Saladin | Mörderisches Baselbiet | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 219 Seiten

Reihe: Kriminelle Freizeitführer im GMEINER-Verlag

Saladin Mörderisches Baselbiet

11 Krimis und 125 Freizeittipps
2020
ISBN: 978-3-8392-5816-3
Verlag: Gmeiner-Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection

11 Krimis und 125 Freizeittipps

E-Book, Deutsch, 219 Seiten

Reihe: Kriminelle Freizeitführer im GMEINER-Verlag

ISBN: 978-3-8392-5816-3
Verlag: Gmeiner-Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection



In Baselland treiben Kriminelle, Rächer und Entführer ihr Unwesen, eifersüchtige Jäger greifen zur Flinte und erbitterte Feinde trachten sich nach dem Leben. Wenn dann noch der Geist eines Ermordeten um den Aussichtsturm streift und sich auf einer Kuhweide die tödlichen Freizeitunfälle häufen, dann ist’s definitiv vorbei mit der Idylle im Landkanton. Elf rasante, skurrile und spannende Kurzkrimis aus dem Baselbiet, die beweisen: Die ländliche Beschaulichkeit trügt.

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Waidmanns Unheil
Die Musik dröhnt in den Ohren, und das Trommelfell kitzelt den Takt dazu. Zum Davonlaufen! Der Sound wütet in der Magengrube, und dass irgendwo eine Boxe kaputt zu sein scheint und scheppert, stört offenbar niemanden. Dabei ist das eine Zumutung für alle, die akustisch gesehen keine Freunde von Presslufthämmern oder Fussballstadien sind. Also zum Beispiel für Adrian. Grimmig hält er sich an seiner Stange Lagerbier fest und versucht, sein Unbehagen so gut es geht hinunter zu spülen. Nein, er mag es nicht hier in dieser Kellerbar, in der früher wohl mal Kartoffeln gelagert wurden und wo heute die Leute einander Banalitäten an den Kopf werfen, schreiend, weil sie hoffen, so die Musik übertönen zu können. Aus eigenem Antrieb kommt Adrian nie hierher, wieso sollte er auch. Er kennt hier niemanden. Eigentlich kennt er sowieso nicht viele Leute. Will er auch nicht; vor allem nicht die Lauten und die Mühsamen und die Neuzuzüger. Und all jene, die so bescheuerte Musik mögen wie die, die hier läuft: Alles schnell und geschrien und Englisch, da versteht man ja kein Wort. Adrian nimmt einen kräftigen Schluck und ordert bei der Frau hinter der Bar, der eine tätowierte Rose aus dem Dekolleté wächst, ein weiteres Bier. In seinem Hinterkopf ermahnt ihn zwar eine Stimme, besser nüchtern zu bleiben, aber diese Stimme bringt er ziemlich schnell zum Schweigen. Wenn er schon hier sitzen und warten muss, um zu erfahren, ob seine Jasmin sich abends tatsächlich heimlich mit dem Michi im Schummerlicht dieser Bar trifft, kann er sich geradeso gut die Kante geben. Eigentlich will Adrian es gar nicht wissen. Weil er Angst hat davor, dass es stimmen könnte, was der Sämi ihm am Nachmittag gesagt hat, als er ihn in der Begegnungszone im Sissacher Dorfkern getroffen hat. Naja, dort begegnet man eben auch jenen, denen man lieber nicht über den Weg laufen würde, und mit den 20 Stundenkilometern, die man dort höchstens fahren darf, kommt man auch im Auto nicht schnell genug weg. Als Sämi so zielstrebig auf ihn zugeschritten ist, hat Adrian zuerst gemeint, der Wildhüter wolle ihm mal wieder ins Gewissen reden im Zusammenhang mit dem Umstand, dass ihm sein Jagdpatent vor ein paar Jahren aberkannt worden war. Er hatte halt die Schonzeiten mehrmals nicht eingehalten, und auch danach, als er schon nicht mehr jagen durfte, na ja, seine Flinte vielleicht nicht immer so ganz zu 100 Prozent im Schrank stehen lassen. Aber wie soll er sich denn sonst bitteschön gegen die Wildsauen wehren, die ihm das Feld oben am Waldrand Richtung Bischofstein  1  regelmäßig umpflügen und ihm die Frucht zerstören? Diesmal war es allerdings anders. Da wollte der Sämi den Adrian nicht zur