E-Book, Deutsch, Band 3, 304 Seiten
Reihe: Chestnut Road
Sanders An Liebe führt kein Weg vorbei
1. Auflage 2025
ISBN: 978-3-7499-0879-0
Verlag: HarperCollins eBook
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Neighbours-to-Lovers - RomCom zum Verlieben | ...
E-Book, Deutsch, Band 3, 304 Seiten
Reihe: Chestnut Road
ISBN: 978-3-7499-0879-0
Verlag: HarperCollins eBook
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Verliebt, verlobt und ... völlig verlassen?
Lucy Dixon, personifizierte Fröhlichkeit aus Texas, ist der Liebe wegen in die Chestnut Road gezogen. Aber jetzt verzögert sich der Umzug ihres Verlobten, sodass sie allein dasteht. Und das fast wortwörtlich, weil zudem der Container mit ihrem Hab und Gut auf hoher See verschwunden ist. Als Lucy denkt, schlimmer kann es nicht werden, hört sie plötzlich seltsame Geräusche in ihrem Apartment - spukt es hier etwa? In einem Anflug von Panik greift sie sich den erstbesten Nachbarn, der ihr im Treppenhaus begegnet: Spiele-Entwickler Oliver Bellingcourt. Er, das genaue Gegenteil von Lucy, wird ihr Rettungsanker in mehrfacher Hinsicht. Und schon bald ist das ganze Haus überzeugt: An Liebe führt bei diesen beiden kein Weg vorbei!
Anne Sanders arbeitete als Journalistin unter anderem für die , bevor sie sich 2014 voll und ganz für die Schriftstellerei entschied. Ihre Liebe zu den britischen Inseln zieht sich durch so gut wie all ihre Romane - auch durch die Jugendbücher, die sie unter anderem Namen verfasst. Die Bestsellerautorin lebt mit Mann und Katzen im Großraum München.
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
1
Lucy
Liebe Edna,
lass uns bitte den Part überspringen, in dem du behauptest, du hättest es mir gleich gesagt, in Ordnung? Das ist nicht nett (war es die letzten 20 Jahre übrigens auch nicht) und hat noch nie den kleinsten Millimeter weitergeholfen. Wenn ich es recht bedenke, will ich mich auf eine derartige Diskussion ohnehin nicht einlassen – was geschehen ist, ist geschehen, nicht mehr rückgängig zu machen, es gibt nichts zu bereuen. Hatte ich mir den Umzug nach England ein kleines bisschen romantischer vorgestellt? Schon möglich. Hätte ich vorher vielleicht etwas weniger Bridgerton schauen sollen, dafür ein paar mehr Folgen von dieser Serie … wie hieß sie noch? Über diese sozial schwache Familie in Manchester, bei der alle auf einmal zu Alkoholikern werden oder so ähnlich? Gut, egal, lassen wir das. Sagen wir einfach: Ein bisschen mehr Realismus würde manchmal ganz sicher nicht schaden. Allerdings ist Manchester nicht Brighton, und Brighton ist wirklich fabelhaft, Brighton ist …
Ein dumpfes Rumpeln lässt mich zusammenzucken, und erschrocken blicke ich auf. Das kam aus dem Wohnzimmer. Glaube ich zumindest. Es ist meine erste Nacht hier, das Apartment ist neu und fremd und die Geräusche in diesem alten englischen Haus sind es ebenfalls. Ich lausche in die Stille.
Nichts.
Ich lege den Kopf schief.
Immer noch nichts.
Ich … sollte nachsehen, nehme ich mal an.
Also klappe ich das Tagebuch zu und lege es neben mich auf das Fensterbrett, auf dem ich gerade noch gesessen habe. Ein Halleluja für diese geräumige Küchenfensterbank, die mir wenigstens eine Sitzgelegenheit offeriert in diesen ansonsten gähnend leeren Räumen. Gerade wollte ich Edna davon erzählen, dass die Möbel nun leider doch nicht pünktlich angekommen sind, allerdings hatte ich vor, es ihr schonend beizubringen. Für ein Tagebuch kann Edna ziemlich rechthaberisch sein. Und nachdem sie mich von Anfang an vor diesem Umzug quer über den Globus gewarnt hat, sollte ich die schlechten Nachrichten besser häppchenweise präsentieren.
