Schuster | Hör zu, ich habe etwas zu erzählen | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 202 Seiten

Schuster Hör zu, ich habe etwas zu erzählen


1. Auflage 2021
ISBN: 978-3-7543-3536-9
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, 202 Seiten

ISBN: 978-3-7543-3536-9
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Christian Schuster hat was zu erzählen. Geschichten aus einer Kindheit mit vielen Verletzungen an Leib und Seele, aber auch voller Überlebenslust und Hartnäckigkeit.

Geboren 1963, ausgebildet zum Krankenpfleger 1980-83, Lehrer für Gesundheit- und Krankenpflege seit 1991, verheiratet und Vater zweier erwachsener Sohne lebt Christian Schuster heute im Chiemgau.

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Kindheitserinnerungen
1. Kurzvorstellung Papa
Mein Papa überwand den Tod seiner Mutter kurz nach der Geburt nie, sein Vater beschuldigte ihn für diesen Verlust. Er vermisste sie 89 Lebensjahre. Als er verstarb sah ich den friedlichen Ausdruck in seinem Gesicht. Ich assoziierte damit, dass er seiner Mama begegnete. Ich erlebte das als schönen Gedanken und er löste ein Glücksgefühl aus. Er war aktiver Skispringer und Ringer, fuhr bis ins hohe Alter gern Ski und frönte einer Leidenschaft: Dem Modellfliegen. Das Geschenk eines Schwagers, ein Segelflugmodell mit einem Meter Spannweite, inspirierte ihn dazu. Die Flügel in filigraner Balsaholzrippenbauweise bespannte er mit einer durchsichtigen Folie. Ich vermute das Geschenk bekam er 1973, bis zu seinem Tod 2014 baute er mit seinen geschickten Händen unzählige Modelle, reparierte Fernsteuerungen und Verbrennungs- und Elektromotoren. Besonderen Ehrgeiz entwickelte er bei unzureichend funktionierenden Mechaniken, wie zum Beispiel ein nicht optimal funktionierendes Ein- und Ausklappen des Fahrwerks, das zu Problemen im Flugverhalten führte. Er sandte den Firmen Verbesserungsvorschläge per E-Mail, die er mit angefertigten Konstruktionszeichnungen komplettierte. Wir fanden erst in seinen letzten Lebensjahren gegenseitig anerkennend zueinander. Als Beispiel des kontraproduktiven Teamworks diente das angedachte gemeinsame Arbeiten an seinem ersten Flugmodell. Das Bauen gestaltete sich in seinen Augen so komplex, dass ich als Linkshänder dazu nicht die nötigen Voraussetzungen mitbrachte. Gerne benutzte er die mich ausgrenzenden Worte: „Du mit deinen zwei linken Händen bist dem Herrgott sein Mechaniker und der braucht keinen.“ 2. Kurzvorstellung Mama
Ich versuche mich an meine Mama zu erinnern. Es fällt mir sofort die Geschichte der Reanimation ein. Es läutete eine laut um Hilfe schreiende Nachbarin. Meine Mutter lief mit ihr in die Wohnung, im Kinderbettchen lag ein zyanotisches und atemloses Kind. Die Frau rief ihren Hausarzt an, der meine Mutter per Telefon instruierte, den Säugling auf ihren Unterarm zu legen und mit zwei Fingern auf dem kleinen Sternum die Herzdruckmassage abwechselnd mit Beatmung durchzuführen. Diese Intervention änderte die Farbe des Säuglings, sein Herzschlag startete jedoch nicht. Er verstarb auf dem Arm meiner Mutter, vermutlich am plötzlichen Herztod. Sanitäter holten den Säugling ab. Das ereignete sich kurz nach meiner Geburt, die für beide Seiten kompliziert und höchst dramatisch ablief. Mein Papa besaß den sogenannten Rhesusfaktor, meine Mama nicht. Die erste Schwangerschaft verlief komplikationslos. Bei der zweiten bestand die Gefahr einer Antikörperreaktion. Meine Mama musste einmal pro Woche nach München, um eine mögliche Gegenreaktion frühzeitig zu erkennen. Das ergab für meine Eltern eine große psychische Belastung. Eine angedachte Dialyse war Gott sei Dank nicht nötig. Die Nierenproblematik plagte meine Mama nach der Entbindung. Vor und während meines Geburtsvorgangs fehlten meine Herztöne. Da ich schon in das kleine Becken abgerutscht war, informierte man meine Mutter, sie würde ein totes Kind auf die Welt bringen. Kurz nach der Entbindung erlitt sie ein akutes Nierenversagen und ich verbrachte diese Zeit in Obhut meiner Oma. 3. Erste Erinnerungen an Papa und Mama
Meine Mama musste aufgrund von Nierenproblemen wiederholt stationär bei einem Nephrologen, der im Krankenhaus belegte, aufgenommen werden. In dem Ort fand dieses Szenario mit den anwesenden Protagonisten meines Papas, meiner Schwester und mir statt. Ich war drei Jahre alt und wir befanden uns auf einem Spielplatz. Ich wollte, trotz dem väterlichen Drängen zur Heimfahrt, das letzte Mal die Stufen zur Rutschbahn steigen, als mich mein Papa von hinten gewaltsam von den Stufen riss und so lang verprügelte, bis mein anfängliches Schreien in ein Wimmern überging, das letztendlich zum Verstummen führte. Ich spürte sehr schnell, dass es in solch einem Ausnahmezustand einen individuellen Zufluchtsort in meiner Seele gab, den ich noch sehr oft benötigte und aufsuchte. Zeitnah erkrankte ich an damals meldepflichtigem Scharlach. Bei