Sabbag Herzriss
1. Auflage 2015
ISBN: 978-3-7325-0679-8
Verlag: Boje
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)
E-Book, Deutsch, 224 Seiten
ISBN: 978-3-7325-0679-8
Verlag: Boje
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)
Sanny erlebt mit Bassist Greg ihre erste große Liebe. Doch als der einen Plattenvertrag angeboten bekommt, ist klar, dass die Band damit vor einer echten Zerreißprobe steht. Auch Sanny kommen Zweifel: Hat ihre Liebe zu Greg eine Zukunft, wenn er vielleicht schon bald das Leben eines Popstars führt?
Gleichzeitig lassen sich Sannys Eltern scheiden, und Sanny merkt, dass ihre Kindheit zwar irgendwie vorbei ist, aber das Erwachsensein noch nicht richtig angefangen hat. Und mitten in diesem Gefühlschaos stellt sie dann auch noch fest, dass die Freundschaft zu Schlagzeuger Lex ein paar ganz bestimmte Punkte überschreitet ...
Die Fortsetzung von Stolperherz - ein Roman voller Musik, über die Liebe und innere Zerrissenheit.
Autoren/Hrsg.
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2. KAPITEL: Angebot Als mir Flocke die Tür zu Gregs WG öffnete, war klar, dass auch der Rest der Band da war. Das passte mir ganz gut, denn ich hatte keine Lust, mit Greg über das Treffen mit Nina und Paps zu reden, und er hätte mich sicherlich danach gefragt. Ein bisschen Ablenkung konnte ich jetzt dagegen gut gebrauchen. »Jabadabaduuuuuuu!«, begrüßte mich Flocke in seiner gewohnter Art. »Alles paletti bei unserem Sonnenschein? So treten Sie doch ein!« »Hallo, Flocke«, sagte ich und musste grinsen. Dieser Typ schaffte es wirklich immer, dass man entweder mit ihm oder über ihn lachte, manchmal natürlich auch beides. »Alles paletti«, log ich. »Und bei euch?« »Supermegakrassgeniale News am Start«, verkündete er, während ich meine Jacke im Flur ablegte, »du wirst es nicht glauben.« »Da bin ich aber mal gespannt«, sagte ich und öffnete die Tür zum Wohnzimmer, in dem schon alle anderen versammelt waren. Sänger Tobi mit Michelle, Schleicher mit seiner Kira, Lex, der Schlagzeuger der Band, und natürlich Greg. »Hey, schön, dass du da bist.« Greg zog mich auf seinen Schoß, und ich befürchtete, dass das uralte Sofa, das ohnehin schon wie eine Hängematte durchhing, unter uns zusammenbrechen und rechts und links hochklappen könnte, denn mit uns quetschten sich auch noch Kira und der zwei Meter große Schleicher auf dem Ding. »Du glaubst nicht, was passiert ist«, begann er, »es ist absolut unglaublich!« »Echt, Red! Das ist der Oberhammer!«, klinkte sich jetzt auch Tobi ein. Greg war damals der Erste gewesen, der mich wegen meiner knallrot gefärbten Haare Red genannt hatte, und irgendwie war es zu einer Art Spitzname geworden. Tobi redete sichtlich aufgeregt weiter: »Und einen Teil davon haben wir sicherlich dir zu verdanken!« Ich wusste, worauf er anspielte – die Tour, auf der ich die Jungs im Sommer begleitet hatte. Das eine oder andere Mal hatte ich mich eingemischt, was nicht immer für große Begeisterung bei allen Beteiligten gesorgt hatte, aber letztendlich doch für etwas gut gewesen war. Dadurch hatten die Jungs auf dem riesigen Maschseefest gespielt, und Greg, der bis dahin nur heimlich getextet hatte, hatte dort zum ersten Mal seine eigenen Lieder performed. Ich war gespannt, was passiert war. »Du erinnerst dich doch noch an Jess, oder?