E-Book, Deutsch, 168 Seiten
Schäfer Mainhattan Hearts
1. Auflage 2015
ISBN: 978-3-95542-133-5
Verlag: Societäts-Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: Adobe DRM (»Systemvoraussetzungen)
Ein Frankfurt-Krimi
E-Book, Deutsch, 168 Seiten
ISBN: 978-3-95542-133-5
Verlag: Societäts-Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: Adobe DRM (»Systemvoraussetzungen)
Ein neuer Fall für Kriminalhauptkommissar Thomas Bach: Eine junge sportliche Joggerin wird tot im Frankfurter Grünburgpark aufgefunden. Doch für den erfahrenen Polizisten ist dies kein normaler Todesfall: Die Tote im Park kennt er seit sie ein Kind ist. Für Betroffenheit bleibt kaum Zeit, denn Bach muss den Mord an einer bekannten Frankfurter Enthüllungs-Journalistin aufklären. Bei seinen Ermittlungen stößt er immer wieder auf ein Phantom: „Marlowe“. Der mysteriöse Chatter, der gleich mehrere Eisen im Feuer hat, scheint bei erfolgreichen Single-Frauen gut anzukommen – doch bevor Bach mehr über ihn erfahren kann, gerät er in einen Sumpf aus Spendenskandalen, Scheinorganisationen und Versicherungsbetrug und muss vom Schlimmsten ausgehen: Einsame Frauenherzen haben die längste Zeit sicher in Frankfurt gelebt! Andreas Schäfer weiß, worüber er schreibt: Als Hauptkommissar kennt er die Stadt Frankfurt und ihre Verbrecher wie kaum ein anderer. „Mainhattan Hearts“ ist sein dritter Frankfurt-Roman im Societäts-Verlag – ein Stadt-Krimi, der durch Mark und Bein geht.
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
Prolog
Es war einer jener strahlenden Morgen, die einen wunderschönen Tag versprechen, ohne etwas halten zu wollen. Einer jener warmen Sommertage, die jeden beim Erwachen so sympathisch anstrahlen, wie die umwerfenden, durchgestylten Models auf der Titelseite eines superedlen, aber auf den Innenseiten doch schon leicht vergilbten Modemagazins. Ich versuchte das penetrante Klingeln meines Telefons zu ignorieren, blinzelte in die aufgehende Sommersonne, die prismenartig durch die ungeputzten Scheiben in mein Schlafzimmerfenster schien, drehte mich widerwillig um und fischte dann doch verschlafen mit einer Hand nach dem Hörer. Nach endlosem Tasten fand ich es, drückte die magische Taste und meldet mich: „Bach.“ „Moin Thommy. Hier ist Björn vom KDD“, kam es mit leicht friesischem Akzent aus dem Hörer. Ich sah ihn im Geiste vor mir, den baumlangen, rothaarigen Riesen vom Kriminaldauerdienst. „Hallo Björn, moin moin“, grüßte ich ihn in seinem Dialekt zurück, wohlwissend, dass er seine friesische Heimat in unserem futuristischen „Mainhattan“ sehr vermisste. „Du, es gibt da eine Tote im Grüneburgpark. Joggerin, die zusammengebrochen ist. Leichensache in der Öffentlichkeit. Nix Spektakuläres, aber ihr seid jetzt schon dran…“ Ich sah auf meinen Radiowecker, dachte an die unendlichen Diskussionen über Zuständigkeiten, verwarf den Gedanken und brummte dann: „Okay Friese, dann gib mal durch.“ Die Sonne brach sich tausendfach in den Laubkronen der ausladenden Bäume des Grüneburgparks, als wir die Autotüren zuschlugen. Ich blickte über die Straße auf eine Kindergartengruppe, die in Zweierreihen Richtung Palmengarten gingen. Die großgewachsene Erzieherin lief vorneweg und gestikulierte mit den Händen, während ihre kleinwüchsige Kollegin als Letzte der Gruppe hinterherlief. Mir fiel ein einziger blonder Wuschelkopf in der lachenden Menge der Kinder auf und ich verscheuchte meine aufkommenden Gedanken über die demografische Entwicklung in meiner Heimatstadt. Ich sah hinüber zu Rainer, der mir zugrinste, als könne er Gedanken lesen, dann aber Richtung des Parkeingangs nickte: „Dann lass uns mal loslegen.