meinen Eltern entstand große Hektik und Verwirrung, da die Polizei den Weg aus der Wohnung bis zum Sanka begleitete. Geschwächt durch hohes Fieber wurde ich per Krankenwagen auf die Isolierstation der Kinderklinik gebracht. Ich erinnere mich an den großen Saal mit mehreren Betten und verschlossener Eingangstüre. Im oberen Drittel der Tür gab es ein Bullauge. Durch dieses sah ich Mama und Papa bei deren Besuch. Es war sehr belastend ohne die gewohnte elterliche Ansprache. Beim Abholen machte sich meine Mutter über mich lustig, da ich mir dort wohl eine Art „Kummerspeck“ angegessen hatte, sodass ich bei der Entlassung nicht mehr in meine kurze Lederhose passte. Diese Belastungen führten zu einem Gefühlszustand, den ich versuchen möchte, näher zu beschreiben. Ich erlebte mich sowohl von den behandelnden Schwestern und Mitpatienten, als auch von meinen Eltern zur Gänze getrennt. Eine unsichtbare Wand stand zwischen uns, ich hörte und verstand akustisch ihre Worte, die Bedeutung erreichten aber weder meinen Verstand noch meine Seele. Mein Kopf fühlte sich sehr leer an. Unvorhergesehene Ansprache, Ereignisse und Geräusche bedrohten mich körperlich und versetzten meine Psyche in Angst und Panik. 4. Der lange Weg zum Salto Mortale
Wir wohnten in einem Mietblock mit drei Haupteingängen zu je drei Stockwerken plus Hochparterre. Auf jeder Etage befanden sich drei Wohnungen, zwölf Familien benutzten den gleichen Eingang und 36 wohnten im Häuserblock. Für diese Wohnungen gab es zehn Garagen anzumieten, die in einer Reihe standen. Den Anfang bildete eine halbierte, nach vorne hin offene Garage, in der zwei Müllcontainer standen. Damit diese nicht den ganzen Tag im Dunkeln standen und wahrscheinlich auch um den Geruch zu minimieren, wurde die Seitenbegrenzung des Garagenkomplexes mit fehlenden Ziegeln gemauert, die Lichteinlass gewährten. Die Kinder konnten durch die daraus resultierenden Mauerlöcher, die als Tritte dienten, problemlos auf das Garagendach klettern. Viele fuhren dort mit dem Dreirad oder spielten mit Bällen. Das führte natürlich kurz- bis mittelfristig zu massivem Ärger und wurde verboten. Als Fünfjähriger hatte ich ein Vorhaben, für das ich einen Fernseher benötigte. Das war im Jahr 1968 noch nicht selbstverständlich. Die Motivationsgrundlage für mein Vorhaben als Fünfjähriger war die Zirkussendung „Salto Mortale“ mit dem Highlight der Trapezvorstellung. Sowohl das freie Schwingen unter dem Kuppeldach als auch die Abstimmung zwischen Trapezfliegern und –fängern faszinierten mich. Das Grande Finale gipfelte mit dem dreifachen Salto Mortale, meist von einer Frau gesprungen. Nach zwei oder drei Schaukelamplituden von der Plattform erreichte die Artistin wieder das Niveau. Es folgte die wichtigste Voraussetzung für die dreifache Rotation: Die Ausgangshöhe übertreffen. Faszinierend mit welcher Entschlossenheit die Artistinnen in die Rotation übergingen und sicher mit den Unterarmen aufgefangen wurden. Nach diesem Höhepunkt, der in Zeitlupe wiederholt wurde, sprangen alle beteiligten Athleten mit unterschiedlichen Abgängen ins Netz. Für mich stand fest, der dreifache Salto Mortale war ein Lebensziel, das es unbedingt zu erreichen galt. Bei meinem ersten Versuch sollte das Garagendach als Plattform dienen, dessen Betreten verboten war und von den Argusaugen des damaligen Hausmeisters streng kontrolliert wurde. Es galt ein passendes Zeitfenster zu finden. Besonders vor dem Mähen der Wiesen zwischen den Wohnblöcken kontrollierte der Hausmeister die aktuelle Grashöhe. Da er für mehrere Wohnblöcke zuständig war, sahen wir ihn je höher das Gras wuchs, immer öfter, was zur Folge hatte, dass zum Beispiel das verbotene Ballspielen auf den Wiesen noch rüder durch Ballabnahme und Verwahrung des selbigen in der Hausmeistergarage reglementiert, ab und zu auch mit einer Watsche bestraft wurde. Seine Autorität war für uns Kinder schier grenzenlos. Traf er die Entscheidung zu mähen war das ein großes Ereignis. Er kam auf seinem Bulldog sitzend und mit riesigem Mähkorb am Heck über die Straße der Nachbarsiedlung. Ihn verfolgten meist schreiende Kinder, die mit Rechen bewaffnet bei seiner Arbeit assistierten. Sie rechten schwer zugänglichen Schnitt an der Fußwegbegrenzung oder liefen einfach nur sich freuend hinter ihm her. Der Grund und die Motivation war und ist mir bis heute unerklärlich. Es gab dabei keine signifikanten geschlechtsspezifischen Unterschiede. Aufgrund des enormen Mähwerklärms hörte er das Geschreie nicht. Das Ausleeren des Fangkorbes geschah seitlich der Garagen, dort, wo es gut möglich war auf das Dach zu klettern. In zirka halbstündigen Abständen entleerte der Hausmeister, selbstverständlich mit Hilfe der Kinder, den Fangkorb. Je mehr Mähfläche abgearbeitet war, umso höher wurde der Grashügel. Das Anwachsen des Berges beflügelte...



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