E-Book, Deutsch, 340 Seiten
Schmidt Der Abgaskrieg
3. Auflage 2016
ISBN: 978-3-7412-7789-4
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Am Limit
E-Book, Deutsch, 340 Seiten
ISBN: 978-3-7412-7789-4
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Die Spuren einer verhängnisvollen Entwicklung, zusammengefasst in einer wissenschaftlichen Aufarbeitung der Abgaschronologie des Volkswagenkonzerns, geben einen Einblick über die Bestimmungen der Abgasgesetzgebung bis hin zu einer Lobby, die diese zu ihren Gunsten reglementieren will. Der Abgaskrieg führte zu einem Erdbeben bei VW. Dieser Kampf der Autoindustrie gegen das Abgasreglement fordert, wie in jedem Krieg, Opfer. Bei VW ist dies der Vorstandsvorsitzende Martin Winterkorn, bis dahin Liebling der Medien. Die Tricks der Automobilhersteller bezüglich der Abgasbestimmungen sind so einfallsreich wie die der Formel 1. Sie lassen nichts unversucht, erst kommt das Reglement, dann die Interpretation. Hunting emissions is the mission! Wie sauber sind Automobilabgase? Täglich prasseln neue Vorwürfe und Anschuldigungen auf die deutsche Automobilindustrie nieder. Die NOGs sehen im Auto den Umweltsünder und den Feind, den es zu bekämpfen gilt. Die Vertreibung der Fahrzeuge mit Dieselmotor aus den Innenstädten hat begonnen und mit der Einführung der zukünftigen blauen Umweltplakette auch eine weitere Enteignung der Autobesitzer. Elektroautos riechen und lärmen nicht. Sie sind außen drollig, innen eng und kommen nicht weit. Mit der Elektromobilität werden in Gesellschaft und Politik große Hoffnungen verbunden - auf dem langen Weg zu einer elektromobilen Gesellschaft sind aber noch etliche Herausforderungen zu lösen. Elektromobilität und Digitalisierung - die Zukunft des Autos hat erst begonnen, hat das Auto konventioneller Machart ausgespielt? Wenn jetzt die richtigen Weichen gestellt werden, und intelligente Lösungen die Umwelt mit einbeziehen, bleibt die Mobilität erhalten. Denn die Weichen für eine erfolgreiche Positionierung werden in diesem Jahrzehnt gestellt.
Heiko Schmidt, Jahrgang 1954, in Velbert geboren (NRW), war über 40 Jahre im Bereich Automotive beschäftigt. Seine Begeisterung für die Fahrzeugtechnik ist für ihn wie eine Droge. Vor diesem Hintergrund ist es somit auch nicht verwunderlich, dass er sich heute mit einer Mischung aus Kompetenz und Humor nun Fachbeiträgen zum Thema Technik widmet.
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6.0 DIE ABGASGETZGEBUNG
Der starke Zuwachs an Motorisierung führte in Kalifornien in den Vierzigerjahren des 20. Jahrhunderts zu ersten Bestrebungen, die negativen Auswirkungen auf die Luftqualität zu vermindern. In Europa wurde man in den Sechzigerjahren auf die Luftverschmutzung durch den Verkehr aufmerksam. Die Fokussierung auf dieses Problem wurde durch das für den Menschen unmittelbar schädliche Kohlen-monoxid hervorgerufen, das bereits bei geringen Konzentrationen (200 - 300 ppm) zu Übelkeit, Schwindel und Brechreiz führt und bei hohen Konzentrationen (ein paar 1000 ppm) die Sauerstoffversorgung des Körpers stark beeinträchtigt. Ferner erkannte man die schädliche Wirkung von Stickoxiden und unverbranntem Kohlenwasserstoffen, die u. a. zu saurem Regen und somit zum Baumsterben beitragen. Als Folge wurden 1961 in den Vereinigten Staaten, 1966 in Japan und 1970 in Europa Abgasgrenzwerte für den Straßenverkehr eingeführt. Die verschiedenen Gewohnheiten, sowie auch der unterschiedliche Gebrauch und Fahrweisen eines Automobils haben weltweit unterschiedlichste gesetzliche Rahmenbedingungen hervorgebracht. Die ersten einheitlichen