E-Book, Deutsch, 292 Seiten
Schmitz Wie Walther sein h verlor
1. Auflage 2020
ISBN: 978-3-7526-3619-2
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Ein Leben verändert sich
E-Book, Deutsch, 292 Seiten
ISBN: 978-3-7526-3619-2
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Walther Schneider ist mit seinem Leben zufrieden. Er hat alles strukturiert und organisiert und scheint alles im Griff zu haben. Doch eines Tages, nach einem Sturz, rät ihm sein Arzt zu einem Aufenthalt in einer Rehaklinik. Walther lässt sich überzeugen, obwohl er nur ungern sein gewohntes Umfeld verlässt. Das Zusammentreffen mit anderen Menschen ist eine Herausforderung für ihn, die ihn manchmal an den Rand der Verzweiflung bringt. Aber die Veränderungen in seinem Leben sind nicht mehr aufzuhalten und langsam findet er Gefallen daran ... Eine humorvoll und kurzweilig erzählte Geschichte.
Seit vielen Jahren unterhält der Autor, Kurt Schmitz, Leserinnen und Leser aller Altersklassen mit Kurzgeschichten zur Weihnachtszeit. Alltägliche Kurzgeschichten, die eine/einen durch das ganze Jahr begleiten können, erweiterten bereits kurze Zeit später sein Leseangebot. Mit der Geschichte von Walther Schneider betritt der Autor nun ein neues Gebiet.
Autoren/Hrsg.
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Eine der Türen öffnete sich und ein weiß gekleideter Herr mit einem langen weißen Bart rief mich in einen Raum hinein. „Der passt ja hierher wie die Faust aufs Auge“, dachte ich und musste grinsen. Der Mann erinnerte mich an Noah mit der Arche. Er bat mich in einen mit weißen Vorhängen abgetrennten Raum hinein und zeigte auf eine große weiße Badewanne, die sich mitten in dem kleinen Raum befand und bereits zur Hälfte gefüllt war. „Bitte ziehen Sie sich aus und setzen Sie sich in die Wanne“, sagte er. „Ich lasse dann noch mehr Schwefelwasser ein.“ Ich erschrak. „Ausziehen? Ganz?“, fragte ich erstaunt. Ungläubig schaute ich den Mann an. „Aber die Badehose? Die behalte ich doch sicher an.“ Der Mann schüttelte langsam den Kopf: „Keine Badehose. Die brauchen Sie hier nicht. Und beeilen Sie sich bitte. Die Termine sind eng getaktet.“ Er zeigte auf die Uhr an der Wand, auf der sich der Sekundenzeiger gnadenlos nach vorne schob. Ein unangenehmes Gefühl beschlich mich. Jetzt sollte ich also nackt vor einem fremden Mann in einer Badewanne liegen. Ich spürte, wie mich dieser Gedanke anspannte und ließ meine Tasche auf den Boden fallen. Wozu hatte ich überhaupt die ganzen Sachen in meine Tasche gepackt? „Beeilen Sie sich bitte“, hörte ich den Mann sagen. „Wann hatte mich das letzte Mal jemand unten herum nackt gesehen?“, ging es mir durch den Kopf und ich spürte Unbehagen aufkommen. „Oh je, Frau Bauer und Frau Meier“, erinnerte ich mich. Jetzt fühlte ich mich noch schlechter. „Kommen Sie bitte endlich“, sagte der Mann ungeduldig. Unsicher zog ich mich aus, verschränkte die Hände vor meinem Geschlecht und ging auf die Wanne zu. Der Geruch nach faulen Eiern war extrem in diesem Raum. „Hier würde ich nicht arbeiten wollen“, überlegte ich. Dann hielt ich mich am Wannenrand fest und stieg vorsichtig in die Wanne hinein. Das warme Schwefelwasser umschloss meine Beine warm und gemütlich, während ich in der Wanne stand. Dann fiel mir der Mann wieder ein, der noch immer vor der Wanne stand und mich beobachtete. Verschämt schob ich die Hände wieder vor mein Geschlecht. Doch dabei kam ich ins Rutschen und ich strampelte mit den Füßen und Händen, um wieder Halt zu finden, was jedoch sehr schwierig war. Das Wasser schwappte rechts und links über den Wannenrand. „Meine Güte, das ist doch kein Whirlpool“, lachte der Mann und hielt mich am Arm fest, damit ich nicht hinfallen konnte. „Setzen Sie sich langsam hin und dann legen Sie sich einfach zurück und entspannen sich.