Romanus-Ludewig | Trauma bewältigen | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 176 Seiten

Romanus-Ludewig Trauma bewältigen

Übungen zur Selbsthilfe und für die Therapie

E-Book, Deutsch, 176 Seiten

ISBN: 978-3-7495-0326-1
Verlag: Junfermannsche Verlagsbuchhandlung
Format: Kindle
Kopierschutz: Kein



Wirksame Selbsthilfemaßnahmen zur Überwindung eines Traumas Wir werden im Leben mit unterschiedlichsten Herausforderungen konfrontiert. Viele Erlebnisse stecken wir gut weg. Aber es gibt Erfahrungen, die tiefe Wunden hinterlassen und nicht einfach so abgeschüttelt werden können. Sie verfolgen uns, machen uns Angst und rauben uns die Lebensfreude. In solchen Fällen brauchen wir einen „Krisenbegleiter“, der uns Halt gibt und sicher durch die schwierige Zeit lotst. Dieses Buch ist ein solcher Lotse. Verständlich und behutsam vermittelt das Buch • was man unter einem Trauma versteht, • welche körperlichen und seelischen Veränderungen ein Trauma bewirkt, • Kriterien dafür, ob eine sogenannte Traumafolgestörung vorliegt, • Wege, auf denen ein Trauma überwunden werden kann. Es bietet Hilfe zur Selbsthilfe und unterstützt den Therapieprozess, indem es Ihnen – orientiert an den traumatherapeutischen Leitlinien – aufzeigt, wo Sie gerade stehen und was Sie selbst tun können, um die Bewältigung des Traumas zu fördern.
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1. Was unterscheidet ein Trauma von einer „normalen“ Belastung?
Der Begriff „Trauma“ wird heute inflationär gebraucht. Das kann dazu führen, dass sich betroffene Menschen Aussagen anhören müssen wie: „Wir haben doch alle unser Trauma. Nimm dich nicht so wichtig!“ Doch dies wird dem Schicksal von Traumabetroffenen nicht gerecht und kann sehr verletzend sein, kommt es doch einer Relativierung ihres Erlebens gleich. Deshalb möchte ich Traumata mit ihren Folgewirkungen von einer „normalen“ Belastung abgrenzen. Wenn Sie selbst unsicher sind, ob Ihre Belastungen bzw. die Symptome, unter denen Sie leiden, krankheitswertig sind, hilft Ihnen diese Gegenüberstellung vielleicht dabei, mehr Klarheit über Ihre Situation zu gewinnen. Eine Diagnose sollte jedoch ausschließlich von Fachleuten gestellt werden. Ich rate dringend von Selbstdiagnosen ab! Das kann sowohl in die eine Richtung (Sie sind traumatisiert, wollen sich aber „zusammenreißen“ und spielen Ihr Leid herunter) als auch in die andere Richtung (Ihre Belastungen sind nicht die Folge eines Traumas, sondern haben andere, noch nicht erkannte Ursachen) Schaden anrichten. Belastende Lebensereignisse können uns „umhauen“ und uns kräftig „durchrütteln“. Hierzu zählen die Trennung vom Partner, ein beruflicher Misserfolg, eine Krankheit oder zwischenmenschliche Konflikte zum Beispiel am Arbeitsplatz oder innerhalb der Familie. Wir sind angesichts dieser Spannungen vielleicht oft erst einmal ratlos und fühlen uns überfordert, können uns aber im weiteren Verlauf wieder sortieren, unsere Kräfte bündeln und die Situation Schritt für Schritt bewältigen. Traumatische Erfahrungen zeichnen sich dadurch aus, dass wir einer Situation extremer Ohnmacht und Hilflosigkeit ausgesetzt sind. Wir können weder fliehen noch uns zur Wehr setzen – die Standardstrategien, die wir Menschen mit allen anderen Säugetieren teilen, wenn Gefahr droht, greifen nicht. In einer bedrohlichen Situation wird der Modus „Kampf oder Flucht“ aktiviert: Um Sicherheit zurückzuerlangen, wird der Ort der Bedrohung fluchtartig verlassen oder Kräfte für einen Kampf mobilisiert. Ist beides jedoch nicht möglich, d. h., es besteht größte Gefahr, aber es gibt keinen Fluchtweg und ein Kampf wäre zwecklos oder nicht