E-Book, Deutsch, 191 Seiten, E-Book
Reihe: Haufe Fachbuch
Samland Naming für erfolgreiche Marken
1. Auflage 2020
ISBN: 978-3-648-14533-3
Verlag: Haufe
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Strategisches Benennungsmarketing in Theorie & Praxis
E-Book, Deutsch, 191 Seiten, E-Book
Reihe: Haufe Fachbuch
ISBN: 978-3-648-14533-3
Verlag: Haufe
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Dr. Bernd M. Samland ist Gründer und Geschäftsführer von Endmark, Europas führender Agentur für Benennungsmarketing. Er verantwortet seit 26 Jahren die Entwicklung von über 2.000 Markennamen in fast allen Branchen, darunter Corporate Brands wie VOX, PARSHIP, SERWAYS und REMONDIS sowie Produktmarken wie LASCANA (Dessous) oder Automodell-Namen wie MOKKA (Opel) und TIGUAN (Volkswagen).
Autoren/Hrsg.
Fachgebiete
Weitere Infos & Material
Inhaltsverzeichnis
Vorvorwort
Vorwort
Teil I
Du bist vielleicht 'ne Marke. Was genau ist eigentlich ein Markenname?
- Kurzer geschichtlicher Abriss
- Die Marke als Rechtsgut
- Die Marke aus Marketingsicht
Von 4711 bis O2: Klassische Typologien von Markennamen
- Familiennamen
- Symbolische Namen
- Kunstnamen
- Deskriptive Namen
- Abkürzungen, Zahlen und andere kryptische Zeichen
- Effektnamen
Wenn Marken über Marken sprechen: Marken im Zeitalter von Siri und Alexa
- Neue Anforderungen an Markennamen
- Mit eigener Markensprache Nischen besetzen
Das Marken-Special: Besondere Markennamen-Phänomene
- Der Häagen-Dazs-Effekt: Kulturelle Scheinheimat als Markenkern
- Der Google-Effekt: Wie aus Marken Verben werden
- Der Tempo-Effekt: Generalisierung von Markennamen
- Probleme durch die Generalisierung von Markennamen
Die ganze Welt der Marke. Globale Herausforderung: Internationales Naming versus kulturelle Identität
- Viele Sprachen = viele Namen oder ein Name in vielen Sprachen?
- Die Identität der Herkunft
Markennamen als Teil der Markensprache
- Warum spricht IKEA so komisch?
- Markenwelten durch Markensprache aufbauen
- Der große Unterschied zwischen Kirschen und Piemont-Kirschen. Nischenbesetzung durch Naming und Wording
Wie wirken Namen? Markennamen in der Wirk- und Marktforschung
- Gut zu wissen: semantische Wirkungen von Markennamen
- Neuronaming. Was Markennamen im Gehirn treiben: Die implizite, psychologische Wirkung von Markennamen
- Unterscheidet sich die Wahrnehmung neuer Wörter von der neuer Markennamen?
- Möglichkeiten und Grenzen der Wirkungsmessung
- Wie testet man neue Markennamen am besten?
Was kostet das und lohnt es sich? Marken als intellektuelle Vermögenswerte
- Wie bewerte ich eine Marke?
- Wie lizenziere ich eine Marke?
Alt oder neu? Wann braucht es einen neuen Namen?
- Neue Markennamen: Vier Fallbeispiele
- Neue Markennamen: Zwei misslungen Beispiele
Der Prozess: Der beste Weg zum neuen Namen
- Die Anforderungen
- Wie entstehen wirklich gute Namensvorschläge?
- Wie führt man einen neuen Namen am besten ein?
Sicher ist sicher. Markenschutz und Überwachung
- Wie schützt man seine Marke am besten?
- Tipps und Tricks
Die drei häufigsten Naming-Fehler
- Das sieht Dir ähnlich, oder?
- Die falschen Fragen oder die Falschen fragen?
- Naminglando und BioLife-Solutions
Teil II
Warum heißt die Marke so?
Der Autor
Anhang 1: Naming Glossar (A-Z)
Anhang 2: Liste generalisierter Markennamen
Abbildungsverzeichnis
Literaturverzeichnis
Stichwortverzeichnis
2 Von 4711 bis O2: Klassische Typologien von Markennamen
Nachdem sich das erste Kapitel ausführlich mit Definitionen und Einordnungen befasst hat, möchte ich im Folgenden die tatsächlichen Optionen erörtern, die für die Namensbildung zur Verfügung stehen. Neben den drei genannten – als Wortmarke schützbaren – Kategorien Kunstnamen, lexikalische Begriffe und Abkürzungen zählt der Familienname zu den häufigsten Ursprüngen bekannter Markennamen.