Vernunft aufrufen oder mit einer Anzeige drohen, wenn er das Jagen nicht endlich lasse, sondern er wollte ihm – in aufrichtiger Freundschaft, wie er ihm versicherte – mitteilen, dass womöglich eine ganz andere Jagd am Laufen sei. In seinem Revier, aber nicht oben am Waldrand. Habe er gehört. Und in dieser Geschichte sei quasi die Jasmin das Wild und der Michi der Oberjäger. Ausgerechnet der Michi, der Weichling! Ein ehemaliger Kollege einer benachbarten Jagdgesellschaft, der kaum je ein Tier schießt, weil er zu langsam ist und zu zögerlich und sowieso keine Eier hat. Schon allein der Gedanke daran, dass seine Jasmin einen anderen Mann haben könnte, treibt Adrian kochendes Blut in die Adern, und fast fühlt er den Rauch aus seinen Ohren steigen. Deswegen ist er nun hier, und er findet es schlimm. Nicht nur das Warten an sich hält er fast nicht aus, sondern auch, dass die Leute um ihn herum alle so gut drauf zu sein scheinen. Er, der von morgens früh bis abends spät krampft, ist abgekämpft und mürrisch, während all die anderen voller Energie zu stecken scheinen. Hallo? Es ist Freitagabend, haben die denn die ganze Woche nichts gearbeitet? Vielleicht ist es auch ganz gut, dass die Musik so laut ist, grummelt er vor sich hin. So kann er das Gerede der anderen nicht verstehen, und die sind so mit Schreien beschäftigt, dass er nicht auffällt. Und er soll ja nicht auffallen, wenn er hier lauern will, bis – falls Sämis Aussage stimmt – seine Frau und deren mutmaßlicher Liebhaber hier aufkreuzen und sich in trügerischer Sicherheit wiegen. Dann wird seine Zeit gekommen sein, und er wird aufstehen und dem Michi so lange eine runterhauen, bis dieser winselt und seine Zähne einzeln vom bierverklebten Boden klauben kann. Adrian suhlt sich ein wenig im Ausschmücken seiner Rache, gegen die alle Folterinstrumente im Henkermuseum  2  in der Nähe nur Kinderspielzeuge sind. Eine andere Beschäftigung gibt es hier für ihn nicht, während er sich an eine weitere Stange klammert und die Bässe aus den Boxen seine Eingeweide malträtieren. Aber an diesem Abend tauchen weder Michi noch Jasmin auf. Vielleicht hat Sämi sich geirrt, denkt Adrian, was ihn allerdings nicht beruhigt. Er ist ziemlich betrunken, als er in seinen Subaru steigt, den er unauffällig auf einem dieser leicht versteckten Parkplätze zwischen dem Bahnhof und dem Cheesmeyerhaus  3  abgestellt hat, und auf den Hof zurückkehrt. Er setzt sich noch lange in den Stall zu seinen Kühen, die friedlich vor sich hin kauen. Der Vollmond steht hoch über der Sissacher Fluh  4 . Erst als ihm fast die Augen zufallen, betritt Adrian die Wohnung und schlüpft ins Bett zu seiner Frau. Da ist sie ja. Von wegen mit Michi unterwegs. Im Schlaf dreht sie sich von ihm weg. Vielleicht ist es ja nicht so, dass sie ihn nicht mehr liebt, denkt er, nachdem er erfolglos versucht hat, ihr etwas Nettes ins Ohr zu flüstern. Vielleicht stinkt er einfach zu stark nach Alkohol. Blumenkohl: Aktion. Chicorée: 20 Prozent günstiger. Fenchel: drei für zwei. Eisbergsalat: Greifen Sie zu! Alles nichts für ihn. Lustlos schiebt Michi den Einkaufswagen durch die engen Gänge des Großverteilers, von dessen Regalen ihn auch nach dem hastigen Durchqueren der Gemüseabteilung unzählige überflüssige Dinge zu belauern scheinen. Michi mag das Einkaufen nicht, aber es gehört zu den Dingen, denen er halt nicht ausweichen kann. Sein Lohn als Linienbusfahrer reicht einfach nicht aus, um sich permanent in der Beiz zu ernähren – das heißt, er würde reichen, wenn die Alimente nicht wären, die über die Hälfte seines Verdiensts ausmachen, noch bevor er einen Rappen davon gesehen hat. Michi beeilt sich, seinen düsteren Gedanken zu entfliehen. Schnell geht er zur Kasse und legt zwei Brötchen, eine Packung Salami, ein