Shepherd | Eisiges Gold | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, Band 1, 398 Seiten

Reihe: Die Erben des Winters

Shepherd Eisiges Gold


1. Auflage 2023
ISBN: 978-3-7579-6222-7
Verlag: tolino media
Format: EPUB
Kopierschutz: Adobe DRM (»Systemvoraussetzungen)

E-Book, Deutsch, Band 1, 398 Seiten

Reihe: Die Erben des Winters

ISBN: 978-3-7579-6222-7
Verlag: tolino media
Format: EPUB
Kopierschutz: Adobe DRM (»Systemvoraussetzungen)



Das Reich des Winters ist von Krieg zerrüttet, trotzdem eröffnet der Winterkönig die alljährliche Ballsaison. Während des Fests kommt es zu einem Anschlag, den die königliche Familie nur knapp überlebt. Nach diesem traumatischen Ereignis wird Eisprinzessin Mariya von Albträumen geplagt, die sie als Warnung für die Zukunft deutet. Sie sieht sich in ihren Befürchtungen bestätigt, als sie von ihrem Kindheitsfreund Koray erfährt, wie schlecht es um das Volk steht. Um zu helfen, schließt sie sich den rebellischen Nihilisten an. Sie ahnt nicht, dass ihr Handeln eine fatale Kettenreaktion auslöst, die nicht nur das Ende für ihre Familie, sondern auch für das ganze Reich bedeuten könnte.

Maya Shepherd ist mit ihrer Familie im Rheinland zuhause und träumt von einem eigenen Schreibzimmer mit Wänden voller Bücher. Seit 2014 widmet sie sich hauptberuflich dem Erfinden von fremden Welten und Charakteren. 2015 gewann Maya Shepherd mit ihrem Roman "Märchenhaft erwählt" den Lovely Selfie Award von Blogg dein Buch. 2019 gewann Maya Shepherd mit den Grimm-Chroniken den Skoutz-Award in der Kategorie "Fantasy".

