Schütte / Horstkotte / Schubert | Vergabe öffentlicher Aufträge | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 194 Seiten

Schütte / Horstkotte / Schubert Vergabe öffentlicher Aufträge

Eine Einführung anhand von Fällen aus der Praxis

E-Book, Deutsch, 194 Seiten

ISBN: 978-3-17-038570-2
Verlag: Kohlhammer
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Das Buch behandelt in der 4., aktualisierten Auflage in bewährter Weise die Grundlagen des Rechts der öffentlichen Auftragsvergabe. Es wendet sich sowohl an Praktiker, die sich in kurzer Zeit einen Überblick über das komplexe Rechtsgebiet verschaffen wollen, als auch an Studierende der Rechts- und Wirtschaftswissenschaften. Die Autoren stellen die tragenden Grundsätze, Ziele und Begriffe des Vergaberechts anhand der aktuellen europäischen wie nationalen Vorschriften prägnant dar. Behandelt werden die Anforderungen an eine fehlerfreie Ausschreibung, an die Abgabe eines einwandfreien Angebots sowie an die rechtssichere Prüfung und Wertung der Angebote durch den Auftraggeber. Den vergaberechtlichen Aspekten interkommunaler Zusammenarbeit sowie Fragen des Rechtsschutzes sind jeweils eigene Kapitel gewidmet. Indem das Buch wesentliche Strukturen und Zusammenhänge aufzeigt und anhand praxisnaher Beispielsfälle sowie Tipps die Rechtsanwendung veranschaulicht, soll es auch ein Gespür für taktische Aspekte im Vergabeverfahren entwickeln helfen.
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A.Einführung in das Recht der öffentlichen Auftragsvergabe
I.Vergaberecht als Rechtsgebiet
Gegenstand des Vergaberechts ist die Beschaffung von Gütern sowie Bau- und Dienstleistungen durch die öffentliche Hand. Es ist damit Teil der sog. Fiskalverwaltung. Die Beschaffung der für die Verwaltung erforderlichen Leistungen und Güter – z.?B. Grundstücke, Bauwerke, Fahrzeuge, Büromaterial und anderes Mobiliar – erfolgt durch privatrechtliche Verträge, etwa Kaufverträge, Werkverträge, Mietverträge, für deren Abwicklung die Vorschriften des BGB und seiner Nebengesetze gelten. Die Verwaltung tritt hierbei wie ein Kunde, d.?h. ohne die Ausübung hoheitlicher Befugnisse, auf. Die Aufträge der öffentlichen Hand machen einen erheblichen Teil des Wirtschaftsvolumens sowohl national als auch in der Europäischen Union aus. Der Auftragsvergabe kommt hierdurch ein besonderer Steuerungsmechanismus gegenüber der Wirtschaft zu. Wegen der großen Nachfragemacht der öffentlichen Hand soll für Wirtschaftsteilnehmer ein gleichberechtigter Zugang zu diesem speziellen Markt gewährleistet werden. Aus diesem Grunde, und zur Verhinderung einer möglichen Korruption und anderer wettbewerbswidriger Zustände, hat die EU die öffentliche Auftragsvergabe im Rahmen ihrer Kompetenzen für die Gestaltung des EU-Binnenmarktes und insbesondere des Wettbewerbsrechts vergaberechtlichen Regeln unterworfen. Zugleich ist das Vergaberecht Teil des Haushaltsrechts, denn die Verwendung öffentlicher Finanzmittel hat dem gesetzlichen Ziel einer sparsamen und wirtschaftlichen Haushaltsführung zu entsprechen. Um eine höhere Nachhaltigkeit zu erreichen, wird dieses Ziel heute nicht mehr ausschließlich im Sinne einer preisgünstigen Beschaffung verstanden, sondern nach dem Grundsatz des besten Preis-Leistungs-Verhältnisses interpretiert. Auch aus diesem Grund hat der Gesetzgeber die öffentlichen Auftraggeber zu einer transparenten, wettbewerbsorientierten und diskriminierungsfreien Vergabe nach dem Prinzip der Wirtschaftlichkeit verpflichtet. Die Gesamtheit derjenigen Vorschriften, die ein Träger öffentlicher Verwaltung bei der Beschaffung von sachlichen Mitteln und Leistungen, die er zur Erfüllung von Verwaltungsaufgaben benötigt, beachten muss, bildet das Vergaberecht. II.Grundsätze und Ziele des Vergaberechts
