zur Praxis, zur Theorie und zur Geschichte der Psychoanalyse verkörpern.  'Jeder Analytiker bildet mit zunehemender klinischer Erfahrung seine eigene Behandlungstheorie aus und entwickelt sie stetig weiter. Kaum einmal findet man ein so persönliches Buch, in dem ein Autor seine eigene klinische Praxis so lebendig und meisterhaft vermittelt wie Eran Rolnik. Bei der Lektüre werden wir in seinen analytischen Behandlungsraum hineingezogen und in seine Art, wie er mit den Problemen der Patient*innen umgeht, wie Konzepte und Theorien für ihn hilfreich geworden sind und wie er sie sich angeeignet hat. Dabei gerät der analytische Lesende unversehens in einen inneren Dialog mit dem Autor, der ihn anregt, seine eigene Praxis zu reflektieren. Ein einzigartiges Buch!'
(Werner Bohleber, ehem. Herausgeber der Psyche)

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Autoren/Hrsg.


Weitere Infos & Material


Vorwort

Kapitel 1
Psychotherapie in Gefahr

Kapitel 2
Unbewusst

Kapitel 3
Technik und Behandlungsrahmen

Kapitel 4
Analytische Präsenz

Kapitel 5
Leidenschaft und Widerstand

Kapitel 6
Zuhören und Containing

Kapitel 7
Übertragung, Enactment und Gegenübertragung

Kapitel 8
Vom Zuhören zur Deutung

Kapitel 9
Noch mehr vom Zuhören zur Deutung

Kapitel 10
Der Wahrheitskarpfen

Kapitel 11
Das psychoanalytische Objekt

Kapitel 12
Urlaub, Trennung und Behandlungsabschluss

Kapitel 13
Psychoanalyse als Weltanschauung

Literatur

Personenregister

Sachregister


Vorwort
Psychoanalyse zu lehren, das heißt, Studierenden, Kandidaten oder erfahrenen Kolleginnen und Kollegen Worte und Gedanken anzuvertrauen, ist ein bedeutender Teil meiner Identität als Psychoanalytiker, Psychiater, Forscher und Autor. Beim Ausbruch der Coronavirus-Pandemie, im Verlaufe des ersten Lockdowns, nahm ich mir vor, die frei gewordene Zeit zum Schreiben zu nutzen. Das gewohnte Leben kam zum Stillstand, die Betriebsamkeit wich der neuen Gegenwart der Coronavirus-Pandemie. Sie war bedrohlich, lästig, erfüllte mich aber auch mit einem Gefühl von Dringlichkeit und Dankbarkeit. Es ist keine Alltäglichkeit, dass dem Menschen die Gelegenheit gegeben wird, zu spüren, wie ihn die Geschichte durchdringt. Dieses Gefühl habe ich dank Corona großzügig erfahren. Dann geschah etwas Unerwartetes: Ich stellte fest, dass es für mich besser war, die freie Zeit, die ich durch die Lockdowns gewann, mit dem gesprochenen Wort als mit Schreiben füllen. Die Erfahrung, Psychoanalyse im Gespräch mit Kolleginnen und Kollegen zu denken, hatte mir offensichtlich gefehlt. Im März 2020 wandelte ich die Mittwochsseminare, die ich in der Praxis durchzuführen pflegte, in Videobegegnungen um und nannte diese digitale Begegnungsreihe »Psychotherapie in Gefahr«. Schon nach kurzer Zeit verwandelte sich das vertraute, intime Freud-Lektüreseminar in einen Studienkreis mit einigen Hundert Therapeuten, die sich im virtuellen Raum zu einer Reihe von theoretischen und klinischen Begegnungen trafen. Es nahmen Studierende (nicht nur der Fachrichtung Psychologie), Psychotherapeuten, Akademiker in leitenden Positionen und Anhänger der Psychoanalyse mit unterschiedlichen Hintergründen teil. In manchen Fällen schickte ich den Teilnehmern auch Artikel zur Lektüre, wobei die Diskussion zumeist bei Freud begann, sich um verschiedene psychoanalytische Fragen und Haltungen drehte und dazwischen auch auf Fragen einging, die mir während des Vortrags oder zwischen den Begegnungen per Chat oder E-Mail zugingen. Jede Begegnung dauerte anderthalb Stunden, in denen ich frei in die Kamera redete. Manchmal hielt ich kurz zum Verschnaufen inne und mein Blick streifte die Dutzenden Köpfe, die mir vom Bildschirm entgegenblickten. Sie waren wirklich da, saßen zu Hause, in den leeren Kliniken oder unter freiem