Schneck / Buchbinder | Eine Welt ohne Geld | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 256 Seiten

Schneck / Buchbinder Eine Welt ohne Geld

Alternativen zum bisherigen Geldsystem

E-Book, Deutsch, 256 Seiten

ISBN: 978-3-86496-923-2
Verlag: UVK
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Das Vertrauen in unsere Währungen sinkt: Die Zentralbanken fluten die Finanzmärkte mit billigem Geld. In Deutschland boomt die Wirtschaft, während in anderen Euro-Ländern hohe Arbeitslosigkeit und Staatspleiten drohen. Kann ein System mit Niedrigzins, Deflationsgefahr und geliehenem Wohlstand dauerhaft bestehen oder sollte eine Suche nach alternativen Geldsystemen beginnen? Schließlich haben Menschen seit jeher auch andere Tausch- und Finanzsysteme verwandt. Und: Heute sind Miles & More-Punkte, realer Warentausch oder digitale Währungen wie Bitcoins bereits Realität. Auch die Systemfrage stellt sich: Sollten allein Zentralbanken Geld ausgeben oder auch die Geldausgabe frei für Jedermann möglich sein?
Lernen Sie durch das Buch mehr über das aktuelle Geldsystem und seine Alternativen in Form von Ersatz- oder Komplementärwährungen, die neues Vertrauen schaffen könnten.
Schneck / Buchbinder Eine Welt ohne Geld jetzt bestellen!