Bei der Anwendung und Auslegung des Vergaberechts ist ein bestimmter Katalog von Grundsätzen zu beachten, der sich im Wesentlichen zu folgendem Gebot zusammenfassen lässt: Der öffentliche Auftraggeber ist zu einer möglichst transparenten und diskriminierungsfreien Beschaffung im Wettbewerb nach dem Prinzip der Wirtschaftlichkeit verpflichtet. 1.Transparenzgebot Das vergaberechtliche Transparenzgebot entstammt dem primären Unionsrecht (AEUV)1 und ist in § 97 Abs. 1 Satz 1 GWB normiert.2 Es fordert im Wesentlichen übersichtliche, nachvollziehbare Verfahren und vorhersehbare Entscheidungskriterien. Dem potenziellen Bieter soll von Anfang an klar sein, welche Anforderungen das konkrete Vergabeverfahren an ihn stellt und wie seine Chancen bei einer Teilnahme stehen. Die Transparenz des Vergabeverfahrens dient sowohl den Interessen des Auftragnehmers als auch denen des Auftraggebers. Eine transparente Vergabe gewährleistet Informationen der Bieter über den konkreten Beschaffungsbedarf und ermöglicht so die Erstellung passgenauer Angebote, sie stärkt zugleich das Vertrauen der Bieter in die Verlässlichkeit der öffentlichen Hand, mindert Missbrauch und Verschwendung von öffentlichen Geldern und Korruption. Sie dient zudem der Verwirklichung des Wettbewerbsgebots3: Wettbewerb kann nur funktionieren, wenn potenzielle Bieter überhaupt Kenntnis von den nachgefragten Leistungen und den Ausschreibungsbedingungen erlangen können. Das Transparenzgebot wird ex ante durch die öffentliche Ausschreibung und Öffentlichkeit verwirklicht; es stellt Anforderungen an die Leistungsbeschreibung in Bezug auf den Leistungsinhalt, die Veröffentlichung der Auswahl- und Zuschlagskriterien sowie der Auftragsbedingungen. Der Inhalt der Leistung und die Bedingungen des Auftrags müssen so eindeutig und erschöpfend beschrieben werden, dass alle (potenziellen) Teilnehmer am Vergabeverfahren die Leistungsbeschreibung gleich verstehen und ihr entnehmen können, welche Erklärungen sie wann abzugeben haben. Ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz4 und das Transparenzgebot liegt vor, wenn nicht alle Bieter oder Bewerber zum Zeitpunkt der Angebotserstellung über die gleichen Informationen verfügen und damit die gleichen Chancen haben. Die Zuschlagskriterien müssen in den Vergabeunterlagen oder der Bekanntmachung zudem so gefasst sein, dass alle durchschnittlichen fachkundigen Bieter sie bei Anwendung der üblichen Sorgfalt in gleicher Weise auslegen können. Insbesondere bei auslegungsbedürftigen Zuschlagskriterien ist anzugeben, welche Erwartungen der Auftraggeber an die zu erbringende Leistung hat.5 Der Auftraggeber muss sich während des gesamten Verfahrens an diese Auslegung der Zuschlagskriterien halten. Er darf die Beschreibung des Auftragsgegenstandes damit – auch im Verhandlungsverfahren – nicht mehr grundlegend ändern. Die ex-post-Transparenz wird durch Informations- und Dokumentationspflichten des Auftraggebers geprägt. So sollen alle Bieter darüber informiert werden, wie die anderen Teilnehmer geboten haben, um ihnen Rückschlüsse zu geben, bestimmte Fehler in Zukunft zu vermeiden und die Teilnahme an Vergabeverfahren taktisch zu optimieren. Die im Vergabevermerk festgehaltene Begründung für die Entscheidung muss detailliert genug sein, um von einem mit dem Vergabeverfahren vertrauten Leser nachvollzogen zu werden. Insbesondere die für die Beurteilung des Bieters und des Angebotes erforderlichen Nachweise sind in der Bekanntmachung oder den Vergabeunterlagen zu dokumentieren. Auch die vom Europarecht zur Verfügung