Sarimski | Handbuch interdisziplinäre Frühförderung | E-Book | www.sack.de
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E-Book, Deutsch, Band 20, 481 Seiten

Reihe: Beiträge zur Frühförderung interdisziplinär

Sarimski Handbuch interdisziplinäre Frühförderung


2. aktualisierte Auflage 2022
ISBN: 978-3-497-61662-6
Verlag: Ernst Reinhardt Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, Band 20, 481 Seiten

Reihe: Beiträge zur Frühförderung interdisziplinär

ISBN: 978-3-497-61662-6
Verlag: Ernst Reinhardt Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Was ist über die Entwicklung von Kindern mit Beeinträchtigungen in den unterschiedlichen Entwicklungsbereichen bekannt? Wie wirken sich biologische und soziale Risiken auf die Entwicklung aus? Welche Methoden stehen zur Förderung zur Verfügung und was lässt sich aus der Entwicklungsforschung über die Wirksamkeit dieser Methoden sagen? Das Handbuch gibt Antwort auf all diese Fragen und bietet so eine Grundlage für alle, die in der Frühförderung von Kindern mit einer kognitiven, sprachlichen oder motorischen Beeinträchtigung, einer Hör- oder Sehschädigung, einer sozial-emotionalen Entwicklungsstörung oder einer schweren Mehrfachbehinderung tätig sind. PraktikerInnen erhalten so einen umfassenden Überblick über das Arbeitsfeld und Leitlinien für die Praxis der Frühförderung.

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Zielgruppe


Fachkräfte in der Frühförderung und integrativen
Kitas, Ergo- und PhysiotherapeutInnen, LogopädInnen, HeilpädagogInnen, PsychologInnen sowie Fachkräfte in sozialpädiatrischen Zentren


Autoren/Hrsg.