Weitere Infos & Material


1. Die Funktion des Geldes
Für ein besseres Verständnis der Geldfunktionen soll zu Beginn dieses Buches das Beispiel des bekannten Robinson Crusoe vorgestellt werden. Dieser lebt gestrandet auf seiner Insel und ernährt sich vom Fischfang. Um sein Vermögen messbar zu machen, seine Zukunft besser planen und seine Zeit entsprechend einteilen zu können, entwickelt er ein Geldsystem, das für ihn schnell zum Verhängnis wird. 1.1 Robinson Crusoe im Glück
Stellen wir uns zunächst ein Wirtschaftssystem vor, in dem es nur einen einzigen Marktteilnehmer gibt. Dieser lebt auf einer Insel und ernährt sich von Fischen. Nennen wir diesen Marktteilnehmer Robinson Crusoe, der zum Überleben fischen muss und seinen Tagesablauf bewusst strukturiert: Die erste Hälfte des Tages verwendet er für den Fischfang, nachmittags entspannt er sich am Strand und genießt seine Beute bei einem Lagerfeuer. Da Robinson früh merkt, dass er die Fische leichter mit einem Netz fängt als mit bloßer Hand, verzichtet er nach einigen Wochen Handfischens auf Freizeit und bastelt sich ein einfaches Netz aus Palmfäden. Dieses produzierte Werkzeug hilft ihm nun, einfacher zu fischen und weniger Zeit für die eigentliche Arbeit des Fischens aufzuwenden. Allerdings merkt er schnell, dass das Netz nicht dauerhaft hielt und er wiederum freie Zeit investieren musste, um sein Netz regelmäßig zu reparieren. Die Investition war also nicht einfach vorhanden, sondern er musste ständig reinvestieren, um mit seinem Netz einfacher als von Hand Fische zu fangen. An manchen Tagen fischte Robinson also nicht. Um aber trotzdem jeden Tag gleich viele Fische essen zu können, musste er dafür an den restlichen Wochentagen eine Stunde länger fischen und mehr Fische fangen, als er zum jeweiligen Tagesgebedarf benötigte. Er fing also an, Fische zu bevorraten bzw. zu sparen, um in Investitionszeiten, in denen er nicht fischen konnte, ebenfalls Fische konsumieren zu können. Da Robinson leider keinen Kühlschrank oder genügend Salz besaß, um seine Fische zu konservieren, bewahrte er die gefangenen und aufgesparten Fische in einem kleinen trüben Erdteich im Inneren der Insel auf. Die Fische sollten so vor Dieben geschützt sein und gleichermaßen frisch bleiben, um sie zu einem späteren Zeitpunkt konsumieren zu können. Geld als Rechen- und Zähleinheit Da der Teich aber zu dunkel war, um darin die schwimmenden Fische immer mal wieder genau zählen zu können, musste sich Robinson eines kleinen Tricks bedienen. Er fing an, neben dem Teich kleine Steine anzusammeln, denn Papier zum Notieren stand nicht zur Verfügung. Jedes Mal, wenn er einen Fisch in den Teich warf, legte er also einen zusätzlichen Stein auf seinen Steinevorrat. Wenn er hingegen einen Fisch aus dem Teich nahm und ihn aß, entfernte er einen Stein aus der Sammlung. Die Steine übernahmen nun die Funktion einer Rechen- und Zähleinheit, während die Fische weiterhin als reale Güter gespart und aufbewahrt wurden. Die Steine waren also das Geld von Robinson, mit dem er die reale Produktion aufwog, zählen und berechnen konnte. Nehmen wir nun an, dass Robinson die Insel nicht alleine bevölkerte, sondern sie mit einer Bande arglistiger Affen teilen musste. Die Affen griffen Robinson zwar persönlich nicht an, aber beobachteten ihn bei seinem vermeintlichen Steinchenspiel. Sie freuten sich darauf, ihm bald einen Streich zu spielen: Kurze Zeit später, sobald Robinson außer Reichweite war, fingen die Affen an, willkürlich weitere Steinchen zum Vorrat hinzuzufügen. Die Steine repräsentierten also nicht mehr die realen Fische, das heißt, Robinsons Geld entsprach nicht mehr der realen Produktion. Die Affen inflationierten also die Geldmenge von Robinson, ohne dass sich an der Realwirtschaft irgendetwas verändert hätte. Robinson merkte von all dem nichts und eines Tages fiel ihm lediglich auf, dass seine vermeintliche Sparquote von realen Fischen, gemessen an seiner Geldeinheit Steinen, viel höher als sonst ausgefallen war. Er konnte sich nur schwerlich daran erinnern, ob er tatsächlich so viel real gefischt und gearbeitet und damit angespart hatte, verließ sich aber auf den Steinhaufen und freute sich an seinem in Steinen gemessenen Vermögen im Teich. Da er glaubte, mehr Fische im Vorrat zu haben, als tatsächlich vorhanden waren, entscheidet er sich diesen vermeintlichen Überschuss mit kurzfristigen Wohlstandsfördermaßnahmen zu kompensieren. Anstatt sechs Tage in der Woche eine extra Stunde zu angeln, um für seinen Reparaturtag vorzusorgen, nahm er sich vermehrt Pausen und aß dazu noch mehr Fische als üblicherweise. Anstatt zu sparen, konsumierte er also vermehrt und aß mehr Fische in einer Woche, als er fing. Er glaubte, ausgehend von den Steinen auf seinem Haufen, noch ausreichend Vorräte zu haben. Die Gefahr einer Geldillusion Geblendet durch seinen Scheinreichtum entschied sich Robinson eine neue Hütte zu bauen und investierte jeden Tag einige Stunden für die Realisierung dieses Projektes. Dafür musste er natürlicherweise auch seine Angelaktivitäten weiter reduzieren. Da