Rudt | Todeslieder | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 300 Seiten

Reihe: DrachenStern Verlag. Science Fiction und Fantasy

Rudt Todeslieder

Roman
1. Auflage 2019
ISBN: 978-3-95669-111-9
Verlag: Bookspot Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Roman

E-Book, Deutsch, 300 Seiten

Reihe: DrachenStern Verlag. Science Fiction und Fantasy

ISBN: 978-3-95669-111-9
Verlag: Bookspot Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Der dritte Weltkrieg ist vorbei. Die meisten Großstädte sind vernichtet und unbewohnbar. Die Menschen sind in strenge Klassen unterteilt. Während Ivy ein Leben im Überfluss führt, muss sie zusehen, wie die unteren Klassen kaum überleben. Die Musik ist die modernste Waffe der Menschheit, nachdem die Totenweber sich als neue Ebene der Evolution herauskristallisiert haben. Durch ihre Fähigkeit, Todeslieder zu komponieren, sind sie mächtig - und gefürchtet. In den unteren Schichten versuchen sie der Verfolgung und dem sicheren Tod zu entgehen.
Als Ivys kleine Schwester entführt wird, hinterlässt der Täter ein unmissverständliches Zeichen am Tatort: Ein Todeslied. Ivy begibt sich auf eine gefährliche Suche nach dem Kidnapper. Kann sie ihn finden und stoppen, bevor er seine tödliche Melodie zu Ende gewebt hat? Ein Wettlauf gegen die Zeit beginnt…