2.1 Familiennamen
Aus der Gründerzeit kennen wir fast nur Familiennamen – zunächst als Firmennamen und später als Marken. Hinter SIEMENS, BOSCH, BERTELSMANN, KRUPP, OPEL, KARSTADT und vielen anderen standen jeweils namentlich bestimmte Personen. Diese Strategie kann bei einer Neugründung heute definitiv nicht mehr uneingeschränkt empfohlen werden.
Bei weitverbreiteten Namen wie Schmidt, Meier, Schulze oder Schröder ist es sehr wahrscheinlich, dass man Alleinstellungsprobleme bekommt. Etwas anders sieht es mit besonders originellen und seltenen Nachnamen wie SIXT, MAGGI oder HUGENDUBEL aus, wenngleich selbst mit derartigen Namen keine völlige Alleinstellung garantiert werden kann; gibt es doch üblicherweise immer mehr als eine Person, die diesen Namen trägt.
Wenn man ein Unternehmen gründen möchte und bereits eine gewisse Prominenz und einen guten Ruf besitzt, kann die Nutzung des eigenen Namens als Firmenname durchaus erwogen werden. Das gilt für die Nutzung von allgemein bekannten Namen, wie etwa im Falle von Max Schmeling, der seinen Getränkevertrieb »Getränke-Industrie Hamburg MAX SCHMELING« nannte. Es gilt aber auch für hauptsächlich branchenintern bekannte Namen. So ist es durchaus sinnvoll, wenn der Regisseur Wim Wenders seine Produktionsfirma WIM WENDERS PRODUCTIONS nennt. Ein anderes (in Kapitel 8 ausführlicher beleuchtetes) Thema im Kontext von Eigennamen sind Lizenzmarken. Hier zahlt man entweder dafür, einen berühmten Namen zu nutzen, oder gibt umgekehrt seinen berühmten Namen zum Beispiel für Kosmetika oder Mode her. Hier gelten andere Spielregeln als bei der Überlegung, seinen (noch) nicht prominenten Namen als Firmenmarke zu etablieren – oder eben nicht. Im Zusammenhang mit dem Schutz und der Lizenzierung seines eigenen Namens sollte man bedenken, dass man in dem Moment, in dem man seine Marke verkauft, auch die Kontrolle über seinen eigenen Namen verliert. So hat zum Beispiel der Modeschöpfer Wolfgang Joop keinen Einfluss mehr darauf, wie die Marke JOOP! auftritt, weil er sie vor vielen Jahren veräußert hat.
Unterschiedlich gut funktioniert es, wenn man seine Initialen oder Anfangssilben in einen akronymartigen Namen überführt. Das positive Paradebeispiel bildet HARIBO. Der Name steht für »Hans Riegel Bonn«, was aber ein Kunde nicht wissen muss, um die Marke zu mögen. Unglücklicher ist das bei der der Outdoormarke VAUDE gelungen. Der Name rekurriert auf die Initialen des Nachnamens des Gründers Albrecht »von Dewitz« und soll entsprechend [fau‹de] ausgesprochen werden. In unserer internationalisierten Welt versuchen aber viele Menschen, die in Erstkontakt mit der Marke kommen, diese Englisch auszusprechen, was oft merkwürdig klingt und mehr Fragen als Antworten erzeugt.
Benutzt man einen oder mehrere Eigennamen eins zu eins in einem Markennamen, so besteht immer die Gefahr negativer Imagetransfers. Wenn etwa der Sportler, der seinen Namen für ein Parfüm lizenziert, in einen Dopingskandal verwickelt wird oder ständig in Wettkämpfen verliert, ist das für den Lizenznehmer und seine Produkte kontraproduktiv.
Bei weniger prominenten Unternehmern fallen diese Probleme weniger ins Gewicht. Die Gefahr von Imagetransfers ist allerdings keine Frage der persönlichen Bekanntheit.
Wird ein Namensgeber in einen Steuer- oder Sex-Skandal verwickelt – und zwar völlig unabhängig von einer tatsächlichen Schuld – kann er durch die Presse schneller bekannt werden, als ihm lieb ist. Das kann sich immer auch auf die Firma auswirken, die den gleichen Namen trägt; selbst dann, wenn sie dem Namensgeber gar nicht mehr gehört.
Daneben lauern eine Reihe weiterer Gefahren bei der Verwendung des eigenen Namens: Der Kunde der (fiktiven) Werbeagentur HARTMANN & SCHMIDT wird sich nicht optimal beraten fühlen, wenn ihn nicht Herr Hartmann oder Frau Schmidt selbst betreut, sondern eine andere Person. Bei einem personenneutralen Namen würde dies weniger ins Gewicht fallen.
Die namentliche Verbindung mit einer bestimmten Person kann auch nach einem etwaigen Verkauf hinderlich sein; denn wenn in einer (fiktiven) Firma LOTHES & MEWES Herr Mewes gar nicht mehr dabei ist und seinerseits eine neue Firma MEWES & LÜTTLER gründet, führt das leicht zu Verwirrungen, die jeder Markenstrategie zuwiderlaufen.