« Klar erinnerte ich mich an Jess. Sie war eine superheiße Musikagentin, die die Jungs nach ihrem Konzert auf dem großen Fest angesprochen hatte. Und genau diesen besonderen Gig hatte ich mit mehr Glück als Verstand für sie organisiert. Damals wusste noch keiner, ob etwas aus diesem Kontakt werden würde, aber allein die Tatsache, dass ein renommiertes Musiklabel sich für Crystal interessierte, hatte alle in Euphorie versetzt. Ich nickte also. »Klar weiß ich noch, wer Jess ist.« Jess war so eine Frau, die Männer und Frauen gleichermaßen begeisterte, weil sie von Natur aus cool war. Dass sie nebenbei megaheiß aussah, verschlimmerte diese Tatsache nicht. »Und was sagt sie?«, hakte ich nach. »Sie will eine Demo-Aufnahme, die sie ein paar Leuten vorspielen wird, und danach sollen wir alle nach Berlin kommen!« Gregs Augen leuchteten, und ich wusste, dass sich da gerade ein Traum erfüllte, und zwar der von mindestens fünf Personen in diesem Raum. »Obergeil«, kommentierte Schleicher Gregs Ausführungen wie immer kurz und prägnant. »Unsere Jungs werden echte Rockstars!«, jubelte Michelle und hielt mir ihre Hand zu einem High five hin. Ich schlug ein. »Ich freu mich! Das ist großartig!« Ich merkte allerdings, dass ich noch etwas Zeit brauchte, um mich von dem Nina-ist-die-neue-Frau-von-Paps-Erlebnis und dem Ihr-könnt-doch-Freunde-werden-Katastrophen-Vorschlag meines Vaters zu erholen. So richtig mitfreuen, wie ich es gewollt hätte, konnte ich mich noch nicht. »Was ist los mit dir?«, flüsterte mir Kira prompt von der Seite zu, »du bist komisch. Ist was passiert?« Ich versuchte ein schmales Lächeln und schüttelte den Kopf. Ich wollte jetzt nicht reden, nichts erklären und wusste auch nicht, ob mir danach überhaupt jemals der Sinn stehen würde. Diese ganze Sache war wie ein Gespenst, das ich unbedingt aus meinen Tagträumen vertreiben wollte, und ich dachte, wenn ich nicht darüber sprach, würde es vielleicht irgendwann von allein verschwinden. »Nein, alles in Ordnung«, antwortete ich. »Sicher?«, hakte Kira nach. »Ja, zu Hause gibt’s nur den üblichen Trouble, kennst du ja.« »Hm.« Kira schien von meiner Antwort nicht begeistert zu sein, gab sich aber für den Moment zufrieden. »Sag bitte, wenn was ist.« »Mach ich.« Es war schön und irgendwie auch beruhigend, zu wissen, dass es Menschen in meinem Leben gab, denen ich mich anvertrauen konnte, wann ich wollte, und die zuhören würden. Früher war das Paps gewesen, aber spätestens seit Nina aufgetaucht war, ging das ja nicht mehr. Ich hatte Freunde gewonnen, in diesem letzten Sommer, in dem ich als das Herzproblem in die Ferien gegangen war und als Sanny Red Tabor wiederkam. Freunde waren im Grunde wie Familie, nur dass man sie sich aussuchen konnte. Gut, so ganz stimmte das nicht, denn Flocke hätte ich mir unter anderen Umständen vielleicht nicht unbedingt ausgesucht, und auch mit Michelles lauter und schriller Art hatte ich anfangs zu kämpfen. Aber es ist doch so – gerade die Menschen, die einem selbst am unähnlichsten sind, sind es meistens, die etwas aus dir herausholen, von dem du selbst nie gedacht hättest, dass es überhaupt vorhanden war. Natürlich gehörte Greg auch dazu. Manchmal reichte alleine der Gedanke an ihn, und ich fühlte mich besser, ohne dass ich über meine Probleme gesprochen hatte. Es war das gute Gefühl, das zählte. Dass man reden konnte, wann immer einem danach war. »Danke.