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E-Book

E-Book, Deutsch, 208 Seiten

Rüttgers Transformationen

Wie sich Deutschland ändern muss, um die Zukunft erfolgreich zu meistern
1. Auflage 2023
ISBN: 978-3-451-83149-2
Verlag: Verlag Herder
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Wie sich Deutschland ändern muss, um die Zukunft erfolgreich zu meistern

E-Book, Deutsch, 208 Seiten

ISBN: 978-3-451-83149-2
Verlag: Verlag Herder
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Derzeit herrscht eine dezidierte Krisenstimmung. Die vielen Erscheinungsformen der gegenwärtig viel besprochenen 'Zeitenwende' überfordern die Menschen: Klimakrise und Energiewende, Kriege und Spannungen der Großmächte, Migration und der Zustand Europas. Jürgen Rütters, der ehemalige Ministerpräsident NRWs, plädiert dafür, die Grundsätze unser freiheitlichen Gesellschaft nicht über Bord zu werfen und in Angst zu erstarren. Vielmehr gilt es, die Zukunft aktiv zu gestalten und eine neue Wissensgesellschaft zu formen. Er ist sich sicher: Wir können die Transformationen unserer Zeit mit einer mutigen, europäischen Politik erfolgreich meistern.

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1. Transformationen –
ein Überblick
„Demokratische Ordnungen sind nicht in Stein gemeißelt. Sie sind Fragen nach Sinn und Leistungsfähigkeit ausgesetzt. Demokratie heißt Wettbewerb um Ideen, Programme und Ziele. Deshalb wählen wir. Deutschland und Europa müssen mehr Demokratie wagen, um das Versprechen von Freiheit und Gerechtigkeit zu erfüllen. Und das Erreichte darf nicht zwischen den Fingern zerrinnen. Deutschland und Europa haben viel zu verlieren.“ (Jürgen Rüttgers)1 Bedrohte Freiheit
Als der „Kalte Krieg“ des letzten Jahrhunderts mit der Wiedervereinigung Deutschlands und dem Zusammenbruch des kommunistischen Systems endete, war Deutschland 50 Jahre geteilt. Damals, 1989/1990, hatten sich die Menschen in Osteuropa ihre Freiheit errungen. In Polen streikte die Gewerkschaft Solidarnosc für Freiheit und Gerechtigkeit, ihre Mitglieder kämpften im Untergrund gegen die kommunistische Diktatur und waren darin erfolgreich. Auch die ungarische Regierung öffnete den „Eisernen Vorhang“. In der Tschechoslowakei stellte sich der Schriftsteller und Dissident Václav Havel an die Spitze der demokratischen Bewegung. Die Letten, Esten und Litauer zeigten ihren Freiheitswillen in einer großen Menschenkette, an der sich mehr als eine Million Menschen beteiligten. In Ostdeutschland trugen die Menschen Kerzen durch ihre Städte. Die kommunistische DDR-Regierung wurde gleichsam durch ein Straßenplebiszit abgewählt, sie war nicht mehr in der Lage, den Eisernen Vorhang und die Berliner Mauer, die Deutschland teilten, mit Gewalt aufrechtzuerhalten. Dies war „vielleicht […] die einzige erfolgreiche Volkserhebung der deutschen Geschichte“, schreibt Tony Judt.2 Die Idee der Freiheit hatte gesiegt. Diktaturen wandelten sich zu Demokratien, die auf den westlichen Grundwerten fußten und als Rechtsstaaten mit Gewaltenteilung sowie einer unabhängigen Verfassungsgerichtsbarkeit Mitglied der Europäischen Union und der transatlantischen Verteidigungsgemeinschaft werden konnten. Dass diese große europäische Freiheitsrevolution mit dem Resultat der deutschen Wiedervereinigung friedlich stattfand und auch noch die Zustimmung aller Mitgliedstaaten der Europäischen Union und der alliierten Siegermächte gewann – das ist das eigentlich Wunderbare. Aber das Glücksgefühl jener Jahre ist geschwunden. Heute haben viele Menschen Angst vor der Zukunft. Sie erleben, wie sich die alte Weltordnung auflöst und das hergebrachte Gleichgewicht der Mächte