“ Er schnaufte leicht und ließ weiteres Wasser in die Wanne laufen. Endlich kam ich zur Ruhe und das warme Wasser, das mich nun von den Zehen bis zum Kinn einschloss, beruhigte sich auch langsam. „Wenn etwas sein sollte, rufen Sie mich oder drücken Sie auf diesen Klingelknopf. Ich komme dann sofort. Zwischendurch schaue ich mal nach Ihnen.“ Dann drehte er sich um und verließ kopfschüttelnd den Raum. Sicherheitshalber schaute ich mich um, ob mich niemand sehen konnte und als ich sicher war, alleine zu sein, spürte ich, wie ich mich langsam mehr und mehr entspannte. Selbst an den Geruch nach faulen Eiern, schien ich mich langsam zu gewöhnen. Ich rückte mich schließlich noch ein wenig zurecht, konzentrierte mich auf mein Internetwissen, dass ein Schwefelbad gut für die Wirbelsäule, gegen Entzündungen und auch noch schmerzstillend sein sollte, schloss die Augen und lauschte der Musik, die im Hintergrund spielte. Die wohlige Wärme des Wassers machte mich schläfrig. Als ich plötzlich ein Geräusch hörte, öffnete ich die Augen und der Mann in Weiß stand vor mir. „So!“, sagte er. „Die Zeit ist um. Wie hat es Ihnen gefallen? War alles in Ordnung?“, fragte er mich und zog am Wannenstöpsel, um das Wasser abfließen zu lassen. Ich war noch etwas benommen und brauchte einen Moment, um zu realisieren, wo ich mich befand. Ich musste wohl fest eingeschlafen sein. Schlagartig wurde mir plötzlich klar: Ich lag nackt in einer Wanne, aus der gerade das Wasser abgelassen wurde und vor mir stand ein fremder Mann. Mit einem Schlag fühlte ich mich wieder verletzlich. Schnell stand ich auf, um mich in das Handtuch zu hüllen, das der Mann mir hinhielt. Aber mir wurde plötzlich schwindelig und ich musste mich am Wannenrand abstützen. „Langsam, langsam“, sagte der Mann und umfasste meinen Arm. „Sie dürfen sich nach dem Schwefelbad nicht so hektisch bewegen. Ihr Kreislauf ist jetzt heruntergefahren und Sie sollten sich jetzt etwas ausruhen.“ Er umfasste meinen Arm, um mir aus der Wanne zu helfen. Sein fester Griff war mir unangenehm. Ich war schließlich nackt und dieser fremde Mann stand unmittelbar neben mir. Aber meine Schwindelattacke ließ mir keine andere Wahl. Ich fügte mich also meinem Schicksal und ließ mich von dem Mann zu einem Stuhl führen. Er reichte mir das Handtuch. „Warten Sie einen Moment und trocknen Sie sich erst dann ab, wenn Sie sich besser fühlen“, sagte er. Er war auf einmal sehr mitfühlend. Ich nickte und ließ den Kopf hängen, weil ich mich matt und schlapp fühlte. Erst nach einer Weile fühlte ich mich besser, trocknete die Restfeuchtigkeit ab, zog mich an und verließ mit schlurfenden Schritten das Schwefelbad. Auf dem Weg zu meinem Zimmer fühlte ich mich noch immer ein wenig benommen und ich war dankbar für die Zeit, die ich zur Akklimatisierung nach dem Bad bekommen hatte. In meinem Zimmer setzte ich mich auf mein Bett und prüfte meinen Anwendungsplan. Bis zur nächsten Anwendung blieben mir noch 40 Minuten. Da konnte ich mich kurz hinlegen und ausruhen. Aber auf dem Bett liegend starrte ich einfach nur an die Decke. Ich wollte unbedingt entspannten, fand aber keine Ruhe. Nach einer Weile erhob ich mich genervt wieder und stellte erleichtert fest, dass mein Kreislauf sich inzwischen beruhigt hatte. 