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Frieden, Land, Brot!
Gehüllt in ein schlichtes Kleid trat ich aus dem Winterpalast. Darüber trug ich eine ärmellose, pelzgefütterte Weste und meine Füße steckten in billigen Schuhen. Als ich an den Soldaten vorbeiging, die das Tor bewachten, zog ich mir das Kopftuch soweit wie möglich vor das Gesicht, in der Hoffnung, dass sie mich nicht erkennen würden. Mein Vorteil lag darin, dass sie nicht damit rechneten, dass eine Eisprinzessin einfach aus dem Palast spazieren würde. Kaum, dass ich den Kontrollposten passiert hatte, beschleunigte ich meine Schritte vor lauter Angst, dass sie mich doch noch zurückrufen würden. Aber nichts geschah. Erst, als ich das Ufer der Reiga erreichte, wagte ich stehenzubleiben und aufzuatmen. Ein eisiger Wind wehte mir entgegen, der meine vor Nervosität geröteten Wangen kühlte. Das Wasser des Flusses war eingefroren und von einer dichten Schneedecke überzogen. Aber die Menschen ließen sich von der klirrenden Kälte keineswegs aus der Ruhe bringen. Kinder sausten auf Schlitten die Hügel zum Fluss hinab und hatten große Freude daran, Schneehügel auf dem Eis zu bauen. Es war wie jedes Jahr. Die Westseite des Winterpalastes grenzte an die Reiga, sodass meine Geschwister und ich den Kindern schon oft beim Spielen aus der Ferne zugesehen hatten. Besonders Lexi erfüllte es immer mit großer Wehmut, dass er sich ihnen nicht anschließen durfte. Während ich mit meinen Schwestern und Koray aufgewachsen war, hatte mein Bruder keine Spielkameraden in seinem Alter. Gewiss hätten unsere Eltern die Kinder von Adligen in den Palast einladen können, aber das hielten sie für zu gefährlich. Lexi war nicht nur der Thronfolger, sondern auch zerbrechlich. Er war das einsamste Kind, das ich mir vorstellen konnte. Ich versuchte, die trüben Gedanken abzuschütteln, und schaute mich zu allen Seiten am Ufer um. Koray und ich hatten uns hier treffen wollen, um gemeinsam in die Stadt aufzubrechen. Es dauerte nicht lange, bis ich ihn gefunden hatte, auch wenn er seine Goldene Uniform für den heutigen Tag gegen die schlichte Kleidung eines Soldaten eingetauscht hatte. Er stand nicht weit von mir, trotzdem glitt sein Blick über mich hinweg. Erkannte er mich etwa nicht? Mit einem triumphierenden Grinsen auf den Lippen ging ich ihm entgegen. Erst, als ich direkt vor ihm stand, bemerkte er mich. Seine Augen weiteten sich vor Überraschung. »Ach du meine Güte, wo hast du diese Klamotten her?« »Die habe ich meiner Zofe Liliana aus dem Kleiderschrank stibitzt«, rühmte ich mich kichernd. »Wenn ich sie später zurücklege, wird sie nichts davon merken.« »Und selbst wenn, wer würde ihr schon glauben, dass die Eisprinzessin sich an ihrer Kleidung bedient hat? Für gewöhnlich sind es die Angestellten, denen Diebstahl vorgeworfen wird und nicht deren Herrschaften.« Er konnte sich an meinem Anblick kaum sattsehen, immer wieder musterte er mich schmunzelnd von Kopf bis Fuß. »Wird man dich nicht im Palast vermissen?« »Ich habe Anastasia gesagt, dass ich in der Bibliothek die Geschichte unserer Vorfahren studieren wolle. Sie hat nur mit den Augen gerollt und keinen Moment daran gezweifelt.« Ich erzählte nicht ohne Stolz von meiner Lüge, denn sonst war es meine jüngere Schwester, die andere täuschte. Aber es war nichts Ungewöhnliches daran, dass ich Stunden in der Bibliothek verbrachte, deshalb würde sie mich dort nicht aufsuchen. Meine Worte ließen Koray aufhorchen. »Bist du immer noch so fasziniert von der Vergangenheit?« Schon als Kind hatte ich Träume über meine Vorfahren gehabt. Manchmal träumte ich sogar von ihnen, bevor ich überhaupt wusste, dass sie existiert hatten. Koray hatte sich immer jedes Detail von mir schildern lassen, während die anderen meine Träume nur als das abtaten, was sie waren: die Fantasie eines Kindes. Aber er hatte mich ernst genommen, vielleicht war mir deshalb auch jetzt seine Meinung so wichtig. »Es ist nichts Falsches daran sich mit seiner Vergangenheit auseinanderzusetzen. Wir können viel aus den Fehlern unserer Vorfahren lernen«, entgegnete ich ihm. »Du weißt, dass die Geschichte von den Siegern geschrieben wird«, gab er zu bedenken. »Nicht alles, was in den Büchern steht, muss der Wahrheit entsprechen.