« »Also, Mädels«, sagte Tobi und baute sich vor den Jungs in der Runde auf, »wann zeigen wir’s allen und machen das Demo? Lasst uns mal überlegen, ob wir alles dafür haben.« Dann schnappte er sich einen alten, halbzerknüllten Werbeprospekt, der auf einer Alukiste lag, die den Wohnzimmertisch darstellen sollte, und begann zu notieren. »Also, was hätten wir da … Gitarre: Schleicher?« »Framus Camarillo Custom, Amp: Marshall JVM 410 oder Roland Cube 20, Abnahme über Shure SM57«, antwortete Schleicher. »Ah ja.« »Haste eh keine Ahnung von. Ich sag nur: Sänger!« »Der wichtigste Mann an Bord!«, konterte Tobi, bevor Lex sich einmischte: »Das einzige Mädchen an Bord, meinst du wohl?« Sofort verfielen alle in grölendes Gelächter. »Sehr witzig. Also Lex, was ist mit den Schlagzeugmikrofonen?« »Da haben wir noch das AKG Groovepack rumliegen.« »Gut, das reicht.« »Gesang, mein Thema. Das wird mit dem Audio Technica ATM 610 gemacht.« Stummes Kopfnicken. »Greg, was ist mit dem Bass?« »Bass geht direkt ins Interface, das Presonus Firestudio. Als DAW dient Cubase 5. Monitore sind die KRK Rp 5. Wir müssen während der Aufnahmen aber Bass und Gitarre immer wieder nachstimmen und diesmal echt penibel sein, weil nichts unprofessioneller klingt als unsaubere Aufnahmen und ein ständig schwankendes Tempo. Klar?« »Ja, ja, klar, du Heulsuse.« »Keyboard: Flocke.« Flocke hatte es nach der Sommertour geschafft, zum festen Keyboarder der Band zu avancieren, und damit die alte Position von Max eingenommen, der aufgrund seiner schlechten Noten von seinen Eltern ein »Bandverbot« kassiert hatte. Aber bevor Flocke antworten konnte, unterbrach ihn Tobi schon wieder: »Am besten wäre ja, wenn man dich gar nicht hört.« Wieder grölendes Gelächter. Flocke schien das nichts auszumachen, denn er kaute weiter genüsslich auf seinen Jelly Beans herum, die er zur Beruhigung immer in der Hemdtasche seines obligatorischen Hawaii-Hemdes dabeihatte, das er unter allen Umständen und bei jeder Temperatur trug. »Mhmbin mmhmbeim hhmhmallem hmhmdabei!« »Das haben wir befürchtet!«, warf Lex ein, und wieder lachten alle. Flocke kümmerte das nicht. Er war liebend gerne der Band-Clown, denn das bedeutete immerhin, dass er Mitglied einer Band war. Ich konnte mich noch genau daran erinnern, wie er die letzten Jahre immer alleine in seinem Zimmer selbst komponierte Liebeslieder vor sich hingeklimpert hatte. Eines davon direkt nach unserem unsäglichen Kuss, den ich damals zwecks Recherche schnell hinter mich bringen wollte. »San, please kiss me again« war das Ergebnis dieser unrühmlichen Aktion, ein Song, den er mindestens ein Jahr lang immer wieder gespielt hatte. Ich musste mich bei dem Gedanken daran regelrecht schütteln. Flocke kräuselte nachdenklich die Stirn. »Wenn wir alle zusammenschmeißen, könnten wir ja auch noch ein Großmembran- Kondensatormikrofon kaufen. Investition in die Zukunft und so, ihr wisst schon.« »Gute Idee, wir stimmen ab. Wer will eine Investition in unsere glorreiche Zukunft als Mega-Rockstars machen?«, meldete sich Greg zu Wort. Flockes Hand schnellte laut schnipsend zuerst in die Luft. »Ich! Ich! Hier! Hier!« Greg lachte. »Davon gehe ich aus, denn du hast ja den Vorschlag gemacht.« Flocke senkte seinen Arm. »Stimmt auch wieder.« Nach und nach hoben sich dann aber auch...