schwindet. Und keiner weiß, wie die neue Ordnung der Welt sortiert sein wird. So wie Jürgen Osterhammel für den amerikanischen Unabhängigkeitskrieg festgestellt hat: „Gekämpft wurde nicht für eine Verfassung, sondern um Spielräume unterschiedlicher Gesellschaftsmodelle innerhalb einer bestehenden Verfassung“3, so kennt auch die postkommunistische Gegenwart im demokratischen Teil Europas solche Debatten: „Der Westen hatte im Gefühl des Sieges über die sozialistischen Staaten geglaubt, weitermachen zu können wie gewohnt. Dabei verdrängte er, dass das neue, wiedervereinigte Europa ein neues Regulierungsparadigma brauchte, um die ‚kulturelle Krise des Hyperindividualismus‘ zu überwinden.“4 Man war in der Europäischen Union nach 1989 eben nicht an einem gemeinsamen Freiheitsverständnis angekommen. Aber: Statt eine gemeinsame Zukunft im vereinten Europa aufzubauen, differieren bis heute die Interpretationen dieser notwendigen Gemeinsamkeit erheblich: In Polen, Ungarn, Italien oder Frankreich finden nationalistische, abgrenzende Ideologien neue Anhänger. Das führt zur Stärkung populistischer Parteien, die auf der Basis eines neuen Nationalismus eine regelbasierte, multilaterale und föderalistische Politik ablehnen. Hinzu kommt der durch den russischen Präsidenten Putin gegen die Ukraine begonnene grausame Krieg, der die westlichen Demokratien, die USA sowie Europa und Deutschland vor neue Herausforderungen stellt. Sie müssen sich nun nicht nur um intensivere politische und wirtschaftliche Zusammenarbeit bemühen, sondern ernsthaft auch an militärischer Kooperation arbeiten, wenn das westliche Freiheitsmodell Bestand haben soll. Insofern stellt Russlands Krieg tatsächlich eine Zeitenwende dar. Sieben Jahrzehnte lang schien es so, als seien Konflikte diplomatisch einzuhegen. Tatsächlich gelang das auch, wenngleich es bis 1989 ein kalter Friede war, fußend auf gegenseitiger militärischer Bedrohung für den Fall einer Aggression. Der Zusammenbruch des Kommunismus nach 1989 vermittelte uns das Gefühl, auf militärische Rüstung käme es nun nicht mehr an. Der Gang der Geschichte, so schien es, gab uns Anlass für eine pazifistische Konstruktion des politischen Europas – Hoffnungen, die nun zerstört sind. Mühsam – und mit viel Geld – müssen wir (beim Militär oder auch der Energiepolitik) nachholen, was in dieser Zeit der Friedensseligkeit verpasst wurde. Und wir erkennen, dass der alte Satz: „Wenn du den Frieden willst, bereite den Krieg“, der vor 1989 die Wirklichkeit bestimmte, auch jetzt wieder die Lage beschreibt. Das treibt die Menschen um. Klimakrise, grenzenlos
Gewiss markiert auch der Klimawandel eine solche Wendezeit. Jeder weiß, dass auch sein Leben betroffen sein wird. Der Temperaturanstieg macht Teile der Erde unbewohnbarer, als sie es schon sind. Er zerstört arktische Lebensräume, er verändert die Biologie der Meere. Er sorgt für Migrationsbewegungen, die weitere soziale Verwerfungen zur Folge haben werden, wenn sie nicht in weltweiter Anstrengung gesteuert werden können. Der Versuch, den Klimaanstieg zu begrenzen, verändert zudem die energiepolitische Landschaft. Energieerzeugung mit klimaschädlichen Gasemissionen ist unerwünscht. Die Industriegesellschaft kann daher nur überleben, wenn sie sich auf knappere Energie einstellt und hier neue Wege geht. Aber es wird ihr schwer gemacht, diese neuen Pfade zu definieren. Zwar wird Kohle, Öl und Gas jede Zukunft abgesprochen, zugleich aber schaltet die Bundesregierung CO2-freie Kernkraft ab und subventioniert fossile klimaschädliche Energieträger weiterhin. Gleichzeitig kommen die propagierten erneuerbaren Energien nur langsam voran – seinen „Doppelwumms“ hatte sich der Bundeskanzler wohl anders vorgestellt. Der verunsicherte Bürger greift derweil wieder zum Brennholz und wirft die Kachelöfen an. Das Ergebnis: 2022 ist in deutschen Wäldern so viel Holz zur Energiegewinnung geschlagen worden wie seit der Wiedervereinigung nicht: Die Menge stieg von 11,8 auf 13,8 Millionen Kubikmeter, das ist ein Plus von 17 Prozent.5 Zugleich laufen wir auf einen dramatischen Energiewandel zu. Marc Elsbergs Roman „Blackout“6 ist deshalb zum Bestseller geworden, weil das Horrorszenario, das er darin entwirft, in den Bereich des Realistischen gerückt ist, gelebte Angst. Tatsächlich können sich diese Blackouts künftig häufig ereignen. Es ist zu wenig Strom im Netz, Blackouts können eintreten, wenn die Versorgung über einen langen Zeitraum auszufallen droht. Beim Thriller „Blackout“ war dieser bewusst herbeigeführt – aus politischen Gründen. In der Hauptschaltleitung Brauweiler geschah dies aber am 12. Juni 2019 tatsächlich – aus ungeklärten Gründen. Fachleute nennen einen solchen Großausfall „Brownout“. Damals gelang es einem jungen 27-jährigen Ingenieur, überall Strom zu kaufen, ohne Plan, ohne Erlaubnis, für viel Geld. Er rettete die Situation. Das Dramatische aber ist: Der Energiemangel, auf den wir zulaufen, ist nicht etwa technisch schicksalhaft über uns gekommen. Vielmehr hat Deutschland die Versorgungssicherheit von Wohnungen, von Industrie, von Mittelstands- und Handwerksbetrieben, von Rechenanlagen, von Unternehmen der Lebensmittelproduktion aus politischen und ideologischen Gründen mit jeweils bewussten Entscheidungen aufgegeben. Fatal war die Konzentration auf Gaslieferungen aus Russland, auf Windräder und Photovoltaikanlagen, die nur phasenweise Strom liefern und schon einmal wegen einer Gewitterfront ausfallen. Unsere Energienot ist eine Kette politischer Fehlentscheidungen. Die Zeitenwende hat sich angekündigt
Den Begriff der „Zeitenwende“ hat die Ampelregierung aus SPD, Grünen und FDP im Jahr 2022 populär gemacht. Kanzler Scholz fasste mit diesem Begriff, geboren aus dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine, aber auch all die Veränderungen zusammen, die sich bereits in den letzten drei Jahrzehnten auftaten. Denn schon zur Jahrhundertwende war klar, welche Umbrüche und Herausforderungen bevorstehen:   Immer mehr Menschen suchen Antworten auf die neuen Herausforderungen im Rückzug auf Bekanntes und Überschaubares. Das Erstarken fundamentalistischer Strömungen hat hier seine Ursachen. Nicht ohne Grund stößt Samuel Huntingtons These vom Zusammenprall der Kulturen auf so große Resonanz. Auch die Chancen der internationalen Information und Kommunikation, die faszinierende Entwicklung des Internets, werden überlagert von Gegenbewegungen und Gefährdungen. Clifford Stoll, der zu den Pionieren des Internets zählt, warnt heute vor der Gefahr der Entmenschlichung in einer Wüste von Datenmüll. Politischer Radikalismus, verschiedene Formen von...


Rüttgers, Jürgen
Jürgen Rüttgers, geb. 1951, war von 2005 bis 2010 Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen und von 1994 bis 1998 Bundesminister für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie. Von 2017 bis 2019 war er Sonderberater der Europäischen Kommission. Er ist Honorarprofessor an der Universität Bonn.

Jürgen Rüttgers, geb. 1951, war von 2005 bis 2010 Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen und von 1994 bis 1998 Bundesminister für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie. Von 2017 bis 2019 war er Sonderberater der Europäischen Kommission. Er ist Honorarprofessor an der Universität Bonn.



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