E-Book, Deutsch, 296 Seiten
Schmidt Roman's Mittelalter 2
1. Auflage 2016
ISBN: 978-3-7412-3575-7
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Neuauflage Die Rache des kleinen Jost / Schatrandsch
E-Book, Deutsch, 296 Seiten
ISBN: 978-3-7412-3575-7
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Neuauflage der beiden Bücher: Die Rache des kleinen Jost Schatrandsch(Schach) sowie Ein normales Weiberleben
Der 1947 in Hessen geborene Roman Schmidt, verheiratet, ist nach 48 Berufsjahren in Rente. Er schrieb zunächst "hobbymäßig" zwei Kriminalromane und anschließend mehrere Mittelaltergeschichten, bevor er sich auf Krimis und Thriller spezialisierte.
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
Die Rache des kleinen Jost . .
Die Macht der Obrigkeit
„Diese Unverfrorenheit war also dein, ach so wichtiger Begehr?“ Der Herzog sah verächtlich auf seinen, vor ihm knienden, leibeigenen Bauern herab. Dann schaute er in die Runde seiner Gefolgsleute, wandte sich dem armen Teufel wieder zu und fuhr fort: „Deshalb bist du Wurm extra hierhergekommen und belästigst mich mit so einer Nebensache? Lässt jegliche Arbeit ruhen und feilschst um deine Brut, während die Ernte auf meinem Land verdarbt? Vernachlässigst mein dir übertragenes Lehn, um zu versuchen, deinen unnützen Balg hier am Hof unterzubringen?“ Der hohe Herr genoss seine Macht und sah noch einmal belustigt in die Gesichter seiner Ritter: „Eine Kränkung für einen jeden von euch! Wo kommen wir hin, wenn dahergelaufene Büttel danach streben, einen Eisenanzug tragen zu wollen?“ Er wandte sich noch einmal an seinen Leibeigenen: „Abgesehen von deinem Stand, wo willst du das Geld für seine Ausbildung hernehmen? Du bist mein Eigentum, samt Weib, Anhang und Gesindel! Ich kann nach Gutdünken über dich und die deinigen verfügen! Du hast das falsche Blut, Nichtsnutz! Schleift und martert ihn, allein schon seiner dreisten Worte wegen!“ Die Wachen waren schnell zur Stelle und legten den Bauern in Ketten. „Der Winzling an seiner Seite, Herr. Was machen wir mit ihm?“ Der Herzog wollte sich nicht weiter mit derart belanglosen Dingen beschäftigen: „Werft sie beide ins Angstloch und schickt meinen ersten Ritter zu dem Hof! Er solle sich mit seinen Mannen seines Weibes und der Mägde bedienen. Danach verteilt die Brut auf die anderen Höfe. Stephan, der Knecht des „Tilo im diephen Thal“ soll sich bereithalten. Er wird neuer Pächter auf dem Hof, der bis jetzt ihr Heim war. Und nun fort mit dem Gesindel!“ Der Unglückliche wollte sich noch einmal zu Wort melden, aber noch bevor eine einzige Silbe sein Maul verlassen konnte, hatte er die Faust eines Ritters gekostet. Die geballte Eisenhand hinterließ ein entstelltes Gesicht, denn der schwere Kettenhandschuh hatte mit einem Hieb seinen Kiefer und die Zähne zerschlagen. Augenblicklich brach der Getroffene in sich zusammen und wurde nun über die Steinstufen bis hinunter in den Innenhof gezogen. Seine Beine schlugen dabei jedes Mal hart auf und hingen bald unwirklich verdreht herab. Den Kleinen hatte ein Knappe einfach quer unter den Arm genommen und bald darauf stand die kleine Gruppe vor dem vergitterten Loch in einer dunklen Ecke des Hofes. Der fünfjährige Blondschopf wurde hart auf den Boden geworfen und musste verängstigt zuschauen, wie die Männer die Ketten lösten und das schwere Gitter hoben und aufstellten. Bevor der Bauer den letzten Rest von Leben, der noch in seinem Leib zu flackern schien, wiedererlangt hatte, wurde er schon kopfüber in den dunklen Schlund gestoßen. Keinen einzigen Laut hatte man gehört, nur der dumpfe Aufschlag sagte den Männern, dass der leblose Körper zehn Klafter tiefer angekommen war. „Und nun der Balg!“ Die Ritter sahen sich an, wo war der kleine Jüngling? Die Mägde und Diener, die dem Schauspiel zunächst noch zugeschaut hatten, wandten sich angeekelt ab. „Hey! Ihr da! Wo ist das Büttel?“ Die Burgbewohner gaben keine Antwort und gingen wieder ihren Arbeiten nach. Die Ritter hoben die Schultern. Was sollte der davongelaufene Winzling anrichten können? Sie ließen das Gitter herunterfallen und wickelten die Kette wieder um die fingerdicken Eisenstäbe. Danach gingen sie zurück in den Rittersaal, vielleicht würde der nächste Bittsteller den gleichen Weg antreten, denn das Loch war noch nicht voll. Zaghaft kamen ein paar junge Mägde zurück, zündeten eine kleine Fackel an und ließen sie vorsichtig in dem kleinen Eisenkorb herab, der unter dem Gitter befestigt war. Neugierig verfolgten sie den flackernden Lichtschein, der sich an den feuchten Wänden widerspiegelte. Als der Korb unter aufsetzte, sprangen ein paar Ratten quietschend zur Seite. Zweifellos brauchten sie kein Essen mehr hinunter zu lassen, denn den tiefen Sturz hatte bisher nur ein einziger Gefangener mit schweren Knochenbrüchen für ein paar Stunden überlebt. Der Bauer würde nicht vor Schmerzen die ganze Nacht schreien und ihnen den Schlaf rauben. Er lag auf dem Rücken und seine starren Augen hatten den gebrochenen Blick, den jede von ihnen nur allzu gut kannte. Sie bekreuzigten sich und murmelten ein kurzes Gebet. Er war bei seinem Schöpfer. „Ist Vater tot?