Abgasvorschriften in der Europäischen Gemeinschaft (EG) traten 1970 in Kraft. Die damalige Europäische Gesellschaft wurde tätig, da ein ordnungsgemäß funktionierender Binnenmarkt einheitliche Normen zur Begrenzung des Ausstoßes von Luftschadstoffen durch Kraftfahrzeuge erforderlich machte. Vorreiter bei der gesetzlich begrenzten Schadstoffemission war Kalifornien, nachgezogen haben alle anderen Industriestaaten mit eigenen Grenzwerten und Prüfmethoden: CARB, Kalifornien EPA, USA EU-Gesetzgebung Japan Gesetzgebung In den Staaten mit Abgasvorschriften besteht eine Unterteilung der Fahrzeuge in verschiedene Klassen: Pkw Test auf Rollenprüfstand Leichte Nkw (bis 3,5...6,35t) Test auf Rollenprüfstand Schwere Nkw Test auf Motorprüfstand Off-Highway (z.B.Baufahrzeuge) Test auf Motorprüfstand Die Gesetze werden dann wiederum je nach Fahrzeugklasse (PKW, Nutzfahrzeug) unterschieden. Zur Überprüfung der Einhaltung der Schadstoffgrenzwerte gibt es mehrere Prüfverfahren: Typprüfung, Serienprüfung Feldüberwachung. 6.1 Der Unterschied zwischen der US / EU- Gesetzgebung Die amerikanische Gesetzgebung TIER 2 sieht keine Unterteilung nach dem Kraftstofftyp, sondern vielmehr eine Unterteilung nach der Schadstoffklasse vor. Somit kann ein Hersteller ein Kraftfahrzeug in unterschiedlichen Emissionsklassen (so genannten »BINs«), beginnend bei BIN1 (keine Emissionen) bis BIN11 (maximal zulässiger Emissionsausstoß), nach TIER 2 zertifizieren lassen. Jedoch ist hierbei zu berücksichtigen, dass innerhalb der TIER 2 – Richtlinie der Flottenausstoß von NOx auf 0.07 g/mi beschränkt ist. Hieraus ergibt sich, dass ein Fahrzeug mit TIER2 BIN5 hinsichtlich der Stickoxide genau dem Flottenlimit entspricht. Im Gegensatz zur europäischen Richtlinie EURO 6 wird die Partikelanzahl derzeit nicht limitiert. Sehr wohl ist aber die Partikelmasse limitiert. Neben den genannten Aspekten differenziert das Regelwerk zwischen der Nutz-Art, Gewichtsklasse und gibt verschiedene Details, wie z.B. die Kraftstoffqualität vor. Im Gegensatz hierzu muss nach der europäischen Richtlinie jedes Kraftfahrzeug die für den jeweiligen Kraftstofftypen gültigen Emissionsgrenzwerte einhalten. Ein Vergleich der unterschiedlichen Abgasgesetzgebungen erfordert nicht nur eine Betrachtung der festgelegten Grenzwerte (TIER 2, EURO 6), sondern auch ein Abgleich der unterschiedlichen Testprozeduren bzw. Fahrzyklen (FTP-75, NEFZ). Abbildung 9 Abgasgesetzgebung – Kalifornien Die vorgegebenen Emissionsgrenzwerte müssen bei festgelegten Rahmenbedingungen in einem definierten Testzyklus eingehalten werden. Dabei wird das Fahrzeug auf einem Rollenprüfstand betrieben und die relevanten Abgasproben nach der CVS-Methode (Constant Volume Sampling) gesammelt und anschließend auf die einzelnen Emissionsbestandteile analysiert. In den Abbildungen unten sind die jeweiligen Geschwindigkeitsprofile der einzelnen Testzyklen über der Zeit aufgetragen. Hierbei unterscheiden sich nicht nur die Geschwindigkeits- und Lastprofile, sondern auch die Distanz und Dauer. Die Katalyse Reaktionen nachgeschalteter Abgasnachbehandlungssysteme werden erst nach Überschreiten einer gewissen Temperaturschwelle (Light-Off) eingeleitet. Dies hat zur Folge, dass während der kalten Testphase die Konvertierungsrate erst schrittweise ansteigt und somit zu Beginn ein erhöhter Emissionsausstoß registriert wird. Ein Hauptmerkmal des FTP-75 ist die so genannte »Soak-Time«. Hierbei handelt es sich um eine 10-minütige Stillstandphase des Motors, welche zur Abkühlung des AGN-Systems beiträgt. Somit werden nicht nur hohe Anforderungen an die