Himmel, im Wohnzimmer im Florentin-Viertel in Tel Aviv oder im Garten in Rosh Pina in Nordisrael, in Arbeitszimmern in Philadelphia, Chicago, London, Berlin oder San Francisco. Ich sprach über Themen, die mich und auch sie in normalen Zeiten beschäftigen, über Dinge, die ich für wichtig hielt für unerfahrene Therapeuten, und hoffte, dass sie auch die erfahrenen Kollegen noch interessierten, die am Seminar ebenfalls teilnahmen. Ich berief mich auf ältere Texte, die ich früher gelesen oder verfasst hatte, wagte Annahmen und ließ klinische und theoretische »Versuchsballons« steigen. Geschuldet ist dieses Buch auch ebendieser spezifischen raumzeitlichen und technologischen Konstellation. Ob meine Ausführungen nun für erfahrene Psychoanalytiker oder für Psychologiestudentinnen bestimmt waren, die den Begriffen »Urszene« oder »projektive Identifikation« zum ersten Mal begegneten, jeder theoretische Gedanke, jedes klinische Dilemma und jede technische Streitfrage war nach meiner Empfindung von diesem historischen Moment geprägt, den uns die Pandemie bescherte. Vielleicht schwelgte ich in der Vorstellung, ich sei eine Art Freud, der mitten im Ersten Weltkrieg und auf dem Höhepunkt einer Grippeepidemie in Wien durch die schneebedeckten Straßen schreitet auf dem Weg zum Vorlesungssaal, um vor einem breiten Publikum Einführungsvorlesungen in die Psychoanalyse zu geben, vielleicht war ich von der Angst besessen, dass es sich um die »letzte Vorlesung« handelt. Pandemiezeiten sind auch eine Gelegenheit für Überzeichnungen. Bei jedem Gespräch war ich jeweils bemüht, mich auf ein Thema zu konzentrieren – Psychotherapie und Ängste in Epidemiezeiten, Therapie via »Zoom«, das Unbewusste, Übertragung und Gegenübertragung, Deutung, Mitfühlen, Enactment, Widerstände, Behandlungsabschluss, psychoanalytische Weltanschauung etc. Während der Lockdowns habe ich einige Dutzend Zoom-Veranstaltungen unter dem Titel »Psychotherapie in Gefahr« durchgeführt. Ganz ohne schriftliche Notizen und im Unterschied zur Vorlesung im Hörsaal oder zum Vortrag auf einer Konferenz ließ ich meinen Gedanken freien Lauf und behandelte die Themen in breiterem Zusammenhang. Ich befasste mich mit praktischen Grundproblemen der psychoanalytischen Psychotherapie, mit der Begriffsgeschichte und Streitdebatten – und auch mit dem heutigen Stand des psychoanalytischen Wissens. Es waren freie Assoziationen eines Klinikers, zugleich auch eines Historikers der Psychoanalyse über Theorie, Technik, Philosophie und Geschichte des psychoanalytischen Denkens, alle paar Minuten von Kollegen »gestört«, die Fragen stellten, Anmerkungen machten, Diskussionspunkte einwarfen. Das Ergebnis war eine Art psychoanalytischer Midrasch, eine Mischung aus theoretischer Reflexion und vertiefter Lektüre ausgewählter Texte der psychoanalytischen Literatur einerseits, und einem »klinischen Journal« mit praktischen Ratschlägen für Therapeuten aus der, wie erwähnt, zugleich persönlichen, gelehrsamen und diskursiven Perspektive andererseits. Einige dieser Vorlesungen vergingen wie im Fluge, ganz wie jene Traumstunden während der Analyse, bei denen sich der Analytiker in letzter Minute aus dem Halbschlaf rüttelt, um die Stunde pünktlich zu beenden. Spät nachts, nach der Sitzung, habe ich mir manchmal die Aufnahmen angeschaut. Das Unbewusste meiner Gruppe und das meine blieben offensichtlich nie ganz ausgeklammert. Ich stellte fest, dass ich nicht immer einverstanden war mit dem, was ich kurz davor gesagt hatte, ja manchmal schien mich in der Hitze der Diskussion gleichsam ein Geist zu befallen, den ich in einem Artikel oder einer Vorlesung mit schriftlicher Vorlage vermutlich neutralisiert hätte. Allmählich gewöhnte ich mich an mein digitales Selbst und freute mich auf mein nächstes Treffen