E-Book, Deutsch, 158 Seiten
Sabathy / Schineis New Work - New Life
1. Auflage 2023
ISBN: 978-3-7578-4904-7
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Wo bleibt der Mensch in der digitalen Welt? Perspektiven für unsere digitale Zukunft.
E-Book, Deutsch, 158 Seiten
ISBN: 978-3-7578-4904-7
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Ulrike Sabathy wurde 1963 in Graz/Österreich geboren. In Ihrer beruflichen Laufbahn als Unternehmensberaterin sieht sie es als Ihre Aufgabe an, einerseits den Menschen in seinem individuellen Dasein bestmöglich zu unterstützen, gleichzeitig aber auch dem Unternehmen wirtschaftlichen Erfolg zu gewährleisten. Fachwissen sowie berufliche und persönliche Erfahrungen fließen in ihre Bücher ein.
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3 Arbeitswelt heute
3.1 Wie sind wir hier gelandet?
Digitalisierung, digitale Arbeit, Industrie 4.0 – viele Begriffe für einen unübersehbaren Umstand: Zu Beginn des 21. Jahrhunderts ist das digitale Zeitalter angebrochen und das analoge Zeitalter Geschichte. Seit der industriellen Revolution am Ende des 18. Jahrhunderts gab es immer wieder grundlegende technologische und wirtschaftliche Veränderungen mit tiefgreifenden Einflüssen auf Arbeits- und Lebensbedingungen des Menschen: In der Wirtschaftsgeschichte wird auch gerne von der zweiten, dritten und vierten industriellen Revolution gesprochen, auch wenn sich die beiden letztgenannten nicht klar voneinander abgrenzen lassen.
Erste industrielle Revolution (Mechanisierung)
Ende 18./Anfang 19. Jahrhundert
Der mechanische Webstuhl wird entwickelt. Wasser- und Dampfkraft werden genutzt, um Maschinen und später ganze Produktionsanlagen anzutreiben, Dampfschiffe und Eisenbahnen vereinfachten den Transport von Menschen und Waren über größere Entfernungen.
Zweite industrielle Revolution (Massenproduktion)
Ende 19./Anfang 20. Jahrhundert
Mit der Entdeckung der Elektrizität beginnt ausgehend von der Automobilindustrie die Fließbandfertigung. Telefone, Telegramme und weiterentwickelte Schreibmaschinen verbessern die Kommunikation in den Büros erheblich.
Dritte industrielle Revolution (Automatisierung)
1970er Jahre
Computer und Roboter halten Einzug in Büros und Betriebe. Komplexe Arbeitsvorgänge werden automatisiert und können teilweise ohne menschliches Zutun ausgeführt werden.
Vierte industrielle Revolution (Digitalisierung und Vernetzung)
jetzt
Bereits mit Computertechnologie ausgestattete Systeme werden miteinander vernetzt, sie können untereinander kommunizieren und sich praktisch selbst steuern. Mensch und Maschine sind im „Internet der Dinge“ in beinahe allen Bereichen des Lebens miteinander verbunden: Das IoT (Internet of Things) verbindet beispielsweise in Gestalt von „Smart Home“, autonomen Fahrzeugen und medizinischen Geräten die virtuelle mit der physischen Welt.
Wirtschaftliches Ziel des Konzeptes „Industrie 4.0“ ist eine Steigerung der Produktivität bei gleichzeitiger Kostensenkung und die Individualisierung von Produkten durch ein flexibleres Eingehen auf Kundenwünsche.
Jede signifikante Veränderung der Arbeitswelt bringt sowohl Vorteile als auch Nachteile mit sich. Während die Vorteile meist von vorneherein sichtbar und gewollt sind, werden die Nachteile oft erst während der fortschreitenden Technisierung oder sogar erst im Nachhinein spürbar. So brachte die erste industrielle Revolution Anfang des 19. Jahrhunderts zwar eine Fülle von Arbeitsplätzen in den Fabriken, aber auch große soziale Missstände mit sich. Ein stark ansteigender Energieverbrauch und die enorme Umweltbelastung durch industrielle Abfallprodukte waren der Anfang einer Entwicklung, deren Konsequenzen wir heute nicht nur in Form der Klimaerwärmung schmerzhaft zu spüren bekommen.
Markant für die industrielle Revolution war zum Beispiel auch, dass Erholungspausen nicht mehr gesellschaftsfähig waren. Sie wurden immer mehr als ein Zeichen für Schwäche und Faulheit verstanden, und so war es kein Wunder, dass über die Jahre beim Pausieren ein schlechtes Gewissen entwickelt wurde – zu einem hohen Preis für unsere Gesundheit, wie wir heute wissen.
Unsere persönliche Erfahrung in Arbeitssicherheit und betrieblicher Gesundheitsförderung zeigt uns, dass ein gut durchdachtes – und bewusstes! – Pausenmanagement wesentlich zur Verminderung von Arbeitsunfällen beiträgt und zudem leistungsfördernd für Körper und Geist wirkt. Richtig gelebt kann diese gesunde, neue Pausenkultur langfristig sogar zu einer Leistungssteigerung im Unternehmen beitragen.
In den letzten Jahren erst ist dieses Thema wieder populär geworden. Sowohl die Wissenschaft als auch die Erfahrung beweisen, wie wichtig Erholungszeiten sind, welche positiven Veränderungen sich für Mensch und Unternehmen ergeben, wenn Pausen ausreichend, belastungsnah und belastungsausgleichend stattfinden. Das Etablieren eines alltagstauglichen Pausenmanagements kann hier relativ simpel großen Nutzen bewirken.
