E-Book, Deutsch, 312 Seiten
Schmitt Krankhafter Trieb
1. Auflage 2024
ISBN: 978-3-7597-6613-7
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Krimi
E-Book, Deutsch, 312 Seiten
ISBN: 978-3-7597-6613-7
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Ein junges Mädchen wird in der Nähe von Kirchzarten tot aufgefunden. Bald danach gelingt es der Kripo Freiburg, einen Verdächtigen festzunehmen, doch der Leiter des Morddezernats zweifelt an dessen Schuld. Dann überschlagen sich die Ereignisse. In einem Waldstück wird eine zweite Leiche gefunden. Es handelt sich um die vor zwei Jahren verschwundene Hanna Lorenz. Der im damaligen Vermisstenfall verantwortliche Ermittler der Kripo Mannheim hat einen Verdacht, doch der Gesuchte scheint sich in Luft aufgelöst zu haben. Der Ermittler bittet seinen ehemaligen Kollegen Werner Wellinger um Hilfe. Wird es dem pensionierten Hauptkommissar gelingen, den Täter zu stellen?
Rolf Schmitt ist 1958 in Mannheim geboren. Der ehemalige Bankbetriebswirt lebt mit seiner Frau Pia in Heddesheim im Rhein-Neckar-Kreis. Zu seinen Hobbies zählen Golf, Kochen und Schreiben. Nach seinem in 2021 erschienenen Erstlingswerk "Entsetzliche Wut" lässt er auch in seinem zweiten Krimi "Krankhafter Trieb" den pensionierten Kriminalhauptkommissar Werner Wellinger auf Verbrecherjagd gehen.
Autoren/Hrsg.
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KAPITEL 5
FREIBURG, SAMSTAG,
22. MAI 1993, NACHMITTAGS
Die beiden Kriminalhauptkommissare der Kriminalinspektion 1, Kapital-, Sexual- und Amtsdelikte, Thomas Schreiner und Marc Köberlein, saßen an ihren Schreibtischen im vierten Obergeschoss des Polizeipräsidiums Freiburg und lasen das Protokoll der Vermisstenanzeige »Martina Esswein« auf ihren Computerbildschirmen durch. Kurz nach vierzehn Uhr waren sie vom Fundort der Mädchenleiche ins Präsidium zurückgekehrt und hatten sich sofort an die Arbeit gemacht. Unterwegs hatten sie sich noch schnell zwei Pizzas mitgenommen. Die leeren Pizzakartons, die vor ihnen auf den Schreibtischen lagen, waren noch warm. Marc schaute vom Bildschirm auf. »Thommy, was meinst du? Diesen Dragan Kovacevic. Den Freund der Mutter des Mädchens. Den sollten wir uns als Erstes vorknöpfen.« »Klaro. Aber lass mich erst mal in unsere Datenbank schauen. Vielleicht ist dieser Bursche aktenkundig.« KHK Thomas Schreiner hämmerte den Namen des Verdächtigen in seine Tastatur. »So wie du da draufhaust, machst du das Ding irgendwann mal kaputt. Mich wundert es sowieso, dass die noch nicht im Arsch ist«, merkte Köberlein grinsend an. »Ach sieh mal einer an. Hab ich’s doch geahnt. Unser Kovacevic ist kein Unbekannter. Komm mal rum und lies mit«, wies Schreiner mit einer Handbewegung seinen Kollegen an, ohne von seinem Bildschirm aufzuschauen. Köberlein ging zur anderen Schreibtischseite, beugte sich neben Schreiner nach vorne und blickte gespannt auf den Monitor. »Okay«, sagte er nach ein paar Minuten und setzte sich wieder an seinen Schreibtisch zurück. Er stützte das Kinn in die Hände und schaute seinen Kollegen mit hochgezogenen Augenbrauen an. »Also, ich fass mal zusammen. Dragan Kovacevic, siebenunddreißig Jahre alt, gebürtiger Kroate. Kam vor zehn Jahren nach Deutschland. Vor fünf Jahren ist er wegen einfacher Körperverletzung mit einer Geldstrafe davongekommen, weil es sich um eine Erstbegehung gehandelt hat. Drei Jahre später, somit heute vor zwei Jahren, stand er wegen Körperverletzung wieder vor Gericht. Dieses Mal wurde ihm eine Bewährungsstrafe aufgebrummt, die übrigens noch läuft. So, und jetzt? Meinst du, dass er in unseren Fall verwickelt ist?