E-Book, Deutsch, 456 Seiten
Schmid Das Licht im Sand
1. Auflage 2023
ISBN: 978-3-7584-5401-1
Verlag: epubli
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Herrscher des Lichts
E-Book, Deutsch, 456 Seiten
ISBN: 978-3-7584-5401-1
Verlag: epubli
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
»Der Krieg gehört mir nicht. Noch nicht.«
Ein Kaiser auf der anderen Seite des Meeres. Eine Stadt in der Wüste. Tanzende Lichter im Sand. Und eine nahende Schlacht, die sich wie ein Sturm am Horizont zusammenbraut.
Als der Kaiser von Morretberg Kraburg den Krieg erklärt, gibt es nur eine denkbare Option: zurückzuschlagen. Doch während die kraburgischen Truppen durch eine endlose Sandwüste marschieren und im Feindesland einen Kampf nach dem anderen ausfechten, erkennt Oberst Sveno Tsabaca, dass es dabei um mehr geht als den Krieg zweier Reiche: Denn Schatten der Vergangenheit sind erwacht.
Kornelia Schmid wurde 1993 in Regensburg geboren und hat dort Literaturwissenschaft, Kunstgeschichte und Philosophie studiert. Geschichten hat sie schon in der Grundschule geschrieben - und nicht damit aufgehört. Im Alter von zwölf Jahren entstand ihr erster Roman über ein magisches Schwert, der seitdem ein Schattendasein auf der Festplatte fristet. Seit 2016 veröffentlicht sie in Anthologien regelmäßig Kurzgeschichten unterschiedlicher Genres der Fantastik, wobei sie am liebsten in magische Welten eintaucht. Inzwischen hat sie sich das Schreiben zum Beruf gemacht und arbeitet als Redakteurin in München. Mit »Das Licht im Sand« ist der zweite Teil ihrer Romantrilogie »Herrscher des Lichts« erschienen.
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Kapitel 2 Ferretshafen, 24. Tag des Hitzemondes – Äro Kahragon Die Linie aus Schiffen verdeckte den Horizont. Noch waren sie außer Schussweite der Hafentürme, aber die Soldaten in Ferretshafen bliesen Alarm und auch Äro spürte, dass das Manöver gleich beginnen würde. Die roten Flaggen der Morretberger flatterten im Wind. Die Kanonen wurden aus den Luken geschoben. Äro fragte sich, welche Art von Magie die Geschosse leitete. Oder würden sie sich auf die rohe Kraft einer Explosion verlassen? Sein Nacken kribbelte. Er nahm das Fernglas von den Augen und drückte es seinem Berater in die Hand. Er hatte Hunger. »Bringt mir mein Pferd«, sagte er und trat von der Brüstung zurück. »Herzog, ich würde Euch raten, besser im Palast zu bleiben. Dort ist es am sichersten«, sagte sein Berater. Äro machte sich nicht die Mühe, darauf zu antworten. Der sicherste Ort in dieser Stadt war da, wo er sich befand. Schließlich war er der beste Magier hier. Es wurde Zeit, dass das noch mehr Leute erkannten. Dieser Angriff war die perfekte Gelegenheit dafür. Sein Magen knurrte. Äro biss die Zähne zusammen. Wahrscheinlich würden ihn die Morretberger um sein Abendessen bringen. Der General hatte ihm versichert, sie wären auf alles vorbereitet. Aber Vorbereitung allein garantierte nun einmal keinen Erfolg. Licht blitzte über dem Meer auf. Dann folgte das Donnern einer Explosion. Selbst von hier aus war es laut genug. Die Hufe seines Pferdes schlugen auf die Pflastersteine. Nie hatte er die Straßen derart verlassen erlebt. Statt Fisch und Salz roch es im Hafen nach Rauch. Grauer Dunst umhüllte die morretbergischen Schiffe. Äro stieg vom Pferd und lief zu Fuß weiter. Von den Wehrtürmen aus hätte er einen besseren Überblick und könnte Zauber wirken. Äro fasste eines der Bauwerke ins Auge. Ein Licht aus den Schießscharten unter dem Dach zeugte davon, dass sich die dort positionierten Magier an der Verteidigung der Stadt versuchten. Finger krallten sich in seinen Arm und zerrten