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E-Book

E-Book, Deutsch, 384 Seiten

Schütte Orientblut

Kreuzfahrt-Krimi
1. Auflage 2024
ISBN: 978-3-8271-9760-3
Verlag: CW Niemeyer
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Kreuzfahrt-Krimi

E-Book, Deutsch, 384 Seiten

ISBN: 978-3-8271-9760-3
Verlag: CW Niemeyer
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Kein Mord bleibt je vergessen ... Bei zwei Tötungsdelikten und einem Vermisstenfall während der Expo 2000 wird die Cold Case Unit in Hannover vom OFA-Team des LKA Niedersachsen bei ihren Ermittlungen unterstützt. Die Fallanalyse kommt zu dem Ergebnis, dass die Qualität der Tatausführung auf einen Serienmörder schließen lässt. Weitere aufwendige Recherchen zeigen, dass es ähnliche Taten sowohl während der Expo 1998 in Lissabon, aber auch in anderen Städten mit Weltausstellungen gegeben hat. Als ein Telefongespräch abgehört werden kann, das zwischen dem Mobiltelefon eines Mordopfers und dem Handy einer der Vermissten geführt wird, kommt Bewegung in die Ermittlungen. Die Ortungen der Telefone ergeben, dass sich eine unbekannte Frau im Bereich des Kreuzfahrtterminals im Hafen von Palma de Mallorca und ihr Gesprächspartner in Dubai, der Expo-Stadt 2021/22, aufhalten. Am Abend soll die MS Arabia mit 4.500 Passagieren zu einer dreiwöchigen Reise in den Orient auslaufen. Die Leiterin der hannoverschen Cold Case Unit und das Profilerteam um Thorsten Büthe lassen sich im nächsten Hafen auf Sizilien einschiffen. Können sie die Anruferin an Bord sowie ihren Komplizen frühzeitig identifizieren, um die weltweite Mordserie zu beenden und aufzuklären?

Profiler gibt es im Fernsehen - die Operative Fallanalyse (OFA) im wahren Leben, denn sie ist viel mehr als das Erstellen eines Täterprofils. Carsten Schütte war Leiter der OFA Niedersachsen und weiß, wovon er schreibt: Über 43 Dienstjahre bedeuten vielseitige Erfahrungen in verschiedenen Polizeibehörden. In den 90er-Jahren entdeckte Schütte seine dienstliche Leidenschaft: die Ermittlungen im Bereich der Tötungs- und Sexualdelikte. Sein beruflicher Weg brachte ihn über Fachkommissariate für Kriminaltechnik und Kapitaldelikte im Jahr 2002 in das noch relativ unbekannte Fachgebiet der Operativen Fallanalyse des LKA Niedersachsen. Mehrere Jahre hatte er sich beim BKA zum polizeilichen Fallanalytiker ausbilden lassen. Das medial geprägte Bild eines Profilers als Kaffeesatz- und Glaskugelleser ist im Laufe der Jahre durch die methodisch seriöse und akribische Arbeit der OFA als nunmehr selbstverständliches Instrument der Ermittlungsunterstützung etabliert worden. Carsten Schütte beschreibt in seinen Kriminalromanen die Arbeit des Leiters der OFA Niedersachsen, Thorsten Büthe, und lässt den Leser eine fiktive Geschichte mit vielen autobiografischen Anteilen hautnah erleben. Schütte wurde 1960 in Hannover geboren, hat zwei erwachsene Töchter und lebt mit seiner Frau in einem Vorort von Hannover.
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3. Kapitel
Der überraschende Fund


In der Zentralstelle Gewalt des Landeskriminalamtes wurden jeden Morgen sämtliche Tötungs- und sexuellen Gewaltdelikte in Niedersachsen aus einer entsprechenden Lagemeldung erörtert.