Auf Zehenspitzen schleiche ich vom Fenster in Richtung Küchentür, die weit offen steht. Ich mag geschlossene Türen nicht, denn sie vermitteln mir das Gefühl, nicht zu wissen, was dahinter passiert, und das beunruhigt mich. Dunkelheit übrigens auch, weshalb ich mehr als dankbar dafür bin, dass in diesem nicht-möblierten, bis auf eine abgenutzte Küchenzeile sehr leer geräumten Apartment immerhin zwei Glühbirnen den Ausräumwahn meiner Vormieter überlebt haben. Eine davon baumelt von der Küchendecke, die andere befindet sich im Gang. Dort lege ich den Schalter um und halte dann einige Sekunden inne.
Nach wie vor ist alles ruhig, dem Himmel sei Dank. Das Geräusch vorhin, es kam vermutlich von den alten Holzdielen, die ganz von allein knarzen und knirschen, weil Holz nun mal ganz von selbst knarzt und knirscht, richtig? Oder von den Rohren, die vor sich hin quietschen, wenn irgendwer irgendwo im Haus die Spülung betätigt? Wahrscheinlich kam es von draußen, denn die Kassettenfenster sind auch schon ziemlich in die Jahre gekommen, weshalb die Gespräche von den Restauranttischen unterm Schlafzimmerfenster künftig vermutlich als Gutenachtgeschichten durchgehen werden.
Ich atme einmal tief durch. Dann gehe ich den Gang hinunter ins Wohnzimmer, das leer ist, zurück ins Schlafzimmer, das ebenfalls leer ist, bevor ich die Tür zum dritten Raum öffne, den Dan als Arbeitszimmer nutzen wird. Die Wohnung ist groß. Und sie ist very british, mit ihren warmen Holzdielen, den schnörkeligen Erkern und hohen Fenstern, die man nach oben schieben muss, um sie zu öffnen. Ich mag diese Räume. Und erst mal eingerichtet, werden wir uns hier unglaublich wohlfühlen, davon bin ich überzeugt. Doch im Augenblick … Ich seufze. Ursprünglich war nicht geplant, dass ich die ersten Wochen in diesem neuen Leben allein verbringen würde, allerdings kann ich mich nicht beschweren, schließlich bin ich selbst schuld daran.
Ein letztes Mal öffne ich die Tür zum Schlafzimmer, greife mir die Luftmatratze, die ich dort an die Wand gelehnt hatte, und trage sie in die Küche. Diese erste Nacht werde ich hier schlafen, beschließe ich, bevor ich mein improvisiertes Lager unter dem Fenstersims aufschlage, Edna auf dem Schoß, Stift in der Hand.
Brighton ist genauso, wie ich es mir vorgestellt habe – nur ein kleines bisschen kälter vielleicht. Ja, ich weiß, ich weiß, auch das hätte ich mir denken können. England ist nicht Texas, und dieser Temperaturunterschied von sage und schreibe achtzehn Grad … hoffen wir einfach, ich werde diesen Sommer nicht erfrieren. Haha. Falls ich es doch tue, habe ich zumindest jeden Tag das Meer gesehen, denn oh, mein Gott, an der Küste zu wohnen ist grandios, nahezu himmlisch! Die Stadt schmiegt sich an den Strand wie zwei Tangotänzer aneinander, und das auf einer Länge, die schier unbegreiflich ist. Ich werde nichts anderes tun, als die Promenade auf- und abzumarschieren, und das in jeder freien Minute. Von denen ich allerdings nicht allzu viele haben werde, denn auch wenn bislang kaum etwas glattgegangen ist bei diesem Umzug, so habe ich immerhin meinen Job! Ha!
Ich blicke auf die Zeilen vor mir und muss unwillkürlich grinsen. Dass es mir tatsächlich gelungen ist, eine Festanstellung zu ergattern, noch bevor ich überhaupt einen Fuß auf diese Insel gesetzt habe, ist unglaublich und fantastisch zugleich. Wer hätte gedacht, dass es in England einen Bedarf an Tanzlehrerinnen gibt, die so etwas Profanes wie Linedance unterrichten?