« Oft unterschieden sich meine Träume von dem, was ich in den Büchern las. Ich würde mir nie erlauben, deren Richtigkeit anzuzweifeln, umso mehr berührte es mich, dass Koray das tat. Er war der Einzige, der mich verstand und deshalb wollte ich ihn auch verstehen können. Unsere Stimmung war prächtig und das Lachen der spielenden Kinder trug dazu bei, dass ich beinahe vergaß, wofür ich mich aus dem Palast geschlichen hatte. Es fühlte sich eher nach einem vergnüglichen Ausflug, als nach einer Erkundung an. Gemeinsam überquerten wir die Brücke und schlenderten an der Promenade entlang. Überall waren bunte Schlitten, die von bärtigen Männern, gehüllt in fellgefütterte Mäntel, gelenkt wurden. Glöckchen klingelten an den Gefährten, um ihr Näherkommen schon von weit weg anzukündigen. Feuerschalen sorgten an den Straßenecken für Wärme. Die Wege waren bevölkert wie sonst auch. Nichts erweckte den Anschein, als ob jetzt irgendetwas anders sein könnte. Vage erinnerte ich mich an die wenigen Kutschfahrten, die meine Eltern mit meinen Geschwistern und mir in den vergangenen Jahren unternommen hatten. Ganz gleich welche Straße wir passierten, das Volk empfing uns mit großer Begeisterung. Es hatte Spaß gemacht ihnen zuzuwinken. Vielleicht war es damals wirklich überall so gewesen oder es war nur der Teil Winterburgs, den mein Vater uns hatte sehen lassen wollen. Denn sobald Koray und ich die schicke Promenade verließen und in eine der Seitengassen abbogen, veränderte sich das Stadtbild. Als Erstes fielen mir die Plakate auf, die an sämtlichen Hauswänden und Laternenpfählen klebten. Sie zeigten Karikaturen meiner Eltern, auf denen sie als Ausbeuter und Tyrannen tituliert wurden. Es gab auch schändliche Zeichnungen meiner Mutter, die sie Nemka nannten und in obszöner Weise abbildeten. Als Nemka wurden Frauen aus dem Land April beschimpft. Meine Mutter war eine Aprilische Prinzessin, bevor sie meinen Vater heiratete. Aber obwohl ihr Herkunftsland mit uns im Krieg lag, gab es keinen Zweifel daran, wem ihre Loyalität galt. Fast noch schlimmer als diese haltlosen Vorwürfe waren die primitiven Abbildungen, die meine Mutter zusammen mit Scargard zeigten. Er starrte sie darauf mit lüsternem Blick an, während meine Mutter für ihn die Beine spreizte. Das Volk mochte Scargard nicht. Für sie war der angebliche Wunderheiler nicht mehr als ein Scharlatan, der sich mit miesen Tricks in den Palast eingeschlichen hatte. Die Nähe zu meinen Eltern stieß auf Unverständnis und fachte üble Gerüchte an. Koray drückte sanft meine Hand. »Ich wünschte, ich hätte dir das ersparen können. Die Behörden entfernen diese Hetzplakate täglich, aber sie tauchen genauso schnell wieder auf.« »Schon gut«, besänftigte ich ihn und schenkte ihm ein tapferes Lächeln. »Ich wollte die Wahrheit sehen und wenn die Menschen so über meine Eltern denken, dann will ich das wissen.« »Nicht alle Menschen sehen das so«, versuchte er mich zu trösten. »Es gibt genug, die den Winterkönig und seine Familie innig verehren.« »Aber wie lange noch?«, konterte ich besorgt. »Wenn das Volk so sehr leidet, wie du mir erzählt hast, und der Winterkönig nichts dagegen unternimmt, werden sie sich irgendwann alle von ihm abwenden.« »Noch ist es nicht so weit«, versicherte er mir und zog mich weiter. Aber die Plakate wurden nicht weniger – sie waren überall. »Was geschieht, wenn jemand mit einem solchen Schriftstück erwischt wird?«, hakte ich nach. Koray sah mich eindringlich an. »Was glaubst du denn?« »Die Person wird festgenommen?«, riet ich unsicher. »Und dann? Glaubst du sie würde aufhören Plakate zu verteilen, sobald sie wieder freigelassen wird?« Vermutlich nicht. Aber ich schaffte es nicht, auszusprechen, was das bedeutete. War es wirklich schon so weit, dass jemand umgebracht wurde, nur weil er ein paar Plakate mit hässlichen Beleidigungen und teils auch Lügen an die Wände klebte? Mir gefielen diese Schmierereien auch nicht, aber deshalb würde ich doch niemanden töten, der sie verteilte. Der köstliche Duft von frischen Backwaren stieg mir in die Nase, als wir dem Gewirr aus Straßen weiter folgten. Die Bäckerei war schon von weitem auszumachen, weil unzählige Menschen davor anstanden – Fabrikarbeiter und wohlhabende Bürger gleichermaßen. »Ist dieser Bäcker aus irgendeinem Grund besonders beliebt?«, wunderte ich mich. »Jeder Laden, der mit Lebensmitteln handelt, ist jetzt beliebt«, erwiderte er mit gesenkter Stimme. »Alles ist teurer geworden und die Menschen können sich kaum noch etwas leisten. Der Winterkönig hat die Steuern erhöht, um den Krieg finanzieren zu können. Viele Nahrungsmittel sind zudem Mangelware.« Plötzlich geriet Tumult in die Menge, als der Bäcker erklärte, dass dies die letzten Brote für heute gewesen seien. Ehe ich mich versah, schlug eine der Arbeiterinnen der Bürgersfrau, die das letzte Brot ergattert hatte, wiederholt ins Gesicht. Diese ließ sich ihre Ware aber nicht einfach abnehmen und die beiden begannen sich im Schneematsch zu wälzen. Arbeiter stürmten derweil den Laden und knüppelten den Bäcker nieder. Andere nutzten die Ablenkung und beluden sich ihre Arme mit Kuchen und sämtlichen Lebensmitteln, die in dem Geschäft zu finden waren. Voller Entsetzen beobachtete ich das Geschehen und war wie erstarrt von der Brutalität. Ich begriff, wie wenig ich wusste. Ich...



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