“ der kleine Blondschopf stand plötzlich neben ihnen und zog fragend einer jungen Magd am bodenlangen Rock. Ohne seine überflüssige Frage zu beantworten, zischte sie ihn erschrocken an: „Du musst weg von hier! Wenn sie dich greifen, bist du verloren!“ Der Kleine verstand wohl, was ihm die Dirn da geraten hatte, aber wo sollte er denn hin? Er griff fest ihren Arm: „Ich bleib bei dir! Du wirst mich schützen!“ Die Maid war entsetzt: „Ich? Wieso ich? Ich bin gerade einmal zehn Lenze und muss in der Küche helfen. Spute dich, damit du die Veste bald von Ferne siehst! Verstehst du denn nicht? Deine Familie ist jetzt vogelfrei! Ich bring dich zum hinteren Tor, da ist jetzt keine Wache. Und lass dich nie wieder hier blicken!“ Sie packte ihn hart an der Schulter und drängte ihn zu dem schmalen Pfad, der zwischen den Stallungen hindurch zur östlichen Mauer verlief. Es war zu seinem Schutz, aber das würde der Kleine, wenn überhaupt, erst Jahre später begreifen. Natürlich nur, sofern er dann noch unter den Lebenden weilen sollte. Bald darauf waren sie an der etwas versteckt liegenden Pforte angekommen. Efeu rankte dicht um das Mauerwerk, denn dieses Tor wurde schon seit vielen Lenzen nicht mehr genutzt. Die Dirn hatte große Mühe damit, den verrosteten, sperrigen Riegel zurück zu ziehen. Endlich konnte sie das Tor quietschend einen kleinen Spalt weit öffnen. Sie schob den Jungen hinaus. Es war traurig, aber es musste sein. „Wie ruft man dich?“ wollte er noch zum Abschied wissen. „Flora! Und nun geh endlich!“ Sie schaute ihn etwas genauer an. Seine hellblonden Haare waren so lang, dass er sie mit einer Handbewegung immer wieder aus der Stirn strich. Am Hinterkopf lagen sie strähnig auf der kleinen Schulter. „Jost! Mich nennt man Jost! Ich werde wiederkommen, wenn ich groß bin!“ Dann rannte er schnell über die Grasfläche, erreichte den Waldrand und war bald darauf verschwunden. Die Dirn musste ihren ganzen Körper gegen die Pforte stemmen, um sie wieder verschließen zu können. Hoffentlich hatte sie jetzt mit ihrer Hilfe zur Flucht des Jünglings keinen Fehler gemacht. Wenn der Herzog davon erfahren würde . . . nicht auszudenken! Sie verwarf alle düsteren und schrecklichen Gedanken. „Gott wird ihn zu schützen wissen!“ sagte sie, um sich selbst zu beruhigen und ging zurück in den Hof. Eine gewisse Unsicherheit blieb. Alwine, das Eheweib des unglücklichen Bauern, wartete vergebens auf die Rückkehr ihres Mannes. In der kleinen Stube saßen der Knecht und die beiden Mägde an der grob behauenen Holzbohle, die ihnen als Tisch diente. Sie löffelten die Hirsesuppe aus den Vertiefungen darin. „Bleibt der Bauer über Nacht?“ wollte der Knecht Tasso wissen, jedoch blieb ihm Alwine die Antwort schuldig. Als sie fertig gegessen hatten und sich zur Bettruhe begeben wollten, schlug jemand draußen gegen die Tür. „Macht auf! Schnell!“ Alwine nickte dem Knecht zu, der darauf gewartet hatte, dass ihm die Bäuerin die Erlaubnis erteilte. Wenn die Nacht hereinbrach, so trieben sich nur noch wilde Gestalten herum, die keinen Einlass mehr bekamen. Tasso hob den Balken aus den seitlichen Haken und öffnete die Tür. Völlig außer Atem stand Diethelm da, ein Diener der Burg, der manchmal bei ihnen die Pacht eingetrieben hatte. Er hatte es sehr eilig und rief ohne ein grüßendes Wort in die Stube: „Ihr müsst fliehen! Ein furchtbares Unglück!“ Schnell hatte er berichtet, was geschehen und weshalb ihr Schicksal besiegelt war. Am frühen Morgen des nächsten Tages würden die Schergen ihr Recht einfordern. Was das für sie bedeutete, war besonders den Weiber nur allzu gut bekannt. Sie bedankten sich bei dem Mann mit einem Schinken und ein paar Eiern. Er verschwand schnell wieder in die dunkle Nacht, um zur Veste zurück zu eilen, damit sein allzu langes Verschwinden keinem auffiel. Alle packten ihre Habseligkeiten und das Notwendigste zusammen. Tasso musste die drei Weiber beschützen, so gut er das mit seinen primitiven Mitteln vermochte, denn er war der einzige Mann, der noch übrig geblieben war. Sie mussten versuchen, zur Stadt zu kommen. Tasso spannte den Ochsen vor den Wagen, den sie voll beladen hatten. So konnten sie behaupten, dass sie zum Markt gekommen waren. Es würde drei Tage und Nächte dauern, bis sie die Stadt erreichen würden. Um den kleinen Jost machte sich seine Mutter Alwine große Sorgen, aber es galt auch, das eigene Leben in Sicherheit zu bringen. Der helle Mond war als kreisrunde Scheibe am wolkenlosen, schwarzen Firmament zu sehen und wurde auf seiner nächtlichen Wanderung nur von den unzähligen, kleinen, glitzernden...