Schüler | Die Rosen des Bösen | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 320 Seiten

Schüler Die Rosen des Bösen

Ein Berlin-Krimi
1. Auflage 2018
ISBN: 978-3-95958-766-2
Verlag: Bild und Heimat Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Ein Berlin-Krimi

E-Book, Deutsch, 320 Seiten

ISBN: 978-3-95958-766-2
Verlag: Bild und Heimat Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Ostberlin im Frühjahr 1984. Im Stadtbezirk Prenzlauer Berg ist ein Serientäter unterwegs, der nachts junge Frauen bis in ihre Wohnungen verfolgt und sie dort vergewaltigt. Die Kriminalpolizei arbeitet auf Hochtouren, doch der Verbrecher ist überaus clever. Von ihm bleiben nur minimale Spuren zurück, und
die Aussagen der traumatisierten Opfer sind äußerst vage. Gleichwohl hat der Dämon in Menschengestalt in allen Fällen etwas hinterlassen: eine einzelne
Rose auf dem Fußboden. Nicht nur die Identität des Sexualtäters ist ungeklärt, auch zwei wichtige Fragen bleiben offen: Auf welche Weise hat er die Frauen
ausgewählt? Wie ist er unbemerkt in ihre Wohnungen eingedrungen? Die Kriminalpolizei entschließt sich, die Öffentlichkeit einzubeziehen, um
den Fahndungsdruck zu erhöhen. Ein Journalist der Berliner Zeitung nimmt sich der Sache an. Doch damit kommt der Polizeireporter dem Verbrecher gefährlich nahe. Bald wird er selbst zum Zielobjekt …