gestellten Rechtsschutzmöglichkeiten erfordern die Transparenz des Vergabeverfahrens, um anhand einer lückenlosen Dokumentation jeden einzelnen Schritt nachvollziehen zu können.6 Die in der Dokumentation enthaltenen Angaben und mitgeteilten Gründe für die getroffenen Entscheidungen müssen detailliert genug sein, um für einen mit der Sachlage des jeweiligen Vergabeverfahrens vertrauten Leser nachvollziehbar zu sein. Fall 1:Der unsichtbare Preisnachlass Sachverhalt: Die B-Stadt-Klinikum GmbH hat im Rahmen des Neubaus der Psychiatrischen Klinik B-Stadt mit dem Los 2 die Heizungsinstallation und mit dem Los 3 die Sanitärinstallation EU-weit im offenen Verfahren ausgeschrieben. Preisgünstigste Bieterin war im Eröffnungstermin am 16.10.2009 die Firma Warm GmbH. In einem Schreiben vom 15.10.2009 hatte sie bei einer Gesamtauftragserteilung einen Gesamtpreisnachlass von 5 % angeboten. Sowohl das Originalangebot als auch das Schreiben wiesen keine Kennzeichnung auf. Auch das Submissionsprotokoll enthielt keinen derartigen Eintrag. Schließlich wurde der Zuschlag für beide Lose auf die Angebote der Firma Warm GmbH erteilt. Hiergegen legt die unterlegene Firma Heiß GmbH Rechtsbehelf ein. Mit Erfolg? Lösung: Um ein ordnungsgemäßes Vergabeverfahren gewährleisten zu können, gibt § 14 Abs. 3 Nr. 2 VOB/A vor, dass im Eröffnungstermin die Angebote geöffnet und in allen wesentlichen Teilen gekennzeichnet werden müssen. Durch die Kennzeichnung soll identifizierbar sein, welchen Inhalt das Angebot zum Zeitpunkt des Ablaufs der Angebotsfrist hatte. Nachträgliche Änderungen sind verboten. Die Kennzeichnungspflicht besteht natürlich auch für alle Angaben, die den Preis betreffen. Die fehlende Kennzeichnung des Preisnachlasses sowohl im Originalangebot als auch im Anschreiben des Bieters sowie das Fehlen entsprechender Vermerke im Eröffnungsprotokoll machen einen eindeutigen Nachweis, dass der Preisnachlass bereits im Eröffnungstermin vorgelegen hat, unmöglich. Die Wertung eines nicht gekennzeichneten Preisnachlasses stellt einen schwerwiegenden Verstoß gegen das Transparenzgebot dar, der zur Rechtswidrigkeit des Verfahrens und damit zur Begründetheit des Rechtsbehelfs führt. Unterlegene Bieter haben in Vergabeverfahren, welche der EU-weiten Ausschreibungspflicht unterliegen, einen Anspruch darauf, vor Zuschlagserteilung über ihre Ablehnung informiert zu werden. Diese Informationspflicht als Ausdruck des Transparenzgebotes ist als Verpflichtung zur Vorabinformation in § 134 Abs. 1 GWB festgeschrieben. In einzelnen Bundesländern ist auch eine Vorabinformationspflicht in Unterschwellenvergaben geregelt. 2.Wettbewerbsgrundsatz Das Gebot des fairen Wettbewerbs (§ 97 Abs. 1 GWB7) fordert, dass jedes in der EU ansässige Unternehmen unter den gleichen Voraussetzungen Zugang zur öffentlichen Auftragsvergabe hat. Das Wettbewerbsgebot entspringt damit den Grundfreiheiten des freien Waren- und Dienstleistungsverkehrs (Art. 34 und 56 AEUV) und der Niederlassungsfreiheit (Art. 49 AEUV). Die Auftragsvergabe muss in allen Phasen des Vergabeverfahrens einen möglichst wirksamen Bieterwettbewerb um die Aufträge gewährleisten. So soll bereits bei der Wahl...


Die Rechtsanwälte Dieter B. Schütte und Michael Horstkotte beraten Zweckverbände und Stadtwerke und leiten Fachseminare im Bereich des Vergaberechts. Dr. Mathias Schubert ist Privatdozent für Öffentliches Recht, Europarecht und Völkerrecht an der Universität Rostock und Referent im Wissenschaftlichen Dienst des Schleswig-Holsteinischen Landtages. Jörg Wiedemann befasst sich als Richter am OLG Naumburg mit dem Vergaberecht.


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