Neben Analystinnen und einer Sachbearbeiterin der Vermisstenstelle war auch das Team der Operativen Fallanalyse (OFA) vertreten. Jana Staßfurt hatte die Lage aufgearbeitet und teilte mit, dass im Bockmerholz, einem Waldgebiet westlich des Messegeländes, der Schädel eines Menschen von Pilzsammlern gefunden worden war. Gezielte Suchmaßnahmen der Kollegen hätten dann ein tiefes Erdloch gefunden, in dem ein fast vollständiges menschliches Skelett freigelegt werden konnte. Weder Hinweise auf eine Identität noch das Geschlecht lagen aktuell vor.

„Ich hänge mich mal rein und sehe zu, dass ich die DNA und den Zahnstatus erhalte. Dann schaue ich mal, wer uns so fehlt, und versuche, den Leichnam zuzuordnen“, erklärte Jana Staßfurt.

Bis auf ein paar Analyseaufträge zu Sexualdelikten hatte sich vorläufig für die OFA keine neue Auftragslage ergeben.

Thorsten Büthe kehrte nach seiner Reha und einer Wiedereingliederungsphase gestärkt und relativ fit in die OFA zurück. Bis vor Kurzem hatte Kristin Bäumer die Leitung übernommen, und das Team hatte aktuell eine Fallanalyse zu zwei Tötungsdelikten abgeschlossen, die durch einen 13-jährigen Täter begangen worden waren, was ihnen allen an die Substanz ging.

Die Bergung der sterblichen Überreste wurde in Anwesenheit der Rechtsmedizinerin Dr. Sandra Stockinger akribisch durchgeführt und dokumentiert. In dem etwa achtzig Zentimeter tiefen Erdgrab waren keinerlei Reste von Bekleidung oder selbst von körperlichem Gewerbe aufgefunden worden. Es war zu vermuten, dass Wildschweine den Boden aufgeworfen und den Schädel freigelegt hatten. Nach erster Einschätzung der Fundsituation war das Skelett komplett und konnte in das Institut für Rechtsmedizin in die Medizinische Hochschule Hannover (MHH) überführt und dort obduziert werden.

Das hier übliche Schema einer Sektion und insbesondere die Eröffnung der Körperhöhle ist bei Skelettfunden obsolet. Hier konnten die menschlichen Überreste lediglich auf Vollständigkeit überprüft und die einzelnen Knochen auf Beschädigungen und Frakturen untersucht werden. Solche Spuren, die auf eine Einwirkung durch stumpfe oder scharfe Gewalt sprechen konnten, waren nicht vorhanden und daher die genaue Todesursache nicht mehr feststellbar. Eine Vermessung des Skelettes deutete auf einen ausgewachsenen Menschen hin, wobei die Maße der Hüftknochen für einen weiblichen Leichnam sprachen.

Das Gebiss im Unter- und Oberkiefer war vollständig und frei von Zahnersatz und Füllungen, was auf eine jüngere Frau schließen ließ. Bei unbekannten Leichen diente die Erhebung des Zahnstatus als eine von mehreren Identifikationsmöglichkeiten. Doch ohne eine individuelle und in zahnärztlichen Unterlagen dokumentierte Behandlung mit Füllungen, Kronen und Zahnersatz ließ sich ein Treffer nur vermuten.

So entnahmen die Obduzenten aus den Hüftknochen und den Zähnen entsprechendes Material, aus dem sich die DNA des Opfers bestimmen ließ. Aber auch über diese Methode war es erforderlich, dass diese DNA in einer Vermisstendatei als solche hinterlegt war, um sie zuordnen zu können.

Jana Staßfurt hatte Zugriff auf den Ermittlungsvorgang und gab die diagnostizierten Kriterien der Rechtsmedizin in die Vermisstendatei ein.

  • Weiblich
  • 16 – 40 Jahre
  • 160 – 175 cm
  • Liegezeit zwischen drei und dreißig Jahren
  • Vermisst in der Zeit zwischen 1994 und 2021

Nach diesen Merkmalen konnten in Niedersachsen 240 und bundesweit 2646 Treffer generiert werden. Bei etwa der Hälfte der Einträge war die DNA der vermissten Person erfasst.

Jana Staßfurt benötigte zwar weitere Infos, bevor sie in ihre Arbeit einsteigen konnte, wollte bis dahin aber nicht untätig sein.