“ „Okay Partner…“, brummte ich, blinzelte in die Sonne und dann gingen wir in Richtung der großen Wiese des Grüneburgparks, auf der sich schon zu so früher Morgenzeit einige Studentinnen sonnten und in ihre Bücher vertieft waren. Wir liefen zunächst an einem Spielplatz vorbei. Die jungen Mütter mit den spielenden Kindern und die sonnenhungrigen Studenten ließen von dem Todesfall nichts ahnen und eigentlich hätte ich mich über diesen Sommertag richtig freuen können, riss mich dann aber zusammen. Wir gingen weiter, während neben uns einige Jogger ihre morgendlichen Runden durch den Park drehten. Rainer und ich hatten in der letzten halben Stunde seit unserem Treffen im Präsidium nur die nötigsten Worte gewechselt. Dann sahen wir den Funkstreifenwagen und die Kollegen auf dem Weg, der im weiteren Verlauf zu einem kleinen Pavillon in diesem schönen Park führte. Bevor wir die Stelle erreichten, raunte mein Partner: „Dann wollen wir mal.“ Ich nickte wortlos, ohne zu ihm hinüberzusehen und versuchte mich an diesem Morgen endlich zusammenzureißen. Sie lag auf dem Rücken, die Arme ausgebreitet, die blonden Haare fächerartig um ihr Gesicht verteilt, das mich sofort an einen unschuldigen Engel erinnerte. Ihr friedlicher Ausdruck ließ annehmen, dass sie eingeschlafen war, doch plötzlich fror es mich ganz eisig ums Herz. Erinnerungen kamen über mich, die Puzzleteilchen fielen zusammen, doch der schlagartig einsetzende Druck in meinem Magen schien die ekelhafte Wahrheit nicht zulassen zu wollen. Der Druck kroch meine Speiseröhre hoch und dann erkannte ich sie, auf den zweiten Blick, aber ich wollte es zunächst nicht wahrhaben. Ich sah auf alles andere, auf ihre rosa Jogginghose, die pinkfarbenen Turnschuhe, ihr weißes T-Shirt. Der MP3 Player hing an einem beigen Band um den Hals, die Kopfhörer lagen neben ihr. Ich musste wieder eine kurzen Blick auf ihr Gesicht werfen, kein Zweifel, sie war es. Um Gottes willen, und wie sollte ich es ihm nur beibringen. Ihr friedlicher Gesichtssausdruck, fast wie das Antlitz eines gütigen Engels, der einem in schwierigen Momenten zur Seite eilte und über einem wachte, das alles ließ den schweren, heißen Knoten in meinem Magen wachsen und ich ging in die Knie, während ich ein Paar Plastikhandschuhe aus meiner Blousontasche fischte. „Sieht aus wie Herzinfarkt“, meinte einer der umstehenden Kollegen. Ich hörte es wie durch einen Nebel und konnte mich nicht von ihrem Anblick lösen. Ich nahm den Knopf des Kopfhörers hoch, der durch ein Kabel mit dem Player verbunden war. Er lief noch. Ich wollte etwas tun, um in Bewegung zu bleiben, nur irgendetwas tun, um nicht in trauriger Ehrfurcht zu erstarren. Dann lauschte ich der Musik. Dabei fiel mein Blick auf ihr weißes T-Shirt mit dem Bild einer Maus, die hinter einem roten Herz hervorlugte. Als ich dann die Klänge aus dem Player hörte, wuchs der Knoten in meinem Magen zu einem brodelnden Vulkan. Phil Collins schönste Liebeserklärung drang in meine Ohren, damals sang er noch mit Genesis „Hold on my Heart“. Ich dachte zurück an Angie, meine Ex-Frau, an unsere letzten schönen Monate, bei Kerzenlicht und Phil Collins, der im Hintergrund damals nur für uns seine schönsten Balladen sang. Ja, das war einmal unser Lied. Und jetzt lag die Tochter eines meiner besten Freunde vor mir. Die alten Schuldgefühle kamen wieder hoch, ich fühlte mich Werner immer noch verpflichtet, schließlich lag es damals nur an mir. Wie sollte ich ihm das nur erklären? Die lange verdrängten Erinnerungen an die Sommernacht vor über zwanzig Jahren kehrten zurück, ich versuchte zu vermeiden, sie anzusehen und ich hatte doch immer ihr unschuldiges Gesicht vor meinem inneren Auge. Damals war sie gerade drei Jahre alt und fing bitterlich an zu weinen, als Werner ihr vom Tod ihrer Mama erzählte. Ich stand auf, Rainer sah mich fragend an und ich raunte ihm zu: „Lass uns mal ein paar Meter gehen.