mit ihm und mit der Gruppe. Ich begann, über diese Zoom-Sitzungen als meine »Talking Cure« (Redekur) nachzudenken. Bei dem Versuch, den Stimmen- und Ereignischor bei jeder Sitzung zu orchestrieren, begann ich, von den Aufnahmen Transkripte anzufertigen. Die Verarbeitung der aufgenommenen Sitzungen zu Texten ermöglichte mir auch, mich näher mit meinem psychoanalytischen Palimpsest auseinanderzusetzen. Ich war nicht überrascht festzustellen, dass Freud eine zentrale Rolle in meinen Vorlesungen einnahm – wenigstens daran hat die Corona-Pandemie nichts geändert –, doch ich erkannte auch, wie sehr sich meine Gedanken über die Psychoanalyse als Praxis und Ethik, als Lebenswandel und Erfahrung im Laufe der Jahre geändert haben. Aber noch wichtiger: Ich erkannte, wie sehr das Reden in die Kamera in demselben Raum, den ich mit den Patienten teile, seinen Widerhall in der Art findet, wie ich lehre, denke und rede. Das Reden aus dem Behandlungszimmer hinaus half mir, die objektive und die subjektive Dimension des psychoanalytischen Akts miteinander zu verbinden und unsere Gespräche in der Praxis zu verankern – in meiner vita activa als analytischer Therapeut. In einem Raum, in dem wenige Minuten zuvor eine Analysesitzung stattgefunden hatte, vor einer Kamera über Psychoanalyse zu reflektieren und zu sprechen und ein recht großes Therapeutenpublikum in Echtzeit daran teilhaben zu lassen, ist ein ganz besonderes Erlebnis. Ein paar Worte noch zum Aufbau des vorliegenden Bandes: Das erste Kapitel »Psychotherapie in Gefahr« beruht auf der ersten Gruppensitzung, die zu Beginn des ersten Lockdowns stattfand. Anlässlich dieser Sitzung ordnete ich das Seminar in seinen historischen und erlebnisgeschichtlichen Kontexten ein: im alt-neuen Ereignis der Pandemie und in den verschiedenen Aspekten des Angstphänomens. Eine gekürzte Version des Vortrags erschien im April 2020 in einer Wochenendbeilage der Zeitung Haaretz. Die elf nachfolgenden Gespräche befassen sich mit ausgeprägt theoretischen und klinischen Fragen. Darin eingeflochten sind die Fragen und Anmerkungen der Seminarteilnehmer. Im 13. Gespräch, das diesen Band beschließt, betrachte ich das psychoanalytische Projekt erneut aus der Vogelperspektive durch Reflexionen zum Begriff »psychoanalytische Weltanschauung« und dessen mögliche Verbindungen zu politischem Denken und zur Demokratie. Frühere Versionen desselben trug ich auf der Konferenz »Bion in Marakesh« 2018 in Rom, in den Psychoanalytischen Gesellschaften von Philadelphia und Chicago 2019, in der Israelischen Psychoanalytischen Gesellschaft 2020 sowie auf der Gründungsveranstaltung des Studiengangs »Freud und seine Nachfolger« des Studienprogramms für Psychotherapie der medizinischen Fakultät an der Tel Aviver Universität im März 2021 vor. Rückblickend habe ich realisiert, dass es durch das letzte Gespräch auch möglich wird, die zuvor durchgeführten...


Eran Rolnik, Dr., ist Lehrpsychoanalytiker und Supervisor in der Israelischen Psychoanalytischen Gesellschaft, der Internationalen Psychoanalytischen Vereinigung (IPV) und Facharzt für Psychiatrie und Doktor der Geschichte an der Universität Tel Aviv. Er praktiziert in einer Privatpraxis in Tel Aviv und gehört dem Lehrkörper des Max Eitingon Institute for Psychoanalysis an. Er ist Mitglied der Lenkungskommission des Studienganges 'Freud und seine Nachfolger', eines Programmes für weiterbildende Studien in Psychotherapie der Sackler Faculty of Medicine der Universität Tel Aviv, und der Kommission zur Geschichte der Psychoanalyse des Internationalen Psychoanalytischen Vereinigung. Zahlreiche veröffentlichungen u. a. zur Geschichte der Psychoanalyse: Freud auf Hebräisch (2013) und Sigmund Freud – Briefe (2019).



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