Gemeinsam mit der OFA strukturierte sie eine Liste ihrer niedersächsischen Vermisstenfälle nach den Entfernungen zwischen dem letzten Ort, an dem das Opfer lebend gesehen wurde, und dem Ablageort des Leichnams. Aus empirischer Erfahrung wussten sie, dass die meisten Täter es vermieden, nach ihrer Tat weitere Strecken mit einem Leichnam zurückzulegen. Sie bevorzugten zudem Ablageorte, die sie kannten und einschätzen konnten, dass ihr Opfer nicht schnell gefunden wurde. Der oder die Täter dürften mobil gewesen sein und hatten sich in diesem Fall die Mühe gemacht, in einem Waldstück händisch ein Loch von 50 mal 100 Zentimeter in einer Tiefe von 80 Zentimeter auszuheben. Die anstrengende Grabung musste durch einen mit Wurzeln durchzogenen Boden erfolgt sein. Hierzu war nicht nur ein Spaten erforderlich, den man ja auch nicht immer zufällig mitführte. Insbesondere diese Tiefe einzuhalten und nicht vorher aufzugeben, war beachtlich und schien nicht das Werk eines Anfängers zu sein.

Im ersten Umkreis von zehn Kilometern Durchmesser um den Fundort, der den östlichen und südlichen Teil Hannovers abdeckte, waren zweiunddreißig niedersächsische Vermisstenfälle verzeichnet, bei denen in achtzehn bereits eine DNA eingetragen war. Damit konnten sie schon einmal arbeiten.

Jana Staßfurt rechnete in drei bis vier Tagen mit dem DNA-Ergebnis des unbekannten Leichnams.

Zudem wurde durch das Fachkommissariat 1 eine Isotopenanalyse in Auftrag gegeben.

Hierüber konnten aus den noch vorhandenen sterblichen Überresten Isotopenmuster gewonnen werden, die Aufschluss über die geografische Herkunft und längere Aufenthaltsorte geben konnten.

Sie ergänzten ihre Liste noch mit dem zweiten Radius um den westlichen und nördlichen Teil Hannovers mit 28 weiteren Fällen und schauten sich die Sachverhaltsschilderungen an, die zum Zeitpunkt des Verschwindens dieser Frauen seinerzeit bekannt waren. So hatten sie schon mal einen groben Überblick und konnten tiefer in die Materie einsteigen, sobald weitere Puzzleteile eingesetzt werden konnten und das Bild sich hoffentlich weiter vervollständigte.

Drei Tage später rief Jana Staßfurt bei Thorsten Büthe im Büro an. „Hey Thorsten, wir haben eine DNA zu der unbekannten Leiche im Bockmerholz. Können wir uns bei euch im Analyseraum treffen?“, schlug sie einladend vor.

„Gib uns bitte zehn Minuten. Bis gleich“, bestätigte der OFA-Leiter und trommelte sein Team und die Psychologin Carlotta Bayer-Westholdt zusammen.

Jana Staßfurt hatten das Smartboard schon gestartet und begrüßte die Profiler.

„Die gute Nachricht ist, wir haben ihre DNA. Die schlechte ist, dass sie bundesweit negativ ist und wir sie nicht zuordnen können. Mit dem Gutachten zur Isotopenanalyse können wir erst in einer Woche rechnen.

Ich habe gerade mit Antje vom KTI telefoniert. Sie war letzte Woche auf einer Tagung in Stockholm. In Skandinavien ist über die DNA-Typisierung nicht nur der Phänotypus, sondern auch die Haar- und Augenfarbe bestimmbar und überdies datenschutzrechtlich geklärt.

In Deutschland sind wir noch lange nicht so weit, wobei sie mir unter der Hand verriet, dass man in Schweden mitteilen könnte, dass es sich bei unserem Leichnam eher um einen südländischen Phänotypus mit dunklen Haaren und braunen Augen handeln dürfte. Na, was sagt ihr?“, fragte Jana nicht ohne Stolz in die Gruppe.

„Es ist doch immer wieder verrückt, was alles möglich wäre, wenn man es nur zuließe“, kommentierte die LKA-Psychologin.

