Salzmann | Kohlenwäsche | E-Book | www.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 320 Seiten

Reihe: Frederike Stier

Salzmann Kohlenwäsche

Kriminalroman
1. Auflage 2019
ISBN: 978-3-96041-558-9
Verlag: Emons Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection

Kriminalroman

E-Book, Deutsch, 320 Seiten

Reihe: Frederike Stier

ISBN: 978-3-96041-558-9
Verlag: Emons Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection



Ein Kriminalroman aus dem Herzen des Ruhrgebiets, schnörkellos und herrlich zynisch.

Auf Zeche Zollverein wird der Aktionskünstler Claude Freistein tot aufgefunden – die Essener Kunstszene ist in Aufruhr. Als kurz darauf auch sein Agent ermordet wird, steht Hauptkommissarin Frederike Stier vor einem Rätsel. Auf der Suche nach einem Motiv ermittelt sie zwischen Sammlern und undurchsichtigen Galeristen und kommt dem Täter am Ende näher, als ihr lieb ist..

Salzmann Kohlenwäsche jetzt bestellen!

Autoren/Hrsg.


Weitere Infos & Material


2 Der Ordner mit dem Fall »Überfall Museum Folkwang« lag aufgeschlagen vor Frederike auf dem Tisch. Auf Kowalczyks Brötchen wölbte sich der Käse an den Rändern, der Apfel lag unberührt daneben. Dafür verteilten sich die Krümel des Croissants auf ihrem Pullover, und der Rauch ihrer Zigarette zog durch das geöffnete Fenster. Kowalczyk saß in seiner Jacke auf seinem Stuhl gegenüber und sah sie bibbernd an. »Nur noch zwei Züge.« Sie ging die Protokolle der laufenden Ermittlung durch. Wie gerne würde sie Julian gleich damit schockieren, dass sie den entscheidenden Hinweis gefunden hatte. Aber es fand sich kein Zipfel, an den sie weitere Ermittlungen anknüpfen konnte. Alle Spuren verliefen im Sand, kein Ansatz, der sie der Aufklärung näher brachte. Die Einsatzbesprechung gleich war komplett sinnlos. Der Überfall auf das Museum Folkwang war eine tote Kuh, die ihr Chef Julian Potthoff nicht müde wurde, melken zu wollen. »Es ist nicht akzeptabel, dass dieser Kunstraub ungelöst in den Archiven verschwindet. Ich lasse mir nicht vorwerfen, den großen Kunstraub nicht aufklären zu können.« Oh, den Herrn Inspektionsleiter, diesen selbstverliebten Blender, interessierten nur sein Ruf und sein Ansehen. Sie sollte sich nicht darüber beschweren, denn weil er so auf seinen Ruf bedacht war, hatte sie ihn an den Eiern. Jedenfalls hing sein Ruf auch von ihr ab, was ihr eine gewisse Sicherheit vermittelte. Das war allerdings nicht der Grund, warum er nachher mit ihr reden wollte. Ein Vier-Augen-Gespräch mit ihm hatte sie in den letzten Jahren vielleicht fünfmal gehabt. Das war okay, weil sie keinen Wert darauf legte. Denn Julian und sie waren nicht füreinander geschaffen. Das war ihnen beiden bereits beim ersten Händeschütteln klar gewesen. Mit der Zeit hatten sie sich miteinander arrangiert, dennoch gingen sie sich möglichst aus dem Weg. Auch wenn sie sich den Grund für das heutige Gespräch denken konnte, spürte sie eine gewisse Anspannung. Frederike sah auf die Uhr, die gerade auf acht sprang. Die Besprechung fing sowieso nie pünktlich an. Außerdem verpasste sie gerne die Machowitze der Kollegen oder die Berichte über die Heldentaten der letzten Nacht, die bei den Besprechungen zuerst ausgetauscht wurden. Sie nahm den Ordner, holte sich unterwegs noch einen Kaffee und erreichte um vier Minuten nach acht den Besprechungsraum. Die Korinthenkacker, dachte Frederike, als sie die geschlossene Tür sah. Müssen ausgerechnet heute pünktlich auf die Sekunde anfangen. Sie drückte die Tür auf und sah konzentriert nach vorne gerichtete Köpfe. »Auch dir einen schönen guten Morgen, Frederike.« Julian Potthoff stand vor der Mannschaft. »Wir haben uns gefragt, ob du verschlafen hast.