ihn hinter eine Hausmauer. Im nächsten Moment schlug ein Geschoss neben ihm ein und riss einige Pflastersteine aus dem Boden. »Falls Ihr vorhattet, auf der Promenade zu flanieren, muss ich Euch enttäuschen«, sagte der Mann, der ihn gepackt hatte. Äro war nicht gut darin, sich Gesichter zu merken, aber die drei goldenen Streifen an seinen Armen wiesen ihn als Generaloberst aus, also handelte es sich bei ihm um den Bruder des Generals, Rekro Sikat. Ein weiteres Geschoss schlug in einer Mauer in Sichtweite ein. Eine Wolke Steinstaub umhüllte die Einschlagstelle, sodass Äro die Schäden nicht genau erkennen konnte. Doch im nächsten Moment sackte die obere Hälfte des Hauses hinab und begrub alles darunter unter Schutt und Trümmern. Äro zog die Brauen zusammen und wandte sich dem Generaloberst zu. »Warum stürzt meine Stadt ein?« »Wir müssen warten, bis die Schiffe näher heran sind, damit wir unsere Falle auslösen können«, antwortete Sikat. »Und wie viele Häuser müssen noch einstürzen, bevor sie nahe genug heran sind?« Der Generaloberst befeuchtete sich die Lippen. »Hör mal …« »Herzog Kahragon«, half ihm Äro auf die Sprünge. »Äro, richtig?«, fragte Sikat. »Nicht richtig«, erwiderte er ärgerlich. Der Generaloberst lächelte säuerlich. »Du verstehst etwas von Politik, wir verstehen etwas vom Kämpfen. Lass uns unsere Arbeit machen, ja?« Gedanklich machte sich Äro eine Notiz, die herablassende Art Sikats nicht zu vergessen, aber er sparte es sich, etwas darauf zu erwidern. Solange Krieg war, wurde der Mann noch gebraucht. »Wie nah müssen sie kommen, damit die Falle ausgelöst werden kann?« Soweit er wusste, hatten sie irgendetwas versenkt und beabsichtigten, es mit Magie zu heben. Niemand hatte sich die Mühe gemacht, ihn einzuweihen. »Ins Hafenbecken, wo das Wasser flacher ist«, sagte Sikat. Noch waren die Schiffe knapp in Reichweite der Wehrtürme. Wenn sie sich weiter näherten, liefen sie Gefahr, in ihr Kreuzfeuer zu geraten. Also mussten sie erst die Türme zerstören, bevor sie ins Hafenbecken einliefen. Das hieße, die Verteidigung der Stadt wäre für die nächsten Monate zerstört – und er würde die Gelder für ihre Wiederinstandsetzung beschaffen müssen. Wie sollte er das anstellen, jetzt, wo ohnehin fast alle Einnahmequellen der Stadt ausfielen? Sicher würde er Merto nicht um Unterstützung anbetteln, Krieg hin oder her. »Sie zerschießen meine gesamte Stadt, bevor sie so weit vorstoßen«, sagte Äro. »Nur den Hafenbereich«, sagte der Generaloberst widerwillig. »Deswegen haben wir ihn evakuiert.« Äro rollte mit den Augen. Ein weiteres Geschoss schlug nur ein paar Schritte von ihm entfernt auf der Straße ein. Der Steinstaub kratzte in seiner Kehle und ließ ihn husten. Im immer dichteren Rauch liefen Tränen über seine Wangen. Äro presste die Lippen zusammen und verließ seine Deckung. »He!«, brüllte der Generaloberst hinter ihm. »Was soll das?« Äro ignorierte ihn und lief geduckt über die Hafenpromenade. Zweifelsfrei sahen sie ihn – Kraburger wie Morretberger gleichermaßen. Schließlich war er das Einzige, was sich hier bewegte – sah man von den heranrasenden Geschossen ab. Ein Lichtblitz erschütterte seinen Schutzschild und ließ Äro zur Seite taumeln. Ärgerlich schüttelte er den Kopf und rannte weiter. Es brauchte deutlich mehr, um seinen Zauber zu brechen. Sollte ihn dieser Angriff beleidigen? Er beschleunigte sein Tempo. Rennen. Explosion. Weiterrennen. Explosion. Verdammter Staub. Äro hustete wieder. Dann erreichte er das äußere Ende seines Hafens. Vor ihm ragte einer der Wehrtürme auf, wo ein paar Magier so taten, als würden sie die Stellung halten, indem sie hin und wieder etwas auf die