„Industrie 4.0“ beeinflusst nicht nur die Arbeitswelt, sie wirkt sich auf alle Lebensbereiche aus. Moderne Technologien und digitale Medien sind schon jetzt aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken, in Zukunft werden immer mehr neue Technologien unser Leben bestimmen. Daran ist auch nichts auszusetzen, so lange man nicht vollständig in die digitale Welt abgleitet. Wer jedoch auch privat keinen Schritt mehr ohne sein Smartphone macht, seine Freizeit überwiegend vor dem Computer verbringt und abends als Letztes und morgens als Erstes seinen Maileingang prüft, sollte schnellstens über „Digital Detox“ nachdenken.
3.2 Humankriterien der Arbeit
An dieser Stelle möchten wir einen Einblick in die festgelegten Humankriterien der Arbeit geben.
Bis in die 1960er Jahre war die Arbeitsgestaltung vorwiegend auf Funktionalität und Effizienz ausgerichtet. So bestand die Arbeit von Menschen, die in der Produktion am Fließband tätig waren, häufig nur aus wenigen, monotonen Handgriffen, die sie tagein, tagaus acht Stunden pro Tag ausführten. Abstumpfung, Motivationsverlust sowie körperliche und soziale Probleme blieben nicht aus und führten ab den 1970er Jahren zu einer Humanisierung des Arbeitslebens: Dadurch sollten die belastenden und gesundheitsgefährdenden Arbeitssituationen zuerst bewusst gemacht und in der Folge verhindert oder zum Positiven verändert werden.
Bereits im Jahr 1980 definierten die deutschen Psychologen und Arbeitswissenschaftler Winfried Hacker und Peter Richter vier Kriterien humaner Arbeitsgestaltung:
- Ausführbarkeit
Die an den Menschen gestellten Anforderungen dürfen ihn weder körperlich noch psychisch überfordern. Aufgaben müssen an körperliche Voraussetzungen (Körpermaße, Körperkraft) und die individuellen Grenzen der Wahrnehmung und Informationsverarbeitung angepasst werden. Arbeit muss so gestaltet sein, dass sie zuverlässig, sicher und langfristig ausgeübt werden kann. Neben den geeigneten Aufgaben sind dazu auch die entsprechenden Arbeitsmittel nötig.
- Schädigungslosigkeit
Die ausführende Person darf durch die Arbeit keine körperlichen oder seelischen Schäden erleiden, wie etwa durch gefährliche Arbeitsstoffe, Strahlung, Lärm etc.
- Beeinträchtigungsfreiheit
Belastungen, die auf die Arbeit zurückzuführen sind, dürfen nicht zu anhaltenden psychischen Beeinträchtigungen führen.
- Persönlichkeitsförderlichkeit
Die Arbeit sollte dem Menschen erlauben, Potentiale zu entfalten und Kompetenzen zu entwickeln und auszubauen. Voraussetzungen dazu sind etwa Vielseitigkeit, Abwechslung, ein gewisser Handlungsspielraum, zeitliche Flexibilität, Störungsfreiheit, Durchschaubarkeit, Anerkennung, Kommunikation.
In der Theorie hat sich seit den 1960er Jahren auf dem Gebiet der humanen Arbeitsgestaltung viel getan, bei weitem nicht alles wurde aber nachhaltig umgesetzt. In Österreich ist im ArbeitnehmerInnenschutzgesetz die Verpflichtung zur Evaluierung psychischer Belastung verankert, im Jahr 2013 wurde sehr konkret auf diese Verpflichtung hingewiesen, und spätestens seit diesem Zeitpunkt wird auch auf eine umfassende Durchführung geachtet. Aus theoretischen Ansätzen ist in der Zwischenzeit gängige Praxis geworden (Details dazu findet man in der Norm DIN EN ISO 10075).
Der Begriff „menschengerechte Arbeitsgestaltung“ nimmt heute einen so prominenten Stellenwert ein, dass diese in einer DIN-Norm (DIN EN ISO 9241, Teil 2 – Anforderungen an die Arbeitsaufgaben) geregelt wurde. Die sieben darin definierten Humankriterien der Arbeit sind:
- Benutzerorientierung
Fähigkeiten und Erfahrungen des Einzelnen werden bei der Aufgabenverteilung berücksichtigt, um Über- oder Unterforderung zu vermeiden. So ist etwa benutzerorientiere Software in der Lage, ein EDV-Programm an das Erfahrungsniveau des Nutzers anzupassen.
- Vielseitigkeit/Abwechslung
Routineaufgaben wechseln mit anspruchsvollen Aufgaben ab, Körper und Geist werden abwechselnd und auf verschiedene Weise gefordert. Dadurch können verschiedene Fertigkeiten eingesetzt werden, was Unterforderung und Monotonie vorbeugt.
- Ganzheitlichkeit
Aufgaben enthalten Anteile verschiedener Ausführungsschritte (zum Beispiel Planung, Kontrolle, Durchführung) anstatt der permanenten Wiederholung des immer gleichen Schrittes. Zusammenhänge werden so besser erkannt, der eigene Anteil am fertigen Produkt erhält einen höheren Wert.
- Bedeutsamkeit
Der eigene Beitrag am Gesamtprodukt wird als wichtig empfunden, was die Motivation und die Wertschätzung für das fertige Produkt, aber auch für die Arbeit anderer steigert.
- Handlungsspielraum
Der Arbeitsprozess kann...