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1. Die Karten werden gemischt Das sechste Opfer »Die erste umfangreiche Ausstellung mit Werken des bedeutenden englischen Künstlers Henry Moore in der DDR wurde gestern in der Berliner Nationalgalerie eröffnet.« Berliner Zeitung, Donnerstag, 5. April 1984 Der Schänder hatte bereits fünf Frauen Gewalt angetan. In dieser Nacht würde es sein sechstes Opfer treffen. Ilka Friesecke war ein ausnehmend hübscher Käfer. Wehe ihr, die Spinne lag bereits auf der Lauer. * Der Nachname »Moore« kommt im englischen Sprachraum sehr oft vor – vielleicht nicht so zahlreich wie in Deutschland die Zunamen »Müller«, »Schmidt« und »Schneider«, die an der Spitze der hundert häufigsten Familiennamen stehen, aber immer noch weit über dem Durchschnitt. Deshalb lassen sich Verwechslungen nicht vermeiden. Beispielsweise bekam der US-amerikanische Country- und Rock-’n’-Roll-Musiker Johnny Moore häufig Fanpost zugestellt, die eigentlich für einen Rhythm-and-Blues-Sänger oder einen Trompeter bestimmt war, die beide gleichfalls Johnny Moore hießen. Manchmal dauerte es Monate, ehe ein Brief nach langem Rundkurs den richtigen Adressaten erreichte. Der Brite Roger Moore war nicht als Musiker, sondern als James-Bond-Darsteller weltweit berühmt geworden. Allerdings nicht in der DDR, weil diese Art von Agentenfilmen dort nicht in den Kinos lief. Aber die Fernsehserien »Simon Templar« und »Die Zwei« hatten den attraktiven Schauspieler mit dem charakteristischen Leberfleck links neben der Nase auch im Arbeiter-und-Bauern-Staat bekannt gemacht. Das lag einzig und allein am Westfernsehen. Zum größten Ärger des Politbüros ignorierten die vom Klassenfeind ausgestrahlten elektromagnetischen Wellen jegliche Grenzbefestigungsanlagen und machten nur vor dem Dresdner Raum, dem sogenannten Tal der Ahnungslosen, halt. Sämtlichen Funktionsträgern – vom Parteifunktionär über den Volkspolizisten und NVA-Soldaten bis hin zum Feuerwehrmann – war es dienstlich strengstens untersagt, ARD und ZDF einzuschalten. Inoffiziell warfen aber auch viele Parteimitglieder regelmäßig – und die meisten übrigen DDR-Bürger ohnehin – mit Hilfe des Westfernsehens einen Blick hinter den Eisernen Vorhang. Vor allem die täglichen Nachrichtensendungen standen hoch im Kurs. Die zweite wichtige Informationsquelle war in Ostdeutschland der Buschfunk. Von vertraulichen Berichten bis hin zu den wildesten Gerüchten wurde alles, was nicht in der Zeitung stand oder in den Nachrichten kam, nach dem Prinzip des Kinderspiels »Stille Post« von Ohr zu Ohr weitergetragen. Die angehende Historikerin Beate Andaman hatte in ihrem sozialistischen Studentenkollektiv etwas unter der Hand erfahren, das sie sofort hellwach werden ließ. Der Tipp stammte aus einer verlässlichen Quelle und würde eine kleine Sensation darstellen, sofern er sich tatsächlich bewahrheitete: An diesem Mittwoch sollte mitten in der Hauptstadt der DDR – also fernab der glamourösen Filmmetropolen Cannes und Hollywood – auf der Museumsinsel eine Moore-Ausstellung eröffnet werden! Beate war ein großer Fan von Roger Moore. Über ihrem Bett hing ein großes Poster aus der BRAVO. Es hatte ihr bereits sehr intensive Träume beschert. Deshalb wollte und konnte sie sich dieses seltene Ereignis keinesfalls entgehen lassen. Vielleicht kam der Künstler sogar höchstpersönlich angereist. Ein englischer Gentleman konnte nämlich problemlos von London aus nach Tegel oder Schönefeld düsen, dort in ein Taxi steigen – und schon war er da. Es musste so sein. Alles andere wäre völlig undenkbar. Die meisten Künstler, die in den Osten eingeladen wurden, kamen gern. Eine bessere Publicity als ein Foto vor dem Brandenburger Tor oder ein Small Talk mit Erich Honecker ließ sich kaum denken. Die Bilder würden auf allen Fernsehkanälen laufen, selbst in der »Aktuellen Kamera«. Roger Moore, ganz egal wie berühmt er schon war, würde sich eine solch günstige Gelegenheit kaum entgehen lassen. Mit etwas Glück konnte sie von ihm eine Autogrammpostkarte ergattern. Sein Namenszug würde mehr wert sein als sämtliche Unterschriften von Dean Reed, Gojko Mitic und Frank Schöbel zusammen. Allerdings war der Buschfunk nicht nur an der Humboldt-Universität zu vernehmen. Roger-Moore-Fans gab es zuhauf. Nicht so viele wie von den Rolling Stones, aber immer noch mehr als genug. Deshalb war mit einigem Andrang auf der Museumsinsel zu rechnen. Beate besaß allerdings ein besonderes Geschick darin, große Menschentrauben vor FDJ-Studentenklubs und HO-Tanzgaststätten zu teilen wie einstens Moses das Rote Meer. Drei wichtige Dinge waren ihr gegeben: eine überragende Körpergröße, ein voluminöser Busen und eine nötige Portion Entschlossenheit. Etwas zusätzliche Unterstützung konnte trotzdem nicht schaden. Schließlich folgt auf den Weltmeeren einem Zerstörer meistens ein