er glaubte, noch ausreichend ersparte Fische im Teich zu haben, um diese Investitionszeit zu überstehen, machte er sich ans Werk. Sein Gespür für die Anzahl des tatsächlich vorhandenen Fischvorrats verlor er nun gänzlich und frönte dem schönen Leben. Die vielen Steine, die die Affen auf den Haufen warfen, gaben ihm die Illusion, reich zu sein. Dass Steine letztlich nicht reich machen, sondern nur reale Fische, entschwand nun ebenfalls aus seinem Blickfeld. Zum Teil ereilte ihn inzwischen sogar ein gewisses Glücksgefühl, wenn er Steine sah. Die günstige Gelegenheit, nun eine aufwändige und luxuriöse Hütte zu bauen und das Fischen zu vernachlässigen, empfand er nicht als Fehlinvestition oder Fehlallokation seiner Arbeitszeit, sondern als Wohlstandssteigerung. Die schöne Hütte hatte immerhin auch den Nutzen, sein Wohlbefinden zu erhöhen, auch wenn sie zum produktiven Fischfang nichts beitrug. Als nun der Tag kam, an dem Robinson wieder einmal seine Angelausrüstung pflegen musste und seinen Vormittag damit verbrachte, erwartete ihn am Nachmittag eine böse Überraschung. Am Teich angekommen, um sich sein Mittagessen abzuholen, musste er feststellen, dass dort gar keine Fische mehr herumschwammen. Und das, obwohl er immer noch einen beträchtlichen Vorrat an Steinchen hatte. Während er offenbar seinen kompletten Fischvorrat aufgebraucht hatte, haben die von den Affen zusätzlich beigelegten Steine keine Vergrößerung seines Realvermögens oder der Sparquote dargestellt. Nun musste er seine Steinchenillusion erkennen und war enttäuscht über sein Arbeits- und Konsumverhalten. Er merkt in diesem Moment auch, dass er die Steine nicht essen konnte, das heißt, seine Zähl- und Recheneinheit ermöglichen ihm keinen realen Konsum. Er war nun gezwungen, seinen Konsum deutlich einzuschränken und real zu sparen. Er überlegt sogar, ob er einen „Steineschnitt“ vornehmen soll, das heißt, alle Steine als wertlos zu definieren und mit anderen Einheiten, wie beispielsweise Muscheln oder Federn, eine neue Recheneinheit zu definieren. An seiner Hütte konnte er jetzt auch nicht weiterarbeiten, da er ja fischen musste, um überhaupt zu überleben. Andere Inselbewohner waren nicht da, die ihm Fische borgen oder ihn hätten retten können. Es kommt sogar so weit, dass er freitags nun erzwungenermaßen fastet, um sein Netz zu reparieren. Das Netz verfallen zu lassen, um wieder von Hand zu fischen, kommt für ihn zunächst allerdings nicht in frage. Dieses Werkzeug will er erhalten, auch wenn das zunächst Konsumverzicht bedeutet. Die noch im Bau befindliche Hütte, an der er nun aus Zeitmangel aber immer weniger arbeiten kann, verfällt nun zunehmend. Er erkennt, dass er wieder mehr arbeiten und fischen muss, um sich solche Vermögensgegenstände aufbauen und leisten zu können. Er überlegt sich sogar, keine Fische mehr anzusparen und von nun an einfach nur noch von der Hand in den Mund zu leben, um den trügerischen Auswirkungen des Steinchengeldsystems nicht mehr verfallen zu können. Allerdings bliebe ihm durch diese Maßnahme die Verwirklichung anderer Projekte versperrt. Eine schöne Hütte und damit Vermögen hätte er nach einem arbeitsreichen Tag schon gerne. Allein die Aussicht auf Krankheit, niedrigen Wohlstand und das Altern lassen ihn also neben weiterem Konsumverzicht mehr arbeiten und aus der Erfahrung der Verschwendung Lehren ziehen. Sie erkennen leicht, dass Robinson Crusoe als Ein-Personen-Wirt-schaftssystem gearbeitet, gespart, konsumiert und investiert hat. Weiterhin deutlich wurde, dass auch bei einem einfachen Wirtschaftssystem Recheneinheiten und Zähleinheiten notwendig sind, um einen Überblick über die Wirtschaftsleistung zu erhalten. Dass dieses Geld reine Illusion ist, wenn es keinem realen Wirtschaftswert entspricht und entsprechend gesteuert wird, leuchtet ein. Wenn also eine Zentralbank Geld auf den vorhandenen Geldhaufen legt, ohne dass die reale Wirtschaft gleichermaßen wächst, entsteht eine sogenannte Geldillusion, die den Konsum von Erspartem anregt oder am Ende zu einer Entwertung...


Dr. Ottmar Schneck ist Professor für Bankwirtschaft an der ESB Business School der Hochschule Reutlingen. Er ist als Buchautor und Experte für Bankenregulierung und Ratingsysteme bekannt.

Felix Buchbinder studierte International Management an der Hochschule Reutlingen und Lancaster University. Er Setzt sich unter anderem als Teach First Deutschland Alumni für gerechtere Bildungschancen ein.


Ihre Fragen, Wünsche oder Anmerkungen
Vorname*
Nachname*
Ihre E-Mail-Adresse*
Kundennr.
Ihre Nachricht*
Lediglich mit * gekennzeichnete Felder sind Pflichtfelder.
Wenn Sie die im Kontaktformular eingegebenen Daten durch Klick auf den nachfolgenden Button übersenden, erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Ihr Angaben für die Beantwortung Ihrer Anfrage verwenden. Selbstverständlich werden Ihre Daten vertraulich behandelt und nicht an Dritte weitergegeben. Sie können der Verwendung Ihrer Daten jederzeit widersprechen. Das Datenhandling bei Sack Fachmedien erklären wir Ihnen in unserer Datenschutzerklärung.