E-Book, Deutsch, Band 1, 432 Seiten
Reihe: Monsters of Verity
Schwab Monsters of Verity 1 - Dieses wilde, wilde Lied
1. Auflage 2018
ISBN: 978-3-7320-1256-5
Verlag: Loewe
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Dark Urban Fantasy
E-Book, Deutsch, Band 1, 432 Seiten
Reihe: Monsters of Verity
ISBN: 978-3-7320-1256-5
Verlag: Loewe
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Monsters of Verity - Dieses wilde, wilde Lied ist der Auftakt einer neuen Urban Fantasy-Reihe, in der die Grenzen zwischen Moral und Sünde verschwimmen. Auf mitreißende Weise erzählt #1-New York Times-BestsellerautorinVictoria Schwab von einer düsteren Zukunft, in der Monster aus uns Menschen entstehen und uns die eigenen Abgründe aufzeigen. Die perfekte Lektüre für Fans von Cassandra Clare und Maggie Stiefvater! In der geteilten Metropole Verity City herrscht ein erbitterter Kampf ums Überleben. Denn jede neue Gewalttat der Menschen bringt leibhaftige Monster hervor, welche nachts den Bewohnern der Stadt auflauern ... In dieser düsteren Welt treffen die Kinder der beiden verfeindeten Herrscher aufeinander: Kate, die den Drang hat, sich endlich gegenüber ihrem Vater zu beweisen. Und August, der jeden Tag damit ringt, seine wahre Identität zu verbergen - denn August ist ein Sunai, eine extrem seltene und sehr gefährliche Art von Monster. Als Kate eines Tages in einen Hinterhalt gerät, müssen die beiden gemeinsam fliehen. Doch wem kannst du noch trauen, wenn die Grenzen zwischen Gut und Böse verschwinden? Monsters of Verity - Dieses wilde, wilde Lied ist der erste von zwei Bänden.
Victoria Schwab lebt in Nashville, Tennessee, und arbeitete nach dem Studium in den verschiedensten Jobs, ehe sie ihre Leidenschaft zum Beruf machte. Mit ihren Büchern, die sich regelmäßig auf der New York Times-Bestsellerlist platzieren, hat sie sich in den USA bereits eine große Fangemeinde erschrieben. Sie veröffentlicht auch als V.E. Schwab.
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AUGUST
Es begann mit einem Knall. August las die Stelle nun schon zum fünften Mal, ohne etwas zu begreifen. Er saß in der Küche, rollte mit der einen Hand einen Apfel im Kreis umher und hielt in der anderen ein Buch über das Universum. Hinter den mit Stahlläden gesicherten Fenstern des Hauptquartiers war es Nacht geworden und er spürte, wie die Stadt durch die Wände hindurch an ihm zerrte. Er warf einen Blick auf seine Armbanduhr, wobei sich der Ärmel seines Hemds nach oben schob und die untersten der schwarzen Striche sichtbar werden ließ. Aus dem Zimmer nebenan drang die Stimme seiner Schwester zu ihm, doch das, was sie sagte, war nicht für ihn bestimmt, und aus den achtzehn Stockwerken unter ihm konnte er eine Vielzahl von Stimmen hören, den Rhythmus schwerer Schritte, das metallische Klicken einer Waffe, die geladen wurde, und die tausend anderen Geräuschfetzen, aus denen die Musik im Hauptquartier der Flynns bestand. Er zwang sich dazu, seine Aufmerksamkeit wieder auf das Buch zu lenken. Es begann mit einem Knall. Der Satz erinnerte ihn an ein Gedicht von T. S. Eliot mit dem Titel »Die hohlen Männer«. In dem Buch ging es um den Beginn des Lebens, in dem Gedicht um das Ende und August begann nachzudenken: über das Universum, über die Zeit, über sich selbst. Die Gedanken in seinem Kopf fielen um wie Dominosteine, einer kippte gegen den nächsten gegen den nächsten gegen den nächsten … Augusts Kopf schoss nach oben, einen Sekundenbruchteil bevor die Küchentür aus Stahl aufgeschoben wurde und Henry hereinkam. Henry Flynn, groß und schlank, mit den Händen eines Chirurgen. Er trug den dunklen Kampfanzug, den alle Mitglieder des Flynn-Einsatzkommandos trugen, mit einem silbernen Stern am Hemd, der einmal seinem Bruder gehört hatte und davor seinem Vater und davor seinem Großonkel und so weiter. Über einen Zeitraum von fünfzig Jahren, vor dem Zusammenbruch und dem Wiederaufbau und der Gründung von Verity und vermutlich noch davor, denn im Herzen dieser Stadt hatte es immer einen Flynn gegeben. »Hallo, Dad«, sagte August. Er versuchte, so zu klingen, als hätte er nicht die ganze Nacht auf diesen einen Moment gewartet. »August«, erwiderte Henry, während er eine HUV – eine Taschenlampe mit hoch verdichtetem UV-Licht – auf die Arbeitsfläche der Küche legte. »Wie geht’s?« August hörte auf, den Apfel im Kreis herumzurollen, klappte das Buch zu und zwang sich, ruhig dazusitzen, obwohl ein ruhiger Körper immer von einem unruhigen Verstand begleitet wurde. Er hatte die Vermutung, dass es etwas mit Spannung und kinetischer Energie zu tun hatte; jedenfalls war er sich sicher, dass sein Körper geradezu nach Bewegung schrie. »Alles in Ordnung mit dir?«, fragte Henry, als er keine Antwort bekam. August schluckte. Er war nicht fähig zu lügen. Warum fiel es ihm dann so schwer, die Wahrheit zu sagen? »Ich kann das nicht«, stieß er hervor. Henry warf einen Blick auf das Buch. »Astronomie?«, fragte er mit gespielter Heiterkeit. »Dann mach eine Pause.« August sah seinen Vater an. Henry Flynn hatte gütige Augen und einen traurigen Mund, oder traurige Augen und einen gütigen Mund; sein Gesicht war nie ausdruckslos. Gesichter hatten so viele verschiedene Partien, die ein Eigenleben entwickeln konnten, und doch ergab sich daraus immer ein ganz bestimmter, auf Anhieb erkennbarer Ausdruck wie Stolz, Abscheu, Enttäuschung, Erschöpfung – August verlor schon wieder den Faden. Er versuchte, ihn festzuhalten, bevor er ihn nicht mehr zu fassen bekam. »Das Buch meine ich nicht.« »August …«, begann Henry, denn er wusste bereits, wo das hinführen sollte. »Wir werden nicht darüber sprechen.« »Hör mir doch einfach …« »Das Einsatzkommando ist vom Tisch.« Die Stahltür ging wieder auf und Emily Flynn kam mit einem Karton Lebensmittel herein, den sie auf die Arbeitsfläche stellte. Sie war nur etwas kleiner als ihr Mann, mit breiteren Schultern, dunkler Haut, kurzen, vom Kopf abstehenden Haaren und einem Holster an der Hüfte. Emily hatte den Gang einer Soldatin, aber die gleichen müden Augen und das gleiche energische Kinn wie Henry. »Nicht schon wieder«, sagte sie. »Ich bin die ganze Zeit von Mitgliedern des FEK umgeben«, protestierte August. »Immer wenn ich irgendwohin gehe, trage ich die gleiche Kleidung wie sie. Ist es denn so eine große Sache, auch einer von ihnen zu sein?« »Ja«, erwiderte Henry. »Es ist zu gefährlich«, fügte Emily hinzu, während sie sich daranmachte, den Karton auszupacken. »Ist Ilsa in ihrem Zimmer? Ich dachte, wir könnten zusammen …« Aber August gab keine Ruhe. »Es ist überall gefährlich«, unterbrach er sie. »Darum geht es doch. Unsere Leute riskieren da draußen jeden Tag ihr Leben, wenn sie gegen diese Kreaturen kämpfen, und ich sitze hier rum, lese ein Buch über Sterne und tue so, als wäre alles in Ordnung.« Emily schüttelte den Kopf und zog ein Messer aus einem Fach unter der Arbeitsfläche. Sie begann, Gemüse zu schneiden, schuf Ordnung aus Chaos, immer jeweils eine Scheibe. »Im Hauptquartier ist es nicht gefährlich, August. Jedenfalls nicht so gefährlich wie im Moment auf der Straße.« »Und genau deshalb sollte ich jetzt da draußen sein und helfen.« »Du trägst deinen Teil bei«, sagte Henry. »Das ist …« »Wovor hast du solche Angst?«, fuhr August ihn an. Emily legte das Messer aus der Hand. »Das weißt du ganz genau.« »Du glaubst, ich könnte verletzt werden?« Und dann, bevor sie ihm antworten konnte, sprang August auf. Mit einer blitzschnellen, fließenden Bewegung nahm er das Messer und rammte es sich in die Hand. Henry zuckte zusammen und Emily schnappte nach Luft, aber die Klinge glitt an Augusts Haut ab, als wäre er aus Stein, und bohrte sich in das Holzbrett darunter. In der Küche wurde es sehr still. »Du benimmst dich, als wäre ich aus Glas«, sagte August, während er das Messer hinlegte. »Aber das stimmt nicht.« Er nahm ihre Hände, auf die gleiche Art, wie Henry es immer tat. »Em«, sagte er leise. »Mom. Ich bin nicht zerbrechlich. Ich bin das Gegenteil von zerbrechlich.« »Aber unbesiegbar bist du nicht«, wandte sie ein. »Nicht …« »Ich werde dich nicht auf die Straße lassen«, warf Henry ein. »Wenn Harkers Männer dich erwischen …« »Du hast Leo erlaubt, das Einsatzkommando zu leiten«, widersprach August. »An jeder Ecke hängt ein Steckbrief mit seinem Gesicht, trotzdem ist er noch am Leben.« »Das ist etwas anderes«, sagten Henry und Emily gleichzeitig. »Inwiefern?«, fragte er nach. Emily nahm Augusts Gesicht in beide Hände, so wie früher, als er noch ein Kind gewesen war – aber das war nicht das richtige Wort dafür. Er war nie ein Kind gewesen, denn Kinder entstehen nicht voll entwickelt an einem Tatort. »Wir wollen dich doch nur beschützen. Leo war von Anfang an bei den Einsätzen dabei. Aber das macht ihn zur Zielscheibe. Und je mehr Boden wir in der Stadt gutmachen, desto brutaler werden Harkers Männer versuchen, unsere Schwächen auszunutzen und uns unserer Stärke zu berauben.« »Und was bin ich?«, wollte August wissen, während er einen Schritt zurücktrat. »Eure Schwäche oder eure Stärke?« Emilys warme braune Augen wurden groß und ausdruckslos, als sie das Wort herausstieß: »Beides.« Er hätte nicht fragen sollen, aber die Wahrheit schmerzte trotzdem. »Warum hast du deine Meinung geändert?«, fragte Henry, während er sich die Augen rieb. »Eigentlich willst du doch gar nicht kämpfen.« Er hatte recht, August wollte nicht kämpfen – nicht mitten in der Nacht auf der Straße und nicht hier mit seiner Familie –, aber er hatte das Gefühl, dass seine Knochen vibrierten, als gäbe es da etwas, das aus ihm herauswollte, eine Melodie in seinem Kopf, die immer lauter wurde. »Nein«, erwiderte er. »Aber ich will helfen.« »Das tust du doch schon«, beharrte Henry. »Das Einsatzkommando kann nur die Symptome bekämpfen. Du, Ilsa und Leo, ihr bekämpft die Krankheit. So funktioniert es.« Aber es funktioniert eben nicht!, wollte August brüllen. Der Waffenstillstand in V-City hatte nur sechs Jahre gehalten – Harker auf der einen Seite, Flynn auf der anderen – und bröckelte bereits. Jeder wusste, dass er nicht andauern würde. Jede Nacht kroch mehr Tod über den Übergang. Es gab zu viele Monster und nicht genügend gute Männer. »Bitte«, sagte er. »Ich kann mehr tun, wenn ihr es mir erlaubt.« »August …«, fing Henry an. Er hob abwehrend die Hand. »Versprich mir einfach, dass du darüber nachdenken wirst.« Dann lief er aus der Küche, bevor seine Eltern gezwungen waren, ihm die Wahrheit zu sagen. *** In Augusts Zimmer existierten Ordnung und Unordnung einträchtig nebeneinander, als eine Art gebändigtes Chaos. Der Raum war klein und fensterlos und so eng, dass er Platzangst ausgelöst hätte, wenn er nicht so vertraut gewesen wäre. Die Regale quollen über von Büchern, die inzwischen auch als gefährlich schiefe Stapel auf und neben seinem Bett verteilt waren. Einige davon lagen aufgeschlagen und mit den Seiten nach unten auf dem Laken. Manche Leute bevorzugten ein bestimmtes Genre oder Thema; August las alles, solange es keine...