Schulz | Verzeichnis der Ein- und Ausgemeindungen in Thüringen 1920-1945 | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 420 Seiten

Schulz Verzeichnis der Ein- und Ausgemeindungen in Thüringen 1920-1945

Nach amtlichen Druckschriften zusammengestellt

E-Book, Deutsch, 420 Seiten

ISBN: 978-3-7568-7710-2
Verlag: Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Die Weimarer Republik brachte Thüringen nicht nur eine umfangreiche, das Land bis heute prägende Kreisgebietsreform. Auch viele Gemeinden wurden (vor allem unter der sozialistischen Regierung Frölich) fusioniert und (vor allem als Reaktion darauf unter der Regierung Leutheußer) wieder aufgeteilt. Die Geschwindigkeit, mit der diese Änderungen vorgenommen wurden, kann die Erforschung des damaligen Thüringens erheblich erschweren, zumal bislang keine entsprechende Übersicht vorlag. Nur zu wenigen Orten sind in jüngerer Zeit Materialsammlungen entstanden. Dieses Desiderat wird mit dem vorliegenden Verzeichnis für die Zeit von 1920 bis 1945 geschlossen, das damit eine Art Ergänzung zur im Thüringen-Handbuch zu findenden Übersicht über die Zusammensetzung der auf dem Gebiet Thüringens bestehenden Kreise nach Gemeinden von 1918 bis 1999 darstellt.
Das Büchlein bietet nach einer Einführung in die rechtlichen Grundlagen und die politische Diskussion zur thüringischen Gemeindegebietsreform in den 1920er Jahren eine Übersicht über sämtliche in amtlichen Druckschriften veröffentlichten Ein- und Ausgemeindungen sowie Wechsel von einzelnen Flurstücken zwischen Gemeinden. Jeder Eintrag verweist auf die entsprechende amtliche Bekanntmachung, die Zugehörigkeit der betroffenen Gemeinden zu einem Staat vor 1920 sowie ihre heutige kommunale Zugehörigkeit. Geographisch werden der kleinthüringische Freistaat sowie die von Preußen regierten Teile Thüringens abgedeckt.
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Gemeindegebietsreformen im Freistaat Thüringen
Dass das Land Thüringen während der Weimarer Republik zahlreiche Gemeindereformen erlebte, war das Ergebnis des Zusammenschlusses der thüringischen Einzelstaaten (mit Ausnahme Sachsen-Coburgs) zu einem kleinthüringischen Freistaat. Dieser verlangte nach einer inneren Neuordnung, welche nicht nur die Einteilung des Landes in Kreise, sondern auch eine Neuordnung der Kommunen bedeutete. Die Landtagswahl von 1921 wies diese Aufgabe einer von der KPD tolerierten SPD-USPD-Regierung zu; die entsprechenden rechtlichen Grundlagen finden sich im Kreiseinteilungsgesetz vom 16. Juni 1922.5 Für die Kommunalreformen sind hierbei vor allem die folgenden Punkte relevant: In Kleinthüringen sollte es fortan unterhalb der Kreisebene nur noch Gemeinde- und Forstbezirke geben (§ 1 I), eine andere Rechtsstellung war für Grundstücke nicht mehr erlaubt (§ 1 II). Auch Einwohner von Forstbezirken waren einer politischen Gemeinde zuzuweisen (§ 3 I). In der Praxis bedeutet das, dass die bis dato möglichen gemeindefreien Gebiete verschwinden und Kammer- und Rittergutsbezirke ihre Eigenständigkeit verlieren sollten. Das finale Datum hierfür wurde auf den 31. März 1923 festgesetzt und etwaige Regelungen, die eine frühere Eingliederung verlangt hatten, bis zu diesem Zeitpunkt verlängert (§ 5). Vergleichsweise ausdrücklich waren die Regeln formuliert, nach denen Gemeindezusammenschlüsse zu erfolgen hatten. Zwar oblag es dem Ermessen des Innenministerium, ob „dauernd der Forstwirtschaft zu dienen“ bestimmte „Flächen“ zu Forstbezirken erhoben werden sollten oder nicht und hatte es für die „Zuteilung von Grundstücken zu einem Forstbezirk und die Abtrennung von Grundstücken von einem Forstbezirk“ zuvor die betroffenen Gemeinde- und Kreisräte zu hören (§ 3); drei weitere Regelungen ließen jedoch kaum Spielraum. Es handelt sich hierbei um: § 1 III: „Einem Gemeindebezirk bisher nicht zugehörige Grundstücke sind dem Gebiete desjenigen Gemeinde- oder Forstbezirks einzugliedern, mit den sie räumlich und wirtschaftlich im Zusammenhang stehen.