Shepherd | Die Verlorenen | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, Band 3, 279 Seiten

Reihe: Radioactive

Shepherd Die Verlorenen


1. Auflage 2017
ISBN: 978-3-7393-9320-9
Verlag: tolino media
Format: EPUB
Kopierschutz: Adobe DRM (»Systemvoraussetzungen)

E-Book, Deutsch, Band 3, 279 Seiten

Reihe: Radioactive

ISBN: 978-3-7393-9320-9
Verlag: tolino media
Format: EPUB
Kopierschutz: Adobe DRM (»Systemvoraussetzungen)



Die Legion ist zerstört und das Umland verwüstet. Die Rebellen haben kaum noch Vorräte, um ihr Überleben zu sichern. Plötzlich verschwinden immer wieder Mitglieder aus ihrer Gruppe. Verdächtigt werden die Mutanten, doch wie gefährlich diese wirklich sind, erfahren Finn und seine Mitstreiter sehr bald am eigenen Leib. Cleo muss derweil in der Zentrallegion gegen schwere Vorwürfe ankämpfen. Sie gilt als Verräterin und steht unter strenger Beobachtung. Die Trennung von Finn und die Ungewissheit, ob er noch am Leben ist, lassen sie zerbrechen. Gibt es für Cleo und Finn noch eine Chance, während nicht nur Meilen, sondern auch etliche Feinde zwischen ihnen stehen? Ist ihre Liebe stark genug?

Maya Shepherd wurde 1988 in Stuttgart geboren. Zusammen mit Mann, Tochter und Hund lebt sie mittlerweile im Rheinland und träumt von einem eigenen Schreibzimmer mit Wänden voller Bücher. Seit 2014 lebt sie ihren ganz persönlichen Traum und widmet sich hauptberuflich dem Erfinden von fremden Welten und Charakteren.