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1
Der Zirkusmann
Ich lief über den Asphalt, sah weder nach links noch nach rechts. Meine Füße trugen mich von ganz alleine, vorbei an den blinkenden Lichtern, den großen Reklametafeln und leuchtenden Neonbuchstaben. Der Geruch von Abgasen stieg mir in die Nase, als ich mich durch die Menschenmenge quetschte. Er war noch ganz neu, der Tower. Der große Baukomplex aus Glas reflektierte das Sonnenlicht. Seit die Menschen vor rund dreihundert Jahren während des Dritten Weltkrieges mit Atombomben um sich geworfen hatten, hüllte eine gigantische Staubwolke den Planeten ein. Deshalb sandten Satelliten Blitze von so hoher Hitze in den Himmel, dass sie dort eine neue Sonne bildeten: groß, gelb und – als einziger Unterschied zu der alten – kontrollierbar. Ich stieß die Glastür zum Tower auf, dem Regierungszentrum unseres Staates. Innen herrschte geschäftiges Treiben, Anzugträger liefen umher, das Geräusch von Stöckelschuhen übertönte die leise Musik im Hintergrund. »Ivy, Liebes«, sagte eine Stimme neben mir. Ich sah mich um. »Carmen.« Die junge Frau lächelte auf mich herab, die goldenen Augen verliehen ihr einen freundlichen Ausdruck. Sie war die Sekretärin meines Vaters, der Präsident von Ikar war, einem Zusammenschluss mehrerer Städte mit insgesamt mehr als fünfzig Millionen Einwohnern. Wir wohnten in der Metropole Rothdal, die das politische Zentrum Ikars bildete. »Schätzchen, ich wollte dich nicht erschrecken«, versicherte mir Carmen und fuhr sich mit den gelblackierten Fingernägeln durchs Haar. Es war warm im Tower. Ich hatte mich ziemlich luftig angezogen, nicht angemessen, um meinen Vater zu besuchen. Aber das war Absicht – er hatte Vickys elften Geburtstag vergessen. Und meine Mutter nahm es einfach schweigend hin, während ich meiner heulenden kleinen Schwester tröstend den Rücken streicheln musste. »Hast du nicht«, antwortete ich vielleicht ein bisschen verspätet. »Wo ist mein Vater?« Das Lächeln auf Carmens Gesicht erlosch. »Schätzchen, das tut mir leid. Dein Vater ist schwer beschäftigt. Willst du auf ihn warten?« »Wie lange dauert es denn noch?« Sie zuckte mit den Schultern. »Du kennst doch deinen armen Vater, er nimmt alles so furchtbar ernst. Irgendeine Verhandlung, ein Mann aus Darw ist hier«, erklärte sie mit verschwörerischer Stimme. Darw war ähnlich wie Ikar ein Zusammenschluss mehrerer Städte Frankreichs. Das beeindruckte mich tatsächlich. Ich hatte noch nie jemanden aus Europa getroffen. Normalerweise hielt mein Vater mit ihnen per Hologrammkonferenz Kontakt. »Woher kommt er?« »Nizza«, strahlte sie, froh, mein Interesse geweckt zu haben. »Es geht um irgendein Abkommen, wirklich spannend.« Großartig. Und wie kam ich jetzt an Dad ran? Nachdenklich wippte ich mit meinem Fuß im Takt der Musik. Die leisen Klänge schwebten über mir, ihr Spieler war wahrscheinlich schon längst gestorben. Es war ein Nachklang. Die Totenweber konnten ihre magischen Lieder auch ohne den tödlichen Beigeschmack erschaffen – wunderschöne Kompositionen, die sie in der Luft als Nachklang verankerten. So war das Lied noch lange Zeit später an dem Ort seiner Uraufführung zu hören. Mein Vater meinte, die Dauer des Nachklangs hing davon ab, wie mächtig der Totenweber war. Je mehr Macht er besaß, desto lauter war der Nachklang zu hören. Bis auch er eines Tages völlig verstummte. Ein Problem dabei war, dass auch die gefährlichen Todeslieder als Nachklang festgehalten werden konnten. So war es den Totenwebern möglich, die Luft dauerhaft mit einer tödlich hypnotisierenden Melodie zu verpesten. »Weißt du, wo Dad sich gerade aufhält?« »Im Büro.« Ich verzog abschätzend das Gesicht und die junge Frau sah mich schockiert an. »Ivy … Du kannst nicht einfach bei deinem Dad reinplatzen. Es ist bestimmt wichtig, aber –« »Sag Dad«, unterbrach ich Carmen verärgert, »dass er sich bei mir melden soll, wenn der Kerl aus Frankreich verschwunden ist. Ich habe mein Handy dabei.« Carmen nickte erleichtert. »Abgemacht.« Ich verließ den Tower. Die Hitze versengte mich fast, während die Geräusche von Autos und Hubschraubern das Hören von Nachklängen unmöglich machten. Eine Frau hinter mir schrie auf, als ein SG fast mit ihrem Kopf kollidierte. Die Security Guards waren nicht wirklich gefährlich. Zumindest solange man keinen Unfug anstellte. Aber in Zeiten, in denen ein Krieg zwischen den Rebellen und den Totenwebern drohte, flogen sie in Scharen über die Köpfe der Menschen hinweg. Eine Menschentraube lenkte meine Aufmerksamkeit auf das große Einkaufszentrum. Vor den Glaswänden hatte sich eine kleine Versammlung von Schaulustigen platziert. Ab und zu sah man eine grün-orangefarbene Flamme aus ihrer Mitte hochschießen. Ich schob mich zwischen den Körpern hindurch und erblickte einen Mann. Er trug nichts außer einer schwarzen Lederhose. Sein Haar war blond