« »Ich weiß nicht so recht. Marc, überleg mal. Das ist doch eine ganz andere Nummer, einem anderen im Streit aufs Maul zu hauen oder ein junges Mädchen umzubringen. Der mag zwar ein übler Bursche sein, aber ob er deshalb zu einem Mord fähig ist, das bezweifle ich. Schließlich hat er das Mädchen gekannt. Sie war die Tochter seiner Freundin.« »Was ihn aber nicht davon abgehalten hat, ihr an den Po zu fassen«, erwiderte Köberlein. »Das ist aber noch nicht bewiesen, Marc. Laut der Mutter, Veronika Esswein, hat ihre Tochter behauptet, er hätte sie angefasst. Kovacevic hat es abgestritten. Am besten, wir statten ihm gleich mal einen Besuch ab und finden es raus. Unser Wochenende ist sowieso im Eimer.« Köberlein zog die oberste Schreibtischschublade auf und warf seinem Kollegen den Autoschlüssel zu. »Du fährst.« »Eigentlich könnten wir auch zu Fuß gehen. Der wohnt doch gleich um die Ecke«, erwiderte Schreiner. Aber als Köberlein die Augen verdrehte, gab er sich geschlagen. »Na gut, wir fahren.« Das Polizeipräsidium befand sich in der Bissierstraße, einer von Ahornbäumen gesäumten Straße im Stadtteil Stühlinger. Die Kripobeamten stiegen in ihren Dienst-BMW, fuhren vom Hof des Polizeigebäudes und kamen nach nicht einmal zwei Minuten Fahrtzeit in der Opfinger Straße an. Ihr Ziel lag im Freiburger Stadtbezirk Weingarten, einem Viertel, das durch einen hohen Anteil von Bewohnern mit Migrationshintergrund geprägt war. Als Schreiner den Dienstwagen am Straßenrand parkte, legte sein Kollege den Kopf ans Seitenfenster und blickte schräg nach oben. »Ganz schön hoch, der Bunker«, meinte Köberlein. »Na, einen Fahrstuhl werden die wohl haben. Dann kann es uns egal sein, ob unser Kovacevic ganz unten oder im zehnten Stock wohnt«, erwiderte Schreiner mit einem Schmunzeln. Beim Aussteigen schaute sich Köberlein in der Umgebung um. »Es gibt schönere Ecken«, stellte er mit Blick auf die vielen Hochhäuser und Wohnblocks aus den Sechzigerjahren stirnrunzelnd fest. »Aber auch wesentlich schlechtere«, entgegnete Schreiner, der hier aufgewachsen war und sich daran erinnerte, wie schön es doch früher gewesen war, im nahe gelegenen Dietenbachpark Fußball zu spielen oder einfach nur mit Freunden rumzuhängen. Die beiden Kripobeamten überquerten die Straße und gingen auf das Haus zu, das sich durch seine in einem leuchtenden Grün gestrichenen Balkonbrüstungen von den umliegenden Gebäuden abhob. Sie überflogen das Tableau mit den vielen Namensschildern. »Da haben wir ihn«, sagte Schreiner und drückte den Klingelknopf. Erst nach zweimaligem Wiederholen ertönte, hinterlegt mit heftigem Knacken und Rauschen der Gegensprechanlage, ein forsches »Wer ist draußen?« »Thomas Schreiner und Marc Köberlein, Kripo Freiburg. Herr Kovacevic, machen Sie bitte auf. Wir haben ein paar Fragen an Sie.« »Na gut. Wenn’s sein muss. Kommen Sie hoch, achter Stock rechts.« Der Türöffner summte und die beiden Kommissare traten in den Hausflur. Oben angekommen verließen sie den Fahrstuhl und begaben sich nach rechts zu einer bereits geöffneten Wohnungstür, wo sie ein Bär von einem Mann erwartete. »Dragan Kovacevic?