Ich muss aufhören, es ist schon spät, schreibe ich, bevor ich Edna eine gute Nacht wünsche und das Tagebuch zuklappe. Meine Armbanduhr zeigt 17:10 Uhr an, und mein Lächeln vertieft sich. Dan hat mir die Uhr geschenkt, lange bevor wir beschlossen haben, gemeinsam von den USA nach England zu ziehen. Als hätte er damals schon geahnt, dass es einmal wichtig für mich sein würde, die Zeit im Blick zu behalten, die wir voneinander getrennt sind. Sechs Stunden im Augenblick – er nachmittags in Texas, ich kurz nach elf Uhr nachts in Brighton. Während ich nach dem Handy greife und seinen Kontakt aufrufe, rapple ich mich von meinem Luftmatratzenlager auf und laufe ans andere Ende der Küche, wo mein Koffer aufgeklappt auf dem Boden liegt. Er ist das Einzige, was ich aus Tomball mitgenommen habe, und – nachdem der Container mit unseren Möbeln und Kisten sich verspätet – das Einzige, was ich derzeit besitze.
Ich krame zwischen meinen Kleidern nach einem Pyjama, den ich glücklicherweise eingepackt habe, obwohl es zu Hause gerade viel zu heiß ist, um an Flanell auch nur zu denken. Was fehlt, ist eine Decke, doch für eine Nacht muss es wohl ohne gehen. Ich bin dabei, meinen Kulturbeutel aus einem der Seitenfächer zu ziehen, als Dans Stimme erklingt.
»Lucy? Hi. Ich hab nicht viel Zeit, es ist ein Meeting angesetzt. Was gibt es denn?«
Was gibt es denn? Für einige Sekunden halte ich inne, Waschbeutel in der Hand. »Na ja, fangen wir doch mal damit an, dass ich gut angekommen bin, und dass …«
»… der Transporter mit den Möbeln nicht da ist. Ja, das hattest du geschrieben.« Es entsteht eine Pause, in der ich Dan halblaut mit jemandem sprechen höre.
Ich warte. Ich kann nicht verstehen, was gesagt wird, doch Dan klingt gereizt. Er klingt schon seit Wochen gereizt, um ehrlich zu sein, ganz egal, ob er im Büro eine Unterhaltung führt oder mit mir. Die Vorbereitungen für den Umzug nach England, die aufwändige Organisation, die die Eröffnung der Außenstelle hier mit sich bringt – seit Monaten arbeitet Dan unter Hochdruck, und das scheint schlimmer zu werden, je näher der Tag seines Abflugs rückt. Der in etwa zwei Wochen geplant ist, so alles glattgeht. Während mein Job in der Tanzschule in zwei Tagen beginnt, startet Dan offiziell erst einige Wochen später, ergo meine frühere Ankunft. Allein.
Es raschelt in der Leitung, dann ist Dan wieder da. »Hör mal, es ist gerade ziemlich stressig hier. Kann ich dich später anrufen? In ein, zwei Stunden?«
»Dann ist es hier ein Uhr nachts, und …«
»Dann morgen, okay? Ich muss jetzt wirklich los. Ich freu mich, dass du gut angekommen bist. Ist es schön in der Wohnung? Gefällt sie dir?«
»Ja, sie ist …«
»Ja. Ja, ich komm ja schon! Alles klar. Liebling? Ich muss Schluss machen. Schlaf gut, okay? Wir hören uns morgen.«
»Ist gut. Ich hoffe, es geht nicht mehr allzu lange bei dir. Du fehlst mir. Ich … Dan? Dan?«
Die Verbindung ist längst getrennt. Und der Stich, den ich verspüre, kurz und schnell beiseitegeschoben.
Es stimmt, die vergangenen Wochen und Monate vor unserem Umzug haben sich angespannter angefühlt als die zwei Jahre davor. Aber: Ich hatte beschlossen, nicht länger darüber nachzugrübeln. Dan hat es gerade wahrlich nicht leicht. Seit der Beförderung steht er unter immensem Druck, und der Wechsel nach England, wo eine Riesenaufgabe auf ihn wartet, unter den wachsamen Augen aller – sagen wir einfach, es ist kein Wunder, dass er gestresst ist. Nicht mehr ganz so liebevoll. Öfter mal schlecht gelaunt. Kurz angebunden.
Ich seufze. Lege den Kulturbeutel zurück und ziehe stattdessen eine Handvoll Pullover aus dem Koffer, bevor ich mich hinlege, einen Knäul Sweater im Arm. An irgendetwas muss man sich schließlich...