und verwuschelt. Er jonglierte mit sieben Fackeln, wirbelte sie durch die Luft, so schnell, dass ich den Bewegungen kaum folgen konnte. Auf seinem nackten Oberkörper zogen sich verschlungene Linien über die Muskeln, verstrickten sich ineinander und schienen durch das Feuer zu leben. Ich war fasziniert. Seine Bewegungen wurden schneller und dann, plötzlich, ließ er die Fackeln fallen und das Feuer erlosch. Die Menschen neben mir waren genauso gebannt wie ich, dann brach der Applaus aus. Der junge Mann grinste frech und deutete eine Verbeugung an. Mein Blick fiel auf sein linkes Handgelenk, auf das ein schwarzer Hammer eintätowiert war – er gehörte zur Arbeiterklasse. Ich strich mit dem Daumen über mein eigenes Tattoo, eine kleine Krone. Es war das Symbol der höchsten Klasse, der Oberschicht unserer Welt. »Ah, die Tochter des Präsidenten!«, rief der Straßenkünstler in dem Moment. Seine hellen Augen bohrten sich in meine. Trotz seines Lächelns wirkten sie kühl wie Eis. »Ich fühle mich geehrt.« Ich wurde rot. »Wem mache ich denn die Ehre?«, erwiderte ich und kopierte sein spöttisches Lächeln. »Betriebsgeheimnis«, erklärte er knapp und wandte mir den Rücken zu, um die Fackeln aufzuheben. »Betriebsgeheimnis? Heißt das, du machst das hier nicht zum Spaß?« Er sah mich herablassend an. »Nicht jeder hat soviel Geld wie dein Vater, Prinzessin.« Ich runzelte die Stirn, Wut mischte sich unter meine anfängliche Faszination. War ich etwa zufrieden mit der Arbeit meines Vaters? Was wusste der Kerl schon von mir? »Und woher willst du wissen, dass ich nicht auch einen Teil des Geldes spende?«, fragte ich. Er grinste kühl. »Intuition.« Sein Blick glitt bedeutungsvoll über meine Kleidung und den Schmuck. Ich sah auf den dreckigen Asphaltboden, fand aber keine Mütze oder etwas anderes, worin er hätte Geld sammeln können. Stattdessen lag ein kleiner Haufen von Flyern auf dem Boden, vor dem Wind geschützt von einer noch unberührten Fackel. Ich bückte mich und hob die kleinen Zettel auf. Faszination des Feuers stand da in bunten Lettern. Kleine Flammen schlängelten sich um die einzelnen Buchstaben und krochen über das Papier. 5. Mai 2197, alte Huven Hall, 22 Uhr! Ich sah den Mann an. »Du gehörst zum Zirkus?« Die Fackeln in seiner Hand fielen wieder krachend auf den Boden, als er mir die Flyer aus der Hand riss. »Nein. Wir sind kein Zirkus.« »Sondern?«Er sah mich wütend an. »Was geht dich das an?« »Hey!« Beschwichtigend hob ich meine Hände. »Ver-graulst du immer potenzielle Zuschauer?« Für einen Moment glitt Verblüffung über sein Gesicht, dann strich er sich eine blonde Strähne aus der Stirn und wandte sich wortlos ab. »Wenn Sie mehr von dieser kleinen Kostprobe des Feuers sehen wollen, kommen Sie in die Huven Hall!«, rief er den anderen zu und warf die Zettel in die Luft. Hände wurden jauchzend in die Höhe gerissen und die Flyer mit Begeisterung aufgefangen. 5. Mai, das war diesen Samstag. Morgen. Und die Huven Hall kannte ich auch, es war die alte Fabrikhalle, die durch ein Feuer ihren Ostflügel verloren hatte. Sie war im Gangsterviertel der Stadt. Theoretisch könnte ich das schaffen. Wenn ich Dad und Mom anlog. Sie würden mich niemals zum Zirkus gehen lassen, das wäre ja ein Skandal! Die Tochter des Präsidenten trieb sich nicht in der Unterschicht herum. »Wir sehen uns morgen«, informierte ich seinen Rücken und er wirbelte zu mir herum. In seinen Augen blitzte es verärgert. »Die Huven Hall ist in Genley«, erwiderte er. »Ich weiß. Und?« »Das ist ein gefährliches Pflaster für eine wohlerzogene junge Dame wie dich.« Ich zuckte mit den Schultern. Mein Spott schien ihm nicht zu gefallen, er verschränkte die muskulösen Arme vor der Brust und blickte mich durch ein paar seiner blonden Strähnen böse an. »Keine Angst, dass ich der Presse stecke, wo du dich rumtreibst?« Ich lachte. »Keine Angst, dass das Prinzesschen dich bei ihrem Vater verpfeift? Eure Veranstaltung ist bestimmt illegal.« Nach den ersten öffentlichen Auseinandersetzungen der Rebellen und der Totenweber musste jede Großveranstaltung zur Vermeidung von ausufernden Auseinandersetzungen von der Zentrale für Sicherheit genehmigt werden. Die Rebellen wollten die Totenweber tot sehen. Ihnen reichte es nicht, dass den besonderen Musikern alle Rechte aberkannt, sie gejagt und...


Nina Rudt, 1996 in Göttingen geboren, studiert derzeit Medizin in Magdeburg. Das Lesen und Schreiben von Geschichten begleitet sie schon seit ihrer Kindheit als große Leidenschaft. So schaffte sie es bereits 2012 mit ihrer Kurzgeschichte "Der Fehler" unter die Top 10 des MANGAKA-Schreibwettbewerbs vom Carlsen Verlag.
Die spannende Dystopie "Todeslieder" ist ihr Debütroman.
Rudt begeistert mit ihrer Fähigkeit, beim Leser einmalige Bilder zu zaubern, die noch lange nach dem Lesen bestehen bleiben.



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