« Der Riese nickte, warf einen Blick auf die vorgezeigten Dienstausweise und ließ sie ein. »Dürfen wir uns setzen?«, fragte Schreiner, als sie einen kurzen Moment später Kovacevic etwas unbeholfen im Wohnzimmer gegenüberstanden. Der nickte und wies mit dem Kinn auf die durchgesessene Couch. Im Fernseher lief gerade ein Western. Nachdem auch Kovacevic Platz genommen hatte, drückte er auf einen Knopf der Fernbedienung. Zwar flimmerte der Film weiterhin über den Bildschirm, aber der Ton verstummte. So unauffällig es ging, musterte Köberlein sein Gegenüber. Kovacevic war ein Schrank von einem Mann, gut einsneunzig groß, mit breiten Schultern und Händen wie Baggerschaufeln. Er hatte dunkles, dichtes Haar und war an Hals und Armen großflächig tätowiert. Der hat nicht nur ausgeteilt, sondern auch ab und zu mal einstecken müssen, dachte Köberlein, als sein Blick auf Kovacevics breite und etwas schiefe Nase fiel. »Herr Kovacevic, wir kommen wegen der Tochter Ihrer Partnerin«, eröffnete Schreiner das Gespräch. »Hab ich mir schon gedacht. Veronika hat mich vorhin angerufen und gesagt, dass Martina ermordet wurde. Und dann hat sie mich auch noch gefragt, ob ich was damit zu tun hab.« »Und, haben Sie? Haben Sie was damit zu tun?«, fragte Köberlein. Kovacevic verzog das Gesicht und starrte ihn an, als wolle er den Kripobeamten mit dem durchdringenden Blick seiner dunklen Augen durchbohren. »Natürlich nicht. Aber klar, ein vorbestrafter Schläger wie ich, der steht bei euch Bullen ganz oben auf der Liste. Ich war’s aber nicht. Ich hab Martina zwar nicht sonderlich leiden können, genauso wenig wie sie mich, aber ich hab sie nicht umgebracht! Basta!« »Wenn wir Ihnen glauben sollen, dann erzählen Sie uns doch mal, was Sie vorgestern, nachdem Martina aus dem Haus gerannt ist, gemacht haben. Ihre Partnerin hat ausgesagt, dass Sie unmittelbar nach Martina ebenfalls das Haus verlassen haben. Sind Sie ihr gefolgt? Wollten Sie ihr nochmal an die Wäsche? Sie nochmal begrapschen?« Kovacevic kniff die Augen zusammen. »Ich sag jetzt gar nix mehr. Sie glauben mir ja eh nicht«, erwiderte er erbost. »Okay, wenn Sie hier nicht reden wollen, dann möchten wir Sie bitten, mit uns aufs Präsidium zu kommen.« »Ich muss gar nix«, erwiderte Kovacevic trotzig. »Ich bleib schön hier sitzen und ihr beiden könnt mich mal.« Die Kripobeamten schauten sich verdutzt an und erhoben sich fast gleichzeitig von der Couch. Dann versuchte Schreiner sein Gegenüber zur Vernunft zu bringen. »Herr Kovacevic, müssen wir Sie daran erinnern, dass Sie nur auf Bewährung draußen sind? Deshalb machen Sie doch nicht so ein Theater und kommen Sie bitte mit. Wir befragen Sie, als Zeugen wohlgemerkt, nicht als Verdächtigen. Wenn sich dabei herausstellt, dass Sie wirklich nichts mit der Sache zu tun haben, unterschreiben Sie Ihre Aussage und können wieder nach Hause. Und wenn Sie sich kooperativ zeigen, dann geht es ganz schnell. Dann bekommen Sie vielleicht auch noch das Ende Ihres Westerns mit.« Er deutete mit einer Kopfbewegung in Richtung des Fernsehers, wo gerade eine wilde Schießerei zu sehen war. »Es liegt ganz an Ihnen. Also, bitte stehen Sie auf und begleiten Sie uns.« Schreiner fasste an Kovacevics Arm. Nicht,...