« Die Kollegen lachten laut los. Frederike spürte augenblicklich die Hitze in ihren Kopf steigen. »Willst du sehen, wie ausgeschlafen ich bin?« Julian hob beschwichtigend die Hand und sah zur Seite. »Besser so«, murmelte sie. Im Besprechungsraum standen sich die Tische gegenüber, optisch durch Bildschirme getrennt, die heute alle schwarz waren. Tastaturen lagen unter den Bildschirmen, Blöcke und Unterlagen der Kollegen davor. Sie hatte beim Eintreten schon gesehen, dass nur noch der Stuhl direkt vor Julian frei war. Sie drückte sich zwischen Wand und den Kollegen durch und knallte ihren Ordner am leeren Platz auf den Tisch. Julian ließ sie nicht aus den Augen, bis sie endlich saß, die Unterlagen sortiert, den Stuhl in der passenden Entfernung zum Tisch positioniert und den Kaffeebecher an der geeigneten Stelle platziert hatte. »Jetzt, wo du da bist, können wir ja anfangen«, sagte er dann schmallippig und schob lässig eine Hand in die Hosentasche. »Ihr fragt euch wahrscheinlich, warum Gunther die Ermittlungskommission heute nicht leitet.« Das hatte sich Frederike in der Tat gefragt. »Du sagst es uns bestimmt gleich«, raunte sie. Die EK Folkwang bearbeitete seit über einem Jahr den Überfall auf das Museum. In der Silvesternacht waren vier Gemälde in einer spektakulären Aktion aus der Ausstellung »Japan inspiriert« gestohlen worden. Um Punkt Mitternacht, als alle Welt mit Böllern und Donnerschlägen das neue Jahr begrüßt hatte, war eine Bande mit einem gestohlenen Radlader durch die Wand des Museums gebrochen, hatte einen Wachmann erschossen und einen weiteren schwer verletzt. Dann hatten sie vier Bilder gestohlen, einen Monet, einen Gauguin und zwei japanische Werke. Die Fahndung lief seither weltweit und auf allen Kanälen. Sämtliche polizeibekannten Diebe und Hehler wurden befragt, observiert, durchleuchtet. Sammler, Vermittler, Auktionshäuser unter die Lupe genommen. Kein Hinweis, keine noch so kleine Spur. Es hatte sich auch kein Anwalt mit einer Lösegeldforderung gemeldet, wie es häufig bei solchen Kunstrauben der Fall war. Die Bilder waren verschwunden und die Hintermänner bis heute nicht zu ermitteln. Die Ermittlungen plätscherten mehr oder weniger vor sich hin, denn neue Spuren gab es nicht, und die alten waren kalt. Auch aus der Szene kamen keine Hinweise. »Wir sind nicht viel weiter als vor einem Jahr. Ich will euch nicht kritisieren, Kollegen, aber ich hatte gehofft, dass der Fall längst bei den Akten liegen würde.« Frederike drehte den Kopf und sah nur verlegene Gesichter. Wenn sich keiner traute, dann musste sie eben. Denn ihre vieljährige gepflegte Antipathie musste gelegentlich zum Ausdruck gebracht werden. »Hätten wir mehr Mittel und mehr Männer und Frauen, könntest du mit unserem Erfolg wieder Lorbeeren einheimsen, Julian. Aber so …« Hinzu kam, dass sie es leid war, immer nur die Schläge abzubekommen. Wenn ständig Mittel gekürzt und keine neuen Kollegen eingestellt wurden, durfte man sich nicht wundern, dass die Aufklärungsquoten in den Keller gingen. »Frederike, wo du hier von geringen Mitteln und Aufklärungsquoten sprichst. Wann hast du deinen letzten größeren Fall gelöst? Deshalb denk an unseren Termin gleich. Es ist wichtig.« Augenblicklich erhob sich Getuschel. Die Lage war offenbar ernst. Frederike sah es an Julians Augen, starr auf sie gerichtet, ohne zu blinzeln. Und das vor versammelter Mannschaft. Weil die Kollegen eine Erwiderung von ihr erwarteten, konterte sie. »Julian, wie könnte ich ein Date mit dir vergessen?