Rot | Die Nobelpreisträger | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 874 Seiten

Rot Die Nobelpreisträger


1. Auflage 2020
ISBN: 978-3-7502-2435-3
Verlag: neobooks
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, 874 Seiten

ISBN: 978-3-7502-2435-3
Verlag: neobooks
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



'Sie werden glauben, du hieltest dich für etwas Besseres', sagte Peer. 'Aber ich bin etwas Besseres', antwortete Lein. Lein Olerson war überzeugt, eine der größten Fragen der Menschheit geklärt zu haben, auch wenn die Fachwelt das nicht anerkennen wollte. Die täglichen Gespräche mit seinem Zwillingsbruder Peer, mit dem er mehr oder weniger unfreiwillig zusammenlebte, brachten ihn schließlich auf den zündenden Gedanken. Aber würde Peer seinen Bruder auch bei illegalen Machenschaften unterstützen, oder würde Lein am Ende sogar sein gleichgültiger Umgang mit Frauen zum Verhängnis werden? 'Du hast versprochen, gleich wieder zu gehen,' 'Diesmal habe ich gelogen.' Henri Duritels hatte immer gewusst, dass er nicht hätte Arzt werden sollen. Aber als er 2028 dank seiner einflussreichen zum Forschungsleiter für neue Antibiotika aufgestiegen war, konnte er seine Tätigkeit als Oberarzt endlich an den Nagel hängen. Und obwohl er auch mit der neuen Aufgabe überfordert war, stellten sich dank seiner Mitarbeiter bald wesentliche Erfolge ein. Aber würde er sich mit diesen Abhängigkeiten abfinden, oder konnten in dem schüchternen, depressiven Mann plötzlich ungeahnte Kräfte erwachen? Fünf Jahre Zusammenarbeit waren mit einem Tastendruck ausgelöscht. Der junge Inder Tarun Gupta hatte seine Hackerkarriere eigentlich schon aufgeben wollen, als er Ende 2033 verhaftet wurde und nun entscheiden mußte, ob er lieber ins Gefängnis gehen sollte, oder stattdessen für die Polizei den weltweit meistgesuchten Hacker cr2 zur Strecken bringen. Wer aber war cr2, und was trieb ihn an, weltweit in sensible Systeme einzudringen? Und würde Tarun ihn enttarnen, oder war das gar nicht möglich, weil ... 'Bist du Gott?' 'Wenn du es sagst!' ... sich im Dezember 2035 alle Handlungsstränge in einem einzigen explosiven Moment vereinigten? Würden die Überwachungskameras sein Gesicht als das eines Nobelpreisträgers erkennen, fragte sich Lein.

Michael Rot ist Professor für Musikalische Interpretation der Oper an der Wiener Musikuniversität. Er ist aber auch Komponist, Dirigent und Arrangeur. Interpreten wie Anna Netrebko, Placido Domingo, José Carreras, Jonas Kaufmann oder die Wiener Philharmoniker haben seine Bearbeitungen weltweit bekannt gemacht. Darüber hinaus hat Rot bereits mehr als 500 wissenschaftliche Publikationen veröffentlicht. 'Japan ist eine Insel' war das erste belletristische Werk von Michael Rot.
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Kapitel 1


Lein Olerson war vom Bahnhof auf dem schnellsten Weg zur Übergabe der neuen Wohnung gefahren, die das Maklerbüro für ihn ausgewählt hatte. Ortswechsel waren für ihn immer noch eine psychische Belastung, obwohl er durch den endgültigen Verzicht auf Flugreisen seine größte Sorge losgeworden war. Dieselben Sicherheitsbedenken, die ihn vom Besteigen eines Flugzeugs abhielten, hatten auch eine Fahrt durch den Tunnel unter dem Ärmelkanal nicht zugelassen. Und die Bahnfahrten mit der dazwischenliegenden Schiffspassage waren anstrengender gewesen als erwartet. Auch die Vorbereitungen für den Umzug hatten viel Zeit und Mühe gekostet. Es war zwar nicht seine erste Übersiedlung und auch nicht die weiteste, aber die Bücher und Kleidungsstücke füllten inzwischen dutzende Transportkartons, obwohl Lein keinen Hausrat im eigentlichen Sinn besaß. Die einzigen Utensilien, mit deren Hilfe man Nahrung zubereiten oder zu sich nehmen konnte, waren zwei Kaffeetassen und eine Kaffeemaschine, ein imposantes Exemplar, das den in den USA beliebten Filterkaffee vollautomatisch zubereitete. Große Mengen Kaffee zu trinken, war vermutlich sein einziges Laster, obwohl er es nicht als solches empfand.