Bei der Nutzung von Familiennamen als Marke fällt es auch schwer, gleichnamigen Verwandten eine unerwünschte Nutzung ihres eigenen Namens zu untersagen. Bei dem ältesten Pharma-Unternehmen der Welt, MERCK, kam 1917 (im Ersten Weltkrieg) noch eine Enteignung ihres amerikanischen Zweiges dazu, sodass heute zwei völlig unabhängige Unternehmen mit dem gleichen Namen in der gleichen Branche tätig sind.
Damit es nicht zu Verwechslungen kommt, haben sich die beiden Unternehmen schon vor Jahrzehnten darauf geeinigt, dass nur jeweils eines von beiden pro Land unter dem Namen »Merck« auftritt. In den USA hält Merck & Co. die Namensrechte; im Rest der Welt tritt das Unternehmen dafür unter Merck Sharp and Dohme (MSD) oder wie in Deutschland unter MSD Sharp & Dohme auf. Außerhalb der USA darf sich nur die deutsche Merck auch so nennen. Dafür heißt sie in den USA EMD, die Kurzform für »Emanuel Merck, Darmstadt«.
Dennoch bekam das deutsche Unternehmen Merck 2004 Image- und Bewertungsprobleme, als ihre amerikanische Namensschwester ihr Arthritis-Medikament VIOXX wegen des Risikos von Herz- und Schlaganfällen weltweit vom Markt nehmen musste. Das Gleiche wiederholte sich ein Jahr später, als das amerikanische Unternehmen wegen eines Todesfalles auf Schadensersatz verklagt wurde.
Der GROHE Case
Weniger Image- als vielmehr signifikante Unterscheidungsprobleme haben die Sanitär- und Armaturenmarken GROHE und HANSGROHE. Auch hier stammen die Ursprünge der Marken aus einer Familie und sind heute weltweite Erzrivalen auf dem Armaturenmarkt.
Angefangen hat alles mit der Firma Hans Grohe. Diese wurde 1901 von Hans Grohe in Schiltach im Schwarzwald gegründet. Sie spezialisierte sich auf die Produktion von Metallprodukten für den Sanitärbereich, vor allem Duschen und Ablauftechnik. 1936 begann die internationale Expansion. Im selben Jahr verließ Friedrich Grohe, der zweitälteste Sohn, das Unternehmen.
Friedrich beließ es nicht bei seinem Austritt, er übernahm eine Armaturenfabrik in Westfalen und startete die Produktion von Armaturen unter seinem Nachnamen GROHE.
Bis in die 60er-Jahre ergänzten sich die beiden Unternehmen: Im Schwarzwald wurden Brausen gefertigt, in Westfalen die passenden Armaturen. Die beiden Firmen traten sogar mit gemeinsamen Messeständen auf. 1968 aber verkaufte Friedrich Grohe 51 Prozent der Firma Grohe an den US-Konzern ITT. Damit wurden die beiden Unternehmen zu Konkurrenten. Den Amerikanern waren die Familienbande egal.
Jetzt begann auch Friedrich Grohe Brausen zu bauen und Hans Grohe nahm Armaturen in das Sortiment auf. Auf dem Markt für Bad-Armaturen wurde es langsam schwierig, die beiden Firmen auseinanderzuhalten. Selbst die eigenen Mitarbeiter taten sich schwer mit der Unterscheidung. Deshalb führten die Schiltacher 1977 die Marke HANSGROHE (ohne Leerzeichen) ein, was aber die Verwechslungsgefahr kaum verringerte.
Der Umsatz von HANSGROHE lag 2017 bei etwas mehr als einer Milliarde Euro. Die Familie hält noch 32 Prozent des Unternehmens, 68 Prozent gehören der amerikanischen Masco Corporation, einem Hersteller von Produkten und Baumaterialien für das Eigenheim. Die Brüder Richard und Philippe Grohe sind 2016 aus dem Management ausgeschieden.
Die vornamenlose Marke GROHE bezeichnet sich mit einem Umsatz von 1,3 Milliarden Euro (2017) als »Europas Marktführer«. Das Unternehmen war lange im Besitz von Finanzinvestoren. 2014 übernahmen dann die japanische Lixil Group, ein Baustoffkonzern aus Tokio, und die Development Bank of Japan die Mehrheit.
Markentechnisch ist eine derartige Namensähnlichkeit eine Katastrophe, missachtet sie doch den originären Markenanspruch, anders zu sein als die Wettbewerber.
Mit Sicherheit
Ein weiterer unschöner, aber dennoch sehr wichtiger Aspekt, den besonders Eigentümerfamilien großer Unternehmen beachten sollten, ist die Möglichkeit persönlicher Bedrohung durch kriminelle oder politisch motivierte Gewalt. Viele Unternehmerfamilien sind aufgrund dieser...