Morretberger schossen. Scheißplan. Äro kümmerte sich nicht um den Turm, sondern trat an den Rand der Kaimauer und musterte die Fischerboote, die dort vertäut waren. Er wählte das größte von ihnen aus und sprang hinab. Das Boot schaukelte wild unter seinen Füßen. Falls ein Geschoss es zerschlüge, würde er ebenfalls im Wasser des Hafenbeckens landen, inmitten des Beschusses. Trotzdem weitete er seinen Schutzzauber nicht auf das Gefährt aus. Er brauchte seine Kraft für das, was er vorhatte. Äro ging in die Hocke, zog seinen Handschuh aus und hielt die Hand ins Wasser. Zu dieser Jahreszeit war es nicht kalt, sondern lediglich angenehm kühl. Äro schloss die Augen. Jetzt nicht ungeduldig werden. Er sandte seine Magie vorsichtig aus, konzentrierte sich auf die Wogen, die er im nächsten Moment am ganzen Körper spürte, als würde er schwimmen. In wilden Wirbeln brandete das Meer gegen die Mauer und spritzte in die Höhe. Weiter draußen wiegte es sich kraftvoll um die Schiffsrümpfe. Gut. Äro setzte mehr Magie frei, erhöhte den Druck. Er schickte sie nicht zu den Schiffen, sondern hinter sie. Schreie um ihn herum. Sein bröckelnder Schutzschild. Ein Schwall Salzwasser, der ihm ins Gesicht klatschte. Äro blinzelte und beobachtete die Wirkung seines Zaubers, während er die Magie weiter fließen ließ. Hinter den Morretbergern erhob sich das Meer. Eine gewaltige Woge trug die Schiffe in die Höhe, bereit, sie direkt in den Hafenbereich zu tragen. Der Beschuss hörte auf. Äro ließ seinen Zauber los und kletterte zurück auf die Kaimauer, um von dort aus zu beobachten, wie die Riesenwelle die Morretberger in den Hafen zwang. »Feuer!«, brüllte eine Stimme und auf den Wehrtürmen flammten rote Lichter auf. Äro verschränkte die Arme und reparierte seinen Schutzschild. Sein Magen krampfte sich zusammen und erinnerte ihn daran, dass er verdammt nochmal etwas essen musste. Ihm war übel. Jetzt erst recht. Die Woge erreichte den Hafen und flutete ihn mit Meerwasser. Es strömte um Äros Schild herum, sodass er einen Moment lang wie unter einer Glasglocke stand und auf das Wasser blicken konnte. Das Geräusch splitternden Holzes verriet, dass die Fischerboote das Ergebnis seines Zaubers nicht gut überstanden. Äro blinzelte und beobachtete, wie die morretbergischen Schiffe beidrehten, statt ihre Offensive fortzuführen. Eines von ihnen war in Schräglage geraten. Ein Flammenball schlug ins Holz. Das Gefährt war verloren. Gut. Eine Reihe von Bogenschützen bezog neben ihm Position. Sie schossen nicht, sondern warteten darauf, ob die Morretberger doch noch einen Versuch unternahmen, an Land zu gehen. Sie warteten vergeblich. Die Schiffe fuhren davon. Äro wandte sich ab und machte sich auf den Weg zurück zu seinem Palast. Wo war sein Pferd? Als er den Hauptteil des Hafens erreichte, bemerkte er einen Mann, der direkt auf ihn zukam. Es war der General, gut zu erkennen an seiner aufwändigen Rüstung und der dunklen Hautfarbe, die er sich mit seinem Bruder teilte. Er blieb vor Äro stehen und für einige Herzschläge sahen sie sich schweigend an. »Herzog Kahragon. Ein beeindruckender Zauber«, sagte Tsabaca dann. Irgendetwas an dem Lob störte Äro. Der Tonfall, vermutlich. Der General lächelte nicht, sondern blickte ihm nur starr in die Augen. »Wir hätten ihnen die Rümpfe aufgeschlitzt, wenn sie nicht beigedreht hätten.« Äro zuckte mit den Schultern. »Sie sind weg und meine Stadt steht noch. Tut nicht so, als wäre das etwas Schlechtes.« Tsabaca blickte aufs Meer hinaus. »Sie werden wiederkommen.« »Dann könnt Ihr ihnen ja die Rümpfe aufschlitzen«, sagte Äro und ging an ihm vorbei. Wenn er jetzt nicht sofort etwas zu essen...