Lein hatte es nicht für notwendig erachtet, Tübingen vor Beginn seiner Tätigkeit zu besuchen, aber die Vorgaben an den Wohnungsmakler waren ausführlich und präzise gewesen. Im Cloudnet hatte er eine seriös wirkende Firma gefunden, die er mit der Suche nach einer möblierten Drei- bis Vierzimmerwohnung beauftragte. Sie sollte in einer Gegend mit großer Auswahl an Lokalen liegen und vom Universitätscampus zu Fuß erreichbar sein, vor allem aber – und das hatte er dem Makler eindringlich ans Herz gelegt – sollten in dem Viertel keine Studenten wohnen. Er hatte keine Lust, auf Schritt und Tritt bekannten Gesichtern zu begegnen und vielleicht sogar in Gespräche verwickelt zu werden.

Der Stadtteil Schönblick gehörte zu den besten Wohnlagen der Stadt, geprägt von Villen mit kleinen Gärten und mit geringem Verkehrsaufkommen. Leins Wohnung lag in einem der wenigen Mehrfamilienhäuser mit insgesamt vier Wohneinheiten. Die Wohnung gefiel ihm, und dass sie eher dunkel war, würde ihn nicht stören. Von den drei Zimmern wollte er das größte als kombinierten Wohn- und Arbeitsraum nützen, wo er seinen Schreibtisch dominierend vor die Fensterwand platzieren konnte. Dieses wuchtige alte Möbelstück und ein nach seinen Wünschen als Sonderanfertigung hergestelltes Bett waren die einzigen Einrichtungsgegenstände, die er aus England mitbrachte. Ein großer Bücherschrank und eine bequem aussehende Sitzbank gehörten zum Inventar der Wohnung. Das Zimmer nebenan war als Schlafzimmer vorgesehen, da man von dort in einen kleinen, aber gut ausgestatteten Schrankraum gelangte. Das zum Schlafzimmer gehörende Bett hatte der Makler auf Leins Anweisung bereits in ein Lager bringen lassen. Der dritte, nur rund zwölf Quadratmeter große Raum mit Tisch, Schrank und Lehnstuhl würde vorläufig als Abstellraum dienen.

Das Badezimmer war modern eingerichtet, mit Wanne und getrennter Duschkabine, wie Lein es verlangt hatte. Auf die Besichtigung der Küche hätte er gerne verzichten können, er würde hier sicher keine Speisen zubereiten. Nur während seines Aufenthalts am Südpol war er gezwungen gewesen zu kochen und hatte es darin sogar zu einiger Fertigkeit gebracht. Die Kollegen waren gar nicht unglücklich gewesen, wenn die Reihe wieder an ihn gekommen war. Aber hier in Tübingen, im Zentrum einer Stadt, würde er die Küche nicht in Anspruch nehmen. Auch die hübsche Sitzecke konnte ihn nicht verführen, hier mehr Zeit zu verbringen, als zum Kaffeekochen notwendig war.

Der Makler war jedoch nicht davon abzuhalten, ihm alles ausführlich zu erklären. Die Bedienung des Induktionsherdes hätte Lein nötigenfalls auch ohne Einführungsgespräch herausgefunden, eine Geschirrspülmaschine sah er nicht zum ersten Mal und die Inneneinrichtung des Kühlschranks konnte ihn keinesfalls interessieren. Dieses Gerät würde er ganz sicher nicht anfassen. Auch als er noch kochen musste, hatte er immer Kollegen überreden können, ihm alles Nötige bereit zu legen. Lein war charmant und beliebt, und so hatten sie seinen Spleen lächelnd akzeptiert.

Der Makler war schon im Treppenhaus, als Lein einfiel, dass er vergessen hatte, sich um eine Haushaltshilfe zu kümmern. Der freundliche Herr versprach, ihm jemand zu schicken. »Zwei oder drei Mal pro Woche«, rief ihm Lein noch nach, dann war er allein in der Wohnung.

Er stand regungslos im Flur und blickte durch die geöffnete Tür ins Arbeitszimmer. Die Wohnung war in Ordnung, hier würde er für die nächste Zeit gut zurechtkommen. Vielleicht würde er sogar wieder Kraft finden zu schreiben, wenn erst einmal der Schreibtisch seinen Platz gefunden hatte. Bei diesem Gedanken wurde ihm bewusst, dass er für diesen Abend ohne Bett auskommen musste, da die Lieferung seiner Möbel erst für den nächsten Tag vereinbart war. So konnte er unmöglich die Nacht in der Wohnung verbringen, schließlich war er kein Student mehr, der nötigenfalls auf dem Wohnzimmerboden schlief. Er aktivierte das Navigationssystem auf seinem Y-Com, was ihn daran erinnerte, dass er einen Vertrag bei einem deutschen Anbieter abschließen musste.