30 Minuten später und damit 10 Minuten zu früh stand ich vor einer Tür, auf der ein Schild darauf hinwies, dass sich dort eine Sporthalle befand. Da ich wieder zu früh zu meiner Anwendung gekommen war, setzte ich mich auf einen der Stühle, die neben dem Eingang zur Sporthalle, die sich im ersten Stock befand, aufgestellt waren. Nach kurzer Zeit trafen weitere Kurgäste ein, die wie ich im Jogginganzug vor der Tür warteten. Auf meinem Plan stand Sportgymnastik. Das würde mir sicher guttun, war ich überzeugt, als ich mich nach der sehr kurzen Ruhepause auf den Weg zur Sporthalle gemacht hatte. Mein Kreislauf hatte sich nun komplett gefangen und ich fühlte mich wieder gut. Dann kam endlich unser Physiotherapeut um die Ecke. Sportlich und durchtrainiert und auffallend demonstrativ begrüßte er uns mit den Worten: „Schön, dass Sie alle da sind. Dann wollen wir gleich mal loslegen!“ Er öffnete die Tür zur Sporthalle und bat uns, einzutreten. Da ich der erste Wartende gewesen war, fand ich, dass ich auch der Erste sein sollte, der die Sporthalle betreten durfte. Immerhin könnte ich mir den dann besten Platz aussuchen. Ich drängte mich an den anderen Wartenden vorbei und war enttäuscht, als ich die Sporthalle sah. Es war nur ein etwas größerer Raum, hier gab es keine guten oder schlechten Plätze. Aber für ein bisschen Bewegung würde es wohl reichen. Irgendwie glich die Sporthalle meinem Zimmer hier in der Klinik. PVC-Auslegware und wieder die gleiche hellbeige Wandfarbe. Lediglich die angebrachte Sprossenwand, die Gymnastikmatten und -bälle sowie herumliegende Springseile machten den Raum zu einer Sporthalle. Der Physiotherapeut stellte sich kurz als Konrad Schulze vor und bat uns, dass wir uns in der Mitte des Raumes in einer Reihe aufstellen. Wir waren zu acht und stellten uns, wie gewünscht, ordentlich in einer Reihe auf. Die zuvor von ihm eingesammelten Anwendungspläne, auf denen unsere Krankheitsdiagnosen vermerkt waren, nahm er nacheinander kurz einzeln zur Kenntnis. „Das ist also die Bandscheibengruppe“, sagte er plötzlich. „Wurde jemand von Ihnen schon operiert?“ Seine Stimme durchdrang die kleine Sporthalle. „Hand hoch, wer schon operiert wurde!“ Automatisch standen wir mit einem Mal stramm und kerzengerade und zwei Frauen hoben schnell die Hand, während mir schon der Schweiß ausbrach. Vor diesem Mann hatte ich Respekt. Seine Befehle und Fragen hätten ebenso gut auf einem Kasernenhof erschallen können. Meine Erinnerung sagte mir, dass ich geahnt hatte, dass es hier so ablaufen würde. „Gut“, sagte er zu uns. „Bitte stellen Sie sich kurz mit Ihren Namen vor, damit ich weiß, wer wer ist. Die beiden Damen, die bereits operiert wurden, dann bitte nachher etwas vorsichtiger bei den Übungen. Alle anderen gehen bis an ihre Grenzen.“ Sein Ton war nun wieder etwas ruhiger. „Zuckerbrot und Peitsche“, dachte ich nur. Trotzdem lief mir der Schweiß den Rücken herunter und ich spürte, wie ich mich verspannte. Nachdem wir alle unsere Namen genannt hatten, begannen wir mit unseren Übungen: „Stellen Sie die Beine...