Kreuzer als Rückendeckung. Beate hatte deshalb ihre Kommilitonin Ilka Friesecke überredet, die letzte Vorlesung zu schwänzen und mit hinüber zur Museumsinsel zu gehen. Viel Überzeugungskraft war nicht notwendig gewesen. Ilka hatte nämlich im vorigen Sommer in Budapest den James-Bond-Film Moonraker in englischer Originalfassung gesehen. Seitdem besaß sie ziemlich klare Vorstellungen vom Aussehen ihres zukünftigen Gatten. Auf der Museumsinsel herrschte nicht mehr Publikumsverkehr als sonst. Kein einziger »Kunde« – also ein langhaariger Hirschbeutelträger mit Parkakutte und Jesuslatschen – war weit und breit zu sehen. »Irgendetwas stimmt hier nicht«, schlussfolgerte Ilka messerscharf. »Ach was«, entgegnete Beate betont optimistisch. »Die Kunden hängen nicht vor der Glotze, sondern trampen nach Weimar zum Zwiebelmarkt oder zu einer Bluesmucke an der Ostsee. Von gehobener Schauspielkunst haben sie keinen blassen Schimmer.« Ilka sollte recht behalten. Der Ausstellungsbesuch entwickelte sich zu einem totalen Reinfall. Der Künstler war zwar zweifellos ein Brite. Er hieß auch tatsächlich »Moore« mit Nachnamen. Aber sein Vorname lautete »Henry« und nicht »Roger«. Bei ihm handelte es sich demzufolge nicht um den berühmten Schauspieler, sondern – was allerdings die beiden Studentinnen nicht die Bohne interessierte – um den nicht minder prominenten Bildhauer. Der englische Botschafter Peter Malcolm Maxey hielt eine Rede. Sie war very british: staubtrocken und völlig humorfrei. Beate zog einen Flunsch. Auch Ilka war mehr als enttäuscht. Der Rundgang der beiden Freundinnen durch die Ausstellung fiel dementsprechend kurz aus. Mit abstrakten Zeichnungen und großformatigen Fotos von stilisierten Bronzefrauen konnten sie nicht viel anfangen. Mehreren anderen Besuchern ging es offenkundig ähnlich, denn deren Verweildauer fiel ebenfalls recht kurz aus. Unabhängig davon war die Kunstszene im In- und Ausland über die Tatsache in Aufregung geraten, dass ein britischer Avantgardekünstler seine Werke in der Hauptstadt der DDR ausstellen durfte. Aber seine Plastiken entsprachen offensichtlich dem Zeitstil, der sich in Ost wie West ähnlich entwickelte. In Deutschland war Henry Moore dadurch bekannt geworden, dass der damalige Bundeskanzler Helmut Schmidt im Jahr 1979 eine Skulptur bei ihm bestellt hatte, die er vor dem Bundeskanzleramt in Bonn aufstellen ließ. Möglicherweise wäre Ilkas weiteres Leben völlig anders verlaufen, wenn sie der Henry-Moore-Ausstellung ferngeblieben wäre und sich stattdessen brav und pflichtbewusst ihren Studien gewidmet hätte. Doch wer weiß das schon mit Bestimmtheit zu sagen? Das Leben schlägt manchmal Haken, und hinterher ist man immer klüger als zuvor. Jedenfalls beschlossen die Freundinnen, nach dem Reinfall auf der Museumsinsel noch ins Kino zu gehen. Roger-­Moore-Filme standen gerade nicht zur Verfügung, aber im Kino Kosmos in der Karl-Marx-Allee wurde um siebzehn Uhr eine französische Komödie aus dem Jahr 1982 gezeigt. Sie hieß Louis und seine verrückten Politessen und zeigte Louis de Funès in seiner letzten Rolle. In dem völlig sinnfreien Streifen ging es um eine Terrorgruppe namens »Das Gehirn«, die es auf die vier Politessen und deren Armbänder mit den Zugangscodes zu nuklearen Raketen abgesehen hatte. Dieser Nonsens war immer noch besser als eine Mosfilm-Produktion über den heldenhaften Kampf von Rotgardisten gegen die Weißen. Der amerikanische Spielfilm Am goldenen See mit Jane und Henry Fonda wäre auch nicht schlecht gewesen, aber der lief im Toni am Antonplatz, und so weit wollten sie nicht fahren. Nach dem Film suchten die beiden Freundinnen noch die Mokka-Milch-Eisbar auf, die durch ihre sensationelle Schokomilch und einen Titel der Beatband »Team 4« bekannt und berühmt geworden war. Von der Karl-Marx-Allee bis zur nächsten Straßenbahnhaltestelle war es nicht weit. Aber der Wind pfiff eisig und peitschte Regenschauer vor sich her. In der Mollstraße trennten sich die beiden Freundinnen. Beate fuhr mit der Straßenbahn der Linie 24 zurück ins Internat. Ilka wohnte im Prenzlauer Berg in der Prenzlauer Allee. Sie nahm die Linie 20 bis zur Marienburger Straße. Von da aus hatte sie es bis nach Hause nicht mehr weit. Ilka Friesecke war zweiundzwanzig Jahre alt, im Gegensatz zu ihrer Freundin Beate nur 1,69 Meter groß und von schlanker Gestalt. Auch mit...


Wolfgang Schüler, geboren 1952, studierte Jura in Leipzig und ist als Journalist, Rechtsanwalt und Schriftsteller tätig. Er veröffentlichte u. a. die erste deutschsprachige Edgar-Wallace-Biografie und die Kriminalgeschichte Verbrecher im Netz, die fünf Auflagen erreichte. Zuletzt erschien von ihm der Roman Sherlock Holmes und der Vampir im Tegeler
Forst (2017). Die Rosen des Bösen ist sein erster Krimi bei Bild und Heimat.



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