“ § 4: „Sind Ortschaften, die räumlich und wirtschaftlich untereinander in engem Zusammenhang stehen, in mehrere Gemeinden zerteilt, so sind sie zu einer Gemeinde zu verschmelzen, sofern nicht Zweckmäßigkeitsgründe dagegen sprechen.“ § 6 I: „Im Gemenge liegende Gemeindeteile sind möglichst zu beseitigen und nach Flurstücken den Bezirken der beteiligten Gemeinden zweckmäßig einzugliedern.“ § 6 II: „Mit dem Gemeindebezirk räumlich nicht verbundene Flurteile der Gemeinde sind, falls nicht wichtige wirtschaftliche Gründe dagegen sprechen, mit demjenigen Gemeindebezirk zu verschmelzen, mit dem sie räumlich im Zusammenhang stehen.“ Die Rigorosität dieser Vorgaben erscheint angesichts der damals angestrebten Flurbereinigung mit der Beseitigung zahlreicher En- und Exklaven zwar verständlich, erfuhr im Landtag aber den heftigsten Widerstand aus den Reihen der Opposition. Grundsätzlich wurde bemängelt, dass in einem nirgendwo sonst zu findenden Ausmaß das Innenministerium in der Lage sei, per „ministrielle[m] Willkürspruch unter Ausschluß jeden Rechtsmittels“6 (Abschlusserklärung DNVP) Gemeinden gegen deren Willen zusammenzulegen. Eduard Rosenthal (DDP) sah die Demokratie selbst untergraben, denn er könne es „nicht begreifen, wie man in einem demokratischen Staate […] es wagen kann, die Gemeinden zu vergewaltigen. Denn jede Gemeinde wird es als eine Vergewaltigung empfinden, wenn sie gegen ihren Willen eingemeindet wird und nicht Rechtsschutz in Anspruch nehmen kann.“7 Albert Gottschalk (ThLB) sprach schließlich von „Freiheitsbeschränkung, und Freiheit wollen Sie alle haben. Es wird an brutale Gewalt grenzen, wenn man verschiedene Gemeinden gegen ihren Willen zusammenlegt.“8 Dass die Regierung einige der schärfsten Regelungen sogar erst vor Abschluss der Ausschussberatungen eingebracht und damit ein Versprechen gebrochen hatte, den ursprünglichen Gesetzentwurf nicht mehr ändern zu wollen, sorgte für zusätzlichen Missmut.9 Auf sozialistischer Seite hingegen konnten die Ministerialbeschlüsse gar nicht schnell genug erlassen werden; Richard Kahnt (USPD) verpasste die Gelegenheit nicht, „der Regierung den Rat mit auf den Weg zu geben, davon reichlichen Gebrauch zu machen. Überall dort, wo die Möglichkeit besteht, Gemeinden zusammenzulegen sollte dies geschehen!“10 Die offizielle Position der Landesregierung war weniger radikal. Innenminister Karl Hermann (USPD) verteidigte das „abgekürzte Verfahren“ mit der besonderen Situation Kleinthüringens, dass hier nicht nur die von der Revolution geforderten demokratischen Grundlagen eingesetzt, sondern zugleich ein neues Land geschaffen werden müsse: „Wenn wir ein abgeschlossenes Staatswesen hätten, würden wir das nicht brauchen. Nachdem wir aber aus ehemaligen Staatsverwaltungsorganisationsgebilden ein Selbstverwaltungsorganisationsgebilde geschaffen haben, muß von vornherein klar sein: wer gehört zu der Selbstverwaltungsorganisation? Wer hat zu diesem Gebilde mit beizutragen? Deshalb müssen wir, dieses abgekürzte Verfahren einführen.