möglich, dann handelt es sich um eine traumatische Situation. Wir haben keine Möglichkeit, angemessen zu reagieren. Man könnte auch sagen, wir sind in eine „traumatische Falle“ geraten. Unser Organismus ist nun auf Schadensbegrenzung ausgerichtet: Entweder wir erstarren, halten still und „frieren ein“, was angesichts eines übermächtigen Gegenübers lebensrettend sein kann, oder unser Organismus ermöglicht es uns, die schreckliche Erfahrung verändert zu erleben und abzuspeichern. Man nennt das „Fragmentieren“ (engl. „in Teile zerlegen“): Das Ereignis wird nicht wie andere als Ganzes erlebt und abgespeichert, sondern in kleine Bruchstücke aufgeteilt. Um es in ein einfaches Bild zu fassen: Weil wir den großen unverdaulichen Brocken einfach nicht schlucken und verdauen können, ist unser Organismus so weise, ihn in kleine Teile zu zerlegen. Das ist auch der Grund dafür, dass es sich manchmal etwas „wirr“ anhören kann, wenn jemand von einem traumatischen Ereignis spricht. Das Gedächtnis hat eine Menge aufgesplitterter Einzelteile abgespeichert, nicht das furchtbare Ganze. Was sind die Gründe für eine Traumatisierung? Im Infokasten sind die Ereignisse aufgeführt, die am häufigsten zu einer Traumatisierung führen.  INFOKASTEN Häufigste Traumaursachen: Krieg Folter Flucht körperliche Gewalt sexuelle Gewalt Zeugenschaft von Gewalt seelische Gewalt Verlust naher Bezugspersonen (v.a. Bindungspersonen) schwere (lebensbedrohliche) Erkrankungen schwere Formen von Mobbing 1.1 Das Trauma in Körper und Seele
Bei einer traumatischen Situation werden sowohl unser Körper als auch unsere Seele in einen Alarmzustand versetzt. In einer solchen Situation von „Maximalstress“ laufen immer bestimmte Reaktionen des Organismus ab: Die Stresszentren im Gehirn werden aktiviert. Wir haben eine Art „Feuermelder“ im Gehirn, der sich Amygdala oder auch Mandelkern (wegen seiner mandelförmigen Struktur) nennt. Die Amygdala ist Teil des sogenannten Limbischen Systems. Das ist ein Verbund verschiedener Hirnstrukturen im Innern des Gehirns und spielt eine wichtige Rolle bei der Verarbeitung von Emotionen. Die Amygdala setzt ab einer bestimmten Schwelle eine Stressreaktion in Gang. Wenn du dich an eine Situation erinnerst, in der du dich einmal so richtig erschreckt hast, kannst du sicher sein, dass die Amygdala kurzfristig „gefeuert“ hat, das heißt, sie hat Botenstoffe aktiviert, die die Information „Gefahr“ zum Mark der Nebenniere weiterleiten. Dadurch schnellen deine Stresshormone kräftig in die Höhe. Es wird Adrenalin ausgeschüttet, das vor allem deinen Blutdruck ansteigen und deinen Puls schneller werden lässt. Aber auch ein Hormon namens Noradrenalin steigt an. Dieses sorgt zusätzlich für die Ausschüttung von Adrenalin. Ein weiteres Hormon wird angekurbelt, es nennt sich Cortisol und dient dazu, den Körper in einen „energiegeladenen“ Zustand zu versetzen, sodass er z. B. schnell und kraftvoll reagieren kann, falls sich doch noch eine Chance zu fliehen oder zu kämpfen bietet. So lässt sich auch erklären, dass Menschen in Situationen größter Gefahr Kraft aufbringen, zu der sie im „Normalzustand“ nicht in der Lage wären. Ein traumatisches Erlebnis überfordert jedoch die normale Stressverarbeitung. Wenn weder Flucht noch Kampf möglich sind, erstarrt der Körper, während die Stresshormone im Inneren noch voll aktiv sind. Ein Verharren in der traumatischen Situation führt zu einer veränderten Reaktion der Stresssysteme: Es wirkt wie eine Art „Puffer“ zwischen dem schrecklichen traumatischen Erleben und deinem persönlichen Empfinden. Betroffene beschreiben, dass sie das Geschehen „wie von außen betrachten“, einen „Tunnelblick“ haben oder auch „sich wie in einem Nebel“ fühlen. Eine Art Betäubung setzt ein. Auch unser Gedächtnis ist davon betroffen. In einer traumatischen Situation werden nur die weniger bedrohlichen Teile des Erlebens im sogenannten Hippocampus (Hippocampus = Seepferdchen, wegen der seepferdchenartigen Form dieses Gehirnteils) gespeichert. Die besonders bedrohlichen Details werden aber als „Gedächtnissplitter“ in der Amygdala abgelegt und haben eher den Charakter von „Blitzlichtern“, also kurzen einzelnen Momentaufnahmen, die manchmal zeitlich schwer einzuordnen sind. Ein traumatisches Ereignis kann also nicht als zusammenhängende Erinnerung ins biografische Langzeitgedächtnis eingespeichert werden. Es wird gleichzeitig in verschiedenen Hirnarealen gespeichert und ist dann unterschiedlich gut und schnell abrufbar. Damit dieser komplexe Prozess besser verständlich wird, schildere ich es hier an einem Beispiel: Eine 20-jährige junge Frau ist leidenschaftliche Motorradfahrerin. Es ist Herbst und äußerst nebelig. Ein Autofahrer übersieht sie und fährt ihr beim Abbiegen in die Seite. Das Motorrad überschlägt sich, sie selbst fliegt mehrere Meter durch die Luft und knallt auf den Asphalt des Seitenstreifens. Kurz darauf steht sie auf, läuft wie abwesend am Seitenstreifen entlang. Ein Sanitäter vom inzwischen eingetroffenen Rettungswagen läuft ihr hinterher, spricht sie an, bittet sie, sich hinzusetzen. Erst jetzt sieht sie eine große klaffende Wunde am Oberschenkel und der Sanitäter muss ihr erklären, dass sie gerade einen Unfall hatte. Allmählich „kommt sie zu sich“ und erst im Rettungswagen beginnt sie, starke Schmerzen wahrzunehmen. Anhand dieses Beispiels lassen sich die oben beschriebenen Vorgänge gut veranschaulichen: Als die Frau „wie abwesend“ die Straße entlangläuft, wird die Wirkung des „Benebelungshormons“ Noradrenalin erkennbar. Die erhöhte Ausschüttung der Stresshormone macht den Körper nicht nur kampf- und fluchtbereit, sondern führt auch zu einer Schmerzunempfindlichkeit, Gefühlsbetäubung sowie zu einem verschwommenen Bewusstsein. Die Frau erinnert sich direkt nach dem Unfall nicht daran, was passiert ist. Erst als sie später aus der OP-Narkose erwacht, kann sie den Unfall rekapitulieren. Ihrer Schilderung ist jedoch zu entnehmen, dass sie sich nur an Bruchstücke erinnert, das Erlebnis ist wie „zersplittert“, wie in Puzzleteile zerlegt. Man kann es sich auch wie ein Bild in einem Spiegel vorstellen. Dann kommt ein Hammer und zerschlägt den Spiegel, er zerbricht in viele Einzelteile, die dann verstreut und ungeordnet herumliegen. Alle diese beschriebenen Abläufe dienen dem einen Zweck: überleben und den Schaden möglichst zu minimieren. Das ist klug eingerichtet von der Natur, aber diese „Existenzsicherung“ verläuft oft nicht ohne „Kollateralschäden“, wie ich in Abschnitt 1.2 erläutern werde. 1.2 Wann macht ein Trauma krank?
Nicht jedes Trauma macht krank. Viele Traumatisierungen heilen folgenlos (oder zumindest fast folgenlos) aus. Dann bleibt nur eine „seelische Narbe“ zurück. Die Person wird zwar auch erst einmal von der überwältigenden Erfahrung des Traumas „umgehauen“ und es können anfangs massive Stresssymptome auftreten wie Verzweiflung, Traurigkeit, Wut, Ruhelosigkeit und Schlafstörungen. Diese Symptome nehmen aber rasch wieder ab und das Leben...


Dr. Alice Romanus-Ludewig ist Ärztliche Psychotherapeutin in eigener Praxis in Hannover. In ihren Seminaren erfahren Therapeut*innen alles Wesentliche über Traumata, Traumatisierungsfolgen und Grundlagen der traumatherapeutischen Behandlung nach dem RebiT-Ansatz.


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