Weitere Infos & Material


2 Kernaufgaben der Frühförderung Im Arbeitsfeld der Frühförderung lassen sich Kernaufgaben von Kooperationsaufgaben unterscheiden. Kernaufgabe ist die Förderung von Kindern mit unterschiedlichen Entwicklungsbeeinträchtigungen. Die Kooperationsaufgaben umfassen Beiträge der Frühförderung zur Begleitung von frühgeborenen Kindern und von Kindern, die in belastenden Lebensumständen aufwachsen sowie die Unterstützung von Maßnahmen zur Prävention von Kindeswohlgefährdung und die Beratung von Pädagogen in inklusiven Kindertageseinrichtungen. 2.1 Frühförderung bei Beeinträchtigung der kognitiven Entwicklung Zu den Kernaufgaben der Frühförderung gehört die Förderung und Behandlung von Kindern mit einer globalen Entwicklungsbeeinträchtigung, die durch eine anlagebedingte, perinatal oder postnatal entstandene Schädigung entstanden sein kann. Kinder mit einer globalen Entwicklungsstörung bedürfen der Unterstützung der Entwicklung in allen Kompetenzbereichen. Bei Kindern mit spezifischen kognitiven Beeinträchtigungen geht es dagegen um die Förderung von Vorläuferfähigkeiten für den Schriftspracherwerb und den Erwerb mathematischer Kompetenzen oder die Förderung von integrativen Fähigkeiten (exekutiven Funktionen). Bei ihnen dient die Frühförderung der Prävention von künftigen schulischen Lernschwierigkeiten. 2.1.1 Entwicklung unter den Bedingungen einer globalen Entwicklungsbeeinträchtigung BEISPIEL Entwicklungsfortschritte bei Down-Syndrom Bei Nicolas handelt es sich um einen kleinen Jungen mit Down-Syndrom. Die Diagnose wurde den Eltern unmittelbar nach der Geburt mitgeteilt. Sie löste zunächst ein hohes Maß an Enttäuschung und Ängsten vor der Zukunft aus. Nach einigen Wochen war es ihnen jedoch möglich, sich an ersten kleinen Entwicklungsschritten von Nicolas zu freuen. Der Kinderarzt empfahl zunächst die Einleitung einer Physiotherapie, um die motorische Entwicklung des kleinen, sehr hypotonen Jungen zu unterstützen. Zusätzlich nahmen die Eltern Kontakt auf zu einer Frühförderstelle, in der sie eine pädagogische Mitarbeiterin, die über viel Erfahrung in der Arbeit mit Kindern mit Down-Syndrom verfügte, in regelmäßigen Abständen beriet und sie dabei unterstützte, ein realistisches Bild von den künftigen Entwicklungsmöglichkeiten von Nicolas zu gewinnen. In diesem Rahmen konnte die Mitarbeiterin auch viele Fragen beantworten, die sich auf Fördermöglichkeiten im Allgemeinen bezogen, und mit den Eltern auch besprechen, wie sie die Entwicklungsbesonderheiten von Nicolas dem größeren Bruder (vier Jahre), in altersgemäß verständlicher Form erklären konnten. Gegen Ende des ersten Lebensjahres von Nicolas fühlten sich die Eltern zunehmend unsicher, wie sie den spielerischen Kontakt mit ihm gestalten sollten. Nicolas beobachtete zwar viel, entwickelte aber kaum Initiative, um Spielsachen selbst zu erkunden. Sie begannen mehr und mehr, seine Aufmerksamkeit zu lenken und ihn zum Spiel anzuregen, hatten jedoch das Gefühl, dass Nicolas sich in diesen Momenten eher zurückzog. Für die Eltern war es daher sehr wichtig, mit der Fachkraft der Frühförderung kurze Videosequenzen anschauen und besprechen zu können. Auf diese Weise gewannen sie an Sicherheit, woran sie sein Interesse erkennen konnten, und gaben ihm mehr Zeit als zuvor, um selbst aktiv zu werden. Im weiteren Verlauf machte es ihnen dann große Sorgen, dass er zunächst so gar keine Ansätze machte, Lautmalereien („wau-wau“, „miau“) oder erste Worte nachzuahmen, und von sich aus nicht versuchte, ihnen irgendeinen Wunsch nach etwas mitzuteilen. Mit Unterstützung der Fachkraft der Frühförderung lernten sie, ihre Worte mit Gebärden zu begleiten und entdeckten, dass er diese Gebärden zu imitieren begann und bald verstand, wie er auf diesem Weg ausdrücken konnte, was er mochte. DEFINITION Eine globale Entwicklungsbeeinträchtigung betrifft die Bereiche der kognitiven, sprachlichen, sozial-emotionalen und adaptiven Entwicklung. Es handelt sich um eine sehr heterogene Gruppe von Kindern, da sowohl die Schwere als auch das Profil der Beeinträchtigungen sehr unterschiedlich sein können. In Entwicklungs- und späteren Intelligenztests erreichen die Kinder einen EQ/IQ < 70, d. h., sie werden nach der kinder- und jugendpsychiatrischen Klassifikation (ICD-10, DSM-5) als Kinder mit einer leichten oder schweren geistigen Behinderung bzw. Intelligenzminderung bezeichnet. Epidemiologische Studien, in denen Kinder und Jugendliche mit geistiger Behinderung, die in einer Region aufwachsen, flächendeckend