“ Die anderen Kollegen vom dritten Revier und vom Kriminaldauerdienst hatten sich mittlerweile etwas abseits gestellt und rauchten um die Wette. Ich ging einige Schritte in Richtung des Pavillons, ohne mich umzudrehen, und versuchte, die Schuldgefühle und die Trauer zu unterdrücken. Der blaue Sommerhimmel über der Mainmetropole wurde durch kleine, weiße Wölkchen unterbrochen und ich fragte mich immer wieder, wie ich es ihm beibringen sollte. „Okay Partner, was ist los?“, riss mich Rainer aus meinen Gedanken. Wie so oft lag ich wie ein offenes Buch vor ihm. Ich drehte mich um. Er sah mich verständnisvoll an, so als wenn er wüsste, was jetzt kam und ich war froh, dass ich mit meinem langjährigen Partner hier war und nicht mit irgendjemand anderem. „Das ist Doreen Hartmann, Werners Tochter“, meinte ich mit leicht brüchiger Stimme. Er legte den Kopf leicht zur Seite und sah mich immer noch fragend an. „Die Tochter von Werner Hartmann, der pensionierte Kollege, der das Hotel am Westendplatz hat“, ergänzte ich und presste meine Lippen zusammen, obwohl er wusste, wer Werner war. Jetzt nahmen seine Augen auch einen verklärten Anblick an, er kannte schließlich auch die tragische Familiengeschichte und ich fuhr fort, einfach um den Moment zu überbrücken: „Werner war vor über zwanzig Jahren mein Bärenführer, mein erster Partner beim vierten Revier. Er hat mich zum Schutzmann ausgebildet“, ich warf einen Blick zu der Toten und nickte in ihre Richtung, „seine Tochter Doreen habe ich schon als kleines Mädchen gekannt.“ „Die Mutter ist damals früh gestorben, nicht war?“ „Ja, Tina… ich…“ Der Vulkan in meinem Magen spie Feuer. Ich schluckte es runter, sah zu dem Pavillon hinüber, räusperte mich und flüsterte dann: „Ich habe sie noch gekannt.“ „Hey Partner, tut mir leid, ich… wir kriegen das schon hin, okay“, meinte er aufmunternd zu mir, weil er auch schon an einen der undankbarsten Jobs von Polizeibeamten dachte. Das Überbringen einer Todesnachricht. Wir mussten es Werner sagen. Das war ich meinem Bärenführer schuldig, der mir als jungem Schutzmann das Laufen beigebracht hatte, in einem der heißesten Reviere der Republik, ja, mein ehemaliger Partner, der mich damals auch im Wald rausgehauen hatte. „Du Thommy, lass uns an die Arbeit gehen, komm wir…“ „Eigentlich bin ich befangen…“, meinte ich, nicht um mich vor irgendetwas zu drücken, sondern weil ich schließlich auch eine persönliche Beziehung zu dem Opfer gehabt hatte. „Mensch, es sieht aus wie ein plötzlicher Herztod oder Kreislaufversagen, mach es nicht so kompliziert. Wir fahren natürlich zusammen zu Werner und bringen es ihm dann bei“, meinte Rainer und lächelte freundlich. Ich ließ seine Worte im Raum stehen und versuchte dann zurückzulächeln, was aber wahrscheinlich ziemlich gequält aussah: „Okay Partner, vielleicht hast du ja recht. Lass uns unseren Job machen.“ „Und du setzt dich mal da vorne auf die Bank und lässt mich jetzt in erster Linie ran, du weißt schon, warum“, meinte Rainer und ich nickte ihm dankbar zu. Die weißen Wolken hatten sich verzogen, der Himmel über Frankfurt war immer noch strahlend blau. Rainer lenkte unseren BMW auf einen Parkstreifen neben einen der vielen prächtigen Altbauten im Westend. Die erste Leichenschau im Grüneburgpark hatte er übernommen, tatsächlich deuteten die Umstände auf einen plötzlichen Herztod von Doreen Hartmann hin. Ich hatte nach dem Abtransport des Leichnams vorgeschlagen, vor dem Besuch bei Werner noch in...