Sixpack Bier und drei jener Fertiggerichte aufs Band, die auch jemand kochen kann, der nicht kochen kann. Draußen empfängt ihn milde Märzenluft. Heute hat Michi seinen freien Tag und muss glücklicherweise mittags keine Sekundarschüler nach Hause fahren, wo sie in kleinen Dörfern in großen Einfamilienhäusern leben und sich rasch an den gedeckten Familientisch setzen, bevor sie sich zurückchauffieren lassen in den Bezirkshauptort, cool und gelangweilt und ohne jedes Verständnis dafür, dass ihre ausgelatschten Turnschuhe auf dem Sitzpolster von Michis Bus nichts verloren haben. Michi fährt lieber die Kurse während des Morgens oder mitten im Nachmittag, dann sind die Pendler und die Schüler durch, und es warten nur die alten Frauen mit ihren Schottenmuster-Einkaufswagen an den Haltestellen. Dann wird noch gegrüßt und einen schönen Tag gewünscht, und sonst hat er seine Ruhe. Ruhe hat er auch, wenn er sich in sein Auto mit Vierradantrieb setzt und rausfährt in die ausgedehnten Hügel, um sich irgendwo auf die Lauer zu legen, weit weg von den ausgetretenen Wanderwegen, auf denen sich die Hündeler tummeln. Er hat so seine Orte, an denen er sich am liebsten aufhält und wartet, auf Rehe oder noch besser Gämsen, deren Bestand seit Jahrzehnten wächst und die bereits den gesamten südlichen Teil des Kantons bevölkern. Meistens beobachtet er sie nur und schießt nicht, obwohl er die Flinte natürlich immer dabei hat. Beim Wildblick nahe der Lauchfluh  5  zum Beispiel kann man manchmal ganze Gruppen von Gämsen beobachten, die sich auch von Wanderern kaum stören lassen. Momentan denkt Michi aber nicht an die Gämsen. Er überlegt sich auch nicht, was er mit seinem freien Tag anfangen soll, sondern er würde am liebsten gleich zu Jasmin fahren. Aber er fürchtet sich, auf dem Hof deren Mann zu begegnen, und dann hätte er keine Erklärung für sein Aufkreuzen und würde ins Stottern geraten. Er will zu ihr, nur zu ihr. Schon oft hat er den Entschluss gefasst, sich eine neue Wohnung zu suchen und aus seiner kleinen Dreizimmerwohnung auszuziehen, die er nach der Trennung von Anja vor drei Jahren bezogen hat und die so starr und leblos wirkt. Aber er hat es nie geschafft. Und jetzt, ja jetzt will er eigentlich sowieso am liebsten mit Jasmin zusammen ziehen. Wenn sie denn endlich den Schritt wagt, den Adrian zu verlassen und damit einen Schlussstrich unter ihre längst ausgelaugte, trostlose Ehe zu ziehen. Hofft er. Doch vorhin hat er einen Anruf erhalten. Ein Kamerad hat ihm gesagt, der Adrian habe ihm gestern erzählt, dass er den Stall umbaue, um auf Fleischrassen umzusatteln. »Der Kerl investiert in die Zukunft«, hat der Kamerad gesagt, und ein besorgter Unterton hat in seiner Stimme mitgeschwungen, »und diese Zukunft gestaltet er gemeinsam mit der Jasmin, wenn du jetzt nicht Nägel mit Köpfen machst. Waidmanns Heil!« Diese Mitteilung hat den Boden unter Michis Füßen zum Schwanken gebracht. Er muss wissen, was Sache ist, muss...


Saladin, Barbara
Barbara Saladin, geboren an einem Freitag, den 13., im Jahr 1976 in Liestal, lebt als freie Autorin im Oberbaselbiet. Sie schreibt vor allem Kriminalromane, Kurzgeschichten, Theaterstücke und Sachbücher. Als freischaffende Journalistin ist sie in der Nordwestschweiz und darüber hinaus unterwegs. Sie fotografiert, lektoriert, ist Freelancerin im Kulturbereich, und auf Auftrag textet sie auch. Vor einigen Jahren realisierte sie mit »Welthund« den ersten Oberbaselbieter Kinofilm aller Zeiten. Seit einem Krimi-Stipendium auf Juist ist sie - literarisch gesehen - sowohl in den Baselbieter Jurahügeln als auch an der Nordseeküste zu Hause. 2017 wurde Barbara Saladin mit dem Kantonalbankpreis in der Sparte Kultur ausgezeichnet.



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