„Super, Jana, vielen Dank, dass du da dranbleibst“, hob Thorsten ihr Engagement hervor und schätzte ein, dass das noch nicht alles war, was sie vorbringen wollte. Er hatte recht.

„Mit dieser Erkenntnis habe ich alle Vermisstenfälle rausgeschmissen, in denen die DNA vorlag. Dann bleiben noch vierzehn Personen im ersten Radius und zehn im westlichen und südlichen Bereich offen. Jetzt habe ich die Liste weiter minimiert, sodass nur noch die Frauen mit südländischem Phänotypus und dunklen Haaren und braunen Augen übrig bleiben“, spannte sie den Bogen weiter und betätigte ihren Präsenter.

Sie hatte eine Präsentation vorbereitet und nacheinander ihre Liste der infrage kommenden Personen reduziert.

Ihren letzten Klick kommentierte sie mit einem theatralischen „Tata!“

Die anfängliche Liste mit sechzig Fällen im Umkreis Hannovers hatte sich tatsächlich auf acht Fälle reduziert. Zwei vermisste Frauen kamen aus Syrien, drei aus der Türkei und jeweils eine aus Rumänien, Spanien und Italien.

Einer dieser Namen sprang Thorsten sofort an: Anna Gonzales. Eines der Opfer des Expo-Mörders.

„Wir benötigen die Vergleichsproben der Angehörigen. Klärst du das mit den Kollegen ab, Jana? Falls niemand von ihnen in Deutschland lebt, müssen wir Rechtshilfeersuche stellen, und das dauert“, mutmaßte Thorsten Büthe. Er hatte ein ganz komisches Gefühl.

Maik Holzner stutzte. „Ich war zur Expo in der Pressestelle und kann mich erinnern, dass wir über den Umgang der Berichterstattung in den Medien zu dieser Serie sehr kontrovers diskutiert hatten. Ich glaube, es konnten diesem Täter zwei Tötungsdelikte und zwei Vermisstenfälle zugeordnet werden.“

Jana Staßfurt hatte zwischenzeitlich in ihrer Vermisstendatei recherchiert und strahlte. „Ihr könntet mich eigentlich in die Tapasbar Gonzales einladen“, schlug die Analystin vor und klärte das OFA-Team auf: „Die Eltern von Anna sind nach dem Verschwinden ihrer Tochter nach Hannover gezogen und haben in Laatzen ein kleines Restaurant eröffnet, um hier ansprechbar zu sein. Laut meinen Aufzeichnungen befindet sich...


Schütte, Carsten
Profiler gibt es im Fernsehen – die Operative Fallanalyse (OFA) im wahren Leben, denn sie ist viel mehr als das Erstellen eines Täterprofils.

Carsten Schütte war Leiter der OFA Niedersachsen und weiß, wovon er schreibt: Über 43 Dienstjahre bedeuten vielseitige Erfahrungen in verschiedenen Polizeibehörden. In den 90er-Jahren entdeckte Schütte seine dienstliche Leidenschaft: die Ermittlungen im Bereich der Tötungs- und Sexualdelikte.

Sein beruflicher Weg brachte ihn über Fachkommissariate für Kriminaltechnik und Kapitaldelikte im Jahr 2002 in das noch relativ unbekannte Fachgebiet der Operativen Fallanalyse des LKA Niedersachsen. Mehrere Jahre hatte er sich beim BKA zum polizeilichen Fallanalytiker ausbilden lassen. Das medial geprägte Bild eines Profilers als Kaffeesatz- und Glaskugelleser ist im Laufe der Jahre durch die methodisch seriöse und akribische Arbeit der OFA als nunmehr selbstverständliches Instrument der Ermittlungsunterstützung etabliert worden.

Carsten Schütte beschreibt in seinen Kriminalromanen die Arbeit des Leiters der OFA Niedersachsen, Thorsten Büthe, und lässt den Leser eine fiktive Geschichte mit vielen autobiografischen Anteilen hautnah erleben.

Schütte wurde 1960 in Hannover geboren, hat zwei erwachsene Töchter und lebt mit seiner Frau in einem Vorort von Hannover.



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