Auf dem Weg ins Zentrum wurde Lein nach wenigen Minuten klar, dass sich entgegen seiner Anweisung in der Umgebung der Wohnung keine Lokale befanden. Allerdings erreichte er nach nur fünfzehn Minuten die Stadtmitte, wo er rasch ein kleines Hotel ausfindig machte, das für diese Nacht genügen würde. Ein Restaurant, wo er abends essen könnte, hatte er auch schon entdeckt, denn die Mensa der Universität oder andere bei den Studenten beliebte Lokale würde er sicher nicht aufsuchen. Da es erst fünf Uhr nachmittags war, wollte er aber vorerst nur ein Bier trinken.

In einer schmalen Gasse unweit des alten botanischen Gartens war ihm eine Kneipe aufgefallen, in der man auch am Tresen sitzen konnte. Das Lokal war dunkel und halb leer, aber gerade das gefiel ihm. Hier würde er nicht Gefahr laufen, in eine Konversation verwickelt zu werden.

»Ja, bitte?«, fragte die junge Dame.

»Ein Bier, bitte«, antwortete Lein instinktiv auf Deutsch.

»Pils?«

»Ja, ist okay.« Soweit reichte sein Deutsch gerade noch. Ein wenig schämte er sich, dass er diese Sprache nicht richtig beherrschte, schließlich war sein Großvater Deutscher gewesen. Und die wenigen Brocken hatte er nicht einmal von ihm gelernt, sondern von einem deutschen Teamkollegen in der Antarktis. Jetzt war es zu spät, daran etwas zu ändern. Lein hatte nicht die Absicht, dieser Sprache in seinem Alter noch näher zu treten. »Unterrichts- und Teamsprache Englisch« war in der Ausschreibung der Universität gestanden. Wenn er im beruflichen Umfeld keine Fremdsprache benötigte, umso weniger im Privatleben. In Deutschland verstanden alle Englisch; das wusste Lein, zumindest nahm er das als sicher an.

»Bitte sehr!« Die hübsche junge Dame stellte das Bier vor ihn hin. Ja, sie war wirklich hübsch. Vor allem hatte sie bemerkenswerte Augen, aber Leins Interesse an Frauen war gerade an einem Tiefpunkt angelangt. Seine letzte Beziehung war nach zwei schönen Jahren eben erst in die Brüche gegangen – mit einer der Gründe, warum er das Angebot aus Tübingen angenommen hatte. Er hätte sie sogar heiraten wollen, als sie plötzlich mit einem Anderen auf und davon ging. So blieb es bei der einen Ehe davor, in seiner Anfangszeit in Durham.

Es war sein erstes deutsches Bier, ein wenig kräftiger als die in England, aber daran konnte er sich gewöhnen. Die Kneipe schien ihm wirklich passend zu sein, Hauptsache, keine Studenten und vor allem kein Single-Treff. Die Musik hatte auch eine angenehme Lautstärke; so konnte er ungestört seinen Gedanken nachhängen.

»Möchten Sie etwas essen?«, unterbrach die Kellnerin seine Überlegungen.

»Kann man hier auch zu essen bekommen?«, fragte er erstaunt, und wechselte dabei automatisch ins Englische.

»Hier ist die Speisekarte«, erklärte sie, nun auch auf Englisch.

Lein sah die Angebote aufmerksam durch. Burger, Toast und Wiener Würstchen kannte er natürlich, anderes kam ihm entfernt bekannt vor. Unter Saures Nierle und Saure Kutteln konnte er sich nichts vorstellen. Da er wie immer längeren Konversationen ausweichen wollte, bestellte er einfach Geschmälzte Maultaschen, das klang irgendwie einschmeichelnd.

Ihm fiel auf, dass niemand rauchte. Jemand hatte ihn gewarnt, in Deutschland würde in den Kneipen wesentlich mehr geraucht als in England oder den USA, aber Lein konnte keine Aschenbecher entdecken. Vielleicht hatte er Glück, und das hier war ein rauchfreies Lokal. Dann kam sein Essen; es sah lecker aus. Lein mochte alle Arten von Teigwaren. Diese waren gerollt oder gefüllt, oder beides, er konnte es nicht genau identifizieren. Alles zusammen, mit der Füllung und der geschmolzenen Butter, traf genau seinen Geschmack. Er war am Tresen sitzen geblieben, niemand hatte ihn aufgefordert, an einem der Tische Platz zu nehmen. In den Pubs in Oxfordshire, wo er zuletzt gearbeitet hatte, war das nicht gestattet gewesen. Er bestellte noch ein Glas Bier, und auch das schmeckte ihm hervorragend. Alles wirkte bereits seltsam vertraut. Lein fand den Abend wunderbar und genoss die Maultaschen.

Erst nach dem Essen merkte er, wie müde er war. Er bedankte sich bei der hübschen Kellnerin und beglich die Rechnung. Auch das verlief bequemer als in seinem Pub in England, wo er jede Bestellung einzeln im Voraus bezahlen musste. Als er auf die Straße trat, fand er die Luft erstaunlich warm für die Jahreszeit. In Oxfordshire hatte es sicher zehn Grad weniger als hier. Er unternahm...



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