untersucht wurden, sprechen dafür, dass schwere intellektuelle Behinderungen immer biologisch-organische Ursachen haben, auch wenn diese nicht immer eindeutig bestimmt werden können. In einer norwegischen Studie von Stromme/Hagberg (2000) konnte eine schwere geistige Behinderung bei 70 % der untersuchten Kinder auf eine pränatale Ursache zurückgeführt, bei 48 % ein genetisches Syndrom, eine chromosomale Störungen oder eine neurodegenerative Erkrankung identifiziert werden. Perinatale Ursachen waren bei 4 % der Kinder für eine schwere Behinderung verantwortlich, postnatale Erkrankungen und Unfälle für 5 %. Bei leichter geistiger Behinderung ließ sich eine eindeutige pränatale Ursache immerhin bei 51 % identifizieren. Bei 32 % der Kinder war die Ursache unbekannt. Biologisch-organische Ursachen bedeuten nicht unbedingt, dass die Entwicklungsstörung des Kindes bereits bei der Geburt oder in der Neugeborenenperiode erkennbar ist. Dies trifft lediglich bei einem Teil der chromosomalen Störungen und genetischen Syndrome zu, die mit körperlichen Fehlbildungen, charakteristischen dysmorphologischen Merkmalen und / oder schweren Anpassungsstörungen einhergehen. In diesen Fällen werden die behandelnden Ärzte in der Geburtsklinik oder im Perinatalzentrum bereits in den ersten Tagen oder Wochen zu einer genetischen Untersuchung raten. In der Mehrzahl der Fälle liegen aber in dieser frühen Phase noch keine eindeutigen Hinweise auf eine anlagenbedingte Behinderung vor. Erst im Laufe des ersten und zweiten Lebensjahres wird die Entwicklungsverzögerung in den Vorsorgeuntersuchungen und bei einer genaueren Entwicklungsdiagnostik deutlich, so dass medizinische Untersuchungen zur Klärung der Ursache eingeleitet werden. Außer einer humangenetischen Untersuchung zur Bestimmung einer chromosomal oder molekulargenetisch diagnostizierbaren Störung oder eines nicht-chromsomalen genetischen Syndroms kommen dafür bildgebende Verfahren (Computer-Tomografie, Magnet-Resonanz-Tomografie), die Aufschluss geben über eine Veränderung der Hirnstrukturen, und Stoffwechseluntersuchungen infrage. Mit der Feststellung einer biologisch-organischen Ursache ist allerdings in der Regel keine eindeutige Prognose verbunden. Sie kann erst aus dem Entwicklungsverlauf erstellt werden, d. h., der Grad der zukünftigen kognitiven Beeinträchtigungen eines Kindes kann erst durch wiederholte entwicklungsdiagnostische Untersuchungen in den ersten Lebensjahren eingeschätzt werden. Entwicklung kognitiver Funktionen ! Unter kognitiven Funktionen lassen sich alle Prozesse verstehen, durch die ein Kind Wissen über die Umwelt erwirbt. Sie umfassen die Prozesse der Aufmerksamkeit und Wahrnehmung, die Sprachverarbeitung, die Gedächtnisprozesse sowie die übergeordneten integrativen Fähigkeiten, die für das Planen von Handlungsstrategien und ihre Kontrolle verantwortlich sind. Im Säuglings- und Kleinkindalter entwickeln sich die Aufmerksamkeits- und Wahrnehmungsfunktionen rasch, während sich die komplexeren sprachlichen Verarbeitungsfähigkeiten und kognitiven Steuerungsprozesse erst nach dem zweiten Lebensjahr ausbilden. Grundsätzlich lässt sich die kognitive Entwicklung von Kindern mit einer globalen Entwicklungsstörung als verzögertes Erreichen von Entwicklungsstufen beschreiben. Die frühen Stufen der kognitiven Entwicklung durchlaufen sie in der gleichen Abfolge („similar sequence“-Hypothese), jedoch benötigen sie mehr Zeit, um ihre Informationsverarbeitungsprozesse zu automatisieren, sich Speicher-, Bearbeitungsstrategien sowie Wissen anzueignen, so dass sie langsamere Fortschritte von einer Entwicklungsstufe zur nächsten machen. Bei vielen Kindern mit globalen Entwicklungsstörungen zeichnen sich jedoch bereits früh zusätzliche qualitative Auffälligkeiten in den kognitiven Prozessen ab. Sie haben spezifische Schwierigkeiten in basalen Prozessen der Aufmerksamkeitsregulation (selektive Aufmerksamkeit, Daueraufmerksamkeit, flexibles Wechseln der Aufmerksamkeitsrichtung), in der Verarbeitung von Informationen im Arbeits- und Langzeitgedächtnis sowie in der Planung von Teilschritten bei Problemlösungen und der...


Prof. Dr. Klaus Sarimski, Dipl.-Psych., lehrte bis 2021 sonderpädagogische Frühförderung und allgemeine Elementarpädagogik an der Pädagogischen Hochschule Heidelberg mit den Arbeitsschwerpunkten: Fragen der sozialen Teilhabe und Umgang mit Verhaltensauffälligkeiten von Kindern mit unterschiedlichen Behinderungen.



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