« Der neuerliche Hinweis auf ihren Termin verlieh ihrer Stimme ein Vibrato, das hoffentlich nur sie hörte. Wahrscheinlich musste sie Julian dann auf das Ereignis beim Observieren eines Essener Drogenkönigs hinweisen. Damals, als er das Kommissariat gerade erst übernommen hatte. Nachdem er sich zu ihr in den Wagen gesetzt hatte, passierte ihm ein Missgeschick, das sie zusammenkettete. Und sie sorgte dafür, dass die Kette nicht riss. Seither arrangierten sie sich wie die zwei Esel, die aneinandergebunden nicht zu ihrem jeweiligen Heuhaufen kamen, wenn sie in entgegengesetzte Richtungen zogen. Erst als sie sich zusammenrauften und gemeinsam in die eine, dann in die andere Richtung gingen, funktionierte es einigermaßen. Gut, dass es nur wenige Anlässe gab, bei denen sie gezwungen war, Julian an diese Kette zu erinnern und ihn in ihre Richtung mitzuziehen. Julians Ausführungen rauschten im Hintergrund an ihr vorbei, bis sie die Worte »Ermittlungskommission« und »auflösen« wahrnahm. Ihr Kopf schnellte hoch. »Wir werden mit einer kleinen Gruppe weiterarbeiten.« Julian nannte die Namen der beteiligten Kollegen. »Bin ich dir nicht mehr gut genug, oder warum hast du mich vergessen?«, bellte Frederike ihn an. Sie tat das mehr aus Gewohnheit denn aus Interesse an dem Fall. Julian sagte etwas, und sie widersprach, weil sie Julian immer widersprach – ein Reflex. »Nachher, Frederike, nachher«, ließ Julian sie abblitzen und erläuterte die neue Ermittlungsstrategie. Dass sie jetzt mit diesen Kunstheinis nichts mehr am Hut hatte, war kein Verlust. Die Empörung und Mitgefühl über den Tod des Wachmannes heuchelten. In Wahrheit trauerten sie wegen der »unwiederbringlichen Verluste für die Kunstwelt«, die mit dem Raub der Gemälde – für Frederike waren es beschmierte Leinwände – einherging. Trotzdem war es ein Unterschied, ob sie das Team freiwillig verließ oder von Julian rausgeschmissen wurde. »Das müssen wir tatsächlich gleich klären«, platzte sie erneut in seine Ausführungen. Julian ignorierte sie. Sie war nahe daran, mit der Hand auf den Tisch zu schlagen, um seine Aufmerksamkeit zu bekommen, konnte sich aber gerade noch zurückhalten. In ihrer Jackentasche spürte sie ein kurzes Vibrieren. Eine SMS. Sie las: »Mord. Einsatz«, dahinter ein Smiley. Das kam doch wie gerufen. Frederike sprang auf und rief Julian zu: »Muss los.« Erklärend hielt sie das Smartphone hoch. »Du brauchst mich ja sowieso nicht mehr«, ergänzte sie und ging zur Tür. »Was ist passiert?« »Nachher, Julian, nachher.« Damit verschwand sie aus dem Raum. »Denk an unseren Termin!«, hörte sie ihn noch, bevor die Tür zuknallte. Sie atmete tief durch. Die Anspannung hing ihr in den Knochen. Sie ahnte, was in diesen Gewitterwolken verborgen war. Deshalb war Weglaufen vielleicht im Moment eine sehr gute Strategie, auf Dauer würde sie nicht funktionieren. Doch es winkte eine Ermittlung, und die sollte ihr etwas Luft verschaffen. Auf dem Weg zu ihrem Büro schob sich der nächtliche Traum wieder in ihr Bewusstsein. Moritz hatte sich zurück in ihr Leben geschlichen. Richtig weg gewesen war er nie, nur nicht mehr so allgegenwärtig. Sie überlegte – ja, mit der Soko Folkwang...


Thomas Salzmann wurde 1960 in Pirmasens, Rheinland Pfalz, geboren

und studierte in Köln Betriebswirtschaftslehre. Nach mehreren Stationen

in der Industrie widmet er sich seit fünf Jahren dem Schreiben. Er ist verheiratet und lebt mit seiner Frau in Mettmann.



Ihre Fragen, Wünsche oder Anmerkungen
Vorname*
Nachname*
Ihre E-Mail-Adresse*
Kundennr.
Ihre Nachricht*
Lediglich mit * gekennzeichnete Felder sind Pflichtfelder.
Wenn Sie die im Kontaktformular eingegebenen Daten durch Klick auf den nachfolgenden Button übersenden, erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Ihr Angaben für die Beantwortung Ihrer Anfrage verwenden. Selbstverständlich werden Ihre Daten vertraulich behandelt und nicht an Dritte weitergegeben. Sie können der Verwendung Ihrer Daten jederzeit widersprechen. Das Datenhandling bei Sack Fachmedien erklären wir Ihnen in unserer Datenschutzerklärung.