“11 Der demokratische Staat könne also nur von unten wachsen, wenn von Beginn an feststeht, wer sich mit wem zusammenfinden muss. Die Schärfe der Diskussion rührte aber nicht daher, dass solche Debatten stets mit besonderer Leidenschaftlichkeit geführt werden, oder aus der grundsätzlichen Neugliederung Kleinthüringens infolge des Länderzusammenschlusses. In der Debatte wurde auch deutlich, in welchem Ausmaß die lange in die Opposition gedrängten Sozialisten endlich ihre Möglichkeiten ausnutzen und ihre Gegner, die Anhänger des nationalen Lagers, dies verhindern wollten. So erklärte der schon erwähnte Richard Kahnt: „Es liegt das im Interesse unserer Wirtschaft, damit nicht kleine Gemeinden, die oftmals ganz rückständig sind in ihren Einrichtungen, weit mehr leisten könnten, wenn sie zu einer Gemeinde zusammengelegt würden. Nur ein Beispiel: Ich hatte vor kurzem Gelegenheit, in drei Gemeinden zu sein, die dicht bei einander liegen. Jede der drei Gemeinden hat für sich eine Schule. Es ist aber keine Möglichkeit vorhanden, diese Gemeinden soweit zu bringen, daß sie ein gemeinsames Schulhaus bauen. Sie möchten am liebsten jede für sich ein neues Schulhaus errichten. Daraus ersieht man, wie rückständig die Auffassungen sind. Sie können nicht zusammenkommen aus kleinlichen Gründen. Es muß den Gemeinden klargemacht werden, daß sie zusammengelegt werden müssen, um auf dem Gebiete der Wohlfahrt und des Bildungswesens mehr leisten zu können als bisher.“12 Wie sehr auch die Verteilung der Kommunalfinanzen eine Rolle spielte, wird beim heftig diskutierten Fall der Grenzen des Stadtkreises (und damit der Stadt) Greiz deutlich. Hermann Gründler (USPD) stellte hierbei fest, „daß 10 Gemeinden, die um Greiz herum liegen, mit überwiegender Mehrheit vor längerer Zeit den Anschluß an Greiz beschlossen und gefordert haben. Aber rückschrittlich ist in diesem Falle die Stadt Greiz, die die Eingemeindung der Gemeinden nicht will. Die Dörfer, die mit Greiz verbunden sein wollen, sind Arbeiterdörfer; die Arbeiter sind alle als Textilarbeiter in der Stadt Greiz beschäftigt und verdienen den Textilunternehmern von Greiz das Geld. Die Steuerzahler, die Textilunternehmer sitzen in Greiz und die Steuereinnahme hat Greiz. Aber die Arbeiterdörfer, die teilweise gar keine Landwirtschaft haben, haben diese Steuereinnahme nicht und sind nicht in der Lage, den Aufgaben zu genügen, die heute eine Gemeinde zu erfüllen hat. […] Wir verlangen daher, daß die Regierung hier eingreift und nachholt, was die reaktionäre Mehrheit des dortigen [= des greizischen] Gemeinderates versäumt hat.“13 Als Erich Burchardt (DNVP) einwandt, der Widerwillen Greiz‘ sei nur auf die große Entfernung dieser Dörfer zur Stadt zurückzuführen und näher gelegene Arbeiterkommunen eingemeindet worden, setzte Gründler hinzu: „Die Eingemeindungen der Ortschaften hat stattgefunden, nachdem ein jahrelanger Kampf dort getobt, nachdem die Arbeiterschaft einen starken Druck ausgeübt hat. […] Das Bestreben von Greiz geht dahin, drei weitere Ortschaften einzugemeinden, weil diese noch etwas Industrie haben. Aber Greiz hat es bisher abgelehnt, reine Arbeiterdörfer einzugemeinden. Das ist das Unsoziale, das bekämpft werden muß. Mit dieser rückständlichen Politik muß aufgeräumt werden.“14 Neben dem Kreiseinteilungsgesetz wurde am 20. Juli 1922 auch eine Gemeinde- und Kreisordnung verabschiedet.15 Diese sah in den §§ 6-9 ein alternatives Verfahren zur Gemeindegebietsreform vor. Demnach konnten sich Gemeinden auch freiwillig zusammenschließen. Entsprechende Verhandlungen konnten vom...


Schulz, Andreas
Der Autor Andreas Schulz ist promovierter thüringischer Landeshistoriker. Die hiesigen Gebietsreformen zur Zeit der Wimarer Republik bilden einen seiner Forschungsschwerpunkte.


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