Aufwärmphase während des Kaltstarts, sondern auch an die Wärme-speicherung des Abgasnachbehandlungssystems gestellt. Zudem werden beim FTP-75 die über den einzelnen Phasen ermittelten Emissionen eine Wichtung mit folgenden Faktoren unterzogen: 0.43 x Kaltphase - 1.0 x stabilisierte Phase - 0.57 x Warmphase Abbildung 10 Federal Test Procedure FTP-75 (Quelle: Handbuch Kraftfahrzeugtechnik) Abbildung 11 Neuer Europäischer Fahrzyklus NEFZ (Quelle: Handbuch Kraftfahrzeugtechnik) 6.2 Die Prüfverfahren Je nach Staat, Fahrzeugklasse und Zweck der Prüfung werden drei vom Gesetzgeber festgelegte Prüfungen angewendet: Type Approval (TA) zur Erlangung der Allgemeinen Betriebserlaubnis Conformity of Production (COP) als stichprobenartige Serienprüfung der laufenden Produktion Feldüberwachung zur Überprüfung bestimmter Abgaskomponenten im Fahrbetrieb Abgas – Prüfverfahren für Dieselmotoren Prüfprogramm für Kalifornien: Abbildung 12 Abgas – Prüfverfahren für Dieselmotoren Das in der USA entwickelte Kalifornische Prüfverfahren hat sich in der ganzen Welt nicht zuletzt durch die USA Exportorientierung der Hersteller verbreitet. Die weiteren Prüfverfahren basieren meist auf den Kalifornischen Gesetzen. So wird in der EG ein Prüfverfahren nach den obigen 13 Punkten ausgearbeitet. Die Empfehlung von den zuständigen Organen des RGW (Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe) basiert auch auf den kalifornischen 13 Punkten. Nur die Bewertungsfaktoren sind entsprechend den europäischen Verhältnissen andere. Auf Grund der gemessenen Emissionen und der Bewertungsfaktoren werden Schadstoffemissionen in g/PSh oder in g/kWh berechnet und können mit den angegeben(:n Grenzwerten verglichen werden. So sind z. B. die Grenzwerte nach der RGW-Empfehlung: für CO 10 g/PSh (7,35 g/kWh) CH+NO, 16 g/PSh (11,76 g/kWh). Die Prüfverfahren berücksichtigen die CO, CH und NOx-Emissionen. Die Untersuchung der Rauchdichte wird meistens getrennt behandelt. 6.3 Europäisches Typgenehmigungsverfahren Fahrzeuge dürfen in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) nur zum Straßenverkehr zugelassen werden, wenn sie einer amtlichen Genehmigung entsprechen. Für die hier zu betrachtenden Personenkraftwagen (Pkw, Fahrzeugkategorie M1) und leichten Nutzfahrzeuge (Fahrzeugkategorie N1) ist die europäische Richtlinie 2007/46/ EG maßgeblich. Diese enthält wiederum eine Vielzahl von Einzelvorschriften für verschiedene technische Systeme und Bauteile solcher Fahrzeuge. Die an die Abgasemissionen dieser Fahrzeuge zu stellenden Anforderungen regelt die Verordnung (EG) Nr. 15/2007 und die hierzu erlassene Durchführungsverordnung Verordnung (EG) Nr. 692/2008. Die Verordnung (EG) Nr. 692/2008 betrachtet eine Vielzahl unterschiedlicher Sachverhalte. Bezogen auf die hier durchgeführte Felduntersuchung von Dieselfahrzeugen und die Wirkung von Abschalteinrichtungen ist die Prüfung Typ 1, die Prüfung der Abgasemissionen im Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) auf dem Rollenprüfstand, das wichtigste Element der Verordnung (EG) Nr. 692/2008 (Anhang III). Das nach Anhang III geforderte Prüfverfahren selbst ist in der UN-Regelung Nr. 83 beschrieben. Die technischen Prüfungen sind von einem von der Genehmigungsbehörde benannten Technischen Dienst durchzuführen. Der Technische Dienst kann auf eigenen Prüfanlagen oder auf Anlagen des Herstellers prüfen. Sofern die Prüfungen auf Herstelleranlagen erfolgen, hat der Technische Dienst sich davon zu überzeugen, dass die Anlagen dieselben Anforderungen erfüllen wie die eines benannten Technischen Dienstes. Der Hersteller stellt...