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01. Cleo
Für einen Moment höre ich nicht einmal mehr die lauten Propeller- und Motorengeräusche. Die Sicht vor meinen Augen verschwimmt. Ich habe das Gefühl, zu fallen – ins Bodenlose. Alles um mich herum dreht sich. Blut rauscht in meinen Ohren. Ich bin deine Mutter. A350 hat diese vier Worte mit so einer Selbstverständlichkeit gesagt, als wäre es jedem außer mir längst klar gewesen. Zu einem anderen Zeitpunkt, in einer anderen Situation hätten mir diese Worte etwas bedeutet. Sie hätten die Welt für mich verändert. Aber jetzt empfinde ich nur Wut und unsäglichen Schmerz. Finn wird sterben. Finn und alle Rebellen. Die westliche Legionskugel wird explodieren und alle in den Tod reißen. Ich möchte bei ihnen sein. Ich möchte an ihrer Seite um unser Überleben kämpfen. Stattdessen befinde ich mich mit A350, Asha, Iris und einem Piloten in einem Hubschrauber, der uns in die Zentrallegion befördert. Ich fliehe feige und lasse alles und jeden rücksichtslos hinter mir zurück. Niemals wäre ich freiwillig gegangen. Ich habe es nur Finn zuliebe getan. Er wollte mit mir gehen. Wir wollten gemeinsam etwas verändern, stattdessen hat er die Tür hinter mir zugeschlagen. Er konnte die Rebellen nicht zurücklassen, aber wollte mich retten. A350 hat ihm bereitwillig dabei geholfen. Ich fühle mich von beiden verraten. Finn kann ich jedoch nicht hassen, denn ich werde ihn nie wiedersehen. »Warum?«, stoße ich verständnislos aus und tauche aus dem Gefühlsstrudel auf, der mich zu verschlucken droht. Ich starre in A350s lichtblaue Augen und suche in ihnen nach einer Antwort. Sie hätte auch ohne mich fliehen können. All die Jahre war sie mir keine Mutter. Ich war für sie eine von vielen. Es ist erstaunlich, dass sie überhaupt weiß, dass ich von ihr abstamme. Sie schaut mich ruhig an. Ich kann in ihrem Blick keine Reue erkennen. Sie steht hinter ihrer Entscheidung. Dann strafft sie die Schultern. »Du bist meine Tochter. Ich liebe dich.« Meine Hand reagiert, ehe ich auch nur realisiere, was ich da tue. Sie schnellt vor und hinterlässt auf A350s bleicher Wange einen feuerroten Abdruck. Der Knall hallt mir in den Ohren. Meine Handfläche brennt. Fassungslos starrt sie mich an. Sicher hat sie in ihrem ganzen Leben noch keine Ohrfeige bekommen. Genauso wenig, wie ich je eine verpasst habe. Ich erinnere mich daran, wie schockiert ich war, als Finn mir eine gescheuert hat. Als der Schock nachgelassen hat, sind Schuldgefühle in mir hochgekommen. Erst sein Schlag hat mir deutlich gemacht, dass ich etwas zu ihm gesagt hatte, was ich nicht einmal hätte denken dürfen. Die Legion hat deine Eltern getötet und hält deine Schwester gefangen. Hast du das etwa vergessen? Natürlich hatte er das nicht. Wie könnte er das je? »Wage es nie wieder, mir gegenüber das Wort Liebe in den Mund zu nehmen«, fauche ich A350 an. Dabei bin ich selbst überrascht von dem Klang meiner Stimme. Sie ist so kalt wie Eis und so schneidend wie der scharfe Rand einer Glasscherbe. »Es ist nicht meine Schuld, dass Finn nicht hier ist. Ich habe ihm nicht verboten, mitzukommen. ER hat sich dagegen entschieden. Es war SEINE Entscheidung«, versucht A350 sich zu verteidigen. Doch meine Wut ist zu groß, um ihr wirklich zuzuhören. Als Legionsführerin, die zufällig Interesse an mir und meinen Gedanken zeigte, konnte ich sie gut leiden. Ich habe sie sogar bewundert und zu ihr aufgesehen. Ihre Meinung hat mir etwas bedeutet und es war mir wichtig, was sie von mir denkt. Aber als Mutter, die mich mein ganzes Leben lang im Stich gelassen und mich zusätzlich der Unterdrückung und Manipulation durch die Legion ausgesetzt hat, kann ich sie nur verachten. »Ich habe dir vertraut«, sage ich zu ihr. Das trifft mich wohl am meisten – die Enttäuschung. »Ich wäre niemals ohne Finn gegangen.« »Das wusste er«, erwidert sie verständnisvoll. »Er wusste aber auch, dass du unsere einzige Hoffnung bist und es deshalb für dich keinen anderen Ort als die Zentrallegion geben kann. Nur dort kannst du etwas verändern. Er hat nicht an sich gedacht, sondern an ein höheres Wohl und vor allem an dich.« Es ist das erste Mal, dass ich so etwas wie Anerkennung höre, wenn sie von Finn spricht. Sie mochte ihn nie und hat ihn immer als Ablenkung für mich gesehen. Ein negativer Einfluss, der mich von meinem Weg abbringt. Den Weg, den sie für mich erwählt hat. Wann hat sie angefangen, mein Leben zu planen? Wann hat sie Interesse für mich entwickelt? »Was ist mit mir?«, frage ich verletzt. »Es ist mein Leben.« Sie haben mich übergangen. Das bin ich aus der Legion nicht anders gewohnt. Aber gerade von Finn hätte ich erwartet, dass er mir gegenüber aufrichtig ist. »Was ist, wenn ich gar nichts verändern will? Ich wollte nie alle retten. Alles, was ich wollte, war, mit Finn zusammen sein zu können.« Sein Name sprengt die letzten Dämme, die meine Tränen zurückgehalten haben. Sie brechen ungehindert aus meinen Augen hervor und fließen über meine Wangen. Ich würde den Schmerz, der in meiner Brust wütet, am liebsten herausschreien. Finn. Ich werde ihn nie wiedersehen. »Du weißt, dass das nicht stimmt. Das Wohl der Bewohner der Legion lag dir sehr am Herzen. Du wolltest ihnen ein besseres Leben schenken …« Ich falle ihr ungehalten ins Wort: »Genau DIESE Menschen werden jetzt zusammen mit Finn und den Rebellen in den Flammen sterben. Ich habe nichts verbessert, sondern alles nur noch schlimmer gemacht.« »Vielleicht schaffen sie es, zu fliehen«, fügt Iris kleinlaut hinzu, während sie ihren Wüstenfuchs Fennek gegen ihre Brust presst. Er hat die Ohren angelegt und wirkt genauso verängstigt wie Iris. Sie ist die Einzige, die mir von den Rebellen geblieben ist. Es grenzt ohnehin an ein Wunder, dass A350 Iris und Asha einen Platz in dem Hubschrauber gewährt hat. Ich kann Iris’ Worten keinen Glauben schenken. Ich verbiete es mir. Wenn ich wage, zu hoffen, wird mich die Gewissheit ihres Todes nur umso tiefer treffen. Es gibt für Finn und die anderen keine Hoffnung. Ich wüsste nicht, wie sie es schaffen sollten, der Explosion zu entkommen. Und selbst wenn: Sobald die Strommauer ausgeschaltet ist, sind sie den Wesen, die wir dort draußen gesichtet haben, schutzlos ausgeliefert. Wir wissen nicht, ob sie uns feindlich gesinnt sind. Ich fühle mich leer. Wie eine Hülle, der alles egal geworden ist. Es gibt nichts mehr, wofür es sich zu kämpfen lohnen würde. Zitternd schlinge ich mir die Arme um den Körper. »In der Zentrallegion gibt es auch Menschen, die deine Hilfe brauchen. Du wirst lernen, sie zu lieben«, behauptet A350 gleichgültig. Ich ertrage ihre Nähe nicht. Woher nimmt sie sich das Recht, über mich und meine Gefühle zu urteilen? Sie kennt mich nicht. Sie weiß nichts von mir. Nichts, worauf es ankommt. Vor Wut schlage ich mit meiner Faust gegen die Seitenwand des Hubschraubers. »Du hast doch keine Ahnung! Du verstehst rein gar nichts. Menschen sind nicht austauschbar. Jeder Mensch ist einzigartig. Die Rebellen waren die ersten wahren Freunde in meinem Leben und ich werde nie wieder jemanden so sehr lieben können wie Finn.« Mein Herz rebelliert. Es hämmert gegen meine Rippen. Am liebsten würde ich mir die Hand auf die Brust pressen, so weh tut es. Ich starre auf den Verband an meiner Hand. Mein kleiner Finger fehlt. Gustav hat ihn mir abgeschnitten, um sich Zugang zur Legion zu verschaffen. Blut sickert durch den hellen Stoff, doch ich spüre keinen körperlichen Schmerz. A350 scheint einzusehen, dass sie bei mir mit ihren Lehrbuchweisheiten nicht weiterkommen wird. Sie wendet sich resigniert von mir ab. Dabei wirkt sie enttäuscht. Was hat sie denn erwartet? Es ändert nichts, dass sie meine biologische Mutter ist. Es macht es sogar nur noch schlimmer. Sie mag alles über die menschliche Gefühlswelt gelesen und studiert haben, aber das ist alles nur Theorie. Ihr fehlt es an jeglichem Einfühlungsvermögen. Ihre Beteuerung, dass sie all das nur aus Liebe zu mir getan hätte, kann ich ihr nicht abnehmen. Aus meiner Sicht ist A350 nicht in der Lage, mehr als eine Maschine zu fühlen. Sie ist ein Roboter. »Hörst du dir eigentlich auch nur einen Moment selbst zu?«, knurrt Asha plötzlich. Überrascht schaue ich in ihre Richtung und erkenne erst dann, dass sie mit mir spricht. Verdutzt starre ich sie an. »Wie meinst du das?« »Du benimmst dich absolut selbstsüchtig und egoistisch. Die Wahrheit ist doch, dass dir die Bewohner der Sicherheitszone im Grunde egal sind. Der Einzige, um den es dir geht, ist Finn. Wenn du könntest, würdest du jeden von uns gegen ihn eintauschen.« »Das ist nicht wahr«, protestiere ich, doch Asha lässt mich nicht mehr zu Wort kommen. »Natürlich ist es das! Als du den Hubschrauber gesehen hast, muss dir klar gewesen sein, dass wir damit unmöglich alle Bewohner der Sicherheitszone retten können, bevor die Legion in die Luft fliegt. Aber es war dir egal, solange nur du und dein Liebster zusammenbleiben könnt.« »Finn hat gesagt …«, setze ich kleinlaut an. »Es ist egal, was Finn gesagt hat«, faucht sie. »Du weißt selbst, dass die Zentrallegion zu weit weg ist. Es ging nie darum, alle zu retten. Menschen wären gestorben, nur dass Finn nicht einer von ihnen gewesen wäre. Inwiefern hätte es das für die Allgemeinheit besser gemacht? Ist sein Leben mehr wert als das irgendeines anderen?« Ich senke schuldbewusst den Blick. Wir sind alle gleich. Plötzlich erscheint die oberste Regel der Legion wahrer denn je. Finn mag nur einer von vielen sein, aber für mich war er meine Hoffnung. Erst durch ihn konnte ich daran glauben, dass es